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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1989
- Erscheinungsdatum
- 1989
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-198900008
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19890000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19890000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 1989
-
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- Ausgabe Nr. 2, 13. Januar 1
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- Ausgabe Nr. 10, 10. März 1
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Band
Band 1989
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ERKLÄRUNG Der Rat der Sektion Journalistik der Karl-Marx-Universität versteht die Erklärung des Politbüros des ZK der SED vom 11. Oktober 1989 als Aufforderung zum gesamtgesell schaftlichen Dialog, in den wir uns mit Kompetenz einzubringen haben. Es geht, heißt es darin u. a., um le bensverbundene Medien. Was be deutet das, welchen Anspruch stellt das an den sozialistischen Journalis mus unseres Landes? International (Koalition der Vernunft) und natio nal (Dialog mit allen Bürgern) geht es um die Konstituierung des as soziierten Verstandes, damit wir den Herausforderungen des nu klear-kosmischen Zeitalters und der wissenschaftlich-technischen Revo lution gewachsen sind. Dafür ist die umfassende Demokratisierung aller gesellschaftlichen Bereiche unab dingbar. Der Verständigungsprozeß muß über weltanschauliche und po litische Grenzen hinweg geführt werden; sektiererische Enge schadet ihm. Massenmedien sind unverzicht bar. Nur wenn sie eine realistische Perspektive auf den tatsächlichen gesellschaftlichen Erfahrungszu sammenhang bieten, können sie die sem Anspruch gerecht werden. Das verlangt, jeden auf die Bewältigung dieser existentiellen Fragen zielen den Vorschlag, wer immer ihn auch unterbreitet, sorgfältig und öffent lich zu prüfen, ihn auf die Waag schale der gesellschaftlichen Ver nunft, der Ideale des Sozialismus zu legen. Einmischungsversuche des Klassengegners sind entschieden zu rückzuweisen. Bei der Aneignung unserer Wirk lichkeit darf es keine Tabus geben, denn nur die eigene Öffentlichkeit würde dadurch begrenzt oder be schädigt. Souveräner öffentlicher Austausch aller sozialen Erfahrun gen hingegen ist ein Zeichen offen siver Stärke. Ihm darf sich keiner entziehen, von ihm darf niemand ausgeschlossen werden. Er setzt bei allen Beteiligten ein hohes Maß an Verantwortung. Bereitschaft zu Kri tik und Selbstkritik, Toleranz und Befähigung voraus. Konflikte ge meinsam auszutragen. In ihm' müssen Initiative und über zeugendes Argument der Kom munisten ihrer Partei das Ver trauen des Volkes gewinnen. Alles, was dem entgegensteht, muß auf seine Ursache hin analysiert und überwunden werden. Die damit verbundenen Heraus forderungen an unsere Wissenschaft verpflichten uns, die Maßstäbe unse rer Arbeit kritisch zu überdenken und unser theoretisches Wort zur Gestaltung eines lebensverbunde nen sozialistischen Journalismus vernehmbar in die Parteitagsde batte einzubeziehen. RAT DER SEKTION JOURNALI ¬ STIK Leipzig, am 17. 10. 1989 W ir begehen häufig den Fehler, historische Prozesse nicht als n solche zu behandeln, sondern als Forderungen des Tages, oder wir verstehen es nicht, die Forderungen des Tages als historische Forderungen zu betrachten, das heißt, sie mit dem Geschichtsverlauf zu verbinden. Aus dieser Unfähigkeit ergeben sich schiefe Proportionen . . Ja, Becher hatte recht Diese Unfähigkeit nicht zu zulassen, fühle ich mich als Freizeit- Journalismushistoriker verpflichtet. Die öffentliche Diskussion um unsere Massenmedien hat nun — endlich — ein gesetzt. Was habe ich, was haben wir vom Jugendobjekt Journalismusge schichte dort einzubringen? Ich glaube, daß bei zunehmend objektiver Betrachtung