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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1985
- Erscheinungsdatum
- 1985
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-198500005
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- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19850000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19850000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise vorlagebedingter Textverlust.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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-
Zeitschrift
Universitätszeitung
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Band
Band 1985
-
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- Ausgabe Nr. 2, 11. Januar 1
- Ausgabe Nr. 3, 18. Januar 1
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- Ausgabe Nr. 6, 8. Februar 1
- Ausgabe Nr. 7, 15. Februar 1
- Ausgabe Nr. 8, 22. Februar 1
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Band 1985
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4 ERZIEHUNG UND AUSBILDUNG / GESCHICHTE Mathematische Schülergesellschaft erhielt Ehrennamen „Gottfried Wilhelm Leibniz" Am 12. Dezember wurde an der Sektion Mathematik auf einer Fest veranstaltung ein in zweierlei Hin sicht „junges“ Jubiläum begangen. Vor Schülern, deren Eltern, Zir kelleitern und zahlreichen Gästen umriß Prof. Dr. Schumann, der Vor sitzende der Mathematischen Schü lergesellschaft, die erfolgreiche Ar beit dieser Gesellschaft in den letz ten 10 Jahren. Als Auszeichnung und Ansporn zugleich verlieh ihr Bezirksschulrat Genosse OStR Tre scher im Auftrag des Rates des Be zirkes auf dieser Veranstaltung den Ehrennamen „Gottfried Wilhelm Leibniz“. Fast auf den Tag genau vor zehn Jahren, am 16. Dezember 1974, wurde auf Initiative der SED- Grundorganisation, unterstützt durch die Bezirksleitung der SED und den Bezirksschulrat, an der Sek tion Mathematik anläßlich des Ge burtstages der Pionierorganisation „Ernst Thälmann“ nach bewährtem sowjetischen Vorbild eine Ma thematische Gesellschaft mit Schü lern als Mitgliedern gegründet. In dieser Gesellschaft sollen ma thematisch begabte und interes sierte Schüler aus dem Bezirk Leip zig vorwiegend im Rahmen von 14tägig stattfindenden Zirkeln außerunterrichtlich gefördert wer den, sie sollen dort mit mathema tischen Problemen • vertraut ge macht un an deren Lösung heran geführt werden. Dabei werden solche für eine so zialistische Persönlichkeit wichtigen Charaktereigenschaften wie Wißbe gierde und Erkenntnisdrang. Selb ständigkeit. Genauigkeit sowie Aus dauer und Beharrlichkeit beim Überwinden von Schwierigkeiten weiterentwickelt, aber auch die Fähigkeit, innerhalb eines Kollek tivs zu arbeiten. In scharfer Abgren zung von bürgerlichen Elitetheorien stellte, wie bei der Gründungsver anstaltung gesagt wurde, die Bil dung der Mathematischen Schüler gesellschaft (MSG) einen Beitrag dar zur Lösung der großen und schö nen Aufgabe, allen Kindern unseres Volkes günstige Entwicklungsbe dingungen für ihren Weg zu einer sozialistischen Persönlichkeit zu si chern. In Übereinstimmung mit den Interessen unserer Gesellschaft sol len mathematische Talente für den Beruf des Mathematikers, Ma thematiklehrers oder andere ma thematikintensive Ausbildungsrich tungen gewonnen und entsprechend vorbereitet werden. Insbesondere freuen wir uns natürlich, wenn er folgreiche MSG-Mitglieder sich für ein Studium an unserer Sektion be werben. Die frühzeitige Erkennung von mathematisch besonders befähigten Kindern ist selbstverständlich nach wie vor eine Aufgabe, die in ver antwortungsbewußter Weise vor al lem die Mathematiklehrer an den Schüler lernen an der Uni Vor zehn Jahren wurde an der Sektion Mathematik nach bewährtem sowjetischen Vorbild eine Mathematische Gesellschaft mit Schülern als Mitglieder gegründet Schulen wahrnehmen müssen. Eine hervorragende Rolle bei der Stimu lierung der Interessen der Schüler für Mathematik und bei der Her ausbildung von Talenten spielt die Mathematikolympiadebewegung. Es ist sicher kein Zufall, daß die fach lich besten Studenten eines Stu dienjahres in der Regel auch Er folge bei Mathematikolympiaden aufzuweisen haben. Wurden 1974 auf der Gründungs veranstaltung etwa 25 Schüler der Klassenstufen 10 bis 12 als erste Mit glieder in die Schülergesellschaft aufgenommen, so liegt die Mit gliederzahl seit einigen Jahren etwa bei 180. Bereits mit Beginn des Schuljahres 1975/76 konnte schon mit der Klassenstufe 6 begonnen werden, Mitglieder aufzunehmen. 