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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1986
- Erscheinungsdatum
- 1986
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-198600007
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- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
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- Teilweise vorlagebedingter Textverlust.
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- Band
- Parlamentsperiode
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- Digitalisat
- SLUB Dresden
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Zeitschrift
Universitätszeitung
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Band
Band 1986
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Band 1986
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4 GESCHICHTE UND GEGENWART 7. Februar 1986 UZ/06 Wir Arbeiterstudenten der ersten Stunde hatten die Verpflichtung, viel und zielstrebig zu lernen, um aktiv am gesellschaftlichen Neuaufbau teilnehmen zu können / ■ . - Genosse ERICH SCHADE: Nach dem Aufruf „Arbeiterstudenten auf die Universi tät" im Jahre 1946 nahm er über die „Begabtenprüfung“ das Studium der Wirt schaftswissenschaften auf Nach der Zerschlagung des Fa schismus durch die sowjetische Armee im Verbund mit ihren Al liierten stand vor den antifaschisti schen Kräften unter anderem die Aufgabe, ein neues, dem demokra tischen Neuaufbau dienendes Bil dungswesen zu schaffen. Im Aufruf der Kommunistischen Partei Deutschlands wm 11. Juni 1945 heißt es u. a.: „Säuberung des gesamten Erziehungs- und Bildungs wesens von dem faschistischen und reaktionären Unrat.“ Für die Uni versitäten und Hochschulen bedeu tete das, der Forschung, Lehre und Erziehung neue, demokratische und fortschrittliche Inhalte zu geben. Aber nicht nur das: Die Überwin dung des bürgerlichen Bildungspri vilegs erforderte, auch aus dem werktätigen Volk stammende, der antifaschistischen Ordnung ver pflichtete Studenten an den Univer sitäten zu immatrikulieren. „Arbeiterstudenten auf die Universität“ Am 3. Februar 1946 verottent- lichte die „Sächsische Volkszei tung“ einen Aufruf der beiden Ar beiterparteien, der anderen Block parteien und der Gewerkschaften „Arbeiterstudenten auf die Univer sität!“, der als Wege zur Aufnahme eines Studiums „die Arbeiterfakul tät, die vor Beginn des Universitäts studiums das nötige geistige Wissen vermitteln wird“ und die „Begab tenprüfung, die die allgemeine Reife zum Besuch der Vorlesung feststel len soll“, nannte. Wollte ich mich ur sprünglich als Neulehrer bewerben, änderte sich nach dem Aufruf zum Arbeiterstudium mein Ansinnen, und ich bewarb mich um die Zu lassung zum Studium bei der Abtei lung Volksbildung beim Rat der Stadt Leipzig. Die Genossen Dr. Herbert Schal ler und Rosemarie Sacke-Gaudig führten persönliche Gespräche mit uns Bewerbern durch und trafen eine Vorauswahl. Ende Februar 1946 erhielt ich eine Aufforderung, am 1. März zu einer Aussprache in die ehemalige Handelshochschule in die Ritterstraße zu kommen. Dr. Schaller erklärte den Sinn unserer Zukunft und ihren Charakter und die Anforderungen an ein Hoch schulstudium. Er informierte uns, daß anschließend individuelle Aus sprachen als Teil der Begabtenprü fung durchgeführt werden. Im glei chen Raum, Hörsaal 4, mußten wir eine dreistündige schriftliche Arbeit abfassen. Die Begabtenprüfung wurde ohne Vorbereitung durch geführt. Ich