Suche löschen...
Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1985
- Erscheinungsdatum
- 1985
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-198500005
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19850000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19850000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise vorlagebedingter Textverlust.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 1985
-
- Ausgabe Nr. 1, 4. Januar 1
- Ausgabe Nr. 2, 11. Januar 1
- Ausgabe Nr. 3, 18. Januar 1
- Ausgabe Nr. 4, 25. Januar 1
- Ausgabe Nr. 5, 1. Februar 1
- Ausgabe Nr. 6, 8. Februar 1
- Ausgabe Nr. 7, 15. Februar 1
- Ausgabe Nr. 8, 22. Februar 1
- Ausgabe Nr. 9, 1. März 1
- Ausgabe Nr. 10, 8. März 1
- Ausgabe Nr. 11, 15. März 1
- Ausgabe Nr. 12, 22. März 1
- Ausgabe Nr. 13, 29. März 1
- Ausgabe Nr. 14, 8. April 1
- Ausgabe Nr. 15, 12. April 1
- Ausgabe Nr. 16, 19. April 1
- Ausgabe Nr. 17, 26. April 1
- Ausgabe Nr. 18, 3. Mai 1
- Ausgabe Nr. 19, 10. Mai 1
- Ausgabe Nr. 20, 17. Mai 1
- Ausgabe Nr. 21, 24. Mai 1
- Ausgabe Nr. 22, 31. Mai 1
- Ausgabe Nr. 23, 7. Juni 1
- Ausgabe Nr. 24, 14. Juni 1
- Ausgabe Nr. 25, 21. Juni 1
- Ausgabe Nr. 26, 28. Juni 1
- Ausgabe Nr. 27, 5. Juli 1
- Ausgabe Nr. 28, 12. Juli 1
- Ausgabe Nr. 29, 19. Juli 1
- Ausgabe Nr. 30, 26. Juli 1
- Ausgabe Nr. 31, 6. September 1
- Ausgabe Nr. 32, 13. September 1
- Ausgabe Nr. 33, 20. September 1
- Ausgabe Nr. 34, 27. September 1
- Ausgabe Nr. 35, 4. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 36, 11. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 37, 18. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 38, 25. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 39, 1. November 1
- Ausgabe Nr. 40, 8. November 1
- Ausgabe Nr. 41, 15. November 1
- Ausgabe Nr. 42, 22. November 1
- Ausgabe Nr. 43, 29. November 1
- Ausgabe Nr. 44, 6. Dezember 1
- Ausgabe Nr. 45, 13. Dezember 1
- Ausgabe Nr. 46, 20. Dezember 1
-
Band
Band 1985
-
- Titel
- Universitätszeitung
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
UZ stellt vor: Institute der Karl-Marx-Universität Heute: Karl-Sudhoff-Institut für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften D as heutige Karl-Sudhoff- Institut wurde im Jahre 1906 als Einrichtung der damaligen Medizinischen Fakultät unserer Uni versität gegründet. Es war das erste Forschungsinstitut für Medizinge schichte, dessen Leitung dem da mals bereits international bekann ten Medizinhistoriker Karl Sudhoff (1853 bis 1938) übertragen worden War. (1) Die Medizingeschichte hatte zu diesem Zeitpunkt bereits eine etwa einhundert Jahre umfas sende Entwicklungsgeschichte durchlaufen, in deren Gefolge an al len größeren medizinischen Hoch schuleinrichtungen systematische Vorlesungen zur Entwicklungsge schichte der Medizin in die Ausbil dung integriert worden sind und eine spezialisierte Wissenschaftler- Gemeinschaft mit eigenen nationa len und internationalen Gesellschaf ten und Publikationsorganen ent standen war. Dieser Entwicklung lag das Be dürfnis der sich im 19. Jahrhundert durch die intensive Zuwendung zur naturwissenschaftlichen Forschung von tradierten Vorstellungsweisen ablösenden Medizin zugrunde, die vorhergehende Geschichte der Heil hunde wissenschaftlich und kritisch zu beurteilen. Das vorrangige For schungsinteresse Sudhoffs wie auch anderer Fachvertreter galt in dieser Etablierungsphase der Disziplin ••Medizingeschichte“, demnach not wendig der Quellenerschließung Und der korrekten Darstellung von Entwicklungsvorgängen. Die dabei entstandenen Faktensammlungen und Quelleneditionen bilden auch heute noch eine verläßliche Basis der medizinhistorischen Urteils- bildung. Außerordentlich große Ver dienste erwarb sich Sudhoff auch um den Aufbau der Bibliothek des Institutes, die mit derzeit etwa 50 000 Bänden und wertvollen Be ständen aus der medizinischen Lite- Tatur des 17. und 18. Jahrhunderts eine der bedeutsamsten Spezialbi bliotheken des Fachgebietes dar- stellt. Neuartige Aspekte der Fachentwicklung zur Geltung gebracht Bedeutender Beitrag für die Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Wissenschaftsgeschichte Neueste Arbeitsergebnisse werden anläßlich des 40. Jahrestages der Befreiung in Buchform publiziert schaftlich bedeutungslos. Das Verdienst einer Neubegrün dung der medizinhistorischen Lehre und Forschung auf marxistisch- leninistischer Grundlage gebührt in Leipzig Felix Boenheim (1890 bis 1960). der nach der 1933 erzwunge nen Emigration in den USA arbei tete und 1949 einer Berufung nach Leipzig folgte, um hier die Leitung des Medizinisch-Poliklinischen In stituts zu übernehmen. Sein speziel les Interesse für die Medizinge schichte führte dazu, daß ihm 1950 zunächst die kommissarische Lei tung des Instituts übertragen wurde, bis er sich 1955 zur Über- Gegenwärtig besteht das Institut aus zwei leistungsfähigen Abteilun gen für die genannten Arbeitsge biete, die umfangreiche Lehrver pflichtungen bei der Gestaltung der disziplinär orientierten und seit 1977 obligatorischen wissenschafts historischen Ausbildung der Stu denten der Medizin und der natur wissenschaftlichen Sektionen wahr nehmen. In der Forschungsarbeit der letz ten Jahre stand die Erarbeitung von Lehrbüchern für die wissenschafts historische Ausbildung im Vorder grund, daneben erfolgte eine inten sive Bearbeitung der Entwicklungs Im Jahre 1925 übernahm der Schweizer Medizinhistoriker Henry Ernest Sigerist (1891 bis 1957) das Ordinariat und die Institutsleitung. Sigerist hat die von Sudhoff begrün- dete quellenerschließende For schungsarbeit weitergeführt, aber auch ganz neuartige und produktive Aspekte in der Fachentwicklung zur Geltung gebracht. Für ihn war die Medizingeschichte eine Disziplin der Medizin, die auch übergreifende theoretische Probleme bearbeiten Sollte und der es obliegt, die Ein- bettung des ärztlichen Denkens und Handelns in die allgemeine Kultur- und Sozialgeschichte aufzudecken, um die immense soziale Verantwor- tung dieses Berufes bewußt werden zu lassen und progressive sozialpoli tische Einstellungen zu fördern. Bach diesem Konzept entstanden hervorragende sozialhistorische Ar beiten zur Geschichte und damali gen Situation der Medizin, die Sige- rist für viele Jahrzehnte zum an erkanntesten Repräsentanten der Medizingeschichte im internationa- len Maßstab werden ließen. 2) 1932 nahm er, die vorübergehende Herrschaft des Faschismus in Deutschland voraussehend, eine Be rufung nach Baltimore an, wo er bis 1947 dem damals einflußreichsten medizinhistorischen Institut als Di rektor vorstand. Während der Zeit der faschistischen Diktatur blieb das Leipziger Institut unter der Lei- ‘ u ng Walter von Brunns (1876 bis 1952) zwar erhalten, jedoch wissen- Die wissenschaftlich-technische Mitarbeiterin Ute Camphausen und der Kustos der medizinhistorischen Sammlung, Dr. Klaus Gilardon, begutachten Exponate aus dem Porträtbestand der medizinhistorischen Sammlung. Die museale Aufbereitung der umfangreichen Porträtbestände erfordert eine exakte Inventarisierung und Katalogisierung als Voraussetzung einer vielfältigen Nutzung. Foto: HFBS/SCHIEFER nähme des Lehrstuhls für Ge schichte der Medizin entschloß. (3) Ab 1951 arbeitete Boenheim auch mit Gerhard Harig (1902 bis 1966) zusammen, der in diesem Jahr den Lehrstuhl für Geschichte der Na turwissenschaften übernahm, sich dann jedoch noch bis 1957 in der Funktion des ersten Staatssekretärs für das Hoch- und Fachschulwesen unseres Landes erfolgreich für die sozialistische Gestaltung der Hoch schulentwicklung einsetzte. Nach seiner Rückkehr an das Institut lei tete Harig eine hervorragende Ar beit bei der Formierung einer mar xistisch-leninistisch begründeten Ge schichte der Naturwissenschaften und leitete das Institut von 1958 bis zu seinem Tode. (4) Fortgeführt wurde die Arbeit auf dem Gebiet der Medizingeschichte dann durch den aus der Volksrepublik Polen als Gast nach Leipzig berufenen Sta nislaw Schwann (1912 bis 1982) und durch den Schüler Harigs Hans Wußing (geb, 1927) auf dem Gebiet der Geschichte der Naturwissenschaf ten. geschichte ausgewählter medizini scher Disziplinen und Problemfel- der, u. a. der Geschichte der Ar beitsmedizin, der Geschichte der Psychiatrie und der Entwicklungs dynamik des ärztlich-ethischen Den kens. Diese Forschungsarbeiten er folgen zum erheblichen Teil in en ger Kooperation mit weiteren wis senschaftshistorischen Einrichtun gen unseres Landes und anderer so zialistischer Stäaten sowie unter Hinzuziehung von interessierten Fachvertretern der genannten Dis ziplinen. Große Verantwortung für Nachwuchs und Traditionspflege Eine große Verantwortung obliegt dem Institut als Ausbildungsstätte für die wissenschaftshistorischen Nachwuchskader und für die wis senschaftliche Fundierung der er freulicherweise stetig an Gewicht gewinnenden Traditionspriegebemü- Hungen. Eine bedeutende Rolle für den letztgenannten Sektor unserer Arbeit kommt der medizinhisto- risehen Sammlung des Instituts zu, deren fachgerechte Neubearbeitung in den letzten Jahren soweit erfolgt ist, daß sie nun in erheblichem Um länge auch für die Nutzung durch interessierte Besucher wirksam wer den kann- Für den nächsten Fünfjahrplan zeitraum wird das Institut in der Forschung neben disziplinärorien tierten Projekten in beiden Abtei lungen, die übergreifende wissen- schaftstheoretische Fragen (etwa die nach den Triebkräften revolutio närer Wandlungen im wissenschaft lichen Denken) anhand von speziel len Fachgebietsentwicklungen ver folgen, auch ein einheitliches Pro jekt zur Entwicklungsgeschichte der Friedensbewegung in der Wissen schaft des 20, Jahrhunderts bearbei ten. Zu den in der Medizinge schichte vorrangig verfolgten For schungsproblemen gehört auch die kritische Wertung der Entwicklung der Medizin in der Zeit der faschi stischen Diktatur in Deutschland, zu der erste Ergebnisse anläßlich des 40. Jahrestages der Befreiung auch in Buchform publiziert werden. (5) Einsichten in die Gesetzmäßigkeiten gewinnen und nutzen In der Forschung wie in der Lehre ist die übergreifende Inten tion unserer Arbeit die Absicht, Einsichten in die Gesetzmäßigkeiten der Wissenschaftsentwicklung zu ge winnen und so zu nutzen, daß sie verantwortungsbewußte Einstellun gen zur Wissenschaft und zur akti ven Teilnahme an der Gestaltung der sozialistischen Gesellschaft för dern und ausprägen helfen. Das Kol lektiv von über 30 Mitarbeitern un seres Institutes hat für seine bishe rigen Arbeitsergebnisse viel Aner kennung und Förderung erfahren und wird sich engagiert darum be mühen, durch weitere konkrete Bei träge zur Wissenschaftsentwicklung und in der Lehre den wissenschafts politischen Orientierungen der Par tei gerecht zu werden. Prof. Dr. sc. ACHIM THOM, Direktor des Instituts Quellenangaben: (1) Thom, A.: 75 Jahre wissen schaftsgeschichtliche Forschung und Lehre am Karl-Sudhoff- Institut für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften in Leipzig; Wiss. Z. d. KMU Leipzig, Gesell, wiss. B„ 29(1980) 525-546 (2) Thom, A. u. K.-H. Karbe: Henry Ernest Sigerist (1891 bis 1957)- Aus gewählte Texte. Sudhoffs Klassiker der Medizin. Neue Folge, Bd. 1, J. A. Barth-Verlag, Leipzig, 1981 (3) Thom, A.: Felix Boenheim (1890 bis 1960). In: Namhafte Hochschul lehrer der Karl-Marx-Universität Leipzig, Bd. 2, KMU Leipzig, 1982, S. 18 bis 22 (4) Harig, G. u. G. Wendel (Hrsg.): Gerhard Harig. Schriften zur Ge schichte der Naturwissenschaften. Akademie-Verlag Berlin. 1983 (5) Thom, A. und H. Spaar (Hrsg.): Medizin im Faschismus. VEB Ver lag Volk und Gesundheit, Berlin, 1985 Einblick in die medizinhistorische Sammlung des Karl-Sudhoff-Institutes: Augen- prüfbrillen aus dem 19. Jahrhundert und Brenneisen. Die Deutsche Post würdigte das 75jährige Jubiläum des Institutes im Jahr 1981 mit einer Briefmarkenserie. Auf den Marken sind wertvolle ärztliche Instrumente abgebildet. Fotos (2): UZ (Archiv) Zur Vernichtung der „Leipziger Schule der Assyriologie" vor Die Universität Leipzig war zwischen 1875 und 1935 ein in ternational führendes Zentrum assyriologi scher Ausbildung und Forschung. Gegen Ende der 20er Jahre waren hier durch die fünf Professoren Heinrich Zimmern, Franz Heinrich Weißbach. Paul Koschaker, Benno Landsberger und Johannes Friedrich prak tisch alle damals bekannten keil schrift-wissenschaftlichen Diszi plinen gleichzeitig vertreten: ne ben den beiden traditionell als Assyriologie bezeichneten Ein zeldisziplinen Sumerologie und Akkadistik u. a. auch Hethitolo gie, Altiranistik und altvorder asiatische Rechtsgeschichte. Dieser „Leipziger Schule der Assyriologie“ ist vor nunmehr 50 Jahren, zur Zeit ihrer stärksten internationalen Ausstrahlung un ter der Leitung des genialen As- syriologen und Semitisten Benno Landsberger, durch die faschisti schen Machthaber ein jähes Ende bereitet worden. Es wurde ausgelöst durch eine Verfügung des „Reichsstatthalters“ für das Land Sachsen vom 10. April 1935, wonach allen bis dahin noch durch ihren Militärdienst während des ersten Weltkrieges vor Entlassung geschützten Hoch schullehrern jüdischer Abstam mung die Lehrbefugnis zu ent- •ziehen war, und sie ihre Ämter verloren. Diese Maßnahme be-. traf an der Universität Leipzig Benno Landsberger und drei wei tere Professoren. Willkürmaßnahme nicht widerspruchslos hingenommen An der Universität Leipzig ist diese neue rassistische Will kürmaßnahme trotz des bereits allgegenwärtigen faschistischen Meinungsterrors nicht wider spruchslos hingenommen wor den. Wie der Dekan der Philoso 50 Jahren chen Arbeit nur zum kleinen Teil oder nur in Umrissen veröf fentlicht hat, vielmehr sie münd lich seinen Schülern übermit telte, vermissen sie den Lehrer besonders. “ Universität Ankara bot eine neue Arbeitsmöglichkeit Der Artikel schließt mit den Sätzen: „Für Landsberger ist es nun unmöglich, als Professor an einer deutschen Hochschule seine Arbeit fortzuführen und de ren Ergebnisse zu veröffentli chen. In welchem Lande wird er Ruhe und Sammlung dazu fin den? Könnte es nicht die Schweiz sein?“ Nicht die Schweiz, sondern die Türkei hat ihm an der damals neugegründe ten Universität Ankara — wie einigen anderen antifaschisti schen und aus rassistischen Gründen verfolgten deutschen Wissenschaftlern — noch im glei chen Jahr eine neue Arbeitsmög lichkeit geboten. Die Vertreibung Landsbergers veranlaßte den bedeutenden Rechtshistoriker Paul Koscha ker, der in Leipzig auf dem Ge biet der Keilschriftrechte eng mit Landsberger zusammenge arbeitet und in Verbindung mit dem Semitistischen (seit 1934: Orientalischen) Institut ein „Se minar für orientalische Rechts geschichte“ gegründet hatte, noch im Jahr 1935 einen Ruf an eine andere Universität anzu nehmen und das erwähnte Semi nar aufzulösen. Sein Leipziger Schüler und junger Kollege Mar tin David, Privatdozent an der Juristenfakultät, der ebenfalls über babylonisches und assyri- sches Recht gearbeitet und ei nige wichtige Beiträge publiziert hatte, war schon 1933 nach Hol land emigriert und ist später zu sammen mit seiner Familie im Faschistische Machthaber bereiteten jähes Ende Ein Beitrag über die verheerenden Auswirkungen der faschistischen Diktatur auch auf scheinbare Randgebiete der Wissenschaft phischen Fakultät damals dem Rektor der Universität berich tete, hatte „die Maßnahme des Herrn Reichsstatthalters in Tei len der Studentenschaft wie in dem Dozentenkreis“ seiner „Fa kultät starke Erregung hervorge rufen ... Es wurde verschiedent lich der Wunsch geäußert, die Fa kultät möge alsbald zu einer Pro testentschließung Zusammentref fen“, er habe jedoch „jeden Ver such eines Protestes vor und während der Sitzung kategorisch abgewiesen“. Wie ein erhaltenes Protokoll der betreffenden Fa- kultätssitzung erweist, geschah dies durch massive Einschüchte rung und persönliche Bedrohung oppositioneller Professoren durch den faschistischen Prorek tor. Unter den Studenten und Dok toranden Landsbergers hatte des sen Entlassung heftige und teil weise verzweifelte Reaktionen zur Folge. Als Sprecher der Stu denten — offiziell nur der „am hiesigen Orientalischen Institut studierenden Ausländer“ — traf der Schweizer Johann Jakob Stamm auf, der sich in dieser An gelegenheit in Schreiben vom 1. und 23. 5. 1935 an den Dekan und den Rektor wandte- Nach dem diese Bemühungen ohne Er folg geblieben waren, infor mierte und alarmierte er seine Schweizer Landsleute über die Vertreibung Landsbergers und die damit zutage getretene neue Entlassungswelle im faschisti schen Deutschland. Nach einer kurzen Notiz in den „Basler Nachrichten“ vom 19. Juli veröf fentlichte Stamm in der Ausgabe vom 9. August 1935 einen länge ren Artikel dazu, in dem er eine umfassende und ausgewogene Charakteristik der wissenschaft lichen Arbeit Landsbergers gibt und feststellt, daß „durch diese Amtsenthebung ... die deutschen Hochschulen um einen bedeuten den Gelehrten ärmer geworden“ sind. „Daß diesem Manne das Recht genommen wurde, in sei nem Institut Vorlesungen zu hal ten, an dem er als Student ge lernt, als Privatdozent und Pro fessor gelehrt und es zu einer von Studenten aller Länder be suchten Pflanzstätte für Assyrio logie gemacht hat, ist für ihn vor allem aber seine Studenten hart. Sie verlieren in ihm den be geisternden Lehrer, der sie zu wissenschaftlicher Arbeit erzog ihre Arbeiten als erfahrener Be rater förderte und ihnen seine Er kenntnisse selbstlos zur Verfü gung stellte. Da Landsberger die reichen Er gebnisse seiner wissenschaftli- Konzentrationslager Theresien stadt nur knapp der physischen Vernichtung entgangen. Im Jahr 1935, dem schlimmen Jahr für die Keilschriftforschung an der Universität Leipzig, er hielt auch der damals bereits emeritierte Senior der Leipziger Assyriologie, Franz Heinrich Weißbach, Vorlesungsverbot. Er hatte sich in einem detaillierten und freimütigen Schreiben gegen die „fortwährende Diffamie rung“ und Verfolgung ehemali ger Freimaurer ausgesprochen und war daraufhin — schon im 70. Lebensjahr stehend — wegen „staatsfeindlichen Verhaltens" von der Gestapo mehrere Wo chen in „Schutzhaft“ genommen worden- Er stand von da an bis zu seinem Lebensende im Jahr 1944 unter Polizeiaufsicht: wöchentlich einmal hatte er sich bei der Polizei zu melden, durfte Leipzig nicht ohne deren Ge nehmigung verlassen und mußte alle Auslandspost offen auflie fern. Der Lehrstuhl, den Landsber ger innegehabt hatte, wurde nicht wieder mit einem Assyrio- logen, sondern einem Hethitolo- gen besetzt, da — wie es in einer Begründung des Dekans heißt — ..heute naturgemäß die indo germanischen Völker Vorder asiens. unter denen die Hethiter eine bedeutende Rolle spielen, ge genüber den semitischen Völ kern, mit denen es die Assyrio logie zu tun hat, das größere In teresse beanspruchen “. Nach der Befreiung erfolgte Neuaufbau der Disziplinen Nachdem in Leipzig ausgebil dete Assyriologen schon vor 1933 an vielen Universitäten Europas und der USA wirkten und ge wirkt hatten, waren die Vertre ter der „Leipziger Schule“ durch die wissenschaftsfeindlichen Maßahmen der Faschisten 1935 endgültig in alle Welt zerstreut worden. Heute sind nicht wenige ältere und jüngere Assyriologen stolz darauf, die „Leipziger Tra dition“ in der Sohnes- und En kelgeneration an ihrer Universi tät fortzuführen. Erst nach der Befreiung vom Faschismus konnten an unserer Universität die hier traditionel len keilschriftwissenschaftlichen Disziplinen Assyriologie und alt orientalische Rechtsgeschichte (Keilschriftrechtsgeschichte) durch zwei ehemalige Absolven ten der „Leipger Schule“ neu aufgebaut werden. MANFRED MÜLLER
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)