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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1984
- Erscheinungsdatum
- 1984
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-198400003
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19840000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19840000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise vorlagebedingter Textverlust.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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-
Zeitschrift
Universitätszeitung
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Band
Band 1984
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Band 1984
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8 KULTUR 30. November 1984 UZ/44 Vor der Uraufführung der Chorsinfonie „Dergroße Frieden" von Karl Ottomar Treibmann anläßlich des Akademischen Festaktes zum 575jährigen Jubiläum der Alma mater Lipsiens Die Chorsinfonie „Der Frieden“ nach Worten von Volker Braun entstand in den Jahren 1982/83 unter dem Eindruck von Friedensmanifestationen des fortschrittlichen Teils der Menschheit, unserer Friedenspolitik und unter dem der Gefahr, die durch die imperialistische Hochrüstung für den Frie den besteht. Mein Stück soll mahnen, zum Nachdenken herausfordern und zu persönlichem Engagement bei der Verwirklichung unserer Frie denspolitik anregen. KARL OTTOMAR TREIBMANN, Sektion (Kultur- und Kunstwissenschaften Die unbequeme Art des Nachdenken provozieren den Erlebnisses gewählt/1 Gedanken von Prof. Dr. sc. Udo Klement zur Komposition Karl Ottomar Treibmanns 3. Sin fonie „Der Frieden“ ist eine Chorsin fonie. Wie ihre geschichtlichen Vor gänger — etwa Beethovens 9., Mah lers 1., 3. und 8., Schostakowitschs 2., 3. und 13. Sinfonie — ist sie von einem Anliegen bestimmt, dessen musikalische Formulierung die Ein beziehung der menschlichen Stimme notwendig macht. Diese Not wendigkeit erwächst aber, wie mir scheint, nicht vorrangig daraus, daß da ein Wort-Text einbezogen ist und vorgetragen werden muß, der vokale Klang ist vielmehr wesentli cher Inhalt des Werkes. Er symboli siert — anders, intensiver, menschli cher gar, als von Musikern gespielte Instrumente — die Menschen selbst, deren gegenwärtig dringlichste, weil gefährdetste Existenzvoraus setzung, der Frieden, programmati scher Anlaß dieser Sinfonie ist. In diesem Sinne sind Solo-Tenor und Sprecher, die Treibmann gleich falls einsetzt, nur als individuelle Stimmen des als Chor vereinten Kol lektivs zu verstehen. Singend und sprechend aber, sowie in vielfälti gen dazwischen liegenden vokalen Nuancen, hat sich auch der Chor zu äußern: kantabel (also ausdrucks voll melodisch-gesanglich), . als Sprechchor, mit Massenlied-Intona tionen, in skandierender (betont me trisch-taktmäßiger) Sprechsing weise usw., erläutert der Komponist selbst. Und Charakterisierungen des Stimmklanges, die Treibmann in der Partitur den Solisten vor schreibt („Sonor, modulationsfähig, aber nicht zu weich“ soll die Stimme des Sprechers sein, und „hell, scharf, präzis“ muß der Tenor singen), verdeutlichen zusätzlich, wie wichtig dem Komponisten für seine musikalische Aussage die vo kalen Artlkulations- und Ausdrucks- möglichkeiten in ihrer Differen ziertheit sind. Insofern bringen Singstimmen und Chor in die Parti tur natürlich auch spezifische Klang-Farb-Werte ein. Aber diese sind — wie die der Instrumente — nicht