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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1989
- Erscheinungsdatum
- 1989
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-198900008
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- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19890000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19890000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Ausgabe
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-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 1989
-
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Band 1989
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UZ/37 13. Oktober 1989 GESCHICHTE 5 D er 2. Teil (UZ 35) schloß mit der Einschätzung, daß im Frühjahr 1948 die Gefahr für die Spal tung Deutschlands deutlicher denn je wurde und der Deutsche Volksrat (im März von den Delegierten des 2. Volkskongresses als Repräsentanz des deutschen Volkes gewählt) auf den Ernst dieser Situation aufmerk sam machte und entsprechende Maß nahmen einleitete. Andererseits schufen die Westmächte und die re- staurativ eingestellten deutschen Po litiker eine solche Atmosphäre, die alle um die Einheit bemühten Deut schen von der Einheitsfront ablen ken sollte. Der „Kommunisten schreck" mußte wiederherhalten Die von nationaler Verantwor tung getragene Initiative zu einem Volksbegehren für einen Volksent scheid über die Einheit Deutsch lands (23. 5. bis 13. 6.) wurde von den westlichen Besatzungsmächten erneut verboten. Auch die einfluß reichen westzonalen Politiker schlos sen sich vorbehaltlos dieser Haltung an. Ihre Begründungen dafür wur den folgendermaßen motiviert: Konrad Adenauer: „Wenn Frei heit nicht besteht — und sie besteht nicht in der Ostzone — sind ein Volksentscheid und ein Volkskon greß eine Tarnung.“!) Carlo Schmidt (SPD): „Versuch eines Schwindels, der unter der Flagge der deutschen Einheit ein Stück fremder Außenpolitik zu be sorgen sucht. “2) Offensichtlich spielte bei dieser Argumentation die Tatsache keine Rolle, daß in den Westzonen tast dreimal so viele Bür- ger lebten wie in der SBZ und da mit von einer Abstimmung ausge gangen werden mußte, die kaum von den Kommunisten und „Rus sen“ direkt zu beeinflussen war. Doch das Gespenst des Kommunis mus versprach Erfolg! „In fast allen Orten des Ruhrgebietes haben die Geistlichen von den Kanzeln herab gegen das Volksbegehren gespro chen. Wenn ihr euch eintragt, wurde gesagt, eröffnet ihr den Kom munisten damit Tür und Tor.“3) Und das zeigte die erhoffte Wir kung! Trotz dieser antikommunistischen Verhetzung schrieben sich rund 14 776 000 Deutsche, das waren 40 Prozent aller Wahlberechtigten, in die Listen ein und forderten somit eine Volksbefragung über die deut sche Einheit. Unter diesen waren auch rund 750 Bürger von Nord- rhein/Westfalen, obwohl die Ein schreibung illegal durchgeführt wer den mußte. Inmitten dieses Volksbegehrens -folgte der nächste Schlag gegen die deutsche Einheit. Vollständiger Bruch mit dem Potsdamer Abkommen Die separaten Sechserverhand- lungen der Westmächte und der Be neluxstaaten wurden Anfang Juni mit der Veröffentlichung der „Lon doner Empfehlungen“ beendet, die den offiziellen Startschuß zur Bil dung eines Westzonenstaates und dessen Einbeziehung in den Mar shall-Plan gaben. Die erste prakti sche Maßnahme war die Durchfüh rung einer separaten Währungsre form in den Westzonen. Noch drei Jahre nach Kriegsende wär die alte Währung - Reichs mark und Rentenmark - gültiges Zahlungsmittel. Tatsächlich war das Geld in allen vier Besatzungszonen zu einem großen Problem gewor den. Nicht daß es zu wenig gab, im Gegenteil, es gab zuviel Die alte Reichsmark hatte stark an Kauf kraft verloren, und bei vielen Nah- rungs- und Luxusgütern war sie bis auf ein Fünfhundertstel ihres frü heren Wertes