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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1989
- Erscheinungsdatum
- 1989
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-198900008
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- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19890000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19890000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Ausgabe
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-
Zeitschrift
Universitätszeitung
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Band
Band 1989
-
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- Ausgabe Nr. 9, 3. März 1
- Ausgabe Nr. 10, 10. März 1
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- Ausgabe Nr. 45, 8. Dezember 1
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Band 1989
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Erinnerungen an Georg, den kleinen Bruder D des großen Otto Wigand O tto Wigand (10. 8. 1795 bis 1. 9. 1870) dürfte wohl jeder historisch interessierte Leip ziger kennen, denn der promi nente Herausgeber junghegelia nischer Schriften zählte neben Brockhaus und Philipp Reclam jun. zu den größten und bekann testen Leipziger Verlegern Mitte des 19. Jahrhunderts. Daß Otto Wigand mit Georg einen jünge ren Bruder besaß, der sich eben falls zu einer herausragenden Verlegerpersönlichkeit profi lierte, ist hingegen weniger be kannt. An ihn soll anläßlich sei nes 180. Geburtstages und 130. Todestages vor einem Jahr erin nert werden. Georg Wigand wurde am 13. Februar 1808 in der Universitäts stadt Göttingen als 12. (!) Kind der keineswegs gut bemittelten Familie Wigand geboren. Georg hatte eine entbehrungsreiche Ju gend und genoß nur eine äußerst dürftige Schulbildung. Vieles mußte er sich im Selbststudium aneignen. 1822 holte ihn sein Bruder Otto in die oberungarische Stadt Kaschau, um Georg bei sich buchhändlerisch auszubilden. Diesem Gewerbe blieb er zeitle bens treu. Angeregt durch meh rere Reisen (u. a. Paris), im Wil len zur Gründung eines eigenen Erwarb sich bleibende verlegerische Verdienste „ . . sein Name hat . . stets mit besonderer Auszeichnung genannt zu werden." Unternehmens und im Wissen um die zunehmend repressiven österreichischen Zensurverhält nisse zog es Georg wieder nach Deutschland. 1833 besuchte er erstmals die Leipziger Ostermesse und kam im Frühjahr 1834 — sichtlich be eindruckt von der Buchstadt — wieder. Georg Wigand gründete noch im selben Jahr in der Mes sestadt ein eigenes Geschäft. Be sondere Verdienste erwarb er sich um das Illustrationswesen, unterstützte zahlreiche Verbes serungen des Holzschnittes und beförderte seine verstärkte pu blizistische Nutzung. Mit dem Maler Ludwig Richter verband ihn bald eine lebenslange Freundschaft. Georg Wigand brachte die 1. deutsche Volks ausgabe von Shakespeare heraus und erzielte mit seinem „Male rischen Deutschland“ einen grö ßeren kommerziellen Erfolg. Der tatkräftige und energische Mann orientierte sich auch auf die periodische Publizistik, gab ökonomische Blätter („Agrono mische Zeitung“, „Blätter für Handel und Industrie“) heraus und engagierte sich bald darauf noch im Vormärz gleichfalls in uer ponnsch relevanten Presse. So verlegte er zeitweise die libe rale Zeitung „Der Herold“ von Karl. Biedermann, und auch an der bekannten „Europa. Chronik der gebildeten Welt“ von August Lewald und Gustav Kühne war Georg Wigand beteiligt. Im Re volutionsjahr 1848/49 zeichnete er für die „Deutsche Krieger- Zeitung“ verantwortlich, ein libe rales Blatt, daß sich Ende 1848/Anfang 1849 für progressi ves politisches Engagement un ter den Militärangehörigen ein setzte, aber bald aus repressiven Gründen sein Erscheinen wieder einstellen mußte. Politisch war Georg Wigand eindeutig bürgerlich Liberaler, stand seinem großen Bruder also auch politisch nahe. Zehn Jahre nach der bürger lich-demokratischen Revolution starb er am 9. Februar 1858 nach schwerem Leiden — nur fünf Tage vor seinem 50. Geburtstag. Das „Börsenblatt für den deut schen Buchhandel“ widmete ihm einen recht umfänglichen und würdigenden Nachruf (Nr. 19, 10. 