Selbstzweck. Die textlosen Vo kalisen des Chores im „Requiem“ (1. Satz) bedeuten Trauer, und die gesungenen Phoneme semantisieren sich für den Hörer, glaube ich, rasch zu „pax“, zum verlorenen Frieden, der da betrauert wird. Be deutungen, wie die der Singstim men und ihrer Vortragsweise, wie die intonierten musikalischen Cha raktere und Modelle, liefern auch die in dieser Sinfonie verwendeten Instrumente. Treibmann hat sich be schränkt auf je 3 Flöten, Klarinet ten und Fagotte aus der Holz- sowie je 3 Trompeten und Posaunen aus der Blechbläsergruppe; ein Pauker und vier weitere Spieler setzen ein ganzes Arsenal an Schlaginstrumen ten ein. Aber Streichinstrumente feh len. Muß man da nicht bedenken, daß durch die Jahrhunderte Kriegs-' trompeten zur Schlacht gerufen, Trommeln den Kriegslärm begleitet und Siegesfanfaren den Triumph der Überlegenen in die Welt hin ausgetönt haben? Glockenklang und Beckenschlag, rasselnde und klap pernde Geräusche, „hölzerne“ und „metallische“ Farben, tönende Arabesken des Vibraphons und dröhnende Pauken wecken weitere Erinnerungen und Assoziationen. Und dann läßt Treibmann am Übergang vom dritten zum vierten Satz auch ein Tonband mit Musik aus Beethovens 9. Sinfonie einspie len. Nicht anders als die später fol genden Zitate bekannter’ internatio naler Kampflieder bedeutet dies Be wahrung und Aufhebung zugleich, Anrufung und Infragestellung ererb ter. „vertrauter“, traditioneller mu sikalischer Modelle. Dies mag für manchen Hörer ungewohnt klingen. Aber der Frieden ist in Gefahr. Mu sik kann in solcher Situation nicht „harmonisieren“, nicht Bewährtem „Die Tauben sollen nisten“ ist das Thema der Arbeit von Joachim Klatsch, die wir der Mappe des FB Kunsterzie hung der Sektion KuKu zum Universi tätsjubiläum - entstanden im Karl- Marx-Jahr 1983 - entnahmen. Repro: HFBS einfach vertrauen. So wie Volker Brauns Sprechtext, den Treibmann einbezieht, eine „ungewohnte Sicht“ bietet, „Gewohnheiten verunsi chern“ will, auf „Beunruhigung zielt“, so wählt Treibmann auch mu sikalisch die unbequeme Art des Nachdenken provozierenden Erleb nisses. Der Appell-Charakter (Ap pell I und Appell II sind die Sätze zwei und vier überschrieben) be kundet zugleich, aber den Optimis mus des Komponisten, mit Musik aktive Haltungen seiner Hörer be wirken zu können, den Optimismus überdies, mit aktiver' Tat der Men schen den Frieden zu bewahren. In diesem Sinne führt diese Chorsinfo* nie von der Klage des „Requiem“ zum verheißungsvollen Aufruf: „Brüder, unterm Sternenzelt muß ein großer Frieden wohnen“. Zu vielen Gelegenheiten - wie hier zum Nationalen Jugendfestival - demonstrieren die Bürger unseres Landes ihren Willen, alles zur Erhal tung und Sicherung des Friedens zu tun. Foto: Archiv/UZ Am aktuellen Kampf engagiert teilnehmen Doz. Dr. Walfried Hartinger Als Bertolt Brecht im Jahre 1951 sein „Friedenslied“ an stimmte, konnte er, vorausgegan gene bittere Kriegserfahrungen seiner Landsleute und Zeitgenos sen in Rechnung stellend und neue Bedrohung des Friedens scharfsichtig registrierend, auf Resonanz in einer weiten Ge meinschaft hoffen. Der Liedspre cher stellt sich gleichsam vor diejenigen, die so selbst nicht artikulieren können, wie denje nigen gegenüber, die er mit den ihnen eigenen Erfahrungen mo bilisieren will: „Friede auf unse rer Erde! Friede auf unserem Feld!...