1980 kam noch ein spezieller Zirkel für Schüler aus Leipziger Berufs schulen dazu, geleitet von Dr. D. Sosna. Seit dem Schuljahr 1980/81 wurden die besten und bei den Ma ¬ thematikolympiaden erfolgreichsten Schüler der Klassenstufen 11 und 12 in Spitzenzirkeln zusammengefaßt, um sie noch intensiver fördern und fordern zu können. Jetzt gibt es diese Spitzenzirkel schon ab Klas senstufe 9. Dr. H. Englisch und Dr. U. Quasthoff, die solche Zirkel lei ten bzw. leiteten, waren früher selbst erfolgreiche Teilnehmer bei Internationalen Mathematikolym- piaden. Die Zirkelleiter der MSG sind meist Mitarbeiter, Forschungs studenten oder Studenten der Sek tion Mathematik, aber auch einige inzwischen in der Praxis tätige Ab solventen. Für viele Themenkom plexe gibt es durchdachte Zirkel konzeptionen. Vor allem Lehrerstu denten tragen durch Diplomarbei ten zur inhaltlichen und metho dischen Gestaltung der Zirkel auf der Grundlage der Schullehrpläne bei. Auch in den nächsten Jahren sollen die MSG-Programme mit Hilfe von Diplomarbeiten erweitert und ergänzt werden. Die Tätigkeit Kurz vorgestellt: Genosse Dr. Heinz Voigt - Sekretär der Mathematischen Schülergesellschaft Dr. Heinz Voigt, Oberassistent an der Sektion Mathematik, ' ist seit 1977 Sekretär der Mathematischen Schülergesellschaft — eine Auf gabe, die er mit großem Enga gement ausführt. Schließlich ist er (Jahrgang 1949) selbst durch die Mathematikolympiadenbewegung zum Studium der Mathematik an geregt worden, hat als Schüler bzw. Lehrling selbst Mathematikzirkel be sucht und war mehrmaliger Teil nehmer an DDR-Mathematikolym piaden. Nach dem Abschluß einer Lehre als Betriebsschlosser im Bergbau im VEB Zentralwerkstatt Regis nahm er ein Mathematikstudium an der Karl-Marx-Universität auf. Auf grund seiner wissenschaftlichen Lei stungen und gesellschaftlichen Ak tivitäten wurde er nach dem Stu dium als Assistent an der Sektion Mathematik eingestellt. 1979 pro movierte er mit magna cum laude über Probleme der semi-infiniten li nearen Optimierung. Sein jetziges Interesse gilt der Transportoptimie rung. Seit 1982 ist Genosse Dr. Voigt, der seit 1969 Mitglied der SED ist, Parteigruppenorganisator des Wissenschaftsbereiches Opti- mierung/Stochastik. Dr. Voigt hat selbst mehrere Jahre an der Mathematischen Schü lergesellschaft Zirkel geleitet. Er hat sich um die Durchführung der jährlich in den Sommerferien stattfindenden Spezialistenlager für Junge Mathematiker verdient ge macht und hat auch im Rahmen der Schülerakademie Leipzig be reits einige Vorträge gehalten. Ge nosse Voigt bemüht sich stets, die Schüler mit den ernsten, aber auch den heiteren Seiten der Mathema tik vertraut zu machen und ihnen dabei auch von seinen Lebenserfah rungen etwas mit auf den Weg zu geben. von Studenten als Zirkelleiter ist Be standteil des Jugendobjektes. „Stu denten der Sektion Mathematik ar beiten mit der Schuljugend“. Zu die sem Jugendobjekt gehört auch die Arbeit mit den Kindern und Jugend lichen im Bezirksmathematikspe zialistenlager. Auch hier gab es in diesem Jahr ein Jubiläum, nämlich das 20. Spezialistenlager des Bezir kes Leipzig. Lehrerstudenten unse rer Sektion haben am Gelingen die ser Lager immer einen großen Anteil. Einen wichtigen Beitrag leistet die MSG, zusammen mit weiteren Wissenschaftlern und Studenten, auch alljährlich bei der Vorberei tung und Durchführung der Bezirks mathematikolympiade. Das gute Ab schneiden bei Mathematikolympia den ