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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1986
- Erscheinungsdatum
- 1986
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-198600007
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- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19860000
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- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19860000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise vorlagebedingter Textverlust.
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- Band
- Parlamentsperiode
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- Digitalisat
- SLUB Dresden
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Zeitschrift
Universitätszeitung
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Band
Band 1986
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Band 1986
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I n der jahrhundertealten und wi derspruchsvollen Geschichte der Leipziger Universität war der 5. Februar 1946 ein besonderer Tag. An diesem kalten Februartag des er sten Nachkriegswinters wurde un sere Universität mit einer Festver anstaltung im Filmtheater „Capi tol“ neu eröffnet. Eine Chance war gegeben, die es zu nutzen galt; eine Tür wurde geöffnet, durch die nach Jahrzehnten der Herrschaft reaktio närer bzw. faschistischer Ideologie wieder Ideen der Demokratie und des Humanismus in die Alma mater Lipsiensis einziehen konnten. Die Verschiedenartigkeit der Le benswege und der Lebenserfahrung scheint es dem einzelnen schwer zu machen, an diesem bedeutungsvol len 5. Februar im Namen aller zu sprechen und alle anzusprechen. Aber das scheint nur auf den ersten Blick so. In Wirklichkeit verbindet uns vieles: in erster Linie die Auf gabe, uns mit unserem Erbe und un seren Traditionen auseinanderzuset zen, ein klares Geschichtsbild zu er werben und zu verbreiten und das sozialistische Geschichtsbewußtsein aller Universitätsangehörigen stär ker auszuprägen. Welche Kräfte haben die Neu eröffnung unserer Universität über haupt möglich gemacht? Es war in erster Linie die Befreiungstat der so wjetischen Armee und ihrer Ver bündeten in der Antihitlerkoalition, die diese Voraussetzung schuf. Es war aber auch der Kampf der deut schen Antifaschisten und anderer Demokraten, die den Neuanfang un serer Universität und ihren 40jähri- gen Weg zu einer weltweit aner kannten und geschätzten sozialisti schen Universität vorbereitet haben. Verbunden mit den besten Traditionen 40 Jahre sind in der Geschichte eine kurze Zeit; sie sind es auch, wenn man sie an der mehr als 575- jährigen Geschichte unserer Uni versität mißt. Wenn wir heute den 5. Februar 1946 so stark herausstrei chen, so heißt das nicht, daß wir die vorangegangenen 535 Jahre einfach vergessen oder negieren. Was uns mit diesen Jahrhunder ten verbindet, sind die bürgerlich humanistischen und auch proleta risch-revolutionären Traditionen un serer Universität, sind die heraus ragenden materiellen und ideellen Werke, die ihre besten Hochschul lehrer und Absolventen im Laufe von Jahrhunderten erbracht haben. Erinnern wir uns: Bis zum Jahre 1945 befanden sich die der Wissen schaft an sich eigenen demokra tischen und humanistischen Poten zen in ständigem Konflikt mit den durch die Herrschaft von Adel und Großbourgeoisie bedingten reaktionären Gegenkräften. Erst die Beseitigung der Herrschaft dieser Klassen, erst die Zerschlagung des Faschismus und der Beginn einer ge sellschaftlichen Umwälzung auf dem Boden der heutigen