wurde von Genossen Dr. Schaller und Prof. Menz ge prüft. Ich weiß noch, daß Prof. Menz mich u. a. nach Anbaugebie ten von Baumwolle in der Welt ge fragt hat. Er ergänzte meine Ant wort mit dem Hinweis, daß auch in der Sowjetunion Baumwolle ange baut wird. Die Prüfungsgespräche dauerten mehrere Stunden. Ihr In halt waren politische, historische und volkswirtschaftliche Probleme. Nach einigen Tagen erhielt ich von der Abteilung Volksbildung die Mit teilung, daß ich die Begabtenprü fung bestanden hatte und das Stu dium an der Wirtschafts- und Sozial wissenschaftlichen Fakultät auf nehmen könnte. Ich war mir bewußt, daß ein Hochschulstudium für mich ein ge wisses Wagnis war. Vor 20 Jahren, 1926, hatte ich die achtklassige Volksschule verlassen und als Schriftsetzer vier Jahre die Buch druckerlehranstalt besucht. 1931 nahm ich an einem neunmonatigen Lehrgang an einer Heimvolkshoch- schule teil. Ganz sicher, ob ich mit dieser Vorbildung mit Erfolg ein Studium der Wirtschaftswissenschaf ten absolvieren könnte, war ich mir nicht. Unmittelbar nach der Neueröffnung begann unser Studium Wir waren etwa 60 Arbeiterstu denten, die am 1. und 7. März 1946 die Begabtenprüfung ablegten. Mit 35 Jahren war ich einer der älte sten. Die meisten von uns, etwa 25, wollten Wirtschafts- und Sozialwis senschaften studieren, 12 Jura. Aber auch Bewerber für ein Studium der Medizin, der Biologie, der Mathe- matik/Physik, der Philosophie oder Theologie gab es. Die' Motivation für die Bewer bung zum Studium wär sicher bei den einzelnen sehr unterschiedlich. Nur wenige von uns waren bereits politisch organisiert und sahen im Studium eine gesellschaftliche Ver pflichtung. Als eine besondere In teressengruppe der Arbeiterstuden ten blieben wir bis Ende des Se mesters 1946 eine gewisse organisa torische Einheit. Ich wurde von Genossen Dr. Schaller, der uns Arbeiterstudenten seitens des Rates der Stadt Leipzig betreute, als Obmann eingesetzt. Als solcher hatte ich u. a. die Aufgabe, die Verbindung zum Rat der Stadt zu halten und organisatorische Fra gen mit dem Rektorat zu klären. Denn das Studium an der Universi tät Leipzig war nach der demokra tischen Neueröffnung im Februar 1946 bereits im vollen Gange. Auf Anordnung der Zentralver waltung für Volksbildung waren an allen Hochschuleinrichtungen der sowjetischen Besatzungszone die Mitglieder der Nazipartei aus dem Lehrkörper und aus den Reihen der Studierenden entfernt worden. Das schloß nicht aus, daß Teile der Stu- eine gewisse Anzahl von Schwach sinnigen immatrikuliert werden.“ Viele Angehörige des Lehrkörpers sähen im Arbeiterstudium ein Ex periment und tolerierten es wohl wollend. Es gab aber auch nicht we nige Professoren, Studenten und Lehrbeauftragte, die politisch be wußt dem demokratischen Neuauf bau verbunden waren und aktiv das Arbeiterstudium unterstützten. Dabei waren die Verhältnisse an den verschiedenen Fakultäten stark differenziert. Wir wenigen Arbeiterstudenten, die wir Mitglieder einer der beiden Arbeiterparteien waren, reihten uns in die politische Arbeit der Betriebs gruppe der Partei auf Universitäts ebene ein. Wir waren uns einig über die Notwendigkeit der Vereinigung und haben aktiv dabei mitgewirkt. Mit Prof. Fritz Behrens lehrte der erste marxistische Ökonom Zu Beginn des Studiums im Jahre 1946 existierten für das Studium der Wirtschaftswissenschaften keine obligatorischen Studienpläne. Alle Lehrveranstaltungen wurden nach persönlichen