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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1989
- Erscheinungsdatum
- 1989
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-198900008
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- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19890000
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- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19890000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
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- Digitalisat
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Zeitschrift
Universitätszeitung
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Band
Band 1989
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Widerstand gegen die Widerständler Perspektiven einer gelichteten SED? W. B.: Es wird zu einer starken Mit- doch .bis .zu seinem Tode damit gerech- in der DDR gegen den Willen der So ¬ wjetunion wenig machbar. Der. 17. Juni dient zu haben, deren Führung zum stehen Hunderttausende. Aber: Ich bin Die Letzte dingt, nicht gleichmäßig vollzog. Was nutzte da Trotzkijs Konzept? Man steile sich einen ' Revolutionär vor, der eine Revolution erfolgreich durchgeführt hat und der nun, in Anbetracht unvorher- zusammenbleiben, und das wird trotz dem eine recht ansehnliche Zahl sein. Enormes für eine spätere Offensive be wirken können. von dem, was er gesagt hat, sehr ernst nehmen müssen, und man wird viele Vorbehalte aufgeben. U. K.: In den Diskussionen wird jetzt allenthalben ein großer Widerspruch deutlich: Viele Genossen verweisen dar auf. daß Widerstand chancenlos war, während andere verbittert feststellen, daß es so nelrommen iet. weil kein Wi derstand geleistet wurde. Wir alle ken nen die Schicksale derer, die versuch- nen Gründen. Der Karriere-Knick, den Sie ansprachen wird nur ein Motiv zerrte, wurde er zurückqepfiffen. U. K.: Glauben Sie, daß Ulbricht auch aus persönlichen Gründen, also Machtpragmatismus, in einer Entstalini- sierunq eine Gefahr gesehen hat? Wie denken Sie über seine Integrität als Re- volutjenär? W. B: Ich sehe da Machtpragmatis mus. Möglicherweise war er auch zu diesem Zeitpunkt idalogisch so durch gramm gewann, die Macht endgültig an sich reißen". Das klingt zugegeben etwas lächerlich, hat aber wohl einen rationalen Kern: sozialistische Revolu tion in einem fast feudalistischen Land, ohne Industrialisierung, ohne Proleta riat, ohne demokratische Traditionen. Im Nachhinein scheint die Geburt einer übermächtigen Partei, eines sich verselbständigenden Apprarates folge richtig. Und der frühe Tod Lenins er klärt doch Stalin nicht? W. B.: Nein, er erklärt ihn nicht. Aber er erklärt eben soviel, daß es Sta lin leichter hatte, sich durchzusetzen. Ich gebe zu: Hätte Lenin 10 Jahre län ger gelebt, dann hätten sich demokra tisch sozialistische Strukturen zwar fe- uns". In diesem Motto steckt ja so et- r.JS wie ein Fazit nach 40 Jahren SED. Halten Sie diese Überschrift für ge glückt? Werner Bramke: Ich halte sie als Auf macher für gut, aber auch für pro blematisch. Der Begriff „Stalininismus" muß konkret definiert werden: Die Vor aussetzungen für Stalinismus waren ja bei uns ganz anders als in der UdSSR. Der Stalinismus ist uns „aufgestülpt" worden durch die Besatzungsmacht, die Befreier und Besatzungsmacht war — beides ist da zu betonen. Hinzu kommt, daß diese besondere Situation, aber auch insgesamt die Nachkriegssi tuation das stalinistische System in der Sowjetunion dazu „veranlaßte", einen mus. Und auch das machte es schwer, sich zu entscheiden: Für oder Gegen. Ich vertrete aber die Auffassung, daß jeder politisch Bewußte in der DDR hätte wissen müssen, welche Verstöße bis hin zu Verbrechen es gegeben