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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1985
- Erscheinungsdatum
- 1985
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-198500005
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- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19850000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19850000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise vorlagebedingter Textverlust.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
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-
Zeitschrift
Universitätszeitung
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Band
Band 1985
-
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Band 1985
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6 ERZIEHUNGUNDAUSBILDUNG 26. Juli 1985 UZ/30 Wertvolle Hilfe beim Erlernen von Sprachen D as mit dem polemischen Ti tel „Sprachen lernen — (k)ein Problem?“ versehene Buch von Dr. W. Gruhn verdient einige Beachtung. Mit genannter Problematik wendet sich der Autor allgemein an den sprach interessierten Leser und insbe sondere an den relativ großen Kreis derjenigen, die sich redlich mühen, eine oder gar mehrere Fremdsprachen zu erlernen. Das vorliegende Buch stellt somit so wohl für Autodidakten als auch für Studenten und „Schüler“ der verschiedensten Bildungseinrich tungen eine willkommene Infor mationsquelle dar. Neben Wissenswertem über Sprachen und Sprache schlecht hin, ihre Entstehung und Entwick lung, ihren Aufbau und ihre Un terschiedlichkeit beinhaltet das Buch eine Fülle von Informa tionen, die es ermöglichen, den Lernprozeß bewußt und effektiv zu gestalten. Dabei wird unter anderem auf Möglichkeiten und Nicht die Sprachbe gabung ist das Entscheidende Wolfgang Gruhn, Sprachen lernen — (k)ein Problem? Urania-Verlag, Leipzig, 181 S., Pappband, 6,80 M Methoden der Spracherlernung, aber auch auf entsprechende Hilfsmittel eingegangen. Ein letz tes Kapitel widmet der. Autor schließlich der Ausbildung in den einzelnen Sprachberufen so wie der Tätigkeit des Sprachmitt lers. Wenn eingangs empfohlen wurde, dem vorliegenden Buch besondere Aufmerksamkeit zu widmen, so geschah dies haupt sächlich aus den folgenden Er wägungen heraus: Das Buch stellt einen recht ge lungenen Versuch dar, sich mit dem Problem Sprache und Fremdsprachenaneignung allge meinverständlich und dennoch wissenschaftlich auseinan derzusetzen. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang die populärwissenschaftlich ge haltenen Erläuterungen vor al lem linguistischer und (sprach-)psychologischer Ter mini bzw. Zusammenhänge. Zweitens ergibt sich der Wert des Buches daraus, daß der Autor auf eine Vielzahl oft dis kutierter Probleme, wie z. B. auf das der Zweisprachigkeit, der Polyglotte oder der leichten und schweren Sprachen eingeht. Dabei wird landläufigen Ansich ten eine Auffassung entgegenge setzt, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie eigenen Be obachtungen und Erfahrungen, über die der Autor dank seiner Tätigkeit als Sprachmittler reich lich verfügt, beruht. Deutlich zeigt er, daß in erster Linie Cha raktereigenschaften wie Aus dauer und Willenskraft und nicht etwa eine besondere Sprachbegabung für das erfolg reiche Erlernen einer Fremdspra che vonnöten sind. Dies gilt un eingeschränkt auch für die Un terrichtsmethoden Hypnopädie und Suggestopädie. Dennoch gibt es Erkenntnisse und Erfahrun gen, deren Anwendung bzw. Be rücksichtigung das Aneignen einer Fremdsprache um