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Karl-M arx-Universit Universitäts-Bibliothek DER KARL MARX UNIVERSITÄT ORGAN DER SED PARTEILEITUNG UNIVERSITÄTSZEITUNG 1. Jahrgang / Nummer 8 Leipzig, den 9. Juli 1957 Preis: 15 Pf stud. phys. Erika Röschke im BKW Kulkwitz; Ich wäre gern noch 14 Tage geblieben Physikstudentinnen im Braunkohlen-Arbeitseinsatz / Beim Kabellegen angetroffen / Nach Feierabend noch ein munteres Lied / Tagebau-Parteisekretär Neumeister: „Die Freunde packen alle tüchtig an“/ 220 unserer Studenten haben bis jetzt gute Taten für den Sozialismus vollbracht Das war wieder eine Wärme, als wir uns auf den Weg machten, einige Stu denten unserer Universität beim Ar beitseinsatz zu besuchen. Dazu kamen der Kohlenstaub und der Dreck, die bei jedem Arbeitstakt durch die Luft'fliegen ' und die ohnehin' nicht leichte Arbeit unserer Kumpel in der Braunkohle noch mehr erschweren. Aber die Kohle wird gebraucht, der Plan ist aufgestellt und muß auch erfüllt wer Cäcilie Czi s c h , Erika R ö s c h k e und Irmgard Käding, drei Studentinnen am Physikalischen Institut, empfingen uns mit dem Ruf; „Na, ihr -wollt uns wohl helfen, unsere Tagesnormen zu erfül len?“ Und da' hatten , sie uns schon die Picke in die Hand gedrückt. Eigentlich wurden an diesem Tag — wie immer freitags — alle Maschinen nachgesehen und repariert. Aber natür lich gab es trotzdem eine Menge zu tun, Wir trafen Cäcilie Czisch, Irmgard Käding und Erika Röschke, die drei Physik studentinnen, gerade beim Verlegen eines Kabels an. Sie gehörten der Gruppe von 29 Studenten der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät an, die 14 Tage lang, mit Hacke, Schauf el und Winde im Tagebau Kulkwitz arbeiteten. den- Das wissen die. Kumpel ebensogut wie die vielen Tausend Studenten, die in diesem Sommer einen Teil ihrer Ferientage opfern, um ihren Beitrag für den Aufbau -unserer sozialistischen Republik zu leisten. Unser Ziel war Kulkwitz, ein Tagebau im Bornaer Revier. Wenn man durch das Pfui! „Eine gute Tat für unsere gute Sache“ zu leisten, ist allen Studenten ein Bedürfnis, die den Sozialismus wollen. Als sie sich an unserer Uni versität zu Hunderten und zu Tau senden zu Arbeitsleistungen während der Ferien verpflichteten, haben sich einige Lügner unter sie gemischt. Am 24. Juni sollten acht und am 1. Juli 13 Studenten, vom Germa nistischen Institut zum Landeinsatz nach Gadebusch (Mecklenburg) fah ren. Davon sind am 24. Juni acht (= alle) und am 1. Juli sechs nicht erschienen. Von 22 Germanistikstu- denten, die sich zum Ernteeinsatz in der LPG Zwenkau bereit erklärt hatten, sind 14 der Arbeit ferngeblie ben. Die acht Gekommenen sind nach anderthalb Tagen wieder abgereist. Sieben Studenten des Geographischen Instituts wurden am 1. Juli in Schwerin vergeblich erwartet. Solche Drückeberger unter uns — das ist kein Ruhmesblatt für die Karl- Marx-Universität. Damit können sich die Seminargruppen nicht abfirtden. Wir erwarten klare Stellungnahmen. Werktor getreten ist und die weite Grube vor sich sieht, dann scheinen die Menschen, die da unten arbeiten, nur kleine Pünktchen zu sein, und die ge waltigen Bagger in der Tiefe nehmen sich aus wie Spielzeug. Schier unendlich war der Weg bis zur Arbeitsstelle un serer Kommilitonen von der Mathema- tisch-Nturwissenschaftlichen Fakultät; wenn auch nicht gebaggert wurde. Alle Studenten sind den einzelnen Brigaden zugeteilt worden. Unsere drei Mädchen hatten gerade die Aufgabe, ein Kabel zu verlegen. Das erfordert, eine etwa 20 bis .30 Zentimeter tiefe Rinne zu graben, damit das Kabel geschützt liegt und nicht beschädigt werden kann. Vorher hatten sie in einer Gleisbaubrigade ge arbeitet. Wenn die schweren Züge über die Schienen rattern, senkt sich das Gleis. Dann heißt es für die Gleisarbei ter: mit der Winde ran und das Gleis heben. Irmgard und die anderen haben die Schwellen mit Erde und Sand ge stopft und so geholfen, daß es nicht zu Ausfällen kam. Wie die Arbeit denn so schmeckt, wollten wir wissen und erfuhren, daß es ihnen Spaß macht, sich mal auszu- arbeiten „Zuerst war es ja etwas schwer“, meinten Erika und Irmgard, „die Hitze machte uns ganz schön zu schaffen. Einige holten sich gleich einen Sonnen brand- Na, und dann unsere Füße ..; Aber das ging schnell vorbei. Wir hät ten nicht gedacht, daß wir uns so gut eingewöhnen. Wenn es nach uns ginge, blieben wir gern noch 14 Tage oder vier Wochen da.