2. 1858, S. 258). Im Nekrolog heißt es u. a.: Um die Ent wicklung der künstlerischen Thätigkeit des Verlagshandels, sowie um die Läuterung des all gemeinen guten Geschmacks hat er durch seine buchhändlerische Wirksamkeit glänzende Verdien ste und sein Name hat in den An nalen des deutschen Buchhan dels stets mit besonderer Aus zeichnung genannt zu werden. “ TOMAS KITT AN, Sektion Journalistik UZ-Serie über die Novemberrevolution • UZ-Serie über die November Im April 1917 entstanden in Leipzig die ersten Arbeiterräte in der deutschen Geschichte Die Haltung führender Leipziger Kapitalisten zur und in der Zeit der Novemberrevolution Für die Beurteilung des Charak ters und Verlaufs der Novem berrevolution als antiimperialisti sche Volksrevolution ist es nicht un wichtig zu wissen, wie weit im ein zelnen die antiimperialistische Frontstellung wirklich ging. Nun war ja für das insgesamt hochindu strialisierte Sachsen kennzeich nend, daß es eine ausgesprochen rohstoffarme, deshalb auch kaum über Grundstoffindustrie verfü gende Region darstellte, in der zwar die Tendenz zur Konzentration von Produktion und Kapital wirksam war, die aber zunächst nicht bis zu Monopolen geführt hatte. Im Ver laufe des ersten Weltkrieges gestal tete sich die Lage für jene Industrie zweige in Sachsen außerordentlich schwierig, die wie Bau- und Kon sumgüterindustrie nicht oder wie die Textilindustrie nur zum Teil der Kriegsproduktion dienten. Als aus gesprochenes Exportland mit einer vielfältigen Verarbeitungsindustrie war Sachsen so gut wie vollständig von seinen auswärtigen Märkten, Kapitalbeziehungen und Rohstoff lieferanten abgeschnitten. Einzig die Metallindustrie erlebte durch Rüstungsaufträge eine starke Auf blähung. So stieg bei der Leipziger Firma Meier & Weichelt der Um satz nach Gewicht pro Arbeiter von 42,0 kg (1913/14) auf 77,6 kg (1917/18). Sächsische Kleinbetriebe gingen dem Ruin entgegen Viele sächsische Kleinbetriebe — und sie überwogen hinsichtlich der Zahl der Produktionsstätten — gin gen dem Ruin entgegen. Mehr noch, den an Rhein/Ruhr und in Berlin konzentrierten Monopolen bot der Krieg Anlaß, mit Hilfe staatsmono polistischer Regulierungen — wie dem „Hindenburgprogramm“ 1916 — ihr Herrschaftsverhältnis über die nichtkartellierte Industrie wei ter auszubauen. Der Verband Säch sischer Industrieller (VSI) sah sich genötigt, „für entsprechende Betei ligung ... an der Herstellung des zu riesigen Summen anschwellenden Heeresbedarfs und für ausreichende Vertretung auch der sächsischen In dustrie in den... Organisationen der Kriegswirtschaft“ — freilich ver geblich — einzutreten. Gewiß trafen sich hinsichtlich der Kriegsziele Mo nopolkapitalisten sowie die ökono misch stärksten Exportindustriellen Sachsens auf expansiven und kolo- nialistischen Positionen. Das Füh rungsmitglied des VSI, Johannes März, formulierte 1916: „Die Inter essen des deutschen Außenhandels erfordern..., daß unser überseei scher Besitz in Umfang und Gestal tung unseren Interessen als Welt handelsvolk entsprechend ausge baut wird.