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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1984
- Erscheinungsdatum
- 1984
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-198400003
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19840000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19840000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise vorlagebedingter Textverlust.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 1984
-
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- Ausgabe Nr. 8, 24. Februar 1
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- Ausgabe Nr. 43, 23. November 1
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Band 1984
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UZ-Gesprächsrunde zur Traditionspflege an der Karl-Marx-Universität Um die Frage: Wie kann sich die Beschäftigung mit Geschichte noch wirksamer bewußtseinsbil dend und leistungsfördernd um schlagen? Was ist dabei zu be- denken was ist zu tun? - ging es in unserer Gesprächsrunde. Wir nahmen den Beschluß der SED-Kreisleitung Karl-Marx-Uni versität Leipzig vom 29. März dieses Jahres zur Aneignung und Pflege des historischen und kul turellen Erbes in den 80er und 90er Jahren zum Anlaß, kompe tente Gesprächspartner zu be fragen. Das waren: Dr. sc. Lutz-Dieter Behrendt, Se kretär für Prop./Agit. der SED- Kreisleitung KMU; Prof. Dr. sc. Hans Piazza, Pro rektor für Gesellschaftswissen schaften; NPT Prof. Dr. sc. Arthur Lösche, Direktor der Sektion Physik; Prof. Dr. sc. Günter Gebhardt, Unsere Gesprächspartner (v. I. n. n): Prof. Dr. Gebhardt, Prof. Dr. Lösche, Doz. Dr. Behrendt, Prof. Dr. Piazza, Gabi Wetzel und Frank-Peter Dombeck. Foto: Rauch Sektion TV, Leiter des Wissen schaftsbereiches Tierernährungs physiologie und Leiter des Er nährungswissenschaftlichen Zen trums; Gabi Wetzel, Sekretär für Agita tion und Propaganda der FDJ- Kreisleitung KMU; Frank-Peter Dombeck, FDJ-Se- kretär an der Medizinischen Fachschule. UZ: 35 Jahre DDR, 575 Jahre Leip ziger Universität — Jubiläen, die mit hohen Leistungen vorbereitet werden und natürlich, auch Anlaß sind, sich mit jüngerer und älterer Geschichte auseinanderzusetzen. Prof. Piazza: Wir messen der Fe stigung und Vertiefung des Ge schichtsbewußtseins nicht aus kon junkturellen Gründen einen hohen Stellenwert bei. Jeder Mensch ist in die Geschichte hineingestellt, ist Ob jekt und Subjekt des historischen Prozesses, ob ihm das näßt oder nicht. Und wenn die SED-Kreislei tung KMU am 29. März 1984 den Be schluß zur Aneignung und Pflege des historischen und kulturellen Er bes der Universität in den 80er und. 90er Jahren gefaßt hat, dann geht es dabei um das Wirksamwerden hi storischer Erfahrungen für die Ge staltung des Heute und Morgen. Wir müssen wissen, woher wir kommen, um zu wissen, wohin die Reise in die Zukunft geht. Traditionspflege gehört zum Alltag UZ: Der Beschluß der SED- Kreisleitung fußt auf langjährigen Erfahrungen. Von welchen Aspek ten wurde ausgegangen, um diese leistungsstimulierende Wirkung aus der Beschäftigung mit der Ge- schichte zu erreichen? Dr. Behrendt: Man muß den en gen Zusammenhang sehen zwischen der Entwicklung von Geschichts bewußtsein und der Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins überhaupt. Unsere Kreislei tung hat Fragen der Tra ditionspflege stets große Auf merksamkeit gewidmet. Bekannt lich gab es schon 1973 eine Empfeh- lung des Sekretariats der KL in die ser, Richtung. Die Erfahrungen bei der Verwirklichung dieser Empfeh lung waren eine wichtige Grund lage für die Ausarbeitung des neuen KL-Beschlusses. Pflege historischer Traditionen ist für uns nicht ein fach