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92 hierdurch wurde freilich sein Ehrgeiz und eine stolze Ueberhebung nicht wenig gefördert. Neben dieser Leidenschaft entbrannte nun aber in seinem Herzen eine zweite. Zu seinem Unglücke wohnte in seiner Nähe eine durch Schönheit und äußere Reize sich auszeichnende adelige junge Dame (Officierstochter), die er täglich beobachtete und zu der er eine stille feurige Liebe faßte. Seine Bekannten und Freunde nannten die Sache eine Thorheit und bemerkten ihm, daß dieses Mädchen Wohl eine andere Stellung beanspruche, als er ihr bieten könne. Dadurch wurde W. bestimmt, nach Leipzig zu gehen und sich auf einen akademischen Cursus vorzubereiten, nach dessen Vollendung er sich einmal eine höhere Stellung zu erzwingen hoffte. Er betrieb hier seine Studien in auf reibender Weise, da er zugleich durch Privatunterricht sich seine Subsistenzmittel zum großen Theile verdienen mußte. Quälender Ehrgeiz und Liebeseifer führten dann die Geistesstörung des jungen Mannes herbei, welche bald seine Aufnahme in die Irrenanstalt nöthig machte. Seine Krankheit erwies sich als unheilbar, und hat dieselbe frühzeitig seinen Tod herbeigeführt. e) Später kam mir in meinem zweiten Amte ein andrer junger Mann vor, welcher weniger begabt, aber vielleicht noch von größerem ungezügelten Ehrgeize erfüllt war. Nachdem er nicht ohne alle Schwierigkeit seinen Seminar kursus absolvirt hatte, geriet!) er als junger angcstellter Lehrer unter die Gesell schaft der Spieler, die ihn herabzogen — (er hatte allerdings auch schon in seiner früheren Jugend in seiner Heimath sich diesem gefährlichen Vergnügen mehrfach hingegeben!) — und wurde bei ihm die Spielsucht zur ungestümen Leidenschaft. Während er nun den Tag über — Anfangs nicht ohne einen gewissen Eifer! — in der Schule arbeitete, zerrüttete er durch seine Spielsucht, der er bis in die späte Nacht in öffentlichen Wirthschaften fröhnte, Geist und Körper. Sein Charakter stand tiefer, als der des vorher geschilderten jungen Mannes, sein zeitliches Ende aber war gleicher Art. 2. Selbstmorde. — Der alte Wachmeister B. Die zwei, während meiner geistlichen Amtsführung in der Parochie vor gekommenen Selbstmorde, wenn sie schon als sittliche Verirrungen vor der Gemeinde dargestellt werden mußten, gestatteten immerhin als Folgen körper licher und geistiger Schwäche und Verzagtheit eine mildere Beurtheilung. Ein schwächer begabtes, der Schule bereits entwachsenes Mädchen hütete neben deni Walde Kühe und hatte in der Nähe des Busches sich ein Feuer ange macht. Bei plötzlich sich erhebendem Sturmwinde nun hatte sich das Fencr schnell über Gebüsch und Bäume ausgebreitet, — und das Mädchen — im