“ Das bedeutete jedoch nicht, daß die Monopole die spezi fischen Interessen der sächsischen Industriellen hinreichend berück sichtigten. Reichskanzler von Beth mann-Hollweg hatte in einem Ge spräch mit dem Chef des säch sischen Gesamtministeriums Graf Vitzthum von Eckstädt im Dezember 1914 unmißverständlich festgehal ten, „wenn etwas erobert würde, so mache das Reich die Eroberungen“. Arbeiterbewegung war besonders gut organisiert Dennoch gab es sogar angesichts der sich abzeichnenden Niederlage des deutschen Imperialismus keine Stellungnahmen sächsischer Indu strieller zur Beendigung des Völ kermordens und der Not des Volkes. Mehr noch, der spezifische Platz im imperialistischen System und die seit Jahrzehnten gegebene Konfron tation mit einer besonders gut or ganisierten Arbeiterbewegung — so waren hier, in Leipzig, im April 1917 auch die ersten Arbeiterräte in der deutschen Geschichte entstan den — ließen das Großkapital Sach sens zu besonders harten Ausbeu- tungs- und Unterdrückungsmetho den greifen. Die Leipziger Arbeiter schlossen sich am 8. November 1918 der Revo lution an. In mindestens 1477 Leip ziger Betrieben lag beim General streik vom 9. bis 11. November die Produktion still. In der ersten Etappe der Revolution setzten die Arbeiter u. a. in zahlreichen Betrie ben wichtige Maßnahmen zur Ver besserung der sozialen Lage der Ar beiter durch. Das Kräfteverhältnis veranlaßte führende Leipziger Ka pitalisten, so M. v. Bieichert, H. Graf, A. Dufour-Feronce, sich in einem Aufruf unter der scheinde mokratischen Forderung nach völli ger Gleichberechtigung aller Schich ten zur „Mitarbeit“ in allen wirt schaftlichen Fragen bereitzuerklä ren. Doch bereits unmittelbar nach dem Generalstreik erhoben Leipzi ger Bourgeois gerichtliche Klage dagegen, daß die, Streiktage als Ar beitstage bezahlt werden sollten, und nutzten dabei das schwere poli tische Versäumnis der Arbeiter und Soldatenräte, daß der alte Staatsapparat nicht beseitigt wor den war. Als sich seit Mitte November die revolutionäre Bewegung verlang samte, begann sich die Reaktion massiv mit konterrevolutionärer Zielstellung zu sammeln.. Sie miß brauchte die durch den Leipziger Arbeiter- und Soldatenrat verkün deten demokratischen Rechte und Freiheiten und gründete am 17. No vember im Kaufmännischen Ver einshaus den „Bürgerausschuß“, ein Sammelbecken von rund 100 Orga nisationen, „darunter alle großen Berufsvertretungen", d. h. Arbeit geber- und Unternehmeryerbände. Danach verstärkte sich der offene Widerstand des Kapitals gegen alle revolutionären Maßnahmen: Obwohl der Arbeiter- und Sol datenrat Leipzigs bereits am 10. No vember den Achtstundenarbeitstag beschlossen hatte, sperrte z. B. am 25. November die Armaturenfabrik Gebr. Rost, Heinrichstraße, die ge samte Belegschaft aus, weil die Ar beiter endlich den Achtstundentag verlangten und sich der Unterneh merwillkür nicht unterwerfen woll ten. Ende November beschloß die Versammlung der Buchdrückerei besitzer, den Arbeitern die Teue rungszulagen zu verweigern. Vor allem konzentrierten sich die bürgerlichen Organisationen und wiesen sich aber Sammlungsbewe gungen, wie der Leipziger Bür gerausschuß, zunächst besser ge eignet, die Interessen des Kapitals durchzusetzen. In einem Aufruf ent wickelte um den 10. Februar 1919 der Bürgerausschuß sein arbeiter feindliches Programm. Die gegen wärtige, angeblich „sozialistische“ Wirtschaftspolitik sei Wirtschafts- dilletantismus; wie in Rußland drohe der wirtschaftliche Bankrott Die These von der Verelendung der Arbeiterklasse sei ein Märchen. Der Arbeiter sterbe nicht durch Überar beit; nur durch viel Arbeit könne die Not überwunden werden. Zu gleich wandte sich der Aufruf gegen ein Steigen der Löhne. Das war die Reaktion auf die Tatsache, daß in Sachsen die Arbeiterklasse noch nicht militärisch niedergeschlagen war und gewisse Möglichkeiten zur Sicherung von Errungenschaften der Novemberrevolution