Beschäftigung mit der Vergan genheit, sondern von Zielstellungen für die Gegenwart geprägt. Aus der Gegehwart und den heute und mor gen zu bewältigenden Aufgaben lei tet sich ab, welche Fragen wir an die Geschichte stellen. UZ: Das kann aber doch nichts Zusätzliches sein? Dr. Behrendt: Richtig. Wir be trachten Traditionspflege eben nicht als „notwendiges Übel“, als et was, das zu den täglichen Aufgaben hinzukommt, sondern als einen im manenten Bestandteil der täglichen Arbeit. Wir wollen das Geschichts bewußtsein aufs engste mit dem heu tigen Leistungsbewußtsein verbin den. Das Bewußtsein von den gro ßen Traditionen der Universität muß zum Ansporn für hervorra gende wissenschaftliche Leistungen heute werden. Es war gerade Ziel unserer KL-Sitzung, die Überzeu gung zu vertiefen, daß die Beschäf tigung mit dem Erbe in seiner gan zen Vielfalt einen wichtigen gesell schaftlichen Auftrag darstellt, der die volle Unterstützung der Partei erhält. Mitunter noch anzutreffende Tendenzen, Ökonomie und Pflege der Historie gegenüberzustellen, oder Auffassungen, es gäbe eine ge wisse Übersättigung mit Geschichte muß entschieden entgegengetreten Werden. Es geht darum, die vielfäl tigen Möglichkeiten der Universität zu nutzen, Möglichkeiten, die an je der Sektion doch auch ganz spezi fisch vorhanden sind. Überall kann mit Geschichte gearbeitet werden. Wenn das nicht geschieht, ist eine wirklich umfassende Aneignung des Marxismus-Leninismus undenkbar, der ja zutiefst vom historischen Prinzip durchdrungen ist. Hier liegt auch die große Verantwortung der Parteiorganisation, politisch- ideologisch das richtige Klima für diese Aufgabe zu schaffen. Emotional stärker wirksam werden UZ: Aber nun läßt sich eine sol che sinnvolle Beschäftigung mit Ge schichte nicht einfach administrie ren. Welche Möglichkeiten gibt es, hier entsprechend einzuwirken? Prof. Piazza: Es gibt objektive Er fordernisse, die es nicht gestatten, Geschichte hur als Hobby zu betrei ben. Zentrales Thema der Beschäf tigung mit Geschichte wird die Geschichte der Klassen, der Partei und des Staates bleiben. Doch Geschichte hat eine viel grö- UZ: Dieses Bemühen, Genosse Prof. Lösche, hängt auch mit dem Jubiläum an Ihrer Sektion zusam men? Prof. Lösche: Mal ohne Jubiläen! Was meinen wir eigentlich mit Ge schichte überhaupt? Manchmal ent steht der Eindruck, daß Geschichte Auswendiglernen von Jahreszahlen, Jubiläen und Fakten bedeutet. Ge schichte ist nicht nur das geschrie bene Wort, sondern bewältigte und unbewältigte Vergangenheit. Wir Naturwissenschaftler wollen es im mer mit Konkretem, Handfestem zu tun haben. Ich würde aber zugleich Auffassungen ablehnen, daß es Fachrichtungen oder Wissenschafts gebiete gibt, die nichts mit Bewußt sein oder Ideologie zu tun haben. Das Wort Geschichte wird von vie len benutzt. Für Geschichte muß man aber einen ideologischen Stand punkt haben. Geschichte hat eine Reihe Persönlichkeiten hervorge bracht, bei denen wissenschaftliche Leistungen und politische Haltun von 35 Jahren DDR. Was wir persönlich erlebt haben, ist für unsere Studenten heute schon Ge schichte. Ich bin sicher, daß eine Vermittlung des persönlichen Werdeganges nicht ohne Rückwir kungen auf die bewußte Aneigung geschichtlicher Zusammenhänge bleibt. Widersprüche wurden kämp- ferisch überwunden, Probleme ge löst, unter Führung der Partei der Arbeiterklasse schier Unmögliches möglich gemacht. Daraus erwächst Vertrauen und entwickelt sich die notwendige Kampfposition. Eingebunden in die Geschichte ge sellschaftlicher Entwicklung ist auch die Geschichte der Wissen schaft. Dabei kann man immer un terscheiden zwischen der Ge schichte einer Einrichtung, z. B. der der Leipziger Universität, unserer Karl-Marx-Universität, .der ge schichtlichen Einordnung von gro ßen Gelehrten und der Entwicklung der Wissenschaften, der Herausbil dung des eigenen Wissenschaftsge Traditionen erfolgreich fortzuset zen. UZ: Zur Traditionspflege gehört auch, daß FDJ-Grundorganisatio- nen Ehrennamen tragen oder um sie ringen. Nun sind die Anforderungen an eine Namensverleihung nicht ge ring. Wie läßt sich hier Begeiste rung schaffen? F.