vieles er leichtert. Ein drittes wertbestimmendes Merkmal des Buches besteht darin, daß sein Inhalt von einer gelungenen Synthese aus ent sprechenden wissenschaftlichen Erkenntnissen und persönlichen Erfahrungen sowohl des Autors als auch einiger berühmter Per sönlichkeiten geprägt ist. Der Le ser erhält somit nicht nur Auf schluß über wissenschaftlich fun dierte Gesetzmäßigkeiten, die bei der Gestaltung des Lernprozes ses beachtet werden sollten, son dern gleichfalls Anregungen für deren praktische Umsetzung. Nicht zuletzt dadurch ist es dem Autor insgesamt gelungen, mit dem vorliegenden Buch eine wertvolle Hilfe für das Erlernen von Fremdsprachen zu schaffen. K. KRÜGER Karen und „ihre Jungs" Von der Archivassistentin Karen Gauckel, einem gewissen May sowie anderen Herren und vom vielfältigen Wert einer Diplomarbeit Karen Gauckel an ihrem Arbeitsplatz: umgeben von zahlreichem Archivmaterial, Studentenprozeßakten aus der Zeit des Sozialistengesetzes, liest sie aus dem Papier das heraus, „was die damals gar nicht hineinschreiben wollten." Foto: TURULUMOW Karen Gauckel, 27, Mitarbeiterin im Archiv der Universität, hat kürz lich ihre Diplomarbeit verteidigt und damit ihr Fernstudium erfolg reich beendet. In eingeweihten Krei sen der Universitätshistoriker war die Verteidigung ein Ereignis, sollte Idoch ein bislang konstatierter „wei ßer Fleck“ der Universitätsge schichtsschreibung mit der vorlie genden Arbeit deutliche Konturen und Farbe erhalten. Das Thema: „Die Haltung der Studenten der Uni versität Leipzig zur Arbeiterbewe gung in der Zeit des Sozialistenge setzes 1878 bis 1890“. Die Arbeit und die Verteidigung haben die Erwartungen erfüllt, Ka ren erhielt hohes Lob und ein „sehr gut“. Soweit der Fakt. Uns interessiert der vielfältige Wert dieser Diplom arbeit und uns interessiert Ka- reh . .. Für die Uni und die Forschung wird die Wichtigkeit und Nützlich keit der Arbeit im Gutachten um- rissen. Ihre Betreuerin und „Che fin“, Prof. Dr sc. Schwendler, bil ligt ihr darin das Verdienst zu, „in kontinuierlicher Fortführung und thematischer Erweiterung ihrer Jah resarbeit erstmals wichtige re volutionäre Traditionen der Leipzi ger Studenten in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts erschlossen und wertvolle Anregungen zur systema tischen Untersuchung für die Be ziehungen von Studenten zur Leip ziger Arbeiterbewegung gegeben zu haben. Die Arbeit bettet sich damit voll in die Aufgabenstellung des Be schlusses der SED-Kreisleitung der Karl-Marx-Universität vom 29. März 1984 ,Geschichtsbewußt- sein, Traditionspflege, Leistungsmo tivation ein.“ Wenn Karen über die handelnden Personen ihrer Arbeit spricht; dann nennt sie sie einfach „meine Jungs“. Darin liegt ziemlich viel, wie sie Geschichte begreift und wie sie dazu gekommen ist Das ist ja nicht angeboren, da braucht es An stöße ... Als sie vor neun Jahren im Ar chiv angefangen hat — aufgewach sen war sie im Erzgebirge und dann mit der Mutter wieder nach Leipzig gekommen und hatte hier das Ab itur an der Thomasschule gemacht —, war ihr Interesse für Geschichte zwar vorhanden, aber keineswegs, brennend. Ihr Fernstudium hätte sie bald einmal hingeschmissen. Doch dann war da ein gewisser Herr May, der noch eine wichtige Rolle spielen sollte. Der Name war den Leuten vom Archiv und auch Karen schön längere Zeit aufgefal- len, es gab nicht viele politische Da ten aus jener Zeit. Besagter Walther May, Sozialdemokrat, soll das letzte Opfer des Sozialistengesetzes an der Leipziger Universität