DDR löste diesen Konflikt; schuf die Voraus setzungen dafür, daß sich die der Wissenschaft eigenen humanisti schen Potenzen frei entfalten konn ten. Insofern war der 5. Februar 1946 wirklich ein Wendepunkt. Er war nicht einfach die Weiterführung des Weges der Universität aus der Zeit vor 1933 — obwohl das manche da mals so wollten — er war kein Wie deranfang dort, wo man vor 12 Jah ren aufgehört hatte oder hatte auf hören müssen; er war im wahrsten Sinne des Wortes ein Neubeginn; ein neuer Anfang auf einem bis da hin nicht beschrittenen Weg. Antifaschisten traten schweres Erbe an Was wir heute so deutlich sehen, erkannten damals viele Universitäts angehörige nicht. Die historische Tragweite der Befreiung vom Fa schismus begriffen 1945/46 die we nigsten. Wie die meisten Deutschen empfanden auch die Hochschulleh rer und Studenten die Niederlage der Naziwehrmacht als nationale Katastrophe, die Zerschlagung des sogenannten Dritten Reiches als den endgültigen Untergang Deutschlands. Wie sich die Situation in den Köp fen vieler Bürger widerspiegelte, be schrieb der Historiker Prof. Dr. Wal ter Markov, der selbst zehn lange Jahre von den Faschisten eingeker kert worden war, mit folgenden Worten: „Die einen hatten, wenn sie überhaupt eines hatten, ein be lastetes Gewissen, andere schämten sich für das, was diese getan oder gedacht und sie selbst weder ge hindert noch verhindert hatten. Den einen wie den anderen fiel es schwer, plausible Gründe ausfindig zu machen, die den Sieger veranlas sen mochten, Hörsaalruinen des ge schlagenen Feindes mit neuem Le ben zu erfüllen." Das wat wirklich nur schwer zu begreifen und ganz besonders von Menschen, die jahr zehntelang einer massiven anti- kommunistischen Propaganda aus gesetzt gewesen waren. Die meisten schwankten zwischen Furcht und Hoffnung; zwischen der Furcht, die Sowjets könnten so sein, wie sie die Faschisten dargestellt hatten und der Hoffnung, es könnte doch anders sein. Zur Hinterlassenschaft des Fa schismus gehörten nicht nur zer störte Städte und damit auch Hör saalruinen in großer Zahl — sondern auch ein weitgehend zerstörtes oder doch zumindestens verschüttetes Klassenbewußtsein. Die demokratischen Kräfte unse res Volkes, allen voran die ehe maligen Widerstandskämpfer, muß ten das historische Erbe so antreten, wie sie es vorfanden: Sie konnten sich kein anderes Volk aussuchen. Was auf diesem Gebiet erkämpft und geleistet worden ist in diesen 40 Jahren, hat tief in das Leben von Millionen Bürgern eingegriffen. Es hat viele weitgehender gewandelt, als sie das heute vielleicht selbst zu erkennen vermögen. Aber da war das Beispiel vieler aufrechter Antifaschisten und eben auch die Haltung der sowjetischen Genossen. Was viele zwar erhofften, aber nicht so recht zu glauben wag ten, trat ein. Das Land war in Nöten und der Sieger half. Der entscheidende Anstoß zur Neueröffnung der Universitäten er folgte am 4. September 1945 mit dem Befehl Nr. 50 des Obersten Chefs der SMAD. In diesem Befehl wurde festgelegt, daß sich die Uni versitäten und Hochschulen auf die Wiederaufnahme des Lehrbetriebes vorzubereiten hätten. Auf der Grundlage dieses historischen Be fehls erfolgten dann die neuen Zu lassungsbestimmungen der Deut schen Zentralverwaltung für Volks bildung und die Verordnung über die Aufbauarbeiten an Universitä ten und Hochschulen. Sowjetische Freunde halfen beim Aufbau Die Etappe bis zur endgültigen NeueröfKnung umfaßte dann an den meisten Universitäten und Hoch schulen einen Zeitraum von 4-6 Mo naten. So war es auch an unserer Universität. Zwar