-P. Dombeck: Der Namens kampf darf dabei nicht in Formalis mus ausarten, der immer dann ent steht, wenn man nur etwas zum „Abhaken“ macht. Deshalb ist die Frage zu stellen: Was wollen wir mit einer Ehrennamenbewegung er reichen? Wir an der Fachschule ha ben lange überlegt, welcher Name — hinter dem ja eine Persönlichkeit steht — für unsere Grundorgani sation geeignet ist. Wir haben uns dann auf Albert Schweitzer geeinigt und machten uns Gedanken dar über, wie wir sein Wirken mit der aktuellen Aufgabenstellung ver binden können. „Ehrfurcht vor dem Leben“ — war seine Leitmaxime. Wir müssen wissen, woher wir kommen, um zu verstehen, wohin wir gehen ßere Spannweite; sie zu erfassen und spezifische Neigungen, Inter essen und Fertigkeiten dafür ein zusetzen und geschichtsbildend fruchtbar zu machen, auch das ist wesentliches Anliegen des Kreislei tungsbeschlusses. Däbei himmt die intensive Beschäftigung mit dem uns unmittelbar umgebenden Histo rischen - Universität, Sektion, Ar beitskollektiv usw. einen wichtigen Platz ein. Wir alle sehen der Ver öffentlichung der Geschichte unse rer Alma mater von 1409 bis 1984, die unter Leitung des Rektors ent stand, mit großer Erwartung entge gen. Viele kleine Studien gingen ihr voraus bzw. ergänzen sie; so die Se rien in der „UZ“ oder die Publika tionen „Berühmte Leipziger Studen ten“, „Namhafte Hochschullehrer“ die Porträtserie „Verdiente Arbeiter und Angestellte der KMU“. Die Ar beit an diesen Vorhaben ließ uns zugleich auf viele Lücken stoßen, die baldmöglichst beschlossen wer den müssen. Es geht aber nicht nur um kraft- und zeitaufwendige Pu blikationen, sondern um die Nutzung aller Möglichkeiten, das Historische besser sichtbar und emotional an sprechender aufzubauen und zu prä sentieren. Ich habe vor kurzem alle Etagen im Uni-Hochhaus angesehen und mußte feststellen: Man kann oft kaum erkennen, in welcher Sek tion man sich überhaupt befindet: Warum nutzen wir denn nicht viel mehr die Freiflächen in den Etagen, um zu zeigen, worauf wir eigentlich stolz sind ? Jede Sektion hat doch ihre be merkenswerten Vorgänger. Und: Wie geht die FDJ-Grundorgani- sation mit ihren Ehrennamen um? Erfahrungen besagen, daß große historische Zusammenhänge, ge brochen durch das Prisma einer klei nen Institution, oder einer Persön lichkeit, besser vermittelt werden können, als durch große Folianten. An diese Sache kann man lockerer herangehen und Rationales besser mit Emotionalem verbinden. Ein Effekt kann bereits bei solchen „pas siven Aktionen“ wie einem Besuch des Traditionskabinetts, unserer schönen Museen, unserer Ausstel lungen usw. eintreten. Generell sind wir daran höchst interessiert, daß die wissenschaftshistorische Arbeit an jeder Sektion und in jedem Be reich weiter vorangebracht wird. Ich würde es sehr begrüßen, wenn sich jeder Wissenschaftler und staat liche Leiter um die' Geschichte sei ner Fachdisziplin bemüht und sie seinen Studenten so anregend ver mitteln würde, wie unser hochver ehrter Prof. Lösche. gen leider oft auseinanderfielen. Trotz großer Leistungen haben man che Wissenschaftler als Politiker versagt, z. B. der Physiker und No belpreisträger Johannes Stark, der Physik rassistisch zu begründen