hat. Hier gab es zwei Möglichkeiten des Wi derstandes: Frontal. Das hieß, Dissi dent werden und in der Folge ins Zucht haus oder ins Ausland zu gehen. Öder, auf dem Posten bleiben und immer haarscharf am Rande der Legalität Auswüchse zu beschneiden, Unrecht zu bekämpfen. Es ist klar, daß bei der zweiten Lösung immer die Gefahr des Opportunismus bestand. Widerstand war also möglich — so oder so. U. K.: Die Tatsache, daß bei uns „Stalinismus" erst jetzt am Anfang sei nes Endes ist, begründeten Sie damit, daß seine extremsten Auswüchse bei uns unterblieben. Warum konnte/ wollte Ulbricht - die SED - den Aul wind des XX. Parteitages der KPdSU 1956 nicht nutzen für eine deutsche Ent- stalinisierung? Alfred Kantorowicz soll ja gesagt haben, von Ulbricht eine Ent- stalinisierung zu erwarten, hätte das selbe bedeutet, wie eine Entnazifizie rung von Himmler zu erhoffen. Damit wollte er ja nicht Ulbricht und Himmler gleichsetzen, sondern die Barrieren. W. B.: Ich sehe das auch so. Also, Ulf Kalkreuth: Der Titel eines Forums 1918- indem er Bauern und Soldaten am 16. 11. in der mb hieß: „Stalin in\ mit gewaltiger Rhetorik für sein Pro- ten zu warnen, Leonhard, Harich, Ketten, die der Entspannung auch gen mit vielen Genossen machen mir durch die Sowjetunion angelegt waren, da Mut - daß die Genossen, die jetzt sehbarer Bedingungen, das „Experi- werkschaftsarbeit in dieser Zeit eine Janka, Havemann, Bahro, Löser... Welche Chancen hatte Widerstand in der Partei? W. B.: Widerstand ist im politischen Bewußtsein der Deutschen, die die er ste und zweite Nachkriegsgeneration nach 1945 • bildeten, verbunden mit dem Widerstand gegen Faschismus. Und das ist das furchtbare Problem, in dem sich die große Mehrzahl der SED- Mitglieder und viele andere wahr scheinlich gesehen haben: Die den neuen Staat begründeten, waren fast alle Antifaschisten. Widerstand hätte also im Verständnis der Menschen be deutet: Widerstand gegen die Wider- Ständler. Zum anderen ging es, trotz al ler Auswüchse, doch um ein Ziel, in dem man sich einig sein sollte: Sozialis- net, daß über kurz oder, lang in ande ren Ländern, vor allem in Deutschland, die Revolution ausbricht und siegt. die 20jährige eigene stalinistische Ver gangenheit verbogen, daß er tatsäch lich an einem Sozialismus dieser Prä gung glaubte, aber in erster Linie war es Machtpragmatismus. Ulbricht war ein Mensch, der zu keiner Zeit Freunde für sich gewinnen konnte, was ja auch für oder gegen jemanden spricht. U. K.: Sie sprachen auf diesem Fo rum am 16. 11. davon, daß es in ded DDR momentan mehr nach bürgerli chem Parlamentarismus aussieht. Die Wirtschaftssituation scheint dies zu un termauern. Kann es sein, daß die kommunistische Weltbewegung „zurück" muß? Zurück in einen . wenn es in der SED einen Stalinisten gegeben hat, dann war es Ulbricht. Noch nicht in den 20er Jahren und frü hen 30er Jahren — da war er noch nicht so ein Sektierer. Er hat in der Ge- starken Kapitalismus, aus dem sie welt weit hervorgeht, dann als wirkliche ge- sellschaftliche Alternative? W. B.: Auszuschließen ist das nicht. Zumal ja nur zwei Länder existieren, die wirtschaftliche und soziale Struktu ren aufweisen, auf die die Überlegun gen von Marx und Engels für den Über gang zum Sozialismus zutrafen. Die DDR und die CSSR. Nun kann man sich vorstellen, daß inmitten einer kapi talistischen oder sich auflösenden so- . zialistischen- Welt die rund 30 .Millio nen Einwohner, beider Länder sehr we- . ' , nig sind.-Ich. halte es aber. für. möglich .