beantragte der da malige Rektor, der stockkonserva- tive Archäologe Bernhard Schweit zer, schon im Frühherbst 1945 die Wiederaufnahme des Lehrbetriebes zum 31. Oktober 1945, doch konnte diesem Antrag nicht stattgegeben werden. Zu oberflächlich waren die inhaltlichen und politischen Vorbe reitungen getroffen worden. Bis zum Oktober 1945 war vor allem der Prozeß der Entnazifizierung nur ganz unvollkommen vorangetrieben worden. Viele faschistisch belastete Hochschullehrer Waren noch in Amt und Würden. Ihre Entlassung hatten leitende Universitätskreise bewußt hintertrieben. In dieser Hin sicht aber durfte es keine Kom promisse geben; die neue Universi tät brauchte unbedingt einen de mokratischen Lehrkörper. Also mußte die Entnazifizierung schnel ler und konsequenter vorangehen. Es kamen weitere Schwierigkei ten hinzu. Bei den nicht belasteten Hochschullehrern herrschten noch Auffassungen von der Autonomie der Universität und von einer unpo litischen Wissenschaft. Für man chen bürgerlich-demokratischen Professor verbanden sich die hu manistischen Ideale der alten Uni versität mit der Idee von der Selbst verwaltung der Hochschule; andere zogen aus der verbrecherischen Poli tik des Faschismus die Schlußfolge rung, daß Politik überhaupt schlecht sei. So war bei vielen eine Abneigung gegen jede Politik ent standen und eine Hinwendung zur „reinen“ Fachwissenschaft. Das er schwerte in dieser an sich schon schwierigen Situation die politische Arbeit der Antifaschisten. Und wieder halfen die sowje tischen Genossen. „In Fortsetzung ihrer antifaschistischen Befreiermis sion förderten die Vertreter der KPdSU im Waffenrock der Sowjet armee den ideologischen Klärungs prozeß... durch ihre revolutionär demokratische Gesetzgebung, ihre kameradschaftlichen Ratschläge, ihr offenes und kritisches Wort, ihre vorwärtsweisenden Ideen, nicht min der durch ihre Geduld und ihr Ein fühlungsvermögen“ (Prof. Dr. Rathmann). Genannt seien hier vor allem Generalleutnant Prof. Solotu chin, Prof. Smirnow, Major Nikitin, Prof. Tulpanow und der erste Leip ziger Stadtkommandant Generalma jor Trufanow. Nicht minder kompliziert als die Lage unter den Hochschullehrern war die Situation unter den Studen ten. Die meisten waren ziemlich ah nungslos darüber, was eigentlich ge schehen War, was kommen wird und wie es weitergehen sollte. Es gab ernsthaftes Nachdenken, Rück besinnung auf humanistische Tradi ¬ tionen, aber auch Zynismus. Op portunismus und Heuchelei. KPD zeigte Studenten den Weg nach vorn Auch unter den Studenten mußte also ernsthafte Arbeit geleistet wer den, ehe an eine Neueröffnung der Universität zu denken war. Erste Voraussetzungen dafür entstanden im Juli/August 1945 mit der Bildung einer Universitätsgruppe der KPD. Ihr Vorsitzender, der Student Ger hard Mehnert, hatte selbst am anti faschistischen Widerstandskampf an der Universität teilgenommen und war deshalb von den Faschi sten zu einer mehrjährien Zucht hausstrafe verurteilt worden. Die Genossen der KPD waren noch vor der Neueröffnung der Universität die vorwärtstreibende Kraft unter den Studenten. Sie waren der Motor im „Vorläufigen Studentenaus schuß“, in der „Studentischen Ar beitsgemeinschaft“ bzw. in der „Ar beitsgemeinschaft demokratischer Studenten“, die im Herbst 1945 ge gründet wurde. Diese wenigen Genossen hätten je doch nicht viel erreicht, wenn ihnen nicht auch die Stadtparteiorgani sation der KPD und klassenbewußte Sozialdemokraten zur Seite gestan den hätten. Stellvertretend für alle seien hier genannt: Genosse Ernst Lohagen, 1. Sekretär der