der Vergangenheit Ant worten auf brennend-aktuelle Fragen mitgefunden werden können. Obwohl sich historische Bedingungen nicht haargenau ein zweites Mal wiederho- Alles nur noch besser? len, lassen sich doch bei der Trennung von Grundsätzlichem und Zufälligem schon gewisse Gesetzmäßigkeiten er kennen. Ein Beispiel? Ich will auf Becher zurückkommen: „...historische Prozesse nicht als sol che behandeln ..." Die Frage, wie of fen können und müssen Massenmedien sein, stand mit der ersten Zeitung auf der Tagesordnung, Lenin griff auf Goe the zurück und forderte für die Zeitun gen: mehr Licht. Bereits zu seiner Zeit mit unvergleichlich geringerer In formationsdichte wurde deutlich, daß das Vorenthalten von Informationen keine Garantie für politische Erfolge bietet. Vielmehr waren Gerüchte und innere Destabilisierung die Folge. Die These von der Munitionslieferung für den Gegner durch die Medien hat sich also nicht erst heute ad absurdum ge führt. Ja, ich halte die journalismushistori sche, auch studentische Wissenschafts produktion für sehr wichtig. Doch nutzt sie nur sehr wenig, wenn sie von den entsprechenden Medienverantwortli chen nicht gehört wird. Im September stellte sich Genosse Adameck, der Vor sitzende des Staatlichen Komitees für Fernsehen, der Parteidiskussion an der Sektion Journalistik. Die Warnungen vor dem Vertrauensverlust in die Mas senmedien hat er damals nicht akzep tiert. Genauso ließ er nicht über Sinn und Unsinn der Erfolgspropaganda dis kutieren. Für ihn stand nur die Möglich keit einer Verbesserung zur Debatte. Nein, heute geht es nicht darum, die bisherige Propaganda immer besser, sondern wir müssen sie grundsätzlich anders gestalten. HARTMUT AUGUSTIN S ie ist in Gang gekommen, die schon lange fällige Diskussion über die Medien unseres Landes. Man hätte, man sollte, man könnte ... Allerorts ist es zu hören. Und nicht zuletzt in den Medien MASSENMEDIEN, selbst. Der Ruf nach neuen Konzep ten wird immer lauter. Wo steht in dieser Situation die Journalistikwis senschaft der DDR? UZ sprach darüber mit dem Lei ter des Wissenschaftsbereiches »Grundlagen der journalistischen Methodik“ an der Sektion Journali stik, Prof. Dr. Karl-Heinz Röhr, zu ersten Überlegungen. In vielen Gesprächen hört man derzeit, die Sektion Journalistik hätte die Zeichen der Zeit ver paßt ... Also, ich bin dagegen, den Buh mann jetzt ausschließlich den Journalisten zuzuschieben und dann noch die Theoretiker zum Buh mann des Buhmanns zu machen. Denn eines ist klar: Wir sind weder das Politbüro noch die Abteilung für Agitation beim Zentralkomitee der SED, die ganz konkret und ope rativ medienpolitische Entscheidun gen treffen. Unsere Aufgabe als Sek tion besteht darin, theoretisch an Einem Medienkonzept zu arbeiten und die Ausbildung von Journali sten dementsprechend vorzuneh men. Natürlich müssen wir uns auch die Jacke anziehen, daß wir jahrelang zu wenig getrommelt ha ben und zuließen, daß man uns ein fach in die Ecke stellte. Dennoch gibt es an der Sektion fundierte theoretische Überlegungen, wie die von Professor Poerschke, die weit über den jetzigen Journalismus und auch die Journalismusvorstellungen der 70er Jahre hinausgehen. Inwiefern? Damals betonten wir immer sehr stark die politische Funktionalität des Journalismus im Sinne einer Durchsetzung ideologischer Schwer punkte von oben nach unten. Heute gehen wir davon aus, daß sich die Massenmedien als Mittel der Mas senkommunikation zu verstehen ha ben. Danach zu arbeiten, wie es schon die Methodikkonferenz mit Praxispartnern 1988 forderte, ver langt, den Leser, Hörer und Zu schauer als mündigen Bürger zu be trachten. Es verlangt, damit Schluß zu machen, den Journalismus als einseitige Berieselung anzusehen. forderte und erfordert natürlich auch eine bestimmte Art und Weise der Diskussion in der Gesellschaft, eine