-nicht für notwendig —. daß, sich, aus- . gehend von, eine/ wirklichen Vergesell- , schaftung des Eigentums an Produk tionsmitteln (bisher haben wir es ja nur mit einer Verstaatlichung zu tun), ein neuer Demokratietyp entwickeln, kann. U. K.: Bei der ersten Variante hätte doch aber eine kommunistische re volutionäre Bewegung aus dem Kapita lismus kommend ein ungenanntes Pro blem: die Bombe. W. B.: Nein! Das ist ausgeschlossen. Es kann sich dann nur um eine friedli che soziale Revolution handeln, das heißt, daß sich in einer Reihe von Län dern allmählich Demokratien neuen Typs entwickeln, deren Vorbild dann im mer mehr Länder zwingt, dieser Ent wicklung zu folgen. Nur über diesen Weg ist das für mich vorstellbar. U. K.: Wie bewerten Sie die Perspek tive einer organistorisch gespaltenen Arbeiterklasse in der DDR? W. B.: Ich bedaure die Neubildung einer Partei, die sich in der sozialde mokratischen Tradition sieht. Nicht, weil ich gegen sozialdemokratische Tra ditionen bin, sondern weil darin die Spaltung der sozialistischen Bewegung angelegt ist. Das jetzige Programm der SDP scheint mir allerdings das Pro gramm einer bürgerlich-parlamenta rischen Partei zu sein. Ich plädiere für eine sozialistische Partei — ob sie SED heißt, ist nicht so wichtig, vielleicht muß man den Namen ändern —, die das Versprechen der SED 1946, kom munistische und sozialdemokratische Traditionen zu vereinen, endlich ein löst. Ich bin natürlich gegen jedes Ver bot, falls sich die SDP dauerhaft eta bliert. Wenige Stunden nach diesem Inter view war ich im Sender Leipzig im Ge spräch mit führenden Vertretern der SDP-Ortsgruppe Leipzig. Ich lernte sie als kluge und verantwortungsbewußte Männer kennen, die ich in ihrem Be streben verstehe. Dennoch: Eine ein heitliche sozialistische Partei wäre mir lieber.) U. K.: Ich glaube, daß die SED mit dem Abschied vom a-priori-Machtmo- ncpol viele Mitglieder verlieren bzw. weniger neue gewinnen wird. Es droht eben kein Karriere-Stop mehr bei Nichtmitgliedschaft. Wie sehen Sie die Und ich glaube, der Gegensatz Trotz- stem der DDR so starkwar - ich meine -Teil eine korrupte Bande war, austre- kij — Lenin entwickelte sich dann mehr - die berechtigten und notwendigen For- ■ ten werden. Vor einer solchen Tragödie zu dem Gegensatz Trotzkij — Stalin. Ich derungen des 17. Juni, wenn ich vom das heißt natürlich auch, jeder muß . sich fragen: „Stalin in mir?“ Und auch hier sind die Voraussetzungen anders als in der UdSSR, einem Land, in dem es demokratische Traditionen, eine or ganisierte Massenbewegung der Arbei ter vor 1917 nicht in dem Maße ge geben hat, wie in Deutschland vor 1933. So glaube ich, daß auch die Re sistenz der Menschen hier größer war, stalinistische Verhaltensweisen an zunehmen. Aber: Auch eine moderne Gesellschaft mit demokratischen Tradi tionen ist nicht gefeit, weil in jeder Ge sellschaft Minderheiten zu diktato rischen Verhältnissen neigen. U K..: Uns begegnet oft die Formu lierung, der Faschismus sei über Deutschland hereingebrochen: Ich habe damit so meine Schwierigkeiten: Es ist ja wohl so, daß Deutschland die sen Faschismus geboren hat, er ist das Ergebnis gesellschaftlicher Verhält nisse. Und so sehe ich das, was der Be griff Stalinismus meint, auch nicht als Deformierung, als Unfall in einer an sich gesunden Entwicklung. Muß man Ihrer Meinung nach die Millionen To ten, die Schauprozesse, Zwangskollekti vierung, den Terror nicht eher in der Kontinuität einer geschichtlichen Ent wicklung erklären als in der Diskon tinuität? W. B.: Das dürfte zum jetzigen Zeit punkt schwer mit Sicherheit zu beant worten sein. Daß in einem rückständi gen Land wie Rußland, das von einer Welt von Feinden 1917/18 umgeben war, das außerdem eine autokratische Vergangenheit hatte, über rund ein Jahrtausend die Gefahr sehr groß war, daß diese autokratische Gesellschafts struktur unter veränderten politischen, sozialen Bedingungen sich fortsetzte, ist offensichtlich. Daher rühren wohl auch Rosa