gesunken. Spekulan ten und Schieber lebten wie die Made im Speck. Der Schaden für die Volkswirtschaft war unüberseh bar, und die Belastung der Werktä tigen war nicht mehr zu vertreten. Seit Kriegsende verhandelten die Großmächte über die Einführung einer neuen Währung, doch über eingebrachte Vorschläge konnte keine Einigung erzielt werden. Noch Ende März 1948 — nach dem faktischen Ende der Kontrollratstä tigkeit — diskutierten die Finanzex perten dieses Gremiums über eine einheitliche Geldumstellung. Das War offensichtlich ein Ablenkungs manöver, denn, bereits zu diesem Zeitpunkt war unter dem Codena men „Bird Dog“ die separate Wäh- rungsreform bis ins Detail vorberei tet, 22 895 Kisten mit in den USA ge druckten Banknoten waren in Tief- ounkeranlagen in- Frankfurt/Main belagert. Nur 36 Monate waren seit Pots- am vergangen, und schon wurden FAKTEN • DATEN ■ HINTERGRÜNDE • DATEN • FAKTEN UZ-SERIE: Die Spaltung Deutschlands und die Entstehung zweier deutscher Staaten TEIL III: Die Stimmen der Vernunft verhallten in einer Situation der gesteigerten antikommunistischen Hysterie daß wir dereinst vor dem Urteil der Geschichte bestehen können..." die Beschlüsse dieser Konferenz den USA, Großbritannien, Frankreich für ihre politischen Ziele derart hin derlich, daß sie diese mit einem Trick zu umgehen gedachten. Als Mittel hatten sie die einseitige Wäh rungsumstellung gewählt, die sie an einem Freitag, dem 18. 6., prokla mierten. Vorerst sollte die DM ab 20. 6. nur in den Westzonen gelten, die Westsektoren von Berlin waren zunächst ausgenommen. Absichtlich wurde diese erste Anordnung so knapp wie möglich gehalten. Viele Fragen blieben so ohne Antwort. In den Westzonen bangten die Werktä tigen um ihre Spargroschen, wäh rend die Schwarzhändler und Spe- • kulanten das große Geschäft witter ten und nachsannen, wie sie am günstigsten Profit aus dieser Aktion schlagen konnten. Aber auch die berechtigte Sorge um das weitere Schicksal Deutsch lands bewegte die Gemüter. Noch am gleichen Tage schätzte der Par teivorstand der SED ein: „Durch die Schaffung einer separaten West währung soll Deutschland in zwei völlig voneinander getrennte Teile zerrissen werden . .. Die separate Währungsreform bedeutet den voll ständigen Bruch mit dem in Pots dam gegebenen Versprechen, Deutschland als wirtschaftlich Gan zes zu behandeln. “4) Das konnte die SMAD nicht hin nehmen! Zuerst mußten sehr schnell Maßnahmen zum Schutze der Wirtschaft der SBZ einschließ- lich Großberlins ergriffen werden, bestand doch die reale Gefahr, daß das entwertete Altgeld — in der SBZ noch bis zum 25. 6. gültig — nun massenweise über die Zonen grenzen geschmuggelt wurde. (Trotz sofort eingeleiteter Maßnahmen ka men etwa 90 Mill, illegal in die SBZ.) In der Nacht zum 19. 6. ord nete Marshall Sokolowski die sofor tige Einstellung des Personenver kehrs von und nach den Westzonen an, ferner die Sperrung des Kraft- Jahrzeugverkehrs in die SBZ. Als 'dann am 25. 6. die Westsektoren von Berlin in die Geldumstellung einbezogen wurden, mußten die Kontrollmaßnahmen verstärkt wer den. Ab 26. 6. wurde die Währung in der SBZ umgestellt. Da sie nicht langfristig vorbereitet war, wurde das Altgeld mit einem Kupon ver sehen. Sowjetunion trat für sofortige Verhandlungen ein Zugleich trat die Sowjetunion für sofortige Verhandlungen mit deh Westmächten ein, um die gefährli che Konfrontation im Herzen Euro pas zu beseitigen. Angebote der So wjetregierung und der DKW zur Versorgung der Bevölkerung der Westsektoren werden abgelehnt. Die USA nutzten die entstandene Lage, um die UdSSR international zu diskreditieren. Truman bezeich nete diese Situation als eine „Blockade Berlins“, die er als russi sches Manöver zur Erprobung amerikanischen Widerstandswillens und ihrer Abwehrkraft charakteri sierte. In seinen späteren Memoiren rechtfertigte er