bestimmte Qualität der Infor- mationsgebung. Zumal wir manch- mal eben nicht beachtet haben, daß es bis zu 10 westliche Angebote zur gleichen Zeit gibt... Kommt hier nicht spätestens die alte These wieder, / der Gegner warte nur auf die frei ins Haus ge lieferte Informationsmunition? Da hat uns eigentlich Genosse Mi chail Gorbatschow schon auf dem XI. Parteitag der SED die „Leviten“ gelesen, weil der Gegner die Fehler und Probleme ohnehin kenne und für sich auszunutzen versucht, wir aber unsere Probleme selbst zu lö sen haben. Sie zu lösen, verlangt ten sich bestimmte Journalisten über Jahre hinweg einen eigenen Stil, von dem sie bei Veränderungen sehr schwer wegkommen. Zum ande ren gibt es so eine Art öffentliche Bewertung, wodurch bestimmte Dinge mit ganz bestimmten Namen verbunden sind. Gibt es dann bei diesen Leuten einen schnellen Lern prozeß, kann die Glaubwürdigkeit deutlich darunter leiden. Wie sollten sich die Medien Ihrer Meinung nach mit Fehlern in der Parteiarbeit der vergangenen Jahre auseinandersetzen? Da stehe ich auf dem Standpunkt, daß die Partei die Kraft haben muß, selbst Stellung dazu zu nehmen und sich einer selbstkritischen Analyse zu unterziehen. Der Journalismus Prof. Dr. Röhr: In Zukunft damit leben, anzuecken WAS NUN? In eigener Sache Allerorts und allenthalben: Me dienschelte gehörte im öffentlichen Disput dieser Tage offensichtlich zum guten Ton. Ob jener Ton je doch schon die richtige Musik macht, berechtigte Zweifel seien hier angebracht. Zu schrill, zu dis sonant das „Alle Schuld den Journa listen!“ Bleibt doch zu fragen: Was hat denn jeder einzelne in den ver gangenen Jahren getan, jene schon unerträglichen Auswüchse von „Hof berichterstattung“ zu bekämpfen? Um Mißverständnissen vorzubeu gen: Ja, wir Journalisten — ich spre che von denen der UZ — tragen ein gerüttelt Maß an Schuld mit uns herum. Zu scharf die Schere im ei genen Kopf! Zu bequem die her beigeschriebene Erfolgswelt. Bei aller Selbstkritik jedoch sei an dieser Stelle auch vermerkt: Zu oft hinderte ein „Nein" aus den Herausgeberetagen die Geburt eines kritischen Artikels. Der Ver weis auf Parteidisziplin und Verant wortungsbewußtsein erfreute sich gerade mangels konkreter Anwen dungsprinzipien großer, leider je doch destruktiver, und damit hem mender Beliebtheit. Tiefgründige Überlegungen in al ler Sachlichkeit tun also not. Es gilt, das Verhältnis zwischen Heraus geber und Journalist zu überden ken. Es geht dem Autor dieser Zeilen, nicht darum, dem Herausgeber die Journalisten entgegenzusetzen, Bar rikaden zu errichten» Natürlich bleibt der Journalist — zumindest bei Parteizeitungen — in der Regel Parteimitglied, somit auch der Par teidisziplin verpflichtet. Und doch muß man den Journalisten eine kri tische Distanz zubilligen, die ihnen ermöglicht, auch innerparteiliche Kritik öffentlich zu üben, ohne daß dem einzelnen sofort Sektierertum oder Fraktionsmacherei unterstellt werden. Nun mag mancher fragen, wie denn die Journalisten der UZ die Le bensverbundenheit ihrer Zeitung zu sichern gedenken. Wir meinen, daß genau jene Auf gabenstellung von uns verlangt, offen ohne Tabus — weder selbst-, noch fremdverordnete! —, ehrlich und verantwortungsbewußt über Ereignisse und Entwicklungen an unserer Uni zu berichten. Jedes Unterdrücken uns nicht genehmer Meinungen, sofern sie nicht im Ge gensatz zur Verfassung stehen, führt nicht nur zur Unglaubwürdig keit unserer Zeitung, sondern dis kreditiert auch die Parteiorgani sation der Uni. Meinungen, die Be lege von Auffassungen vieler Uni angehöriger sind, sollen wir nicht nur, sondern müssen wir in der UZ veröffentlichen. Das Schreiben der ganzen Wahrheit und Parteilich keit bildet unserer Meinung nach eine Einheit. Natürlich erkennen wir an, daß die UZ das Organ der Kreisleitung der SED ist, was bedeutet, in ihren