Vorstellungen und In teressen frei gewählt. Die individuel- hindern. Es zeugt von der politisch- ideologischen Situation unter dem Lehrkörper und den Studenten, daß Genosse Prof. Behrens zu seiner er sten Vorlesung zum Thema „Theo rie und Geschichte der politischen Ökonomie“ vom Kreissekretär der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Genossen Ernst Loha gen, in den Hörsaal 2 der ehemali gen Handelshochschule in der Rit terstraße geleitet wurde. Die Auto rität der Partei war notwendig, um der marxistisch-leninistischen poli tischen Ökonomie den ihr gebüh renden Platz in der Ausbildung von Wirtschaftskadern zu verschaffen. Mit den Vorlesungen und Semina ren von Prof. Behrens erhielt das Arbeiterstudium seinen eigentlichen Sinn, Wirtschaftskader für den de mokratischen Neuaufbau auszubil den, die den Interessen des werktä tigen Volkes eng verbunden waren. Es waren vor allem die Arbeiter studenten, die bei ihm ihre wirt- schaftswissenschaftliche Bildung und marxistische Erziehung suchten und fanden. Genosse Prof. Behrens übte einen außerordentlich großen Einfluß auf uns Arbeiterstudenten aus. Partei lich, kämpferisch und mit zwingen der Logik war er ein begeisternder Hochschullehrer. Genosse Prof. Schade, kurz vorgestellt: Unser Autor, 1911 in einer klassenbewußten Ar beiterfamilie geboren 1918 bis 1926 Besuch der Volks schule 1926 Mitglied der SAJ 1926 bis 1930 Lehre als Schriftsetzer 1928 Mitglied der SPD 1930 bis 1935 arbeitslos 1935 Verhaftung wegen staatsfeind licher Betätigung 1935/36 KZ Sachsenburg 1937 bis 1940 Bauarbeiter 1941 bis 1945 Wehrmacht 1946 Begabtenprüfung zum Arbei terstudium 1946 bis 1949 Studium der Wirt schaftswissenschaften 1949 bis 1951 Geschäftsführender Oberassistent am Planökono mischen Institut in Leipzig 1951 Übernahme ins Grundstudium Marxismus-Leninismus 1952 Wahrnehmung einer Dozentur für Politische Ökonomie 1957 Promotion Dr. rer. pol. 1958 Berufung zum Dozenten für Po litische Ökonomie 1958 bis 1961 Prodekan an der Landwirtschaftlichen Fakultät 1951 bis 1961 Leiter der Abteilung Marxismus-Leninismus an der Land wirtschaftlichen Fakultät 1969 Berufung zum außerordentli chen Professor Füt sein langjähriges, verdienstvol les Wirken erhielt Genosse Schade hohe Auszeichnungen, u. a. die Medaille „Kämpfer gegen den Faschismus", die Ehrennadel der KMU, 1971 die Verdienstmedaille der DDR, 1974 den Vaterländischen Verdienst orden in Bronze, 1983 die Wilhelm-Kirchner-Plakette der Sektion TV. dentenschaft noch mit der Naziideo logie behaftet waren, oder ihr bür gerliches Bildungsprivileg in Gefahr sahen. Die Mehrzahl der Studieren den, die 1946 zur Universität zugelas sen wurden, hätte ja bereits wäh rend der faschistischen Herrschaft ihr Studium begonnen. Nur sehr we nige der Studenten waren Mitglie der einer der Arbeiterparteien. Ein gewisser reaktionärer Teil der Stu dierenden sah in uns Arbeiterstu denten den Klassengegner. Durch Überheblichkeit, Verweigerung von Unterstützung bei der Orientierung im Studienbetrieb, durch Fehlin formationen über Lehrveranstal tungen. Sitzplatzverweigerungen und durch Anrempeleien zeigten sie ihre feindselige Einstellung. So gab es oftmals Auseinandersetzungen in den Hörsälen und auf den Korrido ren. In der Einstellung zur sowje tischen Besatzungsmacht und zur Entwicklung in den Westzonen un terschieden sich die Geister der Stu dierenden Noch belastet vom bür gerlichen Bildungsprivileg und von