bestanden, z. B. während des mitteldeutschen Generalstreiks im Februar/März. Mit seiner Propagierung des Gespen stes des Bolschewismus gelang es dem Bürgerausschuß seit dem 27. Februar,' breite Kreise der Mit telschichten, Unternehmer, Kauf leute, Ärzte, Beamte, Rechtsan wälte, Gewerbetreibende u. a. für einen Gegenstreik zu formieren. In die gleiche Zeit fiel die Grün dung einer Sektion der „Antibol schewistischen Liga“ in Leipzig. Kreishauptmann von Burgsdorf ver wandte sich dafür, daß prominente Industrielle,! wie Kommerzienrat M. v. Bieichert, Leipzig, Direktor Höhn von der Firma Hugo Schnei der, Leipzig-PaunSdorf, Direktor Dr. Kunze von der Leipziger Kamm garnspinnerei, Direktor Banenge von der Leipziger Baumwollspinne Einheiten der Volksmarinedivision vor dem Brandenburger Tor. Foto: UZ-Archiv Verbände, Bürgerräte und -wehren darauf, mit allen Mitteln zur Besei tigung der Rätemacht die Einberu fung einer bürgerlichen National versammlung zu erzwingen und die „Sozialisierung“ der Großbetriebe, nach Lage der Dinge deren Über führung in kapitalistisches Eigen tum des Staates, zu verhindern. Im Leipziger Bürgerausschuß forderte Reichsgerichtsrat Neukamp die Schaffung einer geschlossenen Orga nisation des Bürgertums, um gegen die Rätebewegung vorzugehen. Der Zentralverband des sächsischen Bankgewerbes machte unmittelbar nach dem 1. Reichsrätekongreß (16. bis 21. Dezember), der sich in Ver kennung der Tatsache, daß damit die Macht aus den Händen der Ar beiter und Soldaten -gegeben wurde, für Wahlen zur Nationalversamm lung entschieden hatte, Stimmung gegen die Revolution, indem er be hauptete, die gegenwärtige Gewalt behindere die „freie“ Beteiligung des Unternehmertums und die Wie deraufrichtung des wirtschaftlichen Kredits im Ausland (d. h. Hilfs maßnahmen gegen die Not durch das ausländische Kapital bei Fort dauer der Revolution). Mit alldem lassen sich keine Un terschiede zur konterrevolutionären Politik der Monopolisten feststellen, außer vielleicht hinsichtlich der Nuance, daß das sächsische Groß kapital angesichts der eingangs ge schilderten Rahmenbedingungen zugleich besonders intensiv über eine wirksamere Gestaltung seines Verbandswesens nachdachte. So no tierte der Direktor der Leipziger Firma Meier & Weichelt damals: „Die schwierigen Wirtschaftsver hältnisse haben gezeigt, daß es not wendig gewesen ist, in der Eisenin dustrie einen weitergehenden Zu sammenschluß herbeizuführen, als es in der Vorkriegszeit der Fall ge wesen ist.“ In der Revolution er rei, Buchdruckereibesitzer Thalak- ker und Fabrikbesitzer Morell, Leip zig-Mockau, an der Gründungssit zung am 11. Februar teilnahmen. Den Bestrebungen wünschte u. a. A. Dufour-Feronce „besten Erfolg“. Waffenträger gegen die Revolution formiert Als sich in der ersten Hälfte des April 1919 die Vorbereitungen der Konterrevolution abzeichneten, auch die Arbeiter in Sachsen mit mi litärischer Gewalt blutig niederzu schlagen, stellte sich der Bürgeraus schuß rasch darauf ein. „Bereits um die Weihnachtszeit 1918 war (in Leipzig) ein Kreis eben aus dem Felde zurückgekehrter Frontkämp fer am Werke. Diese begründeten die .Weiße Garde*“, schrieb später ein Beteiligter. Nun wurde im Bür gerausschuß über den Leipziger „Grenzschutz“ und dessen Betäti gung gegen den „Bolschewismus“ so wie über die Einbeziehung von Stu denten und Intellektuellen in den „Grenzschutz“ diskutiert. Dieses letzte Detail macht das Problemati sche der von einflußreichen Groß kapitalisten gesteuerten Organisatio nen, wie dem Bürgerverein und der Antibolschewistischen Liga deut lich : Durch Entstellung der Ziele der Revolutionäre, Anknüpfung an das Eigentümerbewußtsein bürger licher Kreise, das nicht