Spalten die politische Linie der Par tei lebensnah umzusetzen. Aus diesem Anspruch jedoch er gibt sich kein Monopol auf die Wahrheit. Und noch weniger ergibt sich daraus ein Recht, die Artikulie rung anderer Meinungen, ja selbst solcher, die den unsrigen widerspre chen, hier in unserer Zeitung zu ver hindern. Der Führungsanspruch unserer Partei muß auch hier in der UZ durch, eine entsprechende Führungsqualität eingelöst werden. Das bedeutet: In der öffentlichen Auseinanderset zung mit anderen hier bei uns veröf fentlichten Auffassungen müssen sich die Gedanken, Bewertungen und Einschätzungen unserer Kreis leitung und unserer Parteimitglie der für den Leser nachvollziehbar als die Richtigen erweisen. Den Worten folgten inzwischen Taten. Auf einer Beratung der Jour nalisten der UZ mit dem 1. Sekretär der SED-KL einigten wir uns darauf, zunächst Vorschläge für ein künfti ges Dokument über die Modalitä ten des Verhältnisses zwischen Re daktion und Herausgeber auf den Tisch zu legen. Das wird in den nächsten Tagen geschehen. OLIVER SCHIRG Der Leser muß auch einmal wider sprechen können und eine andere Meinung haben. Wir müssen uns Von dem Gedanken trennen, daß es am Ende der Aussprachen eine über einstimmende, alle betreffende Ge samtmeinung geben könnte. Wir ha- ben jahrelang gedacht, daß wir schließlich und endlich irgendwie recht haben. Oder — daß so lange ge stritten werden muß, bis einer recht hat, und das ist dann Gesetz! Die heuen Konstellationen unserer Zeit (globale Informiertheit, neue soziale Differenziertheit und die Ansprüche der wissenschaftlich-technischen Re- Volution) bringen objektiv Inter essenlagen hervor, so daß nir- Sendwo eine öffentliche Meinung als monolithische Meinung existiert. Die Notwendigkeit, über Medien- Politik und ihre Realisierung nach- Zudenken, ergibt sich also nicht nur 4us der momentan zugespitzten Si- tuation? Nein, diese Sicht wäre zu einsei- tig. Die Ursachen liegen in objekti- Ven Entwicklungsprozessen der so- Zalistischen Gesellschaft. Obwohl 65 aus empirischen Analysen Si- Enale und auch in Vorbereitung des Journalistenkongresses Vorschläge m manche Richtung gab, wurde die neue Lage in dieser Schärfe nicht er- gannt. Nur ein Stichwort: sozialisti- sche Demokratie. Der Anspruch er- öffentlichen Dialog. Zum Teil ent steht aber der Eindruck, als ob die Gespräche ab einer bestimmten Ebene intern geführt würden ... Ich betrachte es als absurd, daß wir uns diese Blöße geben. Die Bür ger sagen: Wenn wir bestimmte In formationen in den eigenen Medien nicht bekommen, müssen wir eben die Westmedien nutzen. Das führt dann dazu, daß diese Medien, ob wohl sie in bekannter Manier in formieren, glaubwürdig erscheinen. Und dies ist eine Situation, die nicht länger hingenommen werden kann. Sie erfordert schnellste, offene, authentische Berichterstattung. Nur so kann der Bürger Vertrauen zum eigenen Journalismus wiedergewin nen. Alle anderen Methoden wie mo ralischer Druck oder technische Stö rungen sind unsinnig. Beim „politischen Frühschoppen“ mit dem Rektor der KMU, Prof. Dr. Horst Hennig, am 15. Oktober in der „Moritzbastei“ forderte der Kaba rettist Bernd-Lutz Lange nicht nur Kosmetik, sondern auch Chirurgie. Verlangt nicht wirklicher Dialog auch neue Leute in verantwort lichen Positionen, um der Gefahr einer neuerlichen Medienkampagne zu entgehen? Sicherlich haben wir hier ein dop peltes Problem. Einerseits erarbeite- kann dabei höchstens einen gewis sen moralisch-öffentlichen Druck auf diesen Prozeß ausüben. Ich be wundere den Mut des Genossen Gorbatschow, wurde doch die Ana lyse in der UdSSR nicht etwa einem Redakteur der „Prawda“ oder der „Iswestija“ überlassen, sondern von einer Plenartagung und dem außer ordentlichen Parteitag der KPdSU vorgenommen. Nur so kann gesell schaftliche Leitung funktionieren. Geht es um die Art und