KPD- Kreisleitung Leipzig, Gerhard Ell ¬ demokratischen Friedensauffassung und seinen Ideen der Völkerfreund schaft. Vor allem aber war es notwendig, der bisher verdammten und ver bannten marxistischen Literatur auch an den Universitäten eine Heimstatt zu schaffen. So gaben die Verlage von KPD und SPD die wich tigsten Werke der Klassiker des Marxismus-Leninismus neu heraus, wichtige Waffen im Kampf um eine antifaschistisch-demokratische Uni versität. Für den Geschichtsunter richt wurden die Schriften Franz Mehrings in großen Auflagen neu herausgegeben, insbesondere die „Deutsche Geschichte vom Aus gange des Mittelalters“ und die hi storischen Aufsätze. Für viele Stu denten der ersten Jahre nach 1945 wurde die Begegnung mit diesen Schriften zu einem Grunderlebnis ih res Lebens, das ihre zukünftige Ar beit entscheidend bestimmte. So ent standen allmählich bessere Voraus setzungen für die Neueröffnung der Universität. Universität ohne Bildungsprivilegien Am 15. Januar 1946 veröffent lichte die SMAD den Befehl Nr. 12, in dem die Wiederaufnahme des Lehrbetriebes an der Universität Leipzig ab 5. Februar 1946 festgelegt wurde und zwar an der Philoso phischen, Medizinischen, Veterinär- • E1^TRITTSKART£ zur Eröffnungsfeier der Universität Leipzig am 5. Februar 1946, 1t Uhr pünktlidh. im Capitol» Petersstraße 20 ■Die Karle ist nicht übertragbar Platkarte; # ‘Rele 25 9 Rechts E £ ä Aufbewahren u, auf Verlangen vorzeigen ! RFK. ; 4 „CAPITOL** LE PZIG 1 ! | ImI PARKETT 151 -8 Eingang: Petersstrase L,0004 Es wr und Plafxkarle am Eingang ^ornuaeigtn Eine Eintrittskarte zur historischen Feier der demokratischen Neueröffnung der Leipziger Universität am 5. Februar 1946 im Capitol. Repro: Müller rodt, Leiter der Abteilung Agita- tion/Propaganda, Dr. Hermann Ley, Leiter der Abteilung Kultur in der KPD-Kreisleitung Leipzig. Nicht zu vergessen der damalige Oberbür germeister unserer Messestadt, Erich Zeigner, dessen 100. Geburts tag wir in wenigen Tagen begehen, sowie die Stadträte für Volksbil dung und Gesundheitswesen Hel mut Holtzhauer und Dr. Karl Gelbke. Diese Monate vor und nach der Neueröffnung unserer Universität waren für viele Studenten der Jahre 1945/46 auch eine Zeit der Be sinnung. Eine Zeit der Besinnung über die zurückliegenden 12 Jahre, die eigene Schulzeit, die Leistungen und Fehlleistungen der Lehrer, die eigene Mitschuld an Krieg und Zer störung, über den Willen zum Neuanfang und zum Neuaufbau. In der Schule und an der Universität war der Krieg verherrlicht worden, in den Fächern Biologie, Geopolitik, Geschichte und Deutsch waren Anti semitismus und Antikommunismus gepredigt worden; jeder Abiturient kannte den Choral, den die Soldaten Friedrich II. nach der Schlacht bei Leuthen gesungen hatten. Warum Kriege geführt wurden und wer an den Kriegen verdiente, das wußte so gut wie keiner. Nun stand man vor den Trümmern des eigenen Landes. Klassiker erschienen in hoher Auflage Natürlich gab es nicht nur Hoch schullehrer. sondern auch Studen ten, die ernsthaft nachdachten und wieder gutmachen wollten. An die ser Grundstimmung konnten die An tifaschisten anknüpfen. Sie förder ten diesen Prozeß, indem sie wie der lebendig machten, was unser Volk in seiner vielhundertjährigen Geschichte an Bewahrungswertem hervorgebracht hatte. Die Theater spielten Lessings „Nathan“ mit der symbolhaften Ringparabel; die Opernhäuser Beethovens „Fidelio“ mit dem erschreckend aktuellen Ge fangenenchor; in der Schule besann man sich auf das Werk Johann Gott fried Herders mit seiner bürgerlich ¬ medizinischen. Theologischen, Fi