Luxemburgs Sorgen 1918: Wenn die russische Revolution allein bleibt, dann besteht die Gefahr, daß der zeitweilig wohl nicht zu umge hende Terror zu einer dauerhaften In stitution wird. Insofern war hier Kon tinuität angelegt. Aber solch eine Ent wicklung hängt natürlich auch von den äußeren Umständen ab. Es war ja keine hoffnungslose Illusion, daß sich in Deutschland und anderswo die Revo lution durchsetzt, das 'war durchaus of fen. Und Rußland, unterstützt von Re volutionen in anderen, demokratischen Ländern, hätte dann natürlich ständig ein Korrektiv gehabt. Zum anderen spielte der frühe‘Tod Lenins eine nicht zu unterschätzende Rolle. In solchen Zeiten labiler Kräftekonstellationen spielen einzelne Persönlichkeiten eine besonders große Rolle. Wir wissen heute, der 25. Oktober 1917 wäre nicht genutzt worden, hätte es Lenin nicht in der Führung gegeben. Ebenso hätte ohne Lenin an verschiedenen anderen Schnittpunkten, siehe Brester Frieden, eine ungünstigere Entwicklung stattge funden. Und es ist also völlig sicher, daß mit einem lebenden Lenin eine größere Chance gegeben gewesen wäre, einem System wie dem stalinistischen zu ent gehen. U.K.: 1m „Handbuch der Ge schichte" (Bibliographisches Institut Mannheim) steht unter dem Stichwort „Lenin": „..konnte... im November bin der Meinung, man wird Trotzkij Scheitern rede. Als Honecker an den der Überzeugung und meine Erfahrun- gründlch erforschen müssen und vieles Vergangenheit und Chancen der SED — mit Prof. Werner Bramke, Direktor der Sektion Geschichte modifizierten Stalinismus, im Vergleich zu dem der 30er Jahre in der UdSSR, bei uns „einzuführen". Stalin in uns - ment" abbricht, und sagt: Zurück zum ganze Menge Gescheites gesagt und -gliederflucht kommen. Aus verschiede- Kapitalismus. Ein Unding! Lenin hat getan. Zum anderen war bis'1985 doch r- ~ • ■■ ■ ■ stigen können. Es wäre dann aber zu befürchten gewesen, daß diese 10 oder auch 15 Jahre einer tiefergehenden De mokratisierung nicht ausgereicht hät ten, um einen dauerhaften Schutz vor einer Diktatur zu geben, eben weil die Revolutionen in den andren Staaten ausblieben. U. K.: Eine Wenn-Frage, die der Hi storiker vielleicht nicht gern hört: Dann sieht es so aus, als ob Trotzkij in Fort setzung von Marx (Weltrevolution) mit seiner Theorie der permanenten Revo lution „recht" hatte und Lenins Notlö sung nach Scheitern der deutschen Re volution: Sozialismus in einem Land zürn jetzigen Auflösungsprozeß des So zialismus als „real existierendes" Ge sellschaftssystem geführt hat. W. B.: Also ich habe gar nichts ge gen Wenn-Fragen. Wir sind vielleicht zu ängstlich vor solchen Fragen zurück geschreckt. Was die Entgegensetzung - von Lenin und Trotzkij betrifft, so glaube ich, hat sie gewisse Berechti gung. Nur, Lenins Kurswechsel - denn zunächst ging er ja auch davon aus, daß nach Marxschen Vorstellungen die sozialistische Revolution sich in mehre ren entwickelten Ländern durchsetzen müsse — resultierte doch daraus, daß er feststellen mußte, daß die Entwick lung sich, auch durch den Krieg be- sein. Ich glaube, daß auch viele aus ist gescheitert, weil sowjetische Panzer Wut und Enttäuschung, einer Partei ge rollten,, nicht weil das stalinistische Sy- Ich glaube, es war ein viel größe rer Schritt von der Losung „De mokratie — jetzt oder nie!“ zu „Deutschland einig Vaterland!