“ Daß sie uns dies am vorletzten Tag ihres Einsatzes gestanden, das war gleichzeitig so etwas wie eine Sympathie erklärung an die Kumpel, mit denen sie 14 Tage lang zusammengearbeitet hat ten. „Wir haben uns mit den Arbeitern prächtig verstanden“, sagten sie, „sie haben uns geholfen, wenn es bei uns nicht gleich geklappt hat. Sie waren wirklich nett zu uns.“ Wer sollte das auch nicht sein - zu den drei so braun gebrannten jungen Mädchen, die abends meist noch ein kostenloses „Unterhal tungsprogramm“ boten. Sie singen näm lich gern, die Drei, und da Gesang die Arbeitsfreude erhöht, hörten die Arbei ter oft nach Feierabend noch ein munte res Lied aus ihren Kehlen. Doch daran allein wird es wohl nicht gelegen haben- Cäcilie erzählte uns, daß noch weitere 14 Mädchen und 12 Jungen von ihrem Institut an anderen Stellen im- Kulkwitzer Tagebau eingesetzt wa ren. Auch sie hatten das denkbar beste Verhältnis zu den Kollegen, weil sie fest mit Hand anlegten. Das bestätigte uns auch Genosse Neumeister, der Parteisekretär im Tagebau: „Wir haben schon Studenten gehabt, die etwas hoch näsig waren. Aber darüber brauchen wir uns diesmal wahrlich nicht zu be klagen. Die Freunde packen alle tüch tig mit an, und das wissen unsere Kumpel zu schätzen.“ Unsere drei Freundinnen sind aus der Seminargruppe 1/8 ihres Institutes und wollen einmal Mittelstufenlehrerinnen für Physik werden. Warum sie zu dem Arbeitseinsatz gegangen sind? „Es hat in letzter Zeit an unseren Universitäten Vorfälle gegeben, daß die Arbeiter wirk lich einen schlechten Eindruck von den Studenten bekommen mußten. Aber schlecht und überheblich sind nur einige. Die meisten wissen doch, worum es geht. Wenn wir gebraucht werden, dann sind wir auch bereit. Und außerdem macht uns die Arbeit Freude“, meinte Cäcilie. „Da sind wir völlig einverstanden, wenn das neue Hochschulprogramm von allen Studenten sozialistische Taten ver langt- Darauf sollte schon bei der Imma trikulation hingewiesen werden“, war die Meinung ven Cäcilie und Erika. Freilich hat es erst Auseinandersetzun gen in der Gruppe gegeben, ehe sich von den insgesamt 21 Freunden sieben Mäd chen und acht Jungen freiwillig zum' vierzehntägigen Arbeitseinsatz meldeten. Die meisten waren aber gleich davon be geistert und haben die noch Zögernden mitgerissen. Wer, wollte da auch zu rückstehen, wenn es eine gute Tat zu vollbringen und gleichzeitig etwas Dank an alle diejenigen abzustatten gilt, die mit ihrer Arbeit erst das Studium ge währleisten? Von Cäcilie, sie ist FDJ-Gruppen- organisator, hörten wir noch, daß sich die FD J-Gruppe, selbst mit der Bitte, eingesetzt zu werden, an die Hochschul gruppenleitung gewandt hat. Damals warteten die anderen noch auf Anwei sung von der Leitung. Wir kamen auf solche Freunde wie jene Germanisten zu sprechen, die sich erst großartig verpflichteten, am Einsatz teilzunehmen, dann aber absprangen. „Das ist eine Gemeinheit", fanden Irm gard und Erika, ..so was muß man sich doch überlegen. Wenn wir uns zu etwas verpflichten, dann halten wir das auch ein.“ Vielleicht nehmen sich die Betref fenden diese Worte zu Herzen. Sie soll- Die Trümmer müssen weg und die Zie gel geborgen werden. Darin waren sich die Studenten vieler Fakultäten und In stitute einig, als sie in den letzten Wochen daran gingen, die Trümmer- berge in Leipzig zu beseitigen. 