Weise der Auseinandersetzung der Partei mit Meinungen sogenannter basis demokratischer Gruppen, steht doch die Frage: Wie soll das geschehen? Eine Möglichkeit ist vielleicht das Nikaraguanische Modell mit einer Zeitung für die FSLN sowie einer für die katholische Opposition, die den Publikationszwang im jeweils anderen Organ schafft und so ö f - fentliche Auseinandersetzung re produziert. Könnten Sie sich vorstel len, daß es ähnliche Strukturen auch bei uns gibt? Also, man kann sich manches vor stellen. Nur muß man natürlich im mer beachten, daß sich die Proble matik in unseren Breiten sehr viel komplizierter zeigt. Immerhin sehen wir uns ja hier schwierigen nationa len Problemen gegenüber, da sich natürlich die BRD-Medien sofort in eine eigentlich DDR-interne Pro blematik einschalten. Mir persön lich ist da das sowjetische Modell lieber. Es zeigt, daß innerhalb des bestehenden Mediensystems Mei nungspluralismus möglich ist. In wieweit von diesem Modell zu ler nen ist oder ob die jetzige Differen zierung der öffentlichen Meinung in der DDR durch bestimmte Verände rungen im Mediensystem organisa torisch nachvollzogen werden sollte, bleibt abzuwarten. Bei aller Diskus sion muß außer Zweifel bleiben: Un sere theoretischen Grundvorstellun gen von einem sozialistischen Journalismus müssen gewährleistet bleiben. Sie betreffen drei Grund prinzipien : — Parteilichkeit im Sinne von: sich für einen attraktiven Sozialismus einzusetzen. Dazu kann es verschie dene Auffassungen, Vorschläge und auch Diskrepanzen geben. — Wahrhaftigkeit im Sinne der For derung Christoph Heins, von Teil wahrheiten abzugehen und ge wünschte Teile nicht zum Ganzen zu erklären. Alles andere wäre nicht parteilich. — Massenverbundenheit. Das ver langt, die Massen und ihre Erfah rungen auch wirklich einzubezie hen. Ein wichtiger Punkt ist für mich, daß sich einzelne verschiedene Mei nungen in der Zeitung artikulieren können, ohne daß ausdrücklich die gesamte Redaktion dahinterstehen muß. Solche Beiträge wurden von den Lesern noch bis vor kurzem als die „abgesprochene“ und damit als „offizielle“ Meinung betrachtet... Aus diesem Wissen heraus sind manche Veröffentlichungen miß verstanden worden oder unter blieben. Hier und auch beim Verhältnis Herausgeber — Journalist sind augenscheinlich klare rechtliche Re gelungen notwendig. Was machen Sie zum Beispiel, wenn ein Student kommt und meint: Also, ich bin Journalist, ich muß mich an die Ab machungen der Redaktion halten, aber ich bin gleichzeitig auch Ge nosse und Bürger dieses Landes. Ich habe eine eigene Meinung zu unse ren Problemen und möchte sie pu blizieren. Einen generellen Rat gibt es ga rantiert nicht. Wir müssen sicher da hin kommen, daß wir bei bestimm ten Dingen erst sachlich informie ren und dann subjektive Meinungen dazu nachschieben. Wir müssen in Zukunft damit leben, anzuecken. So verstehe ich Egon Krenz, wenn er von den Fährnissen der journalisti schen Verantwortung spricht. In der Sowjetunion gehen die Diskus sionen um ein Pressegesetz in zwei Richtungen. Einerseits dieser soziale Schutz der Journalisten, das Recht, bestimmte Dinge in der Öffentlich keit aufzugreifen. Andererseits die ebenfalls von Krenz angesprochene Verantwortung der Journalisten vor der sozialistischen Öffentlichkeit, die ethisch-moralische Seite der journalistischen Tätigkeit. Diese rechtliche Frage ist natür lich eingeordnet in das Problem, wie Zeitungen in das Organisations gefüge von Parteien eingebunden sind. In Bulgarien gibt es Experi mente, die Zeitungen aus der Kom petenz der betreffenden Parteilei tungen herauszulösen und sie all gemein zu Organen der Partei zu er klären, die nur den Delegierten konferenzen und dem Parteitag re chenschaftspflichtig sind. Übrigens ist dies eine Pressepolitik, die aus der alten deutschen Sozialdemokra tie stammt. Aber