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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1986
- Erscheinungsdatum
- 1986
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-198600007
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19860000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19860000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise vorlagebedingter Textverlust.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 1986
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Band 1986
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6 KULTUR 5. Dezember 1986 UZ/44 Malerei von Norbert Wagenbrett im FDJ-Jugend- und Studentenzentrum Moritzbastei Wollen zur Auseinander ¬ setzung anregen „Begegnung", entstanden 1983/84, 01 auf Leinwand, befindet sich im Besitz der Staatlichen Museen Mo ritzburg, Halle. Das abgebildete Gemälde „Be gegnung“ von Norbert Wagen brett gehört zu einer Reihe von Bildern des jungen Leipziger Ma lers, die seit dem 14. November in Cafe und Galerie „Barba kane“ des FDJ-Jugend- und Stu dentenzentrums Moritzbastei aus gestellt sind. Wir sehen zwei Ju gendliche, die ihrem Gegenüber — uns — in der Enge eines Fuß gängertunnels den Weg zu ver stellen scheinen. Durch die schmalen Körper, die krampf haft verschränkten Arme des einen und die unbeholfen her unterhängenden mit den zu gro ßen Händen des anderen wird der Eindruck von Unsicherheit erweckt. Die Ausstellung vereint bei nahe ausschließlich Bildnisse sol cher Art. Dargestellt sind meist ein oder zwei Personen, die — fast das gesamte Bildformat ein nehmend — sich dem Betrachter präsentieren. Sie agieren nicht. Sie stehen, sitzen... nehmen eine bestimmte Haltung ein und handeln nur durch Gesten, Blicke oder ihre räumliche Be ziehung zueinander. Die unter an derem an Otto Dix geschulte veri- stische Malweise erlaubt dem Be trachter ein sofortiges optisches Erfassen des Dargestellten. Der Hintergrund verliert sich oft in einer dunklen Fläche oder deutet einen enggefaßten Handlungs raum an, wie bei den Bildern „Begegnung“ oder „Fisch Ver käuferin“. Damit wird die fron tale Wirkung der Figuren unter strichen, so daß diese sich ihrem Gegenüber regelrecht aufzudrän gen scheinen. Die mit psychologischem Ge spür erfaßten Gesichter und die in fast manirierter Gebärde ge gebenen Hände reizen zu länge rem Hinschauen. Der Betrachter wird dazu gezwungen, die Dar gestellten so zu sehen, wie der Maler sie sah. Durch die Aus wahl seiner Modelle macht er auf ganz unterschiedliche Indivi duen unserer Gesellschaft auf merksam. Die Bilder Norbert Wa genbretts wollen uns anregen, uns mit unseren Mitmenschen auseinanderzusetzen, genauer hinzuschauen, offen zu sein für das, was den einzelnen Men schen ausmacht. Besonders deut lich wird dieses Anliegen auf den Doppelbildnissen, wo sich die individuelle Ausstrahlung des einzelnen durch den Kon trast zu seinem Bildpartner er höht. Abschließend sei noch auf die malerische Bravour der stoff lichen Wiedergabe der nackten Körper und der Bekleidung hin gewiesen. die faszinieren oder Ablehnung hervorrufen kann. Doch gerade diese Gratwande rung zwischen beiden Polen macht im Zusammenspiel mit der psychologischen Durchdrin gung der Figuren m. E. das Span nungsfeld von Wagenbretts Bil dern aus. HEIKE THORMANN Pantomimegruppe spielt „Die Kaiserin von Neufundland" I. M. Filissa, Kaiserin von Neufundland, dargestellt von Carmen Wanschek, und Graf Lea-Giba, Ministerpräsident, gespielt von Ralph Lorenz, in der Inszenierung „Die Kaiserin von Neufundland", die am 15. November am Poetischen Theater unse rer Universität Premiere hatte. Fotos: Lorenz Der ernste Hintergrund ist jederzeit erkennbar Premiere bot Entspannung, Spaß und Unterhaltung 15. November 1986 — erneut eine Premiere im Poetischen Theater „Louis Fürnberg". Frank Wede kinds Pantomime „Die Kaiserin von Neufundland“ wurde in der DDR erstaufgeführt. 