nanzwirtschaftlichen und Juristi schen Fakultät. Wenige Tage später beriet der Lei ter der Abteilung Volksbildung in der SMAD, Professor Solotuchin, mit den Dekanen und Institutsdirek toren der Universität über den Stand der Vorbereitungsarbeiten. Er überzeugte sich davon, daß die Ent nazifizierung des Lehrkörpers und der Studentenschaft im wesentli chen abgeschlossen war und daß die Zulassung zum Studium nach neuen demokratischen Grundsätzen er folgte. Natürlich waren das nur die allerersten Voraussetzungen. Wie viel noch zu tun blieb, erhellt allein aus der Tatsache, daß von den 767 immatrikulierten Studenten nur 26 aus der Arbeiterklasse kamen, also nur etwa 3 Prozent. Daher schaltete sich erneut die demokratische Öffentlichkeit in den Prozeß der Neueröffnung unserer Universität ein. Am Vorabend dieses denkwür digen Ereignisses erließ der Block der antifaschistischen Parteien und des FDGB in Leipzig den Aufruf „Arbeiterstudenten auf die Univer sität“. In diesem Aufruf hieß es: „Die demokratische Neuordnung Deutschlands macht auch eine Ände rung der Zusammensetzung der jet zigen Studentenschaft nötig. Der Be such der höheren Schule, die Mög lichkeit zur wissenschaftlichen Ar beit, war im wesentlichen ein Vor recht des Besitzes. Wir wollen heute den bisher zurückgehaltenen Schich ten die Möglichkeit geistiger Arbeit geben, um damit an der Führung des Staates auch die bisher Ausge schalteten beteiligen zu können“. Auf dieser Grundlage wurden dann ab März 1946 Vorbereitungskurse zur Erlangung der Hochschulreife eingerichtet, aus denen später die Vorstudienanstalt bzw. die Arbei ter-und-Bauern-Fakultät hervor gingen. Am 5. Februar 1946 fand dann im Filmtheater „Capitol“, die feierliche Neueröffnung unserer Universität statt. Die Eröffnungsrede hielt der verant wortliche Offizier der SMAD, Prof. Solotuchin, der vormals Chefredak teur der Leningrader „Prawda" und später Rektor der Universität Le ningrad gewesen war. In einer pro grammatischen Rede forderte er die Hochschullehrer, Studenten und Mit arbeiter der Universität auf, die Lehren der Geschichte zu beherzi gen und eine neue, antifaschistisch demokratische Universität aufzu bauen. Vor allem an die Professoren und Dozenten gewandt, rief er aus: „Es ist dringend notwendig, die Tra gödie der Jugend tiefer zu erkennen und den jungen Menschen zu hel fen, rascher auf den richtigen Weg zu gelangen. Durch angestrengte Ar beit und ohne ihre Kräfte zum Wohle des deutschen Volkes zu scho nen, müssen Sie der Jugend die Liebe zum Menschen und zur Menschlichkeit einflößen, um aus ih nen nicht nur wahre Träger des Hu manismus und des Fortschritts, son dern auch unversöhnliche Kämpfer gegen Faschismus und reaktionäre Theorien heranzubilden.“ Nach Prof. Solotuchin sprechen an diesem 5. Februar 1946 noch der antifaschistische Widerstandskämp fer Max Walther, der die Forderung der KPD unterstrich, allen begabten Arbeiterkindern den Weg zur Uni versität zu ebnen; der sozialdemo kratische Oberbürgermeister Dr. Erich Zeigner, der Wissenschaftler und Studenten aufforderte, sich dem Marxismus, der Arbeiterbewe gung und dem gesamten Volk zuzu wenden und der aufrechte Demo krat und Präsident der Landesver waltung Sachsen, Dr. Rudolf Fried richs, der sich zu einer grundlegen den Neuordnung von Lehre und For schung und zur Abschaffung des bürgerlichen Bildungsprivilegs be kannte. Wer aber waren die Hochschul lehrer, an die sich Prof. Solotuchin so eindringlich wandte? Wer waren die Professoren, die die erste Studentengeneration nach dem zweiten Weltkrieg