“ Wenn Volker Braun sich, drei Jahrzehnte später, in gesteiger ter Gefahrensituation, erneut zur wichtigsten Frage der Mensch heit äußert, nimmt er wohl den Ruf vieler, auch Brechts, auf, ver sucht er aber, seine Antworten auf die neue historische Situa tion einzustellen. Der Sprecher kann nun nicht mehr in gleicher Weise wie jener Brechts an vorausgegangene em pirische Erfahrungen seiner Adressaten unmittelbar anknüp fen. Die Diktion seiner Rede zielt auf Beunruhigung; der scheinbar rohe Umgang mit dem Weltzu stand will zu einem geschichtlich schärferen Blick herausfordern: die ungewohnte Sicht veranlas sen, Gewohnheiten zu verunsi chern. Durch die ästhetisch harte, grobe, irritierende Fügung wird vom Frieden „verwöhntes“ Bewußtsein, aber auch illusionä res Denken 1 aufgeschreckt, die sä kularisierten Passagen ’ aus Klopstocks „Frühlingsfeier“ las sen sich zudem dringlich assozi ieren, daß die Erhaltung des Frie dens das Werk der Menschen selbst sein muß. Aber auch der heutige, alltägliche Kampf um den Frieden wird seiner selbst genügsamen Selbstverständlich keit entkleidet: Es wird nach der Qualität solcher Anstrengungen gefragt. Im künstlerischen Bild, in der ausgeführten Personifika tion dieses Friedens erscheint das, was Volker Braun, gleich sam im Klartext (im Diskussions beitrag auf der Berliner Begeg nung zur Friedensförderung) so formuliert hat: „Der Frieden, den es jetzt zu erhalten gilt, das zum Text von Volker Braun ist eine fürchterlich hagere Ge stalt, die in Waffen geht. Die uns zu der fortwährenden Anstren gung zwingt, sie von allen Seiten zu panzern, einer Anstrengung, bei der der Sozialismus seine ei genen Zwecke vergessen kann. Der Frieden, ein Monster, das un sere Kräfte verschlingt. Alle In teressen und Ziele untergeordnet dem... Zwecke, ihn zu erhal ten!“ Dieser uns von der Welt des Kapitals aufgezwungene Kampf den wir mit Einsatz aller unserer Kräfte bestehen müssen, kann und darf nicht das Nach denken über den „Großen Frie den“ verdrängen — das ist die eigentliche Botschaft des Textes. Die historisch notwendigen Be dingungen und Mühen für die Herstellung dieses „Großen Frie dens“, von Braun in einer sinn fälligen Stück-Fabel vorgeführt, hat der Dichter in jenem Diskus sionsbeitrag knapp benannt: „Erst unter gesellschaftlichen Be dingungen, in denen die Entschei dungsgewalt dem kleinen Kreis der Herrschenden abgenommen ist, wird dieser größere Frieden Gestalt, ein Frieden ohne Kern waffen, ohne stehende Heere. Ohne private Industrie, privaten Boden, ohne Machtapparate, ein Frieden, ohne, wie es Engels nannte, Regierung über Perso nen.“ Dieses kommunistische Ideal, das letztlich in jeder Frie densbewegung steckt oder be rührt wird, begegnet uns nicht zuletzt in den Liedern der Arbei terbewegung. Jenes wieder stär ker fruchtbar zu machen, ist eine der anstoßenden Herausforde rungen des Textes. So werden wir auf den Sinn dieser Lieder geführt, an einem Ort, wo sich schon Sinn-Entleerung und Sinn-Verwirrung einstellte. Ob wir es ernst meinen wollen mit der kommunistischen Perspek tive,' mit der internationalisti schen Solidarität, die dafür er forderlich ist, wird auch davon abhängen, inwieweit wir bereit sind, die Braunsche „Provozie rung“ auf- und anzunehmen. Sie läßt uns engagiert am aktuellen Kampf teilnehmen, aber zugleich über diesen hinausblicken: also diesen erst eigentlich verstehen. Hinterlassenschaften früherer Generationen Die Ausstellung „1409-1984 UNIVERSITAS LITTERARUM LIPSIENSIS - Zeugnisse ihrer Geschichte“ — voller Schönheit und voller Rätsel Im Vergleich zu den Naturwis senschaftlern und den Vertretern sy stematischer Gesellschaftswissen schaften befinden sich die Historiker, wenn sie sich nicht gerade mit der ursprünglichen Geschichtsbetrach tung (Hegel), also der Zeitge schichte, befassen, in einer schwie rigen Lage. Ihr Gegenstand, die menschliche Gesellschaft als eine Kette aufeinanderfolgender Genera tionen, existiert nicht mehr. „Wo sind diejenigen, die vor uns auf der Welt waren?