suchte. Hertz dagegen war nicht nur ein großer Physiker, sondern bewies zugleich politisches Verantwortungs bewußtsein. Das den Studenten auch unabhängig von Jubiläen na hezubringen, ist für mich selbstver ständlich. Ich war eigentlich erstaunt darüber, wieviele Kollegen und Studenten sich bemühten, an läßlich unseres 150. Jahrestages des Bestehens unserer Einrichtung Mate rial zusämmenzutragen. Viele reisten deshalb durch die DDR, waren und sind bemüht, et was zur Geschichte zu finden. Das brachte fruchtbare Ideen, die in die Lehrveranstaltungen bereits einbe zogen wurden. Es ist natürlich schön, wenn ein Festtag begangen wird. Man muß danach auch weiter dranbleiben. Geschichte ist da, ob geschrieben oder nicht. Es kommt darauf an, auf ihr aufzubauen. Prof. Piazza: Prof. Lösche hat da auf einen wichtigen Aspekt auf merksam gemacht. Wir müssen uns vor Augen halten, daß wir es nicht nur mit progressivem Erbe zu tun haben, sondern daß wir uns auch mit zwiespältigen Erscheinungen und Persönlichkeiten beschäftigen müssen. Dabei sollte es uns darum gehen, herauszufinden, was war tat sächlich positiv, was nicht? Darüber hinaus wollen und können wir nicht die Augen verschließen, daß in der jahrhundertelangen Geschichte un serer Universität nicht wenige Wis senschaftler wirkten, die von der Ausbeuterordnung nicht nur aus genutzt wurden, sondern sich selbst vor deren Karren spannten. An der Uni steht uns hinsichtlich der wis senschaftlichen Aufarbeitung noch viel Arbeit bevor. Jugend begeistern für Traditionspflege UZ: Sicherlich gibt es auch Über legungen an anderen Sektionen, z. B. an der Sektion Tierproduktion/ Veterinärmedizin, wie Geschichte erforscht und differenziert mit Wirkung zu vermitteln ist? Prof. Gebhardt: Ja, natürlich. Ich glaube, man kann das sehr verschie denartig tun. Alle Möglichkeiten sind zu nutzen. Auch die ganz per sönliche Erfahrung, das eigene Erle ben sollte genutzt und vermittelt werden. Ist doch die eigene Ge schichte ein Spiege’bild, ein Stück bietes und der Wissenschaftsdiszi plin. In diesem Sinne wird neben der Erarbeitung einer Geschichte der FDJ-Grundgrganisation „Edwin Hoernle" an der Sektion Tierpro- duktion/Veterinärmedizin der „Ge schichtsforschung“ große Bedeu tung beigemessen. Vorstellungen über prognostische Aussagen zur weiteren Wissenschaftsentwicklung haben unter anderem auch die Kenntnis der bisherigen Entwick lung und den gegenwärtigen Er kenntnisstand zur Grundlage. Damit ist der Bezug zur spezia lisierten Fachdisziplin gegeben. So hat z. B. auch die von mir ver tretene Tierernährung in Leipzig eine große Tradition. Vor über 130 Jahren wurde in Leipzig-Möckern die erste deutsche landwirtschaftli che Versuchsstation gegründet, die um die Jahrhundertwende auf mei nem Fachgebiet Weltruf erlangte. Es ist klar, daß wir 1977 den 125. Jahrestag mit einer wissenschaft lichen Veranstaltung mit interna tionaler Beteiligung begangen ha ben und dabei den Stand der DDR- Wissenschaft auf diesem Gebiet ver deutlichen. So läßt sich auch in der Entwicklung und Ausstrahlung kleiner Einrichtungen im Verband der Sektion und der KMU Großes darstellen. Auf diesem Wege kön nen wir auch erreichen, daß unsere Studenten Hochachtung vor den Lei stungen derer empfinden, die vor uns an der Einrichtung tätig waren, daß sie zu einer Art Vorbild wer den, daß wissenschaftliche Kreativi tät bei den Studenten gefördert wird. Aus der Geschichte der Wissen schaftsentwicklung leiten sich Tra ditionslinien ab. Kommt es auch in benachbarten Wissenschaftsgebie ten wie in Leipzig durch Carl Lud wig in der Physiologie, in der Phy siologischen Chemie durch Karl Thomas oder in der Tierernährung durch