“ als es der von der Forderung nach „Wiedervereinigung“ zu „Deutsch land erwache“ sein wird. Erschrek- mus ja, aber, einen verbesserten! — zu beseitigen droht? Viele sind es, die bei den Rufen nach „Großdeutschland“ nicht mit rufen. Aber es gibt keine Rufe dage gen. Wir hören die Rufe und zucken Wider die Vereinigung! Staat Geld zu sparen und uns öko nomisch unabhängig zu machen. Das ist wieder ein Schritt zu mehr Selbstverantwortung, Selbstbewußt sein und damit auch zu einer deut lichen studentischen Interessenver tretung. Studentenfreundlicher Klub wol len wir jedoch nicht nur von der In teressenvertretung her bleiben. Wir streben an. die Preise zu halten, weil ich davon ausgehe, daß die wirtschaftlichen Veränderungen in diesem Land die Studenten hart tref fen werden. Wir wollen also hier mit der Moritzbastei eine Einrich tung bleiben, die durch Studenten in der Masse betrieben wird und für Studenten in der Masse auch benutz bar ist. kend: der erste dieser Schritte ist schon gegangen. Können wir den zweiten noch aufhalten? „Nutzen wir die Gunst der Stunde“ schreiben die REPUBLI KANER in einem Flugblatt der letz ten Woche. Für wen ist sie günstig, die Stunde, da die desolate Wirt schaftssituation den Grundkonsens der DDR-Bevölkerung — Sozialis- mit den Schultern: „Da kann man eben nichts dagegen machen!“ Wirk lich nicht? Ich denke, wir brauchen Losungen, Transparente, vor allem aber die klare Überzeugung in den Köpfen: „Wider die Vereinigung!“ Dies nicht nur bei uns, sondern im Denken möglichst vieler Leipziger Also: rein in die Schulen oder Be triebe! Und auch rein in die Demo! Radikal gegen rechts! POGUNDKE (einen hallte: . Vater- Kreuzberger Nächte sind usw. Aber vorher war ich kurz in Ostberlin, auf der dentendemo. weil ich doch lang noch Stu- Stu- der ein dent bin und interessiert an den Dingen. Ein paar Leipziger wa ren auch da. und Göran vom hie sigen Studentenrat hat gespro chen. Vor allem aber gab es Ka meras zu sehen, fast mehr Kame ras und Fotografen als Studen ten. Beinahe hätte man mich so gar interviewte Dann sah ich ein hübsches Transparent: Links ein Stück Mauer, rechts ein Stück der Lauer senbaby Lieber Christoph Hein, lassen Sie uns die Sache nochmal über denken mit der Ernennung Leip zigs zur „Heldenstadt der DDR“! Ich finde sowieso, das Wort vom „Helden“ hat einen eigentümlich deutschen Beigeschmack. BJÖRN ACHENBACH. Sektion Jornalistik Mauer, in scheint an der Grenze haltzuma chen; eigentlich schon eher, auf den Bahnsteigen nämlich, auf de nen die Züge nach Berlin erwar tet werden. In Leipzig drängten die Besinnungslosen beim Sturm auf die Waggons bereits eine 59jährige Frau in den Tod. Sie starb auf den Schienen; Eltern schleifen ihre übermüdeten. darstellend), vollgestopft mit Ba nanen und grunzend: „Endlich frei!“ Ich habe sehr gelacht. Aber nicht lange, denn unsere lie- „Deutschland einig land“ ... heulenden Kinder nächtelang in der Kälte herum, bloß damit es mehr DM zur Begrüßung hagelt. Auf der Kundgebung am Opernplatz sagte am 20. Novem ber ein Student, wie sehr er sich schämt für diese Mitmenschen. „Kommt ihr euch nicht ein biß chen verarscht vor?“ steht auf einem jüngst in Westberlin ver teilten Flugblatt der „Marxisti schen Gruppe“ (MG), das skep tisch die offenen Arme der „In stanzen der bundesdeutschen Wirtschaftsgroßmacht“ hinter fragt. Doch das will keiner hören — „endlich frei“ ... Auf den Montagsdemos gras sieren neuerdings zunehmend Dummheit. Haß und Demagogie: Am 20. November brüllte die Masse eine junge SED-Genossin nieder, bis sie psychisch nicht mehr in der Lage war, weiterzu sprechen. Ein Arzt aus Halle, Mitglied der SDP (!). wurde Standpunkt Die Reisefreiheit — ja. auch ich hab sie gekostet. Von wegen Mitte auf rosa Rie- DDR-Bürger - . gellend ausgepfiffen, weil er die ben Mitbürger führen sich im Lüg e dementierte. Erich Hon- Westen teilweise schiimmer auf, ecker sei in der Schweiz operiert als die. schlimmsten Touristen worden. Und dann die neue LtO- Made in G. D. R. im bisher sung. die bedrohlich über den zugänglichen östlichen Reisepa- Karl-Marx-Platz “ radies. Der „aufrechte Gang Was wird aus der Moritzbastei? Studentenrat, weil er eine Organi sation sein kann, der politischen Or- aufzulösen. Was wird in dieser tuation aus der Moritzbastei FDJ-Studentenklub der KMU? Die FDJ ist nicht nur an der KMU scharfer Kritik ausgesetzt, es werden Stimmen laut, die fordern, den Verband in diesen Strukturen W. W.: Ich möchte etwas weiter ausholen. Der Zentralrat der FDJ hat auf seiner letzten Tagung be- Si- als „Ohne Filter“ 3. Ausgabe der Studentenzei tung der KMU vom 1. Dezember 1989 Heute hier zu lesen: 2 Gemeinsame Stellungnahme zur „LVZ-Aktion“ 3 Schwarzwohnungen kein Pro blem mehr 4 Vergangenheit und Chancen der SED, Interview mit Profes sor Bramke schlossen, eine neue Struktur zu schaffen, die darauf hinausläuft, den Vorherrschaftsanspruch des Verbandes aufzugeben. Dennoch soll er offen für alle sein, für junge Gespräch mit mb-Direktor Wolfgang Wagner iIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIITIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII: Jedoch der Existenzkampf gegen über Gastronomen, Kulturfunktio nären und anderen Kräften wird größer werden. Und da müssen die Menschen, die bereit sind für die Erneuerung des Sozialismus au wir ken. Ich bin der Meinung, daß das im mer noch nicht der richtige Schritt in die richtige Richtung ist, weil das nicht dazu dient, der FDJ ein Profil zu geben, also ein klares Ziel, dem sich Jugendliche, die stark politi siert sind, unterordnen können, die dafür kämpfen möchten. Den Anspruch, FD J-Studenten- ; klub der KMU zu sein, kann die Mo ritzbastei unter diesen Bedingungen - nicht mehr aufrechterhalten. Ich orientiere mehr darauf, daß jeder in diesem Klub entsprechend seiner - Zielstellung politisch denkt und han- - delt, selbstverständlich auf dem Bo- - den der Verfassung. Es wird sich zei- - gen, wie das im Programm deutlich Wird. An unserer Universität hat sich ein Studentenrat gegründet, der de mokratisch gewählt worden ist und den Anspruch hat, die studentischen Interessen zu vertreten. Es ist der Vorschlag seitens des Studentenra tes gekommen, die Moritzbastei viel leicht zu einer Einrichtung dieser In teressenvertretung zu machen. Was sagen Sie dazu? W. W.: Prinzipiell bin ich für den ganisationen die direkten Entschei dungsbefugnisse auf Sachprozesse entzieht. Er kann also dazu beitra gen, die Entflechtung von Staat und Partei im kleinen durchzusetzen, da die Mitglieder des Studentenrates gewählte Sprecher der Sektionen sind — unabhängig von Partei zugehörigkeit oder der Zugehörig keit zu anderen Organisationen. Hier wird ja nach Engagement und Sachkompetenz gewählt. Das bedeu tet aber auch, daß der Studentenrat als studentische Interessenvertre tung nur gegenüber der staatlichen Leitung auftreten kann. Er kann nicht schon wieder gleichgeschalte ten oder untergeordneten studen tischen Einrichtungen den Willen aufzwingen. Ich denke, daß die mb mit 230 Stu denten, die hier arbeiten, einen eige nen Interessenyenband bildet. Und das muß akzeptiert werden! Damit läuft alles auf eine Unab hängigkeit der mb hinaus. Das bringt zwangsläufig eine Eigenfi nanzierung des Hauses mit sich. Ist damit die Moritzbastei als stu dentenfreundlicher Klub noch zu halten? W. W.: Daß wir ökonomisch den ¬ ken müssen, steht vor der ganzen Gesellschaft. Und warum soll die mb nicht Möglichkeiten nutzen, öko nomisch die halbe Million staatliche Subventionen im Jahr, die wir jetzt verschlingen, einzusparen. Damit verbinden wir zwei Dinge — dem Studenten uns wirklich unterstüt zen !!! (Das Gespräch führte MAREN SCHIBILSKY, AG Öffentlichkeitsarbeit der mb) Am 1. Dezember 1979 wurde der „erste Bauabschnitt" der Moritzbastei zur Nut zung als FDJ-Jugend- und Studentenzentrum übergeben.
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