reaktionären Klasseninteressen bei einem Teil des Lehrkörpers und der Universitätsleitung wurde das Ar beiterstudium abgelehnt. Politisch bewußt dem demokratischen Neuaufbau verbunden Auf die Forderung der Arbeiter partei, gemäß der sozialen Zusam mensetzung der Gesellschaft in der Mehrzahl Kindern aus der Arbei terklasse das Studium zu ermögli chen, entgegnete der damalige reaktionäre Rektor Prof. Dr. Ga- damer sinngemäß: „Wenn die Stu dentenschaft die prozentuale Zu sammensetzung der Bevölkerung wi derspiegeln soll, dann müßte auch len Studienpläne orientierten sich an den Erfordernissen der Di plomprüfung. In einigen Fächern wie Buchführung oder wirtschaftli ches Rechnen und Finanzmathema tik mußten Seminarscheine erwor ben werden. Zwischenprüfungen im Studium der Wirtschafts- und So zialwissenschaften gab es nicht. Das Selbststudium war ganz individuell, Literatur war kaum vorhanden. Erschwerend für uns Arbeiterstu denten war, daß der Lehrbetrieb, als wir das Studium aufnahmen, be reits im vollen Gange war, und wir einen Teil des Vorlesungsstoffes nicht gehört hatten. In Sonderlehr veranstaltungen wurden wir an den Lehrstoff herangeführt. Eine große Hilfe für uns Arbeiterstudenten, die wir über die Begabtenprüfung zum Studium gelangten, war Dr. Schal ler. Anhand der Durcharbeitung des Kommunistischen Manifests half er uns, wissenschaftliche Arbeitsme thoden anzueignen, mit Literatur zu arbeiten, Nachrichten anzufertigen und anderes mehr. Zu Beginn unse res Studiums waren die Seminare bei Dr. Schaller außerhalb des Stu dienbetriebes die erste und einzige Orientierung auf den Marxismus. Die Hauptvorlesung für ange hende Wirtschaftswissenschaftler war die von Prof. Lütge über All gemeine Volkswirtschaftslehre. Das war im wesentlichen eine „wert- fiele“ Darlegung verschiedener bür gerlicher Lehrmeinungen und Kate gorien. Im Verlauf des Winterhalbjahres semesters 1946 nahm Genosse Prof. Fritz Behrens seine Lehrtätigkeit an der Wirtschafts- und Sozialwissen schaftlichen Fakultät auf. Reaktio näre Kräfte an der Universität hat ten vergeblich versucht, das zu ver Soweit ich es überblicke, haben eine große Anzahl ehemaliger Ar beiterstudenten, die über eine Be gabtenprüfung zum Studium der W i rtsch af tswissensehaften zu gelas sen wurden, promoviert, und we nigstens fünf davon wurden später zu Professoren berufen. Der Weg, Arbeiterstudenten über eine Begab tenprüfung den Zugang zum Hoch schulstudium zu eröffnen, hat sich in der Praxis als richtig und erfolg reich erwiesen. Als die demokratischen Parteien in der sowjetischen Besatzungszone den Aufruf „Arbeiterstudenten auf die Universität!“ erließen, war ih nen klar, daß allein über die Able gung von Begabtenprüfungen die Berechtigung des Studiums zu er langen (wie es bei uns der Fall war), den gesellschaftlichen Erfor dernissen nicht gerecht werden konnte. Als zweiten Weg, der zum Universitätsstudium der Arbeiter kinder führen sollte, hieß es im Auf ruf, daß die Arbeiterfakultät den künftigen Arbeiterstudenten die not wendigen Kenntnisse vermitteln solle, um sie an das eigentliche Stu dium heranzuführen. „Vosta" bildete wichtige Säule in der antifaschi stisch-demokratischen Hochschulreform Im Rahmen des Aufbaues der Vor studienanstalt an der Universität Leipzig wurde im Herbst 1946 der erste Vorbereitungslehrgang für das Arbeiterstudium eröffnet. Die Feier stunde fand in der Löhrstraße statt. Die Eröffnungsrede hielt der Stadt rat