1929 gab es schon einmal eine Inszenierung dieses Stückes — ebenfalls in Leipzig. Doch seitdem lag es brach. Jetzt also wurde es wieder ins Theaterre pertoire aufgenommen. Wie man weiß, bietet das Studententheater der KMU eben nicht nur Breite bei der Auswahl der Stücke, sondern auch bei der Auswahl der Genre. Dieses hieß am 15. 11.: „Stumme Kunst“. Stumm, doch nicht sprach los. Die Premiere bewies, daß weder Lachen, noch Schreien, noch Flü stern das Publikum weniger wir kungsvoll erreichte, als im Sprech theater. DIE VORARBEIT Im November des letzten Jahres begann die Arbeit mit dem Stück. Ein Kern von langjährigen Mitglie dern der Pantomimegruppe und neu hinzugekommene stiegen ein in die Probenarbeit. Am Anfang das Ge spräch. Was passiert im Stück? Wie begreife ich es? Warum handelt eine Figur so und nicht anders? Wie kann ich meine Rolle richtig darstel len? — Fragen nach dem Inhalt und nach entsprechender Pantomime technik. Dann das Proben der Szenen. Hier kam es vor allem für die „Neuen“ darauf an, die Bewegungsgesetze und -möglichkeiten der Pantomime direkt beim Spiel kennenzulernen und sie dann selber zu beherrschen. Konzentration jedes einzelnen auf seine Rolle — Ausloten bis in die Tiefe. Was natürlich das Begreifen der anderen Figuren notwendiger weise einschließt. Die Entwürfe für das Bühnenbild und Kostüme stammen größtenteils von Carola Seelig und Heinz-Jürgen Böhme. Zusammengebaut haben sich die Mitglieder der Gruppen das Bühnenbild selber und auch die Schneiderei lag in ihren Händen. Helga Erler führte da die „größte Nadel“. Peter Dombrowskis Musik für diese Pantomime studierte die „Main-Wave-Jazzband“ ein. Sie bot einen zusätzlichen Genuß: Musik und Pantomime richtig miteinander verknüpft, dirigiert das eine nicht das andere sondern beides funktio niert im Sinne eines Gesamtaus drucks. DAS SPIEL BEGINNT Sie wird erweckt. Halb wach schon, halb schlafend noch. Schwebt sie über die Bühne im Traumtanz. Innerlich zerwühlt und hilflos. Schießt plötzlich steil in die Höhe. Sucht nach Irgendwasweißich — sie weiß es nicht. Und fällt zu sammen. Die Kaiserin. Die Tigerin im Käfig. Gespielt von Carmen Wanschek ist sie schon von Anfang an ein zerbrechliches Wesen, doch nicht ohne Kraft. Binnen Bruchtei len von Sekunden schlägt sie um von Extrem zu Extrem. Bis in die letzte Fingerkuppe erfaßt von der je weiligen Stimmung. Ihr zur Seite steht der Ministerpräsident. Als der Kaiserin Beschützer und Zugleich ihre ausführende rechte Hand agiert Ralph Lorenz. Er bringt das Spiel in Schwung, um es dann im mer weiter voranzutreiben. Ohne Zweifel die beste pantomimische Leistung von allen — nicht zuletzt begründet in seinen langjährigen Er fahrungen auf dem Gebiet. Nach dem Zusammenbruch der Kaiserin stolziert der Arzt auf die Bühne. Carola Seelig als selbstsi cherer Gockel mit recht pseudowis senschaftlichen Untersuchungsme thoden. Seine Diagnose jedoch stimmt: „Liebeskrank!“ — Dazu ein Arzt vonnöten? Hat die gespreizte Hofgesellschaft solch einen Zustand wie den der Kaiserin noch nie gese hen, noch nie selber erlebt? Kein Gefühl. Gut umgesetzt durch das monotone, fast immer völlig syn chrone Bewegen des Hofstaates. Links und rechts des Thrones nä hern sich nun gespenstig Verhüllte, schwarz, bedrohlich, der eine — weiß, mit lieblichem Brautschleier, die andere. Die vom Arzt gestellte Alternative ist klar: Tod oder — Hei rat. Die Kaiserin nimmt den Braut kranz, Das kleinere Übel? Und nun beginnt ihr Spiel mit den Freiern. Es scheint wirklich, als wolle sie den Tod mit vorgetäuschter Freier suche überlisten. Elke Schumann (links) gestaltet im Stück den Hofdichter Pustekohl. Der erste .Freier ist der Hofdich ter Pustekohl. Die Kaiserin nebst Hofgesellschaft lacht und kickert sich beinah in Ekstase, während Pu stekohl (Elke Schumann) völlig auf geht in seiner Liebe. Verrenkt die Glieder bis