gewesen sein. Der Mann wurde interessant. Karen bekam das Thema für ihre Jahres arbeit. Es zu bearbeiten hieß, eine Unmenge Studentenprozeßakten zu wälzen, Archivmaterial aus dieser Zeit neu zu erschließen. Nach und nach bekam der Name ein Gesicht und einen Charakter und Karen Ein- „Im geistigen Leben unserer Republik wie in der ideologi schen Auseinandersetzung mit unseren Gegnern erhöht sich die Rolle des sozialistischen Geschichtsbewußtseins. Das Wissen um das Woher und Wohin unseres Weges ist für die weitere Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft wie für den Kampf um Frieden unent behrlicher Kraftquell." Kurt Hager, Gesetzmäßigkeiten unserer Epoche — Triebkräfte und Werte des Sozialismus. Rede auf der Gesellschaftswissen schaftlichen Konferenz des ZK der SED am 15. und 16. Dezem ber 1983 in Berlin, Berlin 1983, S. 61. blicke in konkrete Klassenkämpfe jener Zeit. Beim Blättern in den Akten wa ren ihr andere Namen aufgefallen, die auf Verbindungen zur Arbeiter bewegung hinwiesen. Das alles war sehr interessant geworden. Ge radezu detektivisch setzte Karen nun in der Diplomarbeit ihre Spurensuche fort. Sie hatte gelernt Akten zu lesen. Schließlich gab es keine Mitgliedsbücher oder Proto kolle über Parteiversammlungen. Sie stand vor dem Rätsel jedes Ar chivs: „Kann ich aus dem Papier das herauslesen, was die damals gar nicht hineinschreiben wollten“ (Prof. Dr. Renate Drucker, ehema lige Leiterin des Archivs). So kam es, daß sie die Männer von damals „meine Jungs“ nennt. Sie hat . ein Stück mit ihnen in jeher Zeit gelebt und ist immer neugieriger gewor den auf das, was sich als Problem oder unbekannt herausstellte. (Wobei sie erst jetzt ein Foto von Walther May in die Hand bekam, von einem Großneffen, der von ih rer Arbeit‘hörte;) Sie hat, wenn man so will, ein Stück Geschichtsbewußtsein ge wonnen. „Am besten ist es“, sagt sie, „wenn man sich unter Geschichte et was vorstellen kann, wenn man ein Ereignis nacherleben kann oder eine Person einem plastisch wird. Gerade die Geschichte der Region, dort wo man wohnt, interessiert einen. „Und hier tun wir noch zu wenig.“ Sie meint das. auch bezogen auf die Universität. „Ich merke oft, daß die Studenten keine Beziehung zu ihrer Uni haben, die ja immerhin die älteste auf unserem Territorium ist. Gerade für die Studenten ist es interessant, sich mit der Geschichte der Studenten ihrer Faktultät zu be schäftigen, nicht nur mit der Wis senschaftsgeschichte. Positive An sätze werden hier z. B. bei der Medi zin und der Physik gemacht. Und ich habe auch gemerkt, daß die Se rie der ,Chefin’ in der UZ über sol che Themen von den Jugendlichen in meiner FDJ-Gruppe begeistert ge lesen wurden. Ein wunderschönes Traditionskabinett in der Uni macht es allein noch nicht.“ Sie darf so urteilen, sie hat sich tief hineingedacht. Natürlich hat, das gibt sie zu, zu ihrer eigenen Ent wicklung ihre Betreuerin viel beige tragen und die ganze Atmosphäre im Archiv. („Laß zwei Fraun des Archivs miteinander diskutieren und du lebst in der Vergangenheit und das ist ungeheuer interessant.