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PROGRAMMEINFÜHRUNG Die Lconoren-Ouvertüre Nr. 3, op. 72, hat Beethoven im Jahre 1806 verfaßt, sie war für die zweite Bearbeitung der Oper ,,Fidelio“ (die bekanntlich bei ihrer Urauf führung durchfiel!) gedacht. Sie unterscheidet sich wenig von der so oft gespielten Nr. 2, sie benutzt dasselbe thematische Material, sie spricht denselben Ideengehalt aus wie ihre große Schwester Nr. 2 und ist ebenso wie diese ein Musikdrama im kleinen. Sie steht etwas im Schatten ihrer berühmteren Schwester — aber es gibt keinen Grund, sie ge ringer zu achten als die andere Ouvertüre. Romain Rolland weist in einer Analyse nach, worin die Unterschiede zwischen den beiden Leonoren-Ouvertüren Nr. 2 und Nr. 3 be stehen. Es sind nur Unterschiede formaler Art, die er nennt. Lassen wir ihn selbst sprechen: ,,In der Ouvertüre Nr. 3 ist der Grundriß reinlicher gezogen, das Gleichgewicht der Massen streng gewahrt, die Reprise wieder aufgenommen und das Ganze von der Vorherrschaft des poetischen Gedankens befreit, der in der zweiten die Zügel der Musik geführt hatte. Damit war die klassische Sonatenform wiederhergestellt, aber in einer Straffheit und königlichen Fülle, wie nur Beethoven sie wiederherstellen konnte. Wer dächte nicht an das große Crescendo zum Schluß, das wie ein Bergstrom, vom Gewitter- regen geschwellt, zu Tal stürzt und das ganze Gefilde überschwemmt! Und nun mag unter den beiden Meisterwerken auswählen wer will!“ Franz Schubert: VIII. Sinfonie. Franz Schubert, der große unerreichte Meister des Liedes, ist auch in seinen Instrumentalwerken vor allem Lyriker. Seine Achte Sinfonie, die ,,Unvollendete“ genannt, weil sie nur aus zwei Sätzen besteht, ist ein Lied in zwei Strophen, ein ,,Abgrund von Schwermut in zwei Sätzen“. Warum Schubert das Werk nicht vollendete, wissen wir nicht. Es sind Skizzen für ein Scherzo gefunden worden, die Schubert aber nicht ausgeführt hat. Vielleicht sah er sein Werk als ,,vollendet“ an. Vielleicht fürchtete er sich davor, nach dem himmlischen Gesang des langsamen Satzes noch eine Note zu schreiben. Er hatte mit ihm eine Treppe hinein in die überirdische Sphäre der reinen Schönheit gebaut... Man scheut sich, angesichts eines so seelenvollen Kunstwerkes von formalen Dingen wie Thema und Durchführung zu sprechen. Aber auch einer so nüchternen Betrachtung hält das Werk stand, das im ersten Satz die Sonaten form in klassischer Weise erfüllt: dem schwermütigen ersten Thema, dem sehnsuchts vollen Gesang von Klarinette und Oboe über den Sechzehnteln der Geigen steht das volksliedhafte, ländlerartige zweite Thema in den Celli entgegen, jene berühmte Melodie, die man einmal die ,,berühmteste der Welt“ genannt hat. 1895 ist das geniale Werk ,,Till Eulenspiegels lustige Streiche“ von Richard Strauß geschrieben worden, über ein halbes Jahrhundert ist dieses op. 28 schon alt und hat noch nichts von seiner Jugendfrische, Unbekümmertheit, Drastik und Unverwüst lichkeit eingebüßt. Strauß schildert die Lausbübereien, die Streiche, die Narreteien