zum Äußersten. Es zer reißt ihn fast, als er sein Gedicht vorträgt. Nach seiner letzten Wer bung: Freitod. Unerfüllte Liebe oder — die bittere Erkenntnis, daß die Frau, die , er liebt, seiner nicht würdig ist? Napoleon (Helga Erler) als mili tanter Eroberer — der zweite Freier. Er verängstigt die Kaiserin ein we nig. Mit dem Kunstgriff Schatten spiel konnte man eine Unmenge an Soldaten aufmarschieren lassen und — die Schlacht erschien Wie ein schreckhafter, doch nicht allzu ernst zu nehmender Traum. Des Erfinders Geist wiederum langweilt die Kaiserin. Doch wenig stens das Publikum hatte Karsten Röders Aiwa Adison auf seiner Seite: Szenenapplaus. Mit Wünschel rute und Rechenschieber erfindet er, auch körperlich völlig durch drungen von seiner Idee, einen Bat zen Gold. Aber, es ist fast wie im Märchen vom König Drosselbart: Das Urteil der Kaiserin über alle diese Freier lautet: Hinaus! Ab und zu lugt der Tod ins Ge mach. Noch immer keine Hochzeit? Da! SEIN Auftritt Holthoff. Der stärkste Mann der Welt. Gerade noch im rechten Augenblick. Aber kommt er, um die Kaiserin zu ret ten? Er wird zwar gleich Tolles bie ten, doch hat er nicht etwas Verlan gendes in seinem Schritt? Dieter Kollewes Kraftmensch, erfolgver wöhnt, imponiert er auch hier am Hofe? Den silbernen Mantel als glänzende Hülle über einen noch prächtigeren Kraft-Inhalt geworfen. Die Hülle fällt. Die Kaiserin gerät in Aufruhr; Mann plus Kraft gleich Liebe! So einfach ist das. Der Zu schauer kann jetzt erleichtert, fröh lich sein — die Kaiserin ist geheilt. So einfach ist das? Wohl doch nicht, denn man lacht eine andere Lache. Man lacht den posierenden Kraftmensch aus und die ihm ver fallene Kaiserin. Über die Komik des Spiels wird der Sumpf klar, auf den die Kaiserin ihre Ehe baut. Man ahnt schon, der nur auf äußeren Schein bedachten Wahl des Freiers folgt die Strafe auf dem Fuß. Hier im Unterschied zu Grimms Mär- hen die völlig andere Richtung der Geschichte Wedekinds: Drosselbart will die Prinzessin bestrafen und erziehen. Holthoff jedoch will Geld. Geld für Liebe — so seine Parole. Findet die Kaiserin keine Kraft, sie zurückzuweisen? Hat sie den Wahn schon akzeptiert, der ihr geschehen wird bei Holthoffs größter Kraft probe? Höchstes Glück und zugleich das Wissen: Alle Kassen sind leer. Schluß. Keine Liebe mehr. Und nun taumelt, rast, stürzt Carmen Wanschek wieder über die Bühne. Ihr die Kraft hinausschleudernd, bis sie zerbricht. Kann sie ihr Traumge- gaukel nicht als solches gegenüber der Wahrheit verkraften oder hat ihr Holthoffs Kraftspielchen wirk lich so viel bedeutet? Doch noch einmal tritt sie in Ak tion. Im letzten Bild. Sie sucht Holt hoff, vielmehr ihr Wunschbild. Noch immer ist sie im Wahn. Ka schemme. Die Welt des käuflichen, flüchtigen Augenblicks. Das sich ha stig „verschenkende“ Freudenmäd chen paart sich mit dem eiskalten Pragmatiker (Helga Erler und Kar sten Röder). Die Wilde, Zügellose (Elke Schumann), stürzt sich von einem Mann in den anderen. Streit bricht aus. Kampf um Liebe? Kampf um Lust? Um Geld. Alles, was geschieht wird begleitet von ja gender Musik. Musik, die zwar in die Beine geht, doch — hektische, un gesunde Atmosphäre steigt auf. Ist so der Rhythmus des Lebens, des Lie bens und Hassens, des Gewinnens und Verlierens, in dieser Welt? Ein Rasen durch die Lust, das für die meisten in der Hölle endet... Da hinein geistert die Kaiserin. Ein letz ter Versuch. Holthoff die ehemalige Liebe abzuverlangen. Doch der, kraftlos und versoffen, versagt. Ver sagt der Kaiserin ihre letzte Illu sion. PREMIERE GELUNGEN Da ist das Spiel zu Ende. Für Holt hoff, für die Kaiserin — und für das Publikum. Die Premiere war vollbracht und: Gelungen, wenn auch mit differen zierten Leistungen.. bot Entspan nung, Spaß, Unterhaltung. Ja, Un terhaltung. Aber;nicht zum Selbst zweck. Der ernste Hintergrund war unverkennbar. Es geht nicht gut, will