aufgegangen ist das in der Geschichte noch nicht. Rechtsfestlegungen von staatlicher Seite sind 'sicher zweckdienlich, doch auch schwierig festzulegen. Hauptfrage bleibt indes die Art und Weise, wie die Partei mit ihren Journalisten umgeht. Die Grundlage hierfür liefert Lenins Schrift „Par teiorganisation und Parteilitera tur“: Der Spielraum des Journali sten wird von Statut und Programm geregelt. Das ist für Lenin die Grenze und nicht die operativen Ein zelentscheidungen. (Gesine Zuchanke, Annett Schwarz und Sophos Sophianos) D em wissenschaftlichen Rat der Sek tion Journalistik lag am 20/10. ein medienpolitisches Thesenpapier zur Diskussion vor, aus dem wir im fol- Senden einige Auszüge veröffentlichen, je Journalistikwissenschaftler wollen ich damit in die Diskussion zur Vor- ereitung des XII. Parteitages der SED Einbringen und zur öffentlichen Me- "endiskussion herausfordern. Ziel, Inhalt und Formen des Verhält- 715555 der Partei zur Parteipresse und u den anderen journalistischen Orga- Rn sowie die Rechte und Pflichten der enossen Journalisten sollten in der Diskussion zur Überarbeitung des Sta tuts der Partei geklärt werden. In der sozialistischen Gesellschaft der DDR sollten die politische und rechtliche Stellung des Journalismus und des Journalisten sowie die Infor mationspflicht aller, die in unserer Ge sellschaft Verantwortung tragen, gesetz lich geregelt werden. Der Sinn sozialistischer Lebensquali tät kann nicht mit Wirtschafts- und So zialpolitik allein überzeugend nachge wiesen werden. Es muß auch eine Orientierung und Verständigung in be zug auf bewegende moralische und gei stige Fragen geben, deren erste Vor aussetzung eine umfassende Informa tion über wirklich relevante Lebensvor gänge innerhalb und außerhalb unse res Landes ist. Wir müssen lernen, daß wir in einer Mediengesellschaft leben, daß Politik auch etwas mit Massenpsychologie zu tun hat. Die Medien sind Arbeits- und Kampflatz, des Politikers. Nicht nur was gesagt wird und wie es gesagt wird, beeinflußt die Wirkung, sondern auch wer etwas sagt und wo dies geschieht, Eine Reduzierung der Lebenssitua tion der Bürger auf ideologische Moti vierung ist nicht nur falsch und un glaubhaft, sondern schädlich für das Image der Medien. Anonymität behindert den Dialog. Wer sich in den Medien äußert, muß als Persönlichkeit identifizierbar sein und den Grad seiner Verantwortung er kennen lassen. Die Profilierung von Kommentatoren, Reportern, Moderato ren, aber auch Chefredakteuren, ist un erläßlich. Eine lebensverbundene Medienpoli tik erfordert, über den Ausbau der be währten Formen redaktioneller Mas senverbindung hinaus, eine organi sierte und dauerhafte soziologische For schung in der Journalistik, eine Sozio logie der Massenmedien. Den ideologischen Klassenkampf offensiv zu führen schließt ein, Impo tenz wie Potenz des kapitalistischen Sy stems in ihrer ganzen Dialektik zu zei gen, Dabei gilt es anzuknüpfen am konkreten Erscheinungsbild des Ka-, pitalismus, wie es dem DDR-Bürger durch die kapitalistischen Medien bzw. durch direkten Augenschein vermittelt wird. . Größerer Aufmerksamkeit bedarf offensichtlich die kontinuierliche Ver folgung und Beachtung internationaler Entwicklungen der Massenmedien, um schneller und rechtzeitiger' auf be stimmte Trends zu reagieren und ihre Verwertbarkeit für unseren Journalis mus zu prüfen. Beim Fernsehen müssen dabei beson ders die Eigenschaften Audiovisoalltät und Live-Potenz wirkungsvoller an gewendet werden. Auch könnte der Aufbau eines Videotextsystems und eine Regionalisierung von Teilen des Programms angestrebt werden. Lebensnaher Rundfunk erfordert die konsequente Nutzung der* spezifischen Fähigkeiten, Erstinformant zu sein, er- fordert, die Live-Potenz als demokrati sches Moment zu begreifen.
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