“, Wird in dem berühm ten Studentenlied „Gaudeamus igi- tur“ gefragt Die Antwort lautet: „Fuere.“ „Sie sind gewesen.“ In seinen Bestrebungen, das Le ben vergangener Generationen zu re konstruieren, also Geschichte zu er forschen und zu beschreiben, ist der Historiker auf die Zeugnisse des Le- bensprozesses angewiesen, die uns vergangene Generationen hinterlas sen haben, die die Wirren der Zei ten überdauerten — die historischen Quellen. Sie werden sorgsam in Ar chiven, Bibliotheken und Museen auf bewahrt. Ständige und zeitwei lige Ausstellungen gestatten allen Interessenten, unmittelbaren Kon takt mit den Zeugnissen der Ver gangenheit aufzunehmen, sich vom Hauch der Geschichte berühren zu lassen. Jubiläen kommen ungerufen, aber sie rufen nach Einsicht in frühere Jahrzehnte und Jahrhunderte. Die anläßlich der 575-Jahr-Feier im Aus stellungszentrum in der Goethe- Straße gestaltete Exposition gleicht einer bezaubernden Frau. Sie ist vol ler Schönheit und voller Rätsel und läßt sich nicht an, einem Tag er obern. Wer den lichterfüllten, in hel len Farben gehaltenen Raum betritt und seine Schritte nach links wen det, erblickt vier mit kräftigen Stri chen gezeichnete Gemälde: Eine muskulöse Gestalt reißt einem Lö wen, der eher wie eine Katze aus sieht, das Maul auseinander. Auf dem zweiten ein die Vorderbeine hochreißender Schimmel. Auf dem dritten ein bärtiger Mann, der einen teilweise entblößten Engel umfängt und schließlich Maria mit dem Je suskind. Ich lese: „Symbolische Wappen der einstigen .Vier Natio nen' der Universität: Meißnische Na tion, Sächsische Nation, Bayrische Nation, Polnische Nation. Mischtech- nik/Holz um 1700.“ Wieso bestand die Universität aus Nationen? Wel che Rechte und welche Pflichten hatten sie? Wie lange gab es Natio nen? Wer gehörte zu welcher Na tion? Frage auf Frage. Eine Drehung um 90 Grad. Ich blicke in die Augen eines offenbar sehr strengen Mannes, der ganz in Schwarz gekleidet ist. Die Legende besagt: „Deutscher Kopist 17. Jh. nach Original aus der Mitte 16. Jh. Bildnis Prof. Joachim Camerarius (1500-1574). Rektor 1544, 1546, 1558, öl, Leinwand.“ Wer war Camera rius? Welche Verdienste hatte er sich um die Universität erworben? In einer Vitrine ein kleines Buch. Vergilbtes Papier. Lateinische Worte. Eine farbige Zeichnung. Stadtsoldaten mit Hellebarden be drängen reichgekleidete Herren, die sich mit Degen zur Wehr setzen. Oder sind es Säbel? Ich erfahre: „Studentenschlägerei mit Eingreifen der Stadtwache in Rostock. Stamm buch des Huldreich Groß, um 1620—1630. H. Groß war später Ad vokat am Oberhofgericht in Leip zig,“ Deshalb also die Aufnahme des Stammbuches in eine Ausstel lung zur Leipziger Universitätsge schichte. Warum klirrten aber die Waffen? War es eine für die dama lige Zeit typische Situation? In einer weiteren Vitrine eine Me daille: „Paul Sturm, Erinnerungs medaille an die Tiefsee-Expedi tion des Zoologen Carl Chun von 1898-1899, Bronze, 1909“. Wer war Carl Chun und zu welchen Ergeb nissen führte seine Expedition? Mein Blick fällt auf eine kostbare Kette mit vier Medaillen. Handelt es sich um ein Original oder eine Kopie? Ist es die Kette des Rektors? In einen kleineren Raum führen Stufen. Von hier oben bemerke ich, daß zwei kostbare und offenbar ziemlich alte Fahnen im Saal hän gen. Was besagen sie? Dieser Teil der Ausstellung ist der Zeit von 1945—1984 gewidmet. Auf übersicht lich gestalteten Tafeln — die übri gens generell die Ausstellung glie dern — wird die Zeit thesenhaft cha rakterisiert. Das Bildnis von Julius Lips. Ich erinnere mich, daß er ein bekannter Ethnologe war. Was war er noch? Großzügig angeordnet: Radierun gen und Litographien vom Gesche hen auf der Baustelle des neuen Hochhauses der KMU. (So die Le gende). Inzwischen beginnt eine Führung. Ein junger Mann erläutert Ausländern die Ausstellung. Ich höre gespannt zu. Auf viele meiner Fragen bekomme ich eine Antwort. Eine beeindruckende Ausstellung. Exponate, die des Jubiläums würdig sind. Wer sich noch nie mit Univer sitätsgeschichte befaßt hat, sollte sich jedoch führen lassen. Wer keine Fragen stellt, wird die aufge gebenen „Rätsel“' nicht lösen. Wer mit dem Vorsatz die Ausstellung verläßt, sich künftig mehr mit der Universitätsgeschichte zu befassen, hat gewiß die richtige Schlußfolge rung gezogen. Übrig bleibt der Stoß seufzer des Trompeters von Säckin- gen „Es wär so schön gewesen; es hat nicht sollen sein“. Schön wäre ein Katalog gewesen. Jedes Exponat in einer farbigen Aufnahme mit einer ausführlichen Erläuterung. Das nächste Universitätsjubiläum steht erst in 25 Jahren bevor. So lange wird man hoffentlich nicht warten müssen, um eine derartige Ausstellung wieder bewundern zu dürfen. Eine letzte Frage: Wer hat sie eigentlich konzipiert und gestaltet? Ihnen gilt großes Lob und Dank. ELKE JÄHNKE Aus Anlaß des Universitätsjubiläums ist die Ausstellung „1409-1984 UNIVERSITAS LITTERARUM LIPSIENSIS - Zeugnisse ihrer Geschichte* im Ausstellungszentrum der KMU Goethestraße (im Kroch-Haus) am 1. und 2. 12. 1984 jeweils von 10-17 Uhr zusätzlich geöffnet. Am 5. 12. 1984, 18 Uhr, findet in der Ausstellung ein hochinteressantes und einmaliges Konzert statt: Die CAPELLA FIDICINIA am Musikinstrumenten- Museum der KMU bringt „Weihnachtliche Musik aus dem Mensuralcodex des Nikolaus Apel von Königshofen" zum Klingen. Es handelt sich dabei um eine Handschrift aus der Zeit um 1500, in der der spätere Rektor der Universität Leipzig während seiner Studienzeit Gebrauchsmusik seiner Zeit sammelte. Der Codex ist die wichtigste Quelle für Gebrauchsmusik am Ende des Mittelalters. Eintrittskarten im Ausstellungszentrum erhältlich. Am 2. Dezemberwird die Universittsglocke erstmals wieder offiziell läuten Ein Stück lebendiger Tradition und Mahnerin Länger schon ist es her, daß in die aufrecht stehende Betonscheibe im Innenhof des Neubaukomplexes der Karl-Marx-Universität mit erhebli chem Kraftaufwand eine fensterähn liche Öffnung gebrochen wurde. Eines Tages hingen Handwerker dann darin eine Glocke auf, und schließlich wurde im Frühjahr 1984 eine gegossene, erhabene Inschrift angebracht. Seither wissen endlich alle, daß die verhältnismäßig kleine Glocke ein Sachzeuge der Universi tätsgeschichte ist. Sie wurde in dem Jahr gefertigt, als . die Leipziger Universität 250 Jahre bestand: 1659. Aus besonders edlem Glockenmetall gegossen, nennt ihre Inschrift in pla stischen Buchstaben den Namen des Glockengießers und das Gußdatum sowie die Stifter der Glocke: „DVRCHS FEW ER FLOS ICH GEORG SCHESLER ZV LEIPZIG GOS MICH ANNO 1659 DEN II. MAT SOLI DEO GLORIA MDCLIX RECTORE D. JOHANNE MICHAE LIS MEDICAE FACVLTATIS DECANO ET PRAEPOSITO COLLEGIl PAVLINI D. DANIELE HEINRICI PROFES SORE THEOLOGO AC DECANO IN ACADEMIA LIP- SIENSI.