17 Studenten von der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät arbeiteten im freiwilligen vierzehntägigen Einsatz im Tagebau Haselbach, einem Neu aufschluß im Bornaer Braunkohlenrevier. (Auf unserem Foto von links nach rechts: Gerhard Ranga, Gerd Pusch, Siegfried Löffler und Ingeborg Schröder.) ten sich vor denen schämen, die jetzt draußen sind und fleißig arbeiten. Die Betriebe haben mit dem Einsatz gerech net. Jeder, der sich jetzt nicht mehr an seine Verpflichtung erinnern kann, ver ursacht Planschulden. Inzwischen war es fast 14 Uhr gewor den, also langsam Zeit, die Schippen und Hacken aus der Hand zu legen. Ein frü her Feierabend, aber dafür begannen die letzten Tage für unsere Freundinnen auch schon sehr früh. % 4 Uhr rasselte immer der Wecker. Das Schlimmste vom ganzen Tag, wie sie meinten. Während wir noch die letzten paar Metemayfhackten, damit das Kabel, ver legt werden fsonnte, kam aiif der Kippe oben ein Arbeiter'vorbei: „Na, Mädels, nun ist aber Feierabend“, rief er ihnen zu, es wurden noch ein paar freundliche Worte gewechselt — man merkte eigent lich nichts davon, daß hier Betriebs fremde arbeiteten — und dann war wirklich Schluß. ..Schade, daß morgen schon der letzte Tag ist.“ Aus weiteren 14 Tagen Arbeitseinsatz Wird für die drei Physikstudentinnen in diesen Ferien nichts; denn jetzt geht es erst einmal ins Praktikum in ein Pio nierlager. Wenn im nächsten Jahr wie der Studenten in den Kohlengruben ge braucht werden, sind Erika, Cäcilie und Irmgard — das glauben wir ganz be stimmt — sicher wieder dabei. Jetzt werden sie erst einmal von anderen ab gelöst. * So helfen an allen Schwerpunkten un seres sozialistischen Aufbaus dietudt- renden unserer Universitäten. Bis jetzt haben etwa 220 Freunde ihre Verpflich- ungen erfüllteT Lucka wren es eben- faHs..Physiker, die sich 14 Tage lang bei der Verlegung-des Schnauderbettes ein gesetzt haben.- Im VEB Kies- und Mör telwerk waren Veterinärmediziner, Ger manisten, Slawisten, Geographen und Studenten des Franz-Mehring-Institutes am Werk — nur einige von Tausenden, die den Ruf „Jeder eine gute Tat für unsere gute Sache!'' richtig verstanden haben. Karl Barth „Kerle wie unsere Söhne " Gespräch mit Klaus Siebold, Werkleiter des VEB Braunkohlenwerk Kulkwitz Am vorletzten Tag des -Arbeitseinsat zes, den Kommilitonen unserer Univer sität im Braunkohlentagebau Kulkwitz leisteten, baten wir den Werkleiter, Kol legen Klaus Siebold, sich zu den Lei stungen und dem Auftreten der Studen- tenbrigaden zu äußern. In der Arbeitspause schnell ein Blick in die neueste Ausgabe unserer „Universi tätszeitung“. Erika hat stHi gefreutdaß wir ihr eine UZ mit rach Kulkwitz ge bracht hatten. Fotos: Barth (3), Blutke (1) „Die Tatsache-allein, daß Studenten aus Leipzig uns helfen“, sagte Kollege Siebold, „ist eigentlich nicht neu, auch in den Vorjahren haben Studenten der Karl-Marx-Universität und verschiede ner Hochschulen bei uns gearbeitet. Mit Ausnahme-einiger jüngerer Freunde der DHfK gaben alle ihr Bestes und unter stützten uns nach Kräften. W-is nun in diesem Jahr besonders auffällt, ist die große Begeisterung, die ausgezeichnete Arbeitsmoral. Obwohl es den meisten anfangs schwer fiel, packten alle kräftig mit an. Uns ist in den 14 Tagen ihres Einsatzes nicht ein einziges Mal irgend eine Disziplinlosigkeit, Ueberheblichkeit oder Bummelei zu Ohren gekommen.“ Auf unsere Frage, ob der Einsatz un serer Kommilitonen für das Werk tat sächlich von Nutzen sei, antwortete Kol- lege Siebold: „In unserem Betrieb gibt es gewisse Schwierigkeiten beim Neu aufschluß. Wir sind deshalb auf alle Hände angewiesen, damit der Plan nicht gefährdet wird. Es läßt sich denken wie sich unter diesen Umständen die Hilfe der Studenten auf die Stimmung der Kumpe] ausgewirkt hat. Die Studenten werden nicht etwa beschäftigt, damit sie etwas zu tun haben. Es ist wirklich so. daß sie uns praktisch unterstützen, und daß ihre Hilfe für uns von großem Wert ist.“ Zu der Frage, welche Meinung die Kol legen zum Einsatz der Studenten ver treten. sagte uns Klaus Siebold: „Wer richtig mit anpackt, der hat immer bei den Kumpeln einen Stein im Brett. Mir sagten einige Kollegen: ,Wir staunen, wie die. Studenten arbeiten. Das sind wirk lich genau solche Kerle wie unsere Söhnel' Und das ist, scheint mir, eine hohe Meinung."