man sich Liebe und Achtung er kaufen — schnell greift die Verzweif lung, das - Gespenst des Untergangs an die Kehle. Jedoch auch der kommt nicht davon, der sich zum Gegenstand dieses Handels macht. Jenen tiefen humanistischen Grundgedanken gaben die Pantomi men über ihr „komisches“ Spiel dem Publikum mit. ANNETT SEIFERT Zum 29. Mal im Zeichen der Taube: Filme der Welt-für den Frieden der Welt ... denn der gerechte Kampf geht weiter... Auseinandersetzung in Film und Gespräch / Ent larvende Dokumentarfilme im Festivalprogramm 29. Dokumentar- und Kurzfilmwo che - eine Woche voller Eindrücke und Begegnungen. Erstere sam melte man in den Kinos, zu letzteren bot u. a. das FDJ-Jugend- und Stu dentenzentrum Moritzbastei Gele genheit. Eine für viele wohl heraus ragende Begegnung war die Sonn tagnacht der Festivalwoche. Nach dem im „Capitol" der Film „Ganz unten“ aufgeführt worden war, traf man sich in der übervollen Veran staltungstonne mit dem Autor des gleichnamigen Buches, Günter Wall raff, sowie dem Regisseur Jörg Gfrö- rer zum bis in den frühen Morgen währenden Gespräch. Was war es, das man wissen wollte von einem, der so sprunghaft zur Berühmtheit wurde auch bei uns? Etwas Spektakuläres verbindet sich mit dem Namen Günter Wall raff, der sich für zwei Jahre als Türke Ali Levent Sinirlioglu ausgab, um die ausländerfeindlichen Ma- ghenschaften verschiedener Duis burger Unternehmer zu enthüllen. In Stunden nicht abreißender Fra gen und aufrecht ehrlicher Antwor ten ging es vor allem darum, was Buch und Film bewirkten. Zunächst wurden drei Prozesse genannt, die ausgestanden sind, aber zwei wei tere sind noch offen. Wallraff äußerte, daß er weiß, wie hart die werden können. Er schöpft jedoch aus dem Bewußtsein, mit seiner Ak tion Rechtsverletzungen und un menschliche Praktiken aufgedeckt zu haben. Wenn jetzt die betroffe nen Unternehmer laut werden und Empörung heucheln, trägt selbst das nur dazu bei, die Arbeit von Wallraff und Gfrörer ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. — Und die dortige Resonanz? In der bundesdeutschen Öffentlichkeit reicht das Spektrum der hervorgeru fenen Wirkung von solidarischer Un terstützung bis hin zu Beschimpfun gen und verunglimpfender Anklage — je nach Absender. Den Schmä hungen, ja Verfolgungen durch die von ihm Bloßgestellten ist Wallraff erst einmal entflohen; er gab sei nen Wohnsitz in Köln auf. Auf posi tives Echo aber stieß sein oft sehr gefahrvolles Tun sowohl bei ein heimischen als auch bei auslän dischen Arbeitern. Daß sie erkannt haben, für und gegen wen er zahl lose Risiken auf sich nahm, so Wall raff, das gibt ihm Kraft. Und: ..Ich weiß inzwischen viel mehr, als Buch und Film aussagen." Nicht zuletzt durch die vielen Hinweise von de nen, die unter den aufgedeckten, zum Teil verbrecherischen Mißstän den zu leiden haben, sind Autor und Regisseur inzwischen im „Rechtsstaat" gefürchtete Personen. Denn ihr Kampf geht weiter — nicht nur im dieser Tage auszufechten den Prozeß, für den hier stellver tretend für viele der denkbar beste Ausgang gewünscht wird. Am selben Abend wurde auch der Film „Winnie und Nelson Man dela" des USA-Regisseurs Peter Da vis vorgestellt, ein Streifen, der ein drucksvoll Stationen aus dem schwe ¬ ren Leben der beiden südafrika nischen Freiheitskämpfer widerspie gelt. Auch hier war — wie beim Wallraff/Gfrörer-Film - der Pu blikumsapplaus gewaltig. Auch die ser Regisseur stellte sich Sonn tagnacht den mb-Gästen, woraus sich ebenfalls eine interessante und aufschlußreiche Fragerunde ent spann. Mögliche Chancen für eine Freilassung des seit vielen Jahren eingekerkerten Nelson Mandela wurden besprochen, allerdings auch eventuelle Folgen für seine Frau Winnie, die dem Drehteam be reitwillig Auskünfte erteilte und die tagtäglichen Grausamkeiten des südafrikanischen Regimes anpron- gerte. Nicht am gleichen Abend zu se hen, aber in eine Reihe