“ Der Gießer Georg Schesler ist in der Mitte des 17. Jahrhunderts ein in Leipzig wohlbekannter Rotgie- ßer, der u. a. für die Thomaskirche nach den Zerstörungen im- Zusam menhang mit. den Belagerungen im Dreißigjährigen Krieg um 1640 tätig war und auch das Epitaph' des Su perintendenten Christian Lange schuf, der 1657 verstarb. Der Rektor Johannes Michaelis (1606 bis 1667), der die Glocke ge meinsam mit dem Theologen Daniel Heinrich stiftete, hatte kurze Zeit vor dem Guß sein Amt angetreten, war er doch am 24. April — dem Georgentag — als Rektor für das Sommersemester 1659 gewählt wor den. Er verwaltete es bereits zum sechsten Male; vorher war -er Rek tor 1637, 1641, 1643, 1651 und 1655. Zuletzt hatte er dieses Amt 1663 (Sommersemester) inne. Damals ent stand übrigens ein künstlerisch her ausragendes Schmuckblatt in der Matrikel mit einer Ansicht Leipzigs nach Bergbaudarstellungen. Michae lis war Doktor der Philosophie und der Medizin sowie ordentlicher Pro fessor der Anatomie und Chirurgie. Die neue Glocke fand ihren Platz in der Laterne des Treppenhauses vom Großen Fürstenhaus, gelegen an der Ecke der Grimmaischen Gasse zur Universitätsstraße. Als das schönste aller Leipziger Bür gerhäuser der Renaissance hatte es sich 1558 der Ratsherr Dr. Georg Roth errichten lassen. Bedeutend und das ' Straßenbild bestimmend waren vor allem die beiden von Paul Widemann geschaffenen Rund- erkep mit ihrem Reliefschmuck. Seit 1648 gehörte dieser stattliche Bau der Universität, wovon eine In schrifttafel über dem Eingang kün dete. „Fürstenhaus“ hieß das Ge bäude seit 1618. Es war das eine volkstümliche Benennung, aus gehend von der Tatsache, daß hier Z. B. 1612 vier Altenburger Prinzen während ihres Leipziger Studiums wohnten. Schließlich quartierte auch der russische Zar Peter I. im Jahre 1713 in diesem Haus. Rund 250 Jahre, hat die Glocke an ihrem Platze gehangen und vielleicht der Universität bedeutende Ereignisse angezeigt. Dann hing man sie um in den Dachreiter der Paulinerkirche und kurz vor 1900 kam sie in den von A. Roßbach als Campanile neu errichteten Glockenturm der Uni versität im Innenhof des Gebäude komplexes zwischen Augustusplatz und Universitätsstraße. Dort Über stand sie den zweiten Weltkrieg und wurde 1968 geborgen. Nun hängt sie neuerlich im Innenhof des Neubaus unserer sozialistischen Universität — als Zeuge nicht nur für deren 575- jährige Geschichte, sondern als ein Stück lebendiger Tradition und als Mahnerin: Das Haus, für das sie ge schaffen wurde, verging im Inferno des Krieges ebenso wie 80 Prozent der Leipziger Universitätsbauten. So wird sie am 2. Dezember 1984 ein erstes Mal wieder offiziell läu ten und damit — wie künftig alljähr lich — an die Gründung der Uni versität im Jahre 1409 erinnern. Sie wird aber auch jeweils am 1. Sep tember ihre Stimme erheben, zum Weltfriedenstag; getreu dem Motto Friedrich Schillers: „Freude dieser Stadt bedeute, Friede sei ihr erst Ge läute." R, BEHRENDS
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