differenzie ren sollte zwischen persönlichem Eigentum und Privateigentum an den entscheidenden Produktions mitteln, formierte das Kapital aus den Mittelschichten, die sich oft in ähnlichen sozialen Verhältnissen wie die Arbeiter befanden, seine Waf fenträger gegen die Revolution. Das spielte keine geringe Rolle für de ren Ausgang. Prof. Dr. BERND RÜDIGER, Direktor der Universitätsbibliothek Umfangreiches Lebenswerk fand verdiente Würdigung Prof. Dr. Helmut Hirsch erhielt Promotionsurkunde der KMU Im Rahmen einer Sitzung des Senats der Karl-Marx-Universi tät überreichte der Prorektor für Naturwissenschaften der KMU. Prof. Dr. sc. Hans-Peter Kleber, am 31. Januar im Auftrag des Rektors an Prof. Dr. Helmut Hirsch die Promotionsurkunde für die Arbeit „Karl Friedrich Koeppen. Der intimste Berliner Freund Marxens“ aus dem Jahre 1933. Die Errichtung der faschisti schen Diktatur vor genau 56 Jah ren verhinderte die Anerken nung dieser als Dissertation an gefertigten Schrift in Leipzig und zwang deren Verfasser — Sohn eines aktiven Funktionärs der Arbeiterbewegung und Intel lektueller jüdischer Abstam mung — noch 1933 in eine 25jäh- rige Emigration nach Frankreich und in die USA. Erst 1957 kehrte er nach Europa, nach Düssel- dorf/BRD, zurück. Seit 197? wirkte er als Hochschullehrer an der Duisburger Universität. Ein überarbeiteter Auszug aus der ge nannten Dissertationsschrift er schien 1936 im ersten Band der International Review for Social History, dem Publikationsorgan des Amsterdamer Instituts für Sozialgeschichte. Die Datierung der von der KMU ausgefertigten Promotions urkunde auf den 25. Oktober 1988 fällt mit dem 50. Jahrestag der faschistischen Pogromnacht fast zusammen. Damit ist die Verleihung dieser Urkunde an Prof. Hirsch auch zu verstehen als einer der zahlreichen Bei träge anläßlich dieses Gedenkta ges, die in ihrer Gesamtheit do kumentieren, daß sich die DDR der Pflege des antifaschistischen Erbes verpflichtet fühlt. Zugleich findet damit ein um fangreiches Lebenswerk ver diente Würdigung. So kämpfte der Emigrant Helmut Hirsch vom Pariser Exil aus als Mither ausgeber der Zeitung „ORDO“ und im Aktionsausschuß für Frei heit in Deutschland gegen die Hitlerdiktatur. Von wissenschaft licher Bedeutung ist neben der Arbeit über Karl Friedrich Koep pen auch eine Biographie über Friedrich Engels, dem nicht zu letzt wegen des gleichen Geburts ortes Barmen stets das besondere Interesse Prof. Dr. H. Kirschs galt. Aus seiner Feder stammen des weiteren von hoher Sach kenntnis zeugende Bücher und Aufsätze über August Bebel, Eduard Bernstein, Karl Marx, Ferdinand Lassalle, Rosa Lu xemburg und weitere führende Persönlichkeiten der Arbeiter bewegung. Als Mitautor der Publikation „Friedenspolitik und Friedenssi cherung. Ist der Krieg eine Na turkatastrophe?“ setzte er sich im Zusammenhang mit der Schulbuchforschung bereits vor mehr als 20 Jahren für die Er arbeitung eines Schulfriedensbu ches ein. Geld forderte Gelehrte zum Nachdenken auf Ökonomische Fragen als unselbständige Elemente in der Ausbildung der spätfeudalen Beamtenschaft Mit diesem Beitrag wird eine Artikelserie zur Geschichte der ökonomischen Lehre und For schung an der Universität Leip zig anläßlich des 225. Jahresta ges der Gründung des ersten Lehrstuhls für Ökonomie in Leip zig und des 20. Jahrestages der Gründung der Sektion Wirt schaftswissenschaften eröffnet. Bis zum zweiten Drittel des 18. Jahrhunderts blieben an der Leipziger Universität, wie an al len Hohen Schulen Deutsch lands, ökonomische Fragen nur beiläufig behandelte, unselbstän dige Gegenstände der Lehre in den drei geisteswissenschaftli chen Fakultäten. Die idealisti sche Methodologie der Theologie, die bis