mit beiden vorangegangenen Filmen zu stellen ist „Acta General de Chile". Wäh rend eines illegalen Aufenthalts in seiner Heimat suchte Littin zu er gründen, was 1973 zur Machtergrei fung Pinochets führen konnte, suchte er aufzuspüren, wo heute die Potenzen gegen die Diktatur lie gen. In vier Teilen seines großarti gen filmischen Zeugnisses führt er uns durch Santiago und Valparaiso, in den Norden, ins Innere des Lan des, berichtet in Rückblenden vom ersten Keimen chilenischer Arbei terbewegung, von Exilierten und Un tergrundkämpfern. Er zeigt auf, wie die verschiedenen Widerstandsfor- men einheitlich an die Person Allen des geknüpft sind. Ob er aber nur in Verbindung mit diesem Repräsen tanten der Unidad Populär zu se hen ist, das wurde u. a. in der (mb- Tonnen-)Diskussion am Folgeabend der Filmaufführung gefragt. Littin sprach davon, wie das heutige Le ben in Chile aussieht, wie der Wi derstand organisiert ist, worauf er sich stützt. Als Symbol für die deut liche Notwendigkeit, von den mo mentanen Verhältnissen abzukom men, steht da tatsächlich Allende. „Was ich im Film zeige, ist das, was ich gesehen habe, was ich gefühlt habe — ein persönliches Tage buch." Littin sprach von seinem Stau nen über den vorgefundenen Mut, über Haltungen und moralische Werte - über die einheitliche Ent scheidung „Zurück zur Demokratie". Als Beitrag dazu wollte er auch sei nen Film verstanden wissen. MICHAEL ERNST Ein Film über Menschen, deren Würde mit Füßen getreten wird Studenten sahen den Streifen „Ganz unten" „Ganz unten“ — ein Film von Jörg Gfrörer und Günter Wall raff (BRD), einer der Beiträge zur diesjährigen Dok.-Film- Woche, wurde innerhalb des An rechts für Lehrerstudenten und für andere Interessenten an der Universität vorgestellt. „Ganz un ten“ — Das sind dokumentari sche Videoaufnahmen, die G. Wallraff als türkischer „Arbeit nehmer“ Ali Levent Sinirlioglu im BRD-Konzern Thyssen oder als menschliches Versuchskanin chen in der Pharma-Industrie machte. Dort lernte er kennen, was es heißt, als Ausländer in der BRD zu arbeiten, zu leben. „Ganz unten“ — als Synonym für die Lage ausländischer Arbeiter und ihrer Familien, die die Aus beutung am eigenen Leib am stärksten spüren, deren Men schenwürde mit Füßen getreten wird, auf deren Kosten Großun ternehmer ihre Profitgier stän dig aufs neue befriedigen kön nen. Der Streifen zeigt in schok- kierender Weise, wie ausländi sche Beschäftigte für die gefähr lichsten, schmutzigsten und in höchstem Maße gesundheitsschä digenden Arbeiten eingestellt werden und das bei Fehlen jegli cher Sicherheitsvorkehrungen. Dazu kommt der erniedrigende Umgang mit den ausländischen Arbeitern seitens der Konzern leitung. Ausländer, die regel recht verheizt werden, wie es Wallraff selbst ausdrückte. Im Anschluß an die Do kumentarfilmvorführung war wie immer aus diesem Anlaß eine Diskussion mit interessier ten Zuschauern geplant. Obwohl der Saal bis zum letzten Platz be setzt war, hatten sich danach alle schnell verflüchtigt — bis auf eine ganz kleine Gruppe, die nicht auf das angekündigte Ge spräch verzichten wollte. Im Na men dieser Journalistikstuden ten auch noch auf diesem Wege ganz herzlicher Dank an Dr. Peter Hoff, der sich trotz des sehr klei nen Kreises zu einem fast indi viduellen Gespräch bereit er klärte. Als stellvertetender Lei ter der Auswahlkommission gab er Auskünfte zum diesjährigen Programm der Internationalen Leipziger Dokumentar- und Kurzfilmwoche, und informierte gleichermaßen über die Ausbil dung an der Hochschule für Film- und Fernsehen der DDR „Konrad Wolf“ Potsdam- Babelsberg, an der er die Fach richtung Regie leitet und außer dem Fernsehtheorie und Fern sehgeschichte unterrichtet. Schließlich und endlich hatten wir die Möglichkeit, auf diese Weise auch den Fernsehkritiker Peter Hoff kennenzulernen. C. PAUL. M. H.-STARS
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