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103 das Herz des Detinirten zu gewinnen und den Boden für weitere Bearbeitung zuzubereiten. (Vergleiche hierzu den Geschäftsplan des Diöcesanausschusses in Nossen zur Fürsorge für die Entlassenen 1877.) ck) Aufgabe des Pflegers nach der Rückkehr des Entlassenen. Die Pfleger haben die zurückkehrenden Entlassenen mit Vertrauen aufzu nehmen, ihnen das Vergangene nicht immer wieder vorzurücken, sondern, ihren guten Willen vorausgesetzt, zu vergeben und zu vergessen, so weit nöthig, ihnen Arbeit, zu der sie Lust und Geschick haben, zuzuweisen und zur rechten Aus führung behülflich zu sein, daneben die Bande des Vertrauens und der Freund schaft mit Verwandten und Angehörigen wieder an- und allmählig fester zu knüpfen; ihren Umgang nnd ihre Vergnügungen müssen sie mit Vorsicht über wachen, vor allen Dingen die Gemeinschaft mit früheren Genossen ihrer Thor- heiten und Sünden verhindern. — Auch in dem Gefallenen liegt noch ein glimmender Funke des Göttlichen, den müssen wir anfachen; den Keimen des Wahren, Guten und Heiligen, die schon im Gemüthe des Christenkindes ange legt sind, müssen wir zur Entwicklung verhelfen. Glaube an die Besserungsfähigkeit wiederkehrender Entlassener und christ licher Liebe der Liebe des Welterlösers verwandt, „der da gekommen ist, zu suchen und selig zu mache», was verloren ist" — ist dem rechten Pfleger unent- entbehrlich. Johannes Falk, der Stifter der Rettungshäuser, sagt: „Man muß sich an den armen Verkommenen zu Tode lieben, wenn sie gerettet werden sollen!" — e) Verfahren bezüglich der rückfälligen und unverbesserlichen Sträflinge. a) „Der Fluch der Sünde ist, daß fortzeugend sie das Böse muß gebären!" Das Reich des Bösen will sich ausbreiten nach Innen und Außen; Gradationen desselben im Innern sind Gleichgültigkeit, Knechtschaft, Sicherheit, Verstocktheit, Diabolisirung, da die Sünde in personificirter Form im Menschen auftritt. — Es giebt Sträflinge, die, so lange sie unter Zucht und Zwang der Straf anstalt stehen, dem Gesetze sich beugen; sobald sie aber, des Zwanges ledig, die äußere Freiheit wieder erlangt haben, mit satanischer Lust sich der Sünde wieder hingeben und in die alten Laster verfallen. Für solche sind Uebergangsstadien nöthig mit beschränkter äußerer Freiheit, Zwangsarbeitsanstalten mit theilweiser Freiheit, eine Stellung, da sie noch längere Zeit unter specieller polizeilicher Aufsicht stehen, dadurch sie erst wieder an den gewissenhaften Gebrauch der Freiheit gewöhnt werden sollen.