zu diesem Zeitpunkt in ih rer dominierenden Stellung unan gefochten blieb, Wie auch die der von ihr geprägten Jurisprudenz und Philosophie degradierte der artige Fragen zu Randproble men, denen bei der Erziehung und Ausbildung der zukünftigen Kirchen- und Staatsdiener keine gesonderte Stellung zukam. Man benötigte für ökonomische Fra gen daher keine speziellen Lehr stühle oder Veranstaltungen. Allerdings konnten sie nicht 'gänzlich unberücksichtigt blei ben. Die wirtschaftlichen Pro bleme der spätfeudalen Ter ritorialstaaten erforderten ihre Behandlung für eine möglichst realitätsnahe Ausbildung. In dem Maße, wie mit der wachsen den Bedeutung bürgerlicher und frühkapitalistischer Elemente in der ökonomischen Basis Sach sens die Wirtschaft selbst nicht nur ein zunehmend komplizier ter werdender Gegenstand lan desherrlicher Politik, sondern zugleich auch ein wichtiges Mit tel zur Realisierung ihrer Ziele wurde, fanden derartige Fragen Berücksichtigung in den Lehr veranstaltungen. Vor allem war es das Geld, das die naturalwirt schaftliche Basis der Feudalge sellschaft unterhöhlte, und damit die Gelehrten zwang, sich der Analyse dieses • sozialökono mischen Phänomens zu stellen. So wurden an der Universität der Messestadt bereits im 15. Jahrhundert Themen zu Handel und Wucher diskutiert. Der Grundtenor dieser Erörterungen wurde hier, an einer Hochburg der katholischen Scholastik zu nächst von der Lehre vom „Ge rechten Preis“ bestimmt, die im Interesse der Stabilität der „gott gewollten“ feudalen Hierarchie Wucher und Zins und damit früh kapitalistischen Erscheinungen entgegentrat. Unter dem Einfluß humanistischer Ideen deutete sich an der Wende zum 16. Jahr hundert eine Veränderung an. Ohne die Dominanz des kano nischen Rechts insgesamt in Frage zu stellen, wurden mit der römischen Rechtslehre weltliche Argumentationen ins Feld ge führt, die zwar gleichfalls gegen den Wucher Front machten, je doch bereits vom bürgerlichen Eigentumsverständnis der einfa chen Warenproduzenten ausgin gen. Prägnant tritt diese Sicht weise in der 1508 veröffent lichten Streitschrift des Leipzi ger Juristen Christoph Kuppner „Ein schons buchlein gzu deutsch, doraus ein itzlicher men- sehe, was Standes er sey, lerne mag, was Wucher und wucheri sche hedelseyn" zu Tage. Diese Ansätze einer weltlichen Betrachtung ökonomischer Fra gen setzten sich erst mit der Durchsetzung der Theologie M. Luthers, dem „ältesten National ökonomen Deutschlands“ (Marx), in den vierziger Jahren des 16. Jahrhunderts . durch. Durch die Trennung von geistli chem und weltlichem Reich hatte er die Betrachtung ökono mischer Fragen von der göttli chen Moral relativ unabhängig Schrift gegen den Wucher Repro: MULLER gemacht und damit auf eine Ba sis gestellt, die der ökono mischen Realität der spätfeuda len deutschen Territorialstaaten bedeutend näher kam als die weltabgewandte katholische Lehre. Mit ihr setzte die Sä kularisierung der akademischen Behandlung ökonomischer Fra gen ein, die in Leipzig, wie an al len protestantischen Universitä ten ihre Grenze in der nach wie vor vorhandenen naturalwirt schaftlichen Orientierung und ethisch-religiösen Sicht fand. Von nachhaltiger Bedeutung blieb die durch Luther und seine Anhänger inspirierte und in itiierte Neuerschließung der Lite ratur des klassischen Altertums. Das aristotelische Ökonomiever ständnis, das die Ökonomie ne ben ihren Schwesterdisziplinen Politik und Ethik als praktische Haushaltungskunst erfaßte und damit als Disziplin von der akademischen Lehre ausschloß, blieb bis zur Mitte des 18. Jahr hunderts dominierend. Dr. sc. DIETER JANKE, Sektion Wirtschaftswissenschaf ten
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