Oskar Kellner zu niveauvol ler Entwicklung, entstehen Tradi tionen übergreifender Art, im ge schilderten Fall die Tradition der Ernährungswissenschaft. Daraus er wachsen uns heute Verpflichtungen. Gilt es doch, den Ruf Leipzigs auf diesem Gebiet zu erhalten und zu stärken. Die Bedingungen wurden durch die Gründung eines Ernäh rungswissenschaftlichen Zentrums an der Karl-Marx-Universität ge schaffen. Das bleibt nicht ohne Ein fluß auf den wissenschaftlichen Nachwuchs und unsere Studenten. Dafür,lassen sich doch junge Men schen begeistern, wenn sie erken nen, daß sie aufgerufen sind, diese Und das sollte Berufsmotivation für unsere Fachschulstudenten sein. Schweitzer führte einen engagierten Kampf für die Ächtung der Atom bombe. Das kann man mit der heu tigen Verantwortung jedes einzel nen im Friedenskampf verbinden. Im MLG wurden bei uns Jahres arbeiten in Verbindung mit dem zehnjährigen Bestehen der Fach schule beschrieben. Gleichzeitig wurde versucht, aktuelle Dinge der Fachschulausbildung einzuflechten. Zum zehnjährigen Bestehen haben wir ein Absolvententreffen mit Stu denten unserer Fachschule vor. Wir wollen wissen, was aus ihnen ge worden ist, wie sie ihren Platz im Gesundheitswesen eingenommen ha ben. Bei uns gibt es jetzt auch eine Arbeitsgruppe, die sich mit der Er forschung der einzelnen Fachge biete beschäftigt, mit der Ge- > schichte der Parteiorganisation, mit der Geschichte der Fachschule. Das, was wir haben besser nutzen G. Wetzel: An der medizinischen Fachschule steht die Verleihung des Ehrennamens noch bevor, was aber ist mit den Grundorganisationen, die ihn schon haben? Haben sie ihn einfach und Schluß?! Wo es solche Haltungen gibt, kann es passieren, daß Studenten jüngerer Semester nicht recht wissen, wer das eigent lich war und was ihn auszeichnete, dessen Namen ihre Grundorgani sation trägt. Hier geht der eigentli che Sinn der Sache verloren. Man muß damit Weiterarbeiten. Verschie dene Traditionen entwickeln sich in den Sektionen, wie das Hermann- Duncker-Kolloquium in der Sektion WK. Alle FDJ-Gruppen des ersten Studienjahres der Sektion TAS füh ren eine Clara-Zetkin-Versamm lung durch. Wir sollten neben dem Neuen auch nichts Bewährtes ver gessen. So können wir bereits auf beachtliche Ergebnisse beim gesell schaftswissenschaftlichen Wettstreit „Jugend und Sozialismus“, der sich auch mit Problemen der Geschichte befaßt, verweisen. Oder: Im April gab es die Mitgliederversammlung mit dem Thema „Die DDR — mein Vaterland“, in der sich die FDJler u. a. auch mit der Geschichte ihrer Wissenschaftsdisziplin vertraut machten. Das Ergebnis war ein gro ßer Erfolg. Wer hindert uns daran, so etwas öfter zu machen? Auf der 17. Leistungsschau der Universität wurden sieben Expo nate zur Entwicklung einzelner Sek tionen ausgestellt. Wie werden sol ¬ che Dinge genutzt? Überhaupt soll ten wir uns öfter fragen, wie wir das, was wir haben, besser nutzen können. UZ: Neu dagegen und noch Zu kunft ist die wissenschaftliche Stu dentenkonferenz zur Geschichte der eigenen Wissenschaftsdisziplin im Jahr 1990 als Voraussetzung für schöpferische Leistungen. Wie sol len die Studenten, die ja in der Re gel nur vier bis fünf Jahre an der Universität bleiben, bei einem so langen Zeitraum in die Vorberei tung einbezogen werden? G. Wetzel: Zugegeben, ein unge wöhnlich langer Zeitraum. Aber eine solche Konferenz will gut durchdacht und vorbereitet sein. Ein erster Schritt zur Vorbereitung war das Karl-Marx-Kolloquium. Viele gute Erfahrungen auf dem 1 Ge biet der Erbe und Traditionspflege wurden hier zusammengetragen. Nun liegt es. an den einzelnen FDJ- Grundorganisationen, diese Erfah rungen zu nutzen und zu