für Volksbildung und Kultur, Helmut Höltzhauer. Ich hatte die Aufgabe, die Kur santen im Namen der bereits im matrikulierten Arbeiterstudenten zu begrüßen. Sinngemäß brachte ich zum Ausdruck, daß wir als Arbei terstudenten die Verpflichtung ha ben, uns zu wissenschaftlichen Lei stungen zu befähigen, um aktiv am gesellschaftlichen Neuaufbau teil nehmen zu können und den Einfluß reaktionärer Kräfte unter den Stu denten zurückzudrängen. Durch unsere Teilnahme für ein neues, demokratisches und antifa schistisches Deutschland wollten wir uns bewußt unterscheiden von der reaktionären und faschistischen Studentenschaft in der Geschichte Deutschlands, die wesentlich dazu beigetragen hat, das deutsche Volk in Not und Elend zu stürzen und sei nen Namen in der Welt mit Schimpf und Schande zu bedecken. Mit der Gründung der Vorstudien anstalt (Vosta) war die Einführung des Arbeiterstudiums an der Uni versität in eine neue, höhere Etappe eingetreten und sie hatte entschei denden Anteil an der Durchsetzung der antifaschistisch-demokratischen Bildungsreform und letztlich an der sozialistischen Umgestaltung des Hochschulwesens. Vier Jahrzehnte Freundschaft mit der Sowjetunion Vier Jahrzehnte fruchtbare und enge Zusammenarbeit mit der Sowjetwissenschaft (Teil II) In der Grußadresse des Gene ralsekretärs des ZK der SED, Ge nossen Erich Honecker, zur 575. Wiederkehr des Gründungstages unserer Leipziger Universität heißt es: „Die Zerschlagung des Hitlerregimes durch die ruhm reiche Sowjetarmee öffnete auch der Leipziger Universität den Weg zu einer wahren Volksuni versität. “ ’ Von den ersten finanziellen Mitteln in Höhe von 500 000 Mark zur Schaffung von Kran ken-, Labor-, Behandlungs- und Arbeitsräumen über solch weg bereitende Befehle, wie die Auf nahme des Lehrbetriebes an der Universität Leipzig (15. 1. 1946), die Eröffnung der Leipziger Bi bliothek (7. 9. 1945), der Verord nung über die Einrichtung von Vorstudienanstalten für Arbei ter- und Bauernkinder (Lan desverwaltung Sachsen, 12. 2. 1946) und die Gründung der Ge sellschaftswissenschaftlichen Fa kultät (15. 4. 1947), der kamerad schaftlichen Hilfe durch Vertre ter der Sowjetwissenschaft in den ersten Jahren der jungen Re publik bis zur heutigen Wissen schaftskooperation zum Vor wärtsschreiten unserer Bru derländer führt ein gerader Weg der Freundschaft. Waren die Wissenschaftler der Leipziger Universität auch in den ersten Jahren nach der de mokratischen Neueröffnung, nach der Gründung der DDR im wesentlichen Nehmende, so. ta ten sie alles dafür, um sich als kooperationsfähiger Partner zu entwickeln. Die Universitätspar- teiorganisation stellte dabei in ih rer ideologischen Arbeit in den Vordergrund, daß die Sowjetwis- senschaft in vielen Wissenschafts zweigen Welthöchststand ver körpert und daß Kooperations- fähigkeit einschließt, selbst wis senschaftlichen Neuwert bei zutragen, daß man die Sowjet wissenschaft kennen und natür lich die russische Sprache beherr schen muß. Prof. Harig schrieb nach Been digung einer Reise in die Sowjet union im Juni 19.51: Es ist „kein Zufall, sondern eine historische Notwendigkeit, daß sich mit dem Zentrum des gesellschaftlichen, auch das Zentrum des wissen schaftlichen Fortschritts, im Weltmaßstab gesehen, nach Osten verlagert hat.