erzogen, die den Grundstein legten für das, was wir seitdem erreicht haben? An er ster Stelle seien hier die wenigen Genossen Wissenschaftler genannt, die damals an der Universität wirk ten : der Wirtschaftswissenschaftler Fritz Behrens, der Sinologe Eduard Erkes, der Philologe Maximilian Lambertz, der Historiker Walter Markov, der Althistoriker Otto- Theodor Schulz, der Jurist Heinz Such und unser späterer Verwal tungsdirektor Hubert Jusek. Bündnispolitik mit progressiven Kräften Diese wenigen Genossen hätten es aber nicht geschafft, die Universität Leipzig zu einer antifaschistisch demokratischen Hochschule mit so zialistischer Tendenz zu entwickeln — zumal ihnen eine starke konserva tive Gruppe unter Führung des da maligen Rektors Gadamer und des Philosophen Litt gegenüberstand — wenn sie nicht von Anfang an die Hilfe und Unterstützung demokra tisch gesinnter Wissenschaftler ge funden hätten, die sich nach Jahren der Existenzunsicherheit und auch der Verfolgung durch die Faschi sten dem demokratischen Neuan fang zur Verfügung stellten. Zu die sen Wissenschaftlern der ersten Stunde gehörten u. a.: der Agrar wissenschaftler Anton Arland, die Romanisten Werner Krauss und Phi lipp August Becker, der Internist Max Bürger, der Germanist Theo dor Frings, der Kunsthistoriker Jo hannes Jahn, der Stomatologe Ru dolf Kleeberg, der Physiker Wal demar Illberg, der Hirnforscher Ri chard Arwed Pfeifer, der Gynäko loge Robert Schröder, der Slawist Reinhold Trautmann, der Indologe Friedrich Weller und der Chemiker Leopold Wolf. Was hier vor 40 Jahren begann — die Bündnispolitik mit bürgerlich demokratischen Wissenschaftlern - sollte sich als der entscheidende He bel für die Demokratisierung der Universität und die Zurückdrän- gung des Einflusses reaktionärer Kräfte erweisen. Am 5. Februar 1946 war noch Prof. Gadamer Rektor der Universi tät, doch schon im Herbst 1947 ge lang es den fortschrittlichen Kräf ten, den humanistisch gesinnten Rechtswissenschaftler Prof. Erwin Jacobi zum Rektor zu wählen. Da mit wurde auch die Wahl unseres verehrten Prof. Georg Mayer zum Prorektor vorbereitet und wenig später die Wahl des ersten Soziali sten als Reittor der Universität, des berühmten antifaschistischen Eth nographen Prof. Julius Lips. Mit ihm gemeinsam bemühten sich dann der Anatom Kurt Alverdes, der Philologe Franz Dornseiff, der Pharmakologe Fritz Hauschild, der Chirurg Ernst Heller, der Geograph Edgar Lehmann, der Dermatologe Karl Linser, der Geograph Ernst Neef, der Agrarwissenschaftler Otto Rosenkranz, der Physiologe Erich Strack, der Chirurg Herbert Uebermuth und der Hygieniker Georg Wildführ um eine neue de mokratische Universität, Der Durch bruch zur neuen Universität — trotz aller Bemühungen der Genossen und der bürgerlichen Demokraten - hätte im Rahmen der alten Univer sitätsstruktur nicht vollzogen wer den können; zu stark war noch die Gegenwirkung der konservativen Professoren und Dozenten an den traditionellen Fakultäten. Deshalb erfolgten auf Initiative der KPD bzw. der SED und mit Unterstüt zung der sowjetischen Genossen im März 1946 die Schaffung der Vorstudienanstalt, im Oktober 1946 die Gründung der Pädagogischen Fakultät und im Februar 1947 die Einrichtung der Ge sellschaftswissenschaftlichen Fakul tät, der berühmten „Gewifa“. Mit diesen Neugründungen schuf die junge antifaschistisch-demokrati sche Ordnung Voraussetzungen da für, daß mehr und mehr auch mar xistische Wissenschaftler an die Uni versität berufen werden konnten. In nerhalb der traditionellen Fakultä ten wäre das damals lange nicht