erweitern. Zu Beginn des neuen Studienjahres werden wir analog des Beschlusses der SED-Kreisleitung zur Traditions pflege einen Beschluß fassen, wie die verschiedenen Erfahrungen zu verbreiten sind. Wichtig dabei ist, die zentralen Jugendobjekte in die Vorbereitung der Studentenkon ferenz mit einzubeziehen. Aktualität nicht zu eng sehen UZ: Nicht nur an Erfahrungen, Er kenntnissen, sondern auch an Pro blemen wird unsere Welt täglich rei cher. Wird die WEssenschart durch die gesellschaftliche Entwicklung nicht zunehmend dazu gedrängt, sich immer mehr dem Aktuellen zu zuwenden und kann dabei nicht die Beschäftigung mit dem, was vor 1000 oder 500 Jahren geschah, auf der Strecke bleiben, selbst beim be sten Willen und Wissen um die Be deutsamkeit der Geschichte? Prof. Gebhardt: Aktualität kann nicht auf den zeitlichen Aspekt re duziert werden. Auch Erkenntnis fortschritte von früher können heute aktuell sein, unter der Fra gestellung: Wem nützt das? Aus der Geschichte lernen, heißt ja auch Analogien festzustellen und die Er fahrungen von früher für die heu tige Arbeit zu nutzen. Dr. Behrendt: Ja, Aktualität darf keinesfalls eng gesehen werden. Ak tualität kann auch in der Ge schichte des Altertums und des Mit telalters liegen. Es kommt auf die Fragen an, die an die Geschichte ge stellt werden, auf das rechtzeitige offensive Auf greifen dieser Fragen. So sind die Forschungen der DDR- Historiker zu Martin Luther und zur frühbürgerlichen Revolution in Deutschland, wie das vergangene Jahr gezeigt hat, von höchster Ak tualität in der Auseinandersetzung um die Aneignung unseres histo rischen Erbes. Vom Imperialismus wird der Versuch unternommen, im Kampf gegen den Sozialismus die Geschichte zu mißbrauchen. Des halb ist es so wichtig, daß wir auch auf diesem Gebiet die Diskussion be stimmen. Was wir erforschen und aufberei ten, kann der Gegner gegen uns nicht mißbrauchen. Wir verlieren deshalb keine Geschichtsperiode aus den Augen. Natürlich ist die Vorgeschichte und Geschichte unserer Deutschen Demokratischen Republik für uns von besonderer Aktualität. Deshalb nutzen wir auch solche Jubiläen, wie den 35. Jahrestag unserer Repu blik und den 40. Jahrestag der Be freiung vom Faschismus, um die Kenntnisse über die völkerbefrei ende Rolle der Sowjetunion im zwei ten Weltkrieg und über die Entste hung und Entwicklung des Sozialis mus auf deutschem Boden zu ver tiefen. Damit werden zugleich so zialistische Grundüberzeugungen weiter ausgeprägt, die eine wesent liche Voraussetzung für eine hohe Leistungsbereitschaft sind. Prof. Piazza: Aktualität erwächst keineswegs nur aus der Beschäfti gung mit Gegenwärtigem. Marx und Engels analysierten in ihren Werken sowohl Tagesprobleme, wie im „18. Brumaire des Louis Bo naparte“, als auch Geschehnisse der frühesten Menschheitsgeschichte, wie in der Arbeit „Der Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen“ usw. Aktuell in den Tages kampf eingreifend, waren sie all zumal. Geschichte muß immer wie der aufgearbeitet werden. Welche Schlußfolgerungen für das Heute sind aus dem Gestern zu ziehen? Wenn Geschichte und ihre Erfor schung Aktivität auslösen soll, dür fen neben den großen Erfolgen auch historische Irrungen und Wirrungen nicht übersehen werden. Denn auch die Erkenntnis, daß und wie man letztendlich damit fertig geworden ist, kann eine mobilisierende Wir kung auslösen. Zuversicht und Stolz über das Erreichte entstehen auf vielfältige Art und Weise. (Das Gespräch führten Eckhard Bahr, Angela Baufeld und Ulrich Rath. Der Beitrag wurde kollektiv gestaltet von der Seminargruppe 33 der Sektion Journalistik.)
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