“ Am 26. November 1954 fand zum ersten Mal in der Ge schichte der Leipziger Universi tät ein „Tag der sowjetischen Wissenschaft“ statt. Höhepunkt in der Entwicklung der Zusammenarbeit der Karl- Marx-Universität mit der Sowjet wissenschaft war der Vertrags abschluß mit der Leningrader Staatlichen .Shdanow-Universität am 9. Juni 1959. Genosse H.-J. Böhme, der damalige 1. Sekretär der Universitätsparteileitung und heutige Minister für Hoch- und Fachschulwesen, der zum Jahreswechsel 1959/60 in Lenin grad weilte und dort gemeinsam mit dem Parteikomitee der Uni versität über die Ausgestaltung der Beziehungen beriet, schätzte ein: „... daß die Verbindungen für die Lehre und Forschung in Leningrad und Leipzig von gro ßem Nutzen sind“. Diese Einschätzung bestärkt« die Universität darin, zu weite ren Universitäten der Sowjet union Partnerschaftsbeziehun gen aufzunehmen. Es entstand der Vorschlag, ein Vertragswark über wissenschaftliche Beziehun gen der Karl-Marx-Universität mit wissenschaftlichen Einrich tungen sozialistischer Länder ab zuschließen. Nach dem bereits vom Februar bis August 1962 der erste studen tische wissenschaftliche Wett bewerb unter dem Rahmen thema': „Neue Ergebnisse bei der schöpferischen Auswertung der Sowjetwissenschaft und ihre Be deutung für das jeweilige Stu diengebiet sowie für die soziali stische Praxis“ stattgefunden hatte und daran gegangen wurde, die Zusammenarbeit der Universitäten Leipzig und Le ningrad stärker in Verantwor tung der Institute bzw. Fakultä ten zu legen sowie gemeinsame wissenschaftliche Arbeiten (Lehr buch „Geschichte der Philoso phie“, Monographie zu Fragen des staatsmonopolitischen Ka pitalismus) entstanden waren, kam es Mitte der sechziger Jahre zu zahlreichen weiteren Vertrags abschlüssen. In den Perspektivplänen, For schungsvorhaben und Ausbil dungsprogrammen der Institute bzw. Fakultäten tauchten in im mer stärkerem Maße Wünsche auf Einbeziehung von Wissen schaftlern der Partneruniversitä ten zur Realisierung der Plan aufgaben auf. Im Ergebnis ge meinsamer langjähriger und in tensiver Zusammenarbeit von Prof. Tulpanow (Leningrad) und Prof. Heinze (Wirtschaftswissen schaftliche Fakultät der KMU) entstand • ein Sammelband wis senschaftlicher Aufsätze unter dem Titel: „Karl Marx, Das Ka pital — Erbe und Verpflichtung“ (1967). Eine langjährige intensive Zusammenarbeit bestand auch zwischen den Physikern, Philoso phen, Journalisten, Juristen, Hi storikern, Chemikern und Wis senschaftlern anderer Diszipli nen. Einen immer größeren Platz eroberte sich der Studentenaus tausch, der nicht nur die voll ständige Ausbildung, sondern vor allem auch Praktika an den Partneruniversitäten umfaßte. Die ideologisch-theoretische Arbeit an der Karl-Marx- Universität im Studienjahr 1969/70 wurde durch den 100. Ge burtstag Lenins, den 20. Jahres tag der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik und den 25. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus bestimmt, so z. B. die VI. Leistungsschau der Studenten und jungen Wissen schaftler der KMU. Es entstan den eine ganze Reihe von wis senschaftlichen Publikationen, so z. B. die von den Professoren A. Heinze und S. I. Tulpanow herausgegebene Sammlung von Aufsätzen Leipziger und Lenin grader Wissenschaftler „Lenins Lehre lebt“. MANFRED WOLFF Doz. G. J. Patent, ehemaliger Offizier der SMAD: Für sein unvergessene* Wirken bei der Propagierung der Weltanschauung der Arbeiterklasse in den Jahren 1946 bis 1949 an der Leipziger Universität wurde er 1976 mit der Ehrenmedaille der KMU geehrt. Foto: UZ/Archiv
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