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106 vr. Baufr sagt: „dieß Wort, eine Losung für den Geistlichen in schweren Zeiten, ist im Anfang des 30jährigen Kriegs zuerst in die deutsche Kirche gerufen. Ob's damals viel gelesen worden ist, ich weiß es nicht; — das aber weiß ich, daß eS heute, da auch schwere Zeit, kein lesenswertheres Wort giebt!" b) Schwierigkeiten in der Gegenwart. Der in unserer Zeit herrschende Materialismus und Darwinismus, den man auch schon hat wissenschaftlich, natur-philosophisch begründen wollen, läugnet die göttliche Schöpfung des Menschengeistes zum Bilde Gottes; der Ausspruch der alten griechischen Weisen (^rawch Ap. 17, 28: „Wir sind göttlichen Geschlechts!", der Ausspruch noch mehr eines Augustin: „Du hast mich zu Dir geschaffen; darum verlangt meine Seele unruhig nach Dir, bis sie ihre Ruhe findet in Dir!" hat für die Anhänger des Materialismus keinen Werth, keine Bedeutung; also auch Religion, Kirche und Cultus nicht, also auch die Diener des Cultus nicht! „Wer sich zum Materialismus bekennt," sagt Lauvergne (vergl. oben Z. 15, 4.), „entäußert sich seines moralischen Erbtheils"; daher in unsrer Zeit die zunehmende Menge der Verbrechen, besonders der des Meineides; daher kein Gefühl der Schuld, kein Bedürfniß der Gnade und Versöhnung vor dem gerechten und heiligen Gott; daher keine Achtung der christlichen Versöhnungs anstalt und des Amtes, das die Versöhnung predigt! Indem der Mensch, fährt Dr. Lauvergne fort, sich als Bekenner des Materialismus seines moralischen Erbtheils entäußert, tauscht er Lehren ein, die er von seiner inneren Neigung zum Bösen hernimmt". Und da der mate rialistische antichristliche Geist so vielfach auch in unsre Volksliteratur und Tage blätter übergegangen, so werden diese von den Anhängern des Materialismus mit Begierde gelesen und vielfach auch den Vorträgen und Schriften der begab testen und besten geistlichen Redner vorgezogen. Es kommt in unsrer Zeit das politische Partheiwesen hinzu, namentlich das socialistische, das, soweit es revolutionäre Tendenzen verfolgt, auch Religion und Christenthum verläugnen und untergraben will. — Ich will nicht weiter hier von divergirenden dogmatischen Richtungen der Geistlichen selbst, ost an Einer Kirchengemeinde reden, die, weil sie ihre Diver genzen nicht von den practisch-seelsorgrischen Aufgaben scheiden, oft einander das amtliche Wirken erschweren; nur darauf will ich noch Hinweisen, daß eine einseitige scientivische Bildung, eine politische Mündigkeitserklärung alles Volks mit allgemeinem Stimmrecht und activer und passiver Wahlberechtigung zur (mitregierenden) Volksvertretung eine Selbstüberschätzung herbeigeführt hat, bei der so Manche auch jede Bevormundung bezüglich ihres religiösen und