in dem notwendigen Umfang möglich gewesen. Wirstellen uns den neuen Anforderungen Wissenschaftler, die diesen neuen Fakultäten Profil gaben und ihnen mehr und mehr Anerkennung ver schafften, waren an der Arbeiter- und-Bauern-Fakultät Rosemarie Sacke-Gaudig und Robert Schulz, an der Pädagogischen Fakultät Ernst Eichler, Hugo Müller, Walter Reißt mann, Werner Renneberg, Herbert Schaller und Paul Wagner. An bei den Fakultäten entwickelten sich stabile Partei kollektive, die am Pro- zeß der Umgestaltung unserer Uni versität entscheidend beteiligt wa ren. Eine letzte wichtige Zäsur in die sem Prozeß, der heute vor 40 Jahren begonnen hat, war dann die Auf nahme der Vorlesungen an der Ge sellschaftswissenschaftlichen Fakul tät am 15. April 1947. Die Hochschul lehrer dieser Fakultät, darunter Fritz Behrens, Hermann Budzis lawski, Ernst Engelberg, Gerhart Eisler, Gerhard Harig, Walter Mar' kov, Karl Polak, Albert Schreiner und Hans Thalmann machten sich rasch einen Namen und leisteten eine hervorragende Arbeit bei der festen Verankerung des Marxismus. Leninismus an unserer Universität. Ihr Wirkungsfeld reichte weit über die „Gewifa“ hinaus und trug dazu bei, daß der Wissenschaftliche So zialismus an der gesamten Universi tät an Boden gewann. Von hier aus begann die Entwicklung in Rich- tung auf eine sozialistische Univer sität. An dieser Entwicklung waren auch viele Studenten der „Gewifa“ beteiligt, die im Sommer 1947 die er ste FDJ-Gruppe an unserer Univer sität gründeten und auch sonst eine umfassende gesellschaftliche und propagandistische Arbeit an der Universität und in der Stadt leiste' ten. Mancher wird sich jetzt fragen: Ist das alles schon 40 Jahre her? Vierzig Jahre sind in der Ge schichte eine kurze Zeit und doch, was ist in diesen vier Jahrzehnten nicht alles geleistet worden; die Bre chung des Bildungsprivilegs, die Herausbildung einer neuen Intel ligenz, die Entwicklung der Karl- Marx-Universität zu einer weltweit anerkannten und geachteten sozialir stischen Universität. Wir, die wir heute hier versam melt sind, Wissenschaftler, Studen ten und Mitarbeiter der Karl-Marx- Universität, empfinden uns als Trä ger und Fortsetzer der besten Tradi tionen unserer Universität, wir be wahren ihr Erbe und führen es fort Wir stellen hohe Ansprüche an un sere eigene Arbeit in Lehre, For schung und Studium, wir wenden uns gegen geistige Trägheit, Pes simismus, Mittelmaß und Routine. Wir stellen uns den Anforderungen des neuen Fünfjahrplanes und den ken schon an die Aufgaben, die bis zum Jahre 2000 zu lösen sind. Vor al' lern bekennen wir uns zu der Auf' gäbe, eine enge Verflechtung von Theorie und Praxis herzustellen, vor allem eine enge Verbindung des Wissenschaftspotentials unserer Alma mater mit dem einiger Kom binate. Bei allen diesen Aufgaben bleibt die wichtigste Aufgabe einer Uni versität immer die Ausbildung une Erziehung ihrer Studenten und die Weiterbildung der Absolventen. Wir sprachen eingangs von den. großen Vertrauen, daß die antia. schistisch-demokratischen und so zialistischen Kräfte in unserer Land vor 40 Jahren in unsere Un versität setzten. Heute können wir voller Stoß feststellen, daß die Hochschullehren Mitarbeiter, Arbeiter, Angestellte, und Studenten der Karl-Mar. Universität dieses Vertrauen 8 rechtfertigt haben. Dafür, daß ■ auch in den nächsten Jahren u> Jahrzehnten so bleiben möge, wo len wir alle gemeinsam einstehens In diesem Sinne bereiten wir und auf den XI. Parteitag der SEDune seine gewissenhafte Auswert vor.
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