seine Haltung wie folgt: „Eine Machtdemonstration war unvermeidlich, und das schloß das Risiko eines Krieges mit ein. “5) 30 Jahre später schätzte der bür gerliche BRD-Historiker W. Loth die Situation so ein: „Ein anderes Mittel war der Sowjetführung nicht mehr verblieben, und die definitive Installierung des amerikanischen Kapitalismus in Westdeutschland, allem Anschein nach verbunden mit einer baldigen deutschen Wieder bewaffnung und die Etablierung einer amerikanisch-europäischen Militärallianz, schienen ihr so ge fährlich, daß sie zu ihrer Verhinde rung das Risiko eines gewaltigen Prestigeverlustes bewußt ein ging. “6) Und eine solche Atmosphäre brauchten jene, die mit Hilfe der Se parierung der Westzonen den Ka pitalismus restaurieren wollten und Im Gebäude der Deutschen Wirtschaftskommission in der Berliner Leipziger Stra ße wählten am 11. Oktober 1949 die Provisorische Länderkammer und die Provi sorische Volkskammer einstimmig Wilhelm Pieck zum Staatspräsidenten der DDR. Foto: Wilhelm Pieck bei seiner Antrittsrede. 3. Sitzung der Provisorischen Volkskammer der DDR am 12. Oktober 1949. Auf der Tagesordnung: Abgabe der Regierungserklärung durch Otto Grotewohl und die Bekanntgabe der Zusammensetzung der Regierung. Alle Fraktionen der Volkskammer stimmten der Regierungserklärung zu und bestätigten die Regie rung. Fotos: ADN—ZB (Zühlsdorf) so die Einheit Deutschlands preis gaben! Berlin auf einem schmalen Grat zwischen Krieg und Frieden Am 25. 6. begann ein gefährliches Schauspiel in Berlin. Unter dem Be griff „Operation Vittles“ errichteten die USA eine Luftbrücke zwischen den Westzonen und den Westsekto ren von Berlin. Mit 56 000 Mann und 300 Flugzeugen entstand das kostspieligste Versorgungsunter nehmen aller Zeiten. Auf dem Hö hepunkt dieses Spektakels, das ins gesamt 462 Tage anhielt und die Welt an den Rand eines neuen Krie ges brachte, landeten alle andert halb Minuten amerikanische und englische Flugzeuge in den West sektoren. Lärmbelästigung und steigende Unfallgefahr — tatsäch lich stürzten 25 Maschinen ab, und 31 Amerikaner, 39 Briten und acht Deutsche verloren in dieser Schlacht des kalten Krieges ihr Le ben — Angst und Schwierigkeiten bei der Versorgung wurden ge braucht, um die Unzufriedenheit zu schüren und dabei den Kommuni sten die Schuld zuzuweisen. Voka beln wie „Hungerblockade“, „Ge fahr aus dem Osten“ und Durchhal teparolen bestimmten von nun an den Medienrummel und dienten einer antisowjetischen Hetze unvor stellbaren Ausmaßes. Drei Jahre nach der gemeinsamen Herbeifüh rung des Sieges über den Faschis mus, verbunden mit gemeinsamen Siegesfeiern und Verbrüderungen zwischen Soldaten der Antihit lerkoalition, waren aus Verbünde ten Feinde geworden, wurde die UdSSR verleumdet, wie es vorher nur die Faschisten getan hatten, J. F. Dulles erklärte Anfang 1949: „Zu jeder Zeit hätte man die Situa tion in Berlin klären können. Die ge genwärtige Lage ist jedoch für die USA aus propagandistischen Grün den sehr vorteilhaft. Dabei gewin nen wir das Ansehen, die Bevölke rung von Berlin vor dem Hungertod bewahrt zu haben, die Russen aber erhalten die ganze Schuld wegen ih rer Sperrmaßnahmen. “7) Deutlicher konnten wohl die Ab sichten nicht formuliert werden! Doch der letzte Funke Hoffnung auf die Erhaltung der Einheit Deutsch lands mußte so zu Grabe getragen werden. Während die Welt voller Sorge und Bestürzung auf Berlin schaute, begann der letzte Akt zur Installierung eines separaten West staates, gewissermaßen als geheime Kabinettsache, unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Der letzte Akt der Spaltung begann Am 1. 7. wurden die Ministerprä sidenten der elf westdeutschen Län der von den drei Militärgouverneu ren nach Frankfurt/Main zitiert, um sie mit den Festlegungen und Auf lagen der „Londoner Empfehlung“ vertraut zu machen. Wesentlichster Auftrag war die Ausarbeitung einer Verfassung für den Weststaat durch die Installierung einer verfassungs gebenden Versammlung, die späte stens bis 1. 9. ihre Arbeit aufzuneh- men hatte. Von nun an war das Projekt West- staat in die Hände deutscher Politi ker gelegt. Doch das traf sie nicht unvorbereitet, hatten sie erhebli chen Anteil daran, daß es bisher zu keiner Verständigung über die Schicksalsfragen der deutschen Na tion mit ihren ostdeutschen Amts brüdern gekommen war (siehe UZ/35). Sie unterstützten allesamt die Politik der Separierung zur Ret tung des Kapitalismus in Deutsch land. Andererseits waren sie sich offensichtlich der Tragweite ihrer Entscheidungen bewußt. Ein anwe sender Ministerpräsident bekannte später, daß sie „alle miteinander ... wirkliche Manschetten davor ge habt (hätten), einen deutschen Bei trag zur Teilung Deutschlands zu lei sten.“ 8) Doch dieser Gewissensnot folgten keine entsprechenden Taten, dadurch blieb vermutlich die letzte Chance zur Verhinderung der Spal tung ungenutzt. Die Regierungs chefs der Westzonenländer lehnten nicht nur weiterhin Gespräche mit Vertretern der SBZ ab, sondern auch eine Volksabstimmung über das Grundgesetz, die ihnen die Frankfurter Direktive durchaus ein geräumt hätte. Seit dem 1. 9. berieten 65 Par lamentarier der westdeutschen Län der im Parlamentarischen Rat unter Adenauers Leitung über die Ver fassung. Am 8. 5. wurde die Schluß abstimmung über das Bonner Grundgesetzt regelrecht durchgezo gen. Denn Adenauer wünschte, das „Dokument am 4. Jahrestag der deut schen Kapitulation abzuschlie ßen ... damit gegen jene bittere Pille ein geschichtliches Gegengift bereitet werde.“ Anläßlich dieses Aktes fand Ad enauer zwar Worte des Dankes an die westlichen Militärgouverneure, aber keine Worte an das Volk, ßinen entsprechenden Antrag an diesem Tag, das Grundgesetz in einer Volksabstimmung zum Gesetz zu erheben, lehnte die Mehrheit des Parlamentarischen Rates wiederum ab. Aber in der SBZ war in dieser Situation der Wille der Bevölkerung gefragt. Am 15./16. Mai fanden in der SBZ Wahlen zum 3. Deutschen Volkskongreß für Einheit und ge rechten Frieden statt. Bei einer Wahlbeteiligung von 95,2 Prozent entschieden sich 66,1 Prozent für die Kandidaten der Volkskongreß bewegung und damit für den Kampf gegen die Spaltung Deutsch lands. Von diesen Wählern legiti miert, trat am 29./30. Mai der 3. Deutsche Volkskongreß zusammen, er wählte den Deutschen Volksrat neu und stellte eine Verfassung für ein einheitliches antifaschistisch demokratisches Deutschland zur Diskussion. Nochmal erhoben die Delegierten eindringlich ihre Stimme zur Mobilisierung aller Deutschen, denen die Einheit des Vaterlandes am Herzen lag. Doch in einer Situation der Konfrontation der Großmächte, der gesteigerten antikommunistischen Hysterie ver hallte diese, die Gegner der antifa schistischen Einheit hatten vorerst den Sieg davongetragen. Sie hatten mit den vielfältigsten Methoden in den Westzonen solche Bedingungen geschaffen, daß die Mehrheit der westdeutschen Bevölkerung anläß lich der Wahlen zum Bundestag am 14. 8. ihre Zustimmung zur Errich tung der Bundesrepublik gab. Nadi der faschistischen Diktatur, dem zweiten Weltkrieg, den Hungerjah ren und politischen Turbulenzen er schien relative Souveränität, Stabi lität, die in Gang gekommene Nach kriegskonjunktur, die schrittweise Integration in die westliche Gemein schaft, bestimmte bürgerlich demokratische Freiheiten und eine Reihe sozialer Errungenschaften vie len als Schritt auf dem Weg, den man tolerieren konnte, wenn dabei auch gesellschaftspolitische Grund forderungen ebenso auf der Strecke blieben wie die Einheit der deut schen Nation.“ 10) Am 15. 9. war mit der Wahl K. Adenauers zum Bundeskanzler die Spaltung vollendet. Noch bevor der Bundeskanzler seine Regierungser- klärung abgab, stellte er seine Poli tik’ gegenüber dem anderen Teil Deutschlands klar. In einem Inter view mit der französischen Nach richtenagentur erklärte er: „Die Bundesrepublik muß ein Anzie hungspol für Ostdeutschland wer den und die psychologischen Be ziehungen mit dem Osten wahren und stärken. Unsere Politik darf in dessen nicht zu dem Glauben verlei ten. daß wir das in deh Sowjetzone errichtete kommunistische Regime anerkennen.“ 11) Jetzt waren schnelle Entschei dungen fällig, wollte man nicht die Errungenschaften angestrengter Nachkriegsarbeit aufs Spiel setzen, wollte man sich nicht dem Grund gesetz unterwerfen, das den An spruch erhoben hatte, für alle Deut schen zu sprechen. Die Entschei dung zur Errichtung eines zweiten deutschen Staates fiel den verant wortlichen Politikern nicht leicht. Doch zur Sicherung der antifaschi stisch-demokratischen Errungen schaften und der friedlichen Nach kriegsordnung gab es damals keine andere Alternative. Deutscher Volksrat konstituierte sich zur provisorischen Volkskammer Am 5. 10. stimmten alle Parteien der SBZ und das Präsidium des Deutschen Volksrates für die Errich tung einer DDR. Für den Charakter des neuen Staates sprach bereits der Akt der Gründung. Am 7. 10. fand die letzte Sitzung des Deutschfen Volksrates. der gewählten Re präsentanz des deutschen Volkes, statt. Dieser Rat konstituierte sich zur provisorischen Volkskammer und nahm die Monate zuvor aus führlich diskutierte Verfassung als Verfassung der DDR an. Er beauf tragte Otto Grotewohl mit der Re gierungsbildung. Von den 18 Mini stern gehörten 8 der SED, 4 der CDU, 3 der LDPD, 1 der NDPD und der DBD an, 1 Minister war partei los. Am 10. 10. erhielt diese Regie rung von dem Chef der SMAD das Recht zur Ausübung der Verwal tung, Der darauf folgende Tag gestal tete sich zu einem Höhepunkt in den Gründungstagen der DDR. W. Pieck wurde zum Präsidenten des Arbeiter-und-Bauern-Staates ge wählt. Er verkörperte wie kein ande rer die revolutionären Traditionen der deutschen Arbeiterbewegung, hatte seit 1945 seine großen staats männischen Fähigkeiten unter Be weis gestellt und fand die Anerken nung seines Staatsvolkes auch in folge seiner Warmherzigkeit, seiner Bemühungen um die Sorgen und Be dürfnisse der Werktätigen. Am Abend seiner Wahl bereiteten ihm die Bürger von Berlin und die Abge sandten der Jugend der DDR eine begeisternde und bewegende De monstration ihrer Zustimmung. Ab geschlossen wurde der Gründungs akt symbolisch wie er begonnen hatte — mit Aussprachen zwischen den Repräsentanten des neuen Staa tes und den Werktätigen vor Ort. Minister gingen in die Betriebe und stellten ihr Regierungsprogramm zur Diskussion. In diesen Gründungstagen wur den bereits Worte gesprochen, die die große Verantwortung, die vor der DDR steht, nüchtern umreißen. W. Pieck schätzte damals ein: „Wir stehen heute an der Wende der deut schen Geschichte ... Sorgen wir alle in verantwortungsbewußter loyaler und freundschaftlicher Zusammen arbeit dafür, daß wir uns der Größe der geschichtlichen Aufgaben ge wachsen fühlen und daß wir der einst vor dem Urteil der Geschichte bestehen können.“ 12) Dr. HEIDI ROTH, Sektion Geschichte Anmerkungen: 1) vgl. „Junge Welt“, Dokumenta tion „Wer spaltete Deutschland?“*, Folge 23. vom 23. 6. 1989 2) Ebenda 3) Ebenda 4) Ebenda, Folge 24, vom 30. 6. 1989 5) Szczesny, H., Schlachten des Kal ten Krieges, in nl konkret. 80, S. 72 6) Ebenda, S. 72 7) Ebenda, S. 74 8) Badstübner/Thomas, Die Spal tung Deutschlands 1945-49, Berlin 1966, S. 297 9) „Junge Welt“, Dokumentation .,., Folge 30, vom 11.8. 1989 10) Vgl. Badstübner, Benser, Wer hat Deutschland gespalten? in Ein heit, 6/89, S. 559 11) Vgl. „Junge Welt“, Dokumenta tion ..., Folge 33, vom 1. 9. 1989 12) Vgl; Illustrierte historisch« Hefte, Heft 2, S. 26
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