“) Daß Akten etwas Lebendiges sein können, auch das hat sie bei einer älteren Archivmitarbeiterin gelernt. Doch da kommt noch mehr dazu. Zum Beispiel ihre gesellschaft liche Aktivität, jahrelang als FDJ- Sekretär der Gruppe Zentrale Lei tungsorgane, jetzt als Gewerk schaftsvertrauensfrau, als Mitglied der SED. Und als eine, die vielleicht mit Ärmelschützern und immer einem Buch . in der Hand herum läuft, darf man sie sich ohnehin nicht vorstellen. Ausgleich sucht sie sich dort, wo sie nicht lesen muß. Zum Beispiel bei Holzarbeiten (so sehr schöne Mini-Puppenstuben), oder Kochen, oder Gartenarbeit.. Man müßte ziemlich viel aufzählen, um ihren Talenten, die ihre Kol leginnen preisen, gerecht zu wer den. Eine Wohnung sucht sie, und sie hätte wohl auch gern einen Mann. Und was die Wissenschaft angeht, so wird sie weitermachen. Schließ lich steht in ihrer Diplomarbeit laut Karens eigenen Worten, fast auf je der Seite- „hier und hier müßte wei- tergearbeitet werden.“ HANS KUBACH IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIiIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII Erbe und Tradition stärker in der Ausbildung nutzen Aus dem Beschluß der SED-Kreisleitung KMU vom 29. März 1984 zur Aneignung und Pflege des historischen und kulturellen Das Ziel, die marxistisch-lenini stische Weltanschauung der Arbei terklasse zur Grundlage des geisti gen Lebens aller Studierenden zu machen, verlangt die bewußte Nut zung aller in der Aneignung, Be wahrung und Pflege von Erbe und Tradition und in der Auseinan dersetzung um Erbe und Traditio nen liegenden Potenzen für die Er höhung der Wirksamkeit der Erzie hung und Ausbildung. Das erfordert im einzelnen — eine hohe Qualität bei der An eignung des Erbes der Klassiker des Marxismus-Leninismus sowie theo retischer und praktischer Erfahrun- Erbes der KMU in den 80er und 9 gen der Geschichte der deutschen und internationalen Arbeiterbewe gung, insbesondere der Geschichte der SED und der KPdSU, der DDR und der sozialistischen Gemein schaft — die kritische Aneignung von Lei stungen der Wissenschafts-, Wirt schafts-, Kultur- und Kunstge schichte und namentlich der Ge- schichte und der Traditionen der je weiligen Wissenschaftsdisziplin an jeder Sektion. — die Vermittlung der humanisti schen, progressiven und revolutio nären Traditionen unserer Universi tät und jeder ihrer Struktureinhei ten ... ler Jahren Wachsende Bedeutung erlangt die gründliche Beschäftigung mit der Wissenschaftsgeschichte und der Ge schichte der Wissenschaftsdiszipli nen. Die großen Potenzen der Karl- Marx-Universität auf dem Gebiet der Wissenschaftsgeschichte sind noch gezielter zu nutzen. An knüpfend an die anläßlich des 575- jährigen Jubiläums der Universität Leipzig vorgelegten Ergebnisse ist die gesamte Geschichte der Univer sität in ihrer ganzen Differenziert heit, Dialektik von Kontinuität und Widersprüchlichkeit weiter auszu arbeiten und damit wissenschaftli cher Vorlauf für das Universitäts jubiläum im Jahre 2009 zu schaffen. ' Sozialdemokratische Studenten an der Leipziger Universität in den Jahren des Sozialistengesetzes M it der Verabschiedung des „Ge setzes gegen die gemeingefähr lichen Bestrebungen der So zialdemokratie“ am 19. Oktober 1878 begann eine Zeit der offenen Verfolgung aller fortschrittlichen Kräfte. Auch an den deutschen Uni versitäten und Hochschulen wurden in den folgenden zwölf Jahren so zialdemokratische und fortschrittli- cle Studenten verfolgt. Das erste Opfer des Sozialistenge setzes an der Universität Leipzig war der Medizinstudent Stanislaus Warynski. Er studierte seit April 1877 hier. Am 27. Oktober 1878 er hielt das Universitätsgericht eine Mitteilung der Kriminalpolizei Leip zig, wonach Warynski in Verdacht stand, sozialdemokratische Schrif ten nach Lemberg geschickt zu ha ben. Eine sofortige Vernehmung des Verdächtigen war nicht möglich, da dieser seine Wohnung verlassen hatte und die neue Adresse unbe kannt sei. Aber schon einen Tag nach der Polizeimitteilung wurde Warynski entdeckt und vom Pedell sistiert, d. h. in Karzerhaft ge bracht. Aus dem, was die Verneh mungsprotokolle des Universitäts richters mitteilen, ist anzunehmen, daß Warynski Sozialdemokrat war. Dieser in Martinoffka im zaristi schen Rußland geborene Student be teiligte sich am Kampf der so zialdemokratischen Partei. Er verschickte Schriften der Par tei. reiste nach Warschau und hatte dort Kontakt zu Sozialdemokraten. Ei- wohnte bei dem Schlosser Wil lecke. der bei der Polizei als So- Vereins Humboldt“, in dem auch So zialdemokraten wirkten. Die Mitarbeit in diesem Vereine klärte das Universitätsgericht al „unvereinbar mit der academischen Ordnung“ und verbot am 17. De zember 1889 mit dieser Begründuns die weitere Mitarbeit im Humboldt verein. Der Richterspruch gegel May wurde 38 Tage vor dem Sie der Arbeiterbewegung über die Poli tik der offenen Reaktion gefällt. Al 25. Januar 1890 wurde im Reichstas mit 169 gegen 98 Stimmen die Ver längerung des Sozialistengesetzes al gelehnt. Was bedeutete dies für d' 1 fortschrittliche akademische JV gend? Festzustellen ist. daß mit der SI zialdemokratie verbundene Studer ten weiterhin verfolgt wurden. Be. spielhaft dafür ist das weiter' Schicksal Walther Mays. Im Ee bruar 1890 beschäftigte sich das Un versitätsgericht erneut mit May. E hatte in Leipziger Arbeitervereine. Vorträge gehalten. Dies und aud der Besuch von Versammlungen d Arbeitervereine wurde May sofo" verboten. Die Polizei überwachte May at Ersuchen des Universitätsgerich^ So nützte ihm monatelanges Stil 1 ' halten nichts, seine Teilnahme 8 der Gründungsversammlung „Vereins der Naturfreunde“ im N vember 1890 wurde sofort resr striert und der Universität gemer det. Da dem Naturfreunde verein ebe falls Sozialdemokraten angehörten verstieß May gegen die Verbo‛ Beteiligung am Kampf der Arbeiterbewegung wurde mit Karzerhaft und Exmatrikulation bestraft Auszüge aus der Diplomarbeit von K. Gauckel zialdemokrat bekannt war. Mit dem 1882 aus Leipzig ausgewiesenen Schriftsetzer Oskar Eisengruber stand er ebenfalls in Verbindung. Gehörte Warynski zu den in Leipzig studierenden russischen. Revolutio nären, die ihre Heimat verlassen mußten und vom Ausland aus den Kampf gegen das Zarenregime un terstützten? Die Bejahung dieser Frage liegt nahe. Gerade Leipzig bot als Stadt des Buchdruckes und des Handels viele Möglichkeiten. Kampfschriften herzustellen und in die Heimat zu senden. Außerdem stand in Leipzig den ausländischen Revolutionären eine starke Partei organisation zur Seite. Des weiteren ist bekannt, daß die Leipziger Uni versität stark von Studenten aus den osteuropäischen Ländern fre quentiert wurde. Leipzig bot ärme ren und vor allem ausländischen Studenten günstige Bedingungen. An einer Großstadtuniversität konn ten die Studenten „auf den in Kleinstadtuniversitäten unerläßli chen Aufwand in Kleidung und Le bensweise verzichten, sich mit der bescheidensten Wohnung begnügen und am ehesten durch Stundenge ben einen Nebenverdienst erlan gen.“ (1) Warynskis Aktivitäten boten der Universitätsbehörde mehr als einen Grund, ihn am 7. November 1878 zu exmatrikulieren. Im Protokoll über den Beschluß des Universitätsgerich tes heißt es, daß er „sich als An hänger der Grundsätze und Lehren der Socialdemokratie bekannt hat“ und „mit der academischen. Disei- plin schlechterdings unvereinbar, ge schäftsmäßige Agitation für so cialdemokratische Bestrebungen “ betrieb. ..durch welche Agitation er für eine Geselischaftsclasse thätig gewesen ist. deren Zwecke auf den Umsturz der bestehenden Staats oder Gesellschaftsordnung gerichtet sind, im Hinblick auf die Bestim mungen .., der academischen Ge setze des academischen Bürger rechts durch Exmatrikulation zu entziehen.“ (2) Sechs Tage vor seiner Exmatriku lation war Warynski aus der Kar zerhaft in Polizeihaft übergeführt worden. Damit erhielt die Polizei behörde die Möglichkeit, weitere Schritte gegen ihn zu unternehmen. Was mit Warynski danach geschah, ob er ausgewiesen oder abgeschoben wurde, konnte bisher nicht ermittelt werden. Im Gegensatz dazu wissen wir über das letzte Opfer der Sozialisten verfolgung in den Jahren 1878 bis 1890 sehr viel. Walther May, 1868 in Marburg geboren, immatrikulierte sich am 26. April 1889 für das Stu dium der Naturwissenschaften, stu dierte allerdings Philosophie und Ökonomie. Ende 1889 fiel May erst malig durch Kontakte zur Arbeiter bewegung auf. Er war Vorsitzender des nichtakademischen „Freidenker- vom Dezember 1889 und Februd 1890. Er mußte also mit einer wei ren Bestrafung rechnen. Trotz-*^ ser Gefahr trat May noch in and ren Arbeiterversammlungen al Am 30. Januar 1891 wurde ge851 May eine Strafverfügung erlass, und dieser zu einer viertägigen Ka zerstrafe verurteilt. Trotzdem hih May in seinen Aktivitäten nicns inne, das heißt, er überschritt Maß des Erlaubten weit. Es folgt mehrere Verhöre durch den UDe versitätsrichter. Dabei bekantl sich May offen zur Sozialdemokt tie und erklärte, daß er Sozialderd krat sei. Am 11. März 1891 wu0 Walther May „wegen Verhaltene welches mit dem Zwecke 05 Aufenthaltes auf der Universität I Widerspruch steht“ exmatrikulier" Mit diesem Urteil blieben \ May die Türen aller deutschen VD, versitäten und Hochschulen für , mer verschlossen. Nach seiner 2 matrikulation wirkte May in der S zialdemokratischen Partei, bis 02 tober 1891 in Leipzig und danac als Redakteur einer sozialdemokT tischen Zeitung in Chemnitz. We8 „aufrührerischer“ Artikel im Cheg nitzer „Beobachter“ wurde May !' Frühjahr 1892 zu einer Gefängn strafe von 1 Jahr und 10 Mona* verurteilt. Nach seiner Entlass^ aus der Haft sagte sich May von d Sozialdemokratie los. Seine Abkehr von der Arbeiter bewegung hatte wohl mehrere e Sachen. Erstens galt sein Intere seit seiner Jugend den Naturwissen schäften. Der Wunsch, eine wissan schaftliche Laufbahn einzuschlas war auf Grund seiner politiscde Tätigkeit zunichte geworden. J6008 weitere Versuch in diese Richt' 1 ';' würde dem Sozialdemokraten Mo versperrt sein. Zweitens beeinfl ten auch finanzielle Sorgen dies Schritt. Mays Entscheidung Wor Ausdruck der gesellschaftlichen '( hältnisse jener Zeit. In. der ZukM hielt sich May von jeder politiscer Betätigung, fern. Durch die Unto Stützung Ernst Haeckels konnte SP May am 26. Oktober 1895 an der Vde versität Jena für das Studium ie Naturwissenschaften immatriku e ren. Im Juli 1898 promovierteste und ging danach als Hilfsarbey an die Station für Pflanzenschutz Hamburg. Seit 1899 war May alide sistent am Zoologischen Institut TH Karlsruhe. 1905 zum ausetee dentlichen Professor ernannt. 181926 May ab 1920 bis zu seinem Tod 1 ce das Institut. Mays wissenschaft Tätigkeit und Leistungen lagen e dem Gebiet der Geschichte der • cendenztheorie. Literaturangaben: pos (1) Paul Ssymank/F. Schulz. . e deutsche Studententum von den’ip sten Zeiten bis zur Gegenwart. - zig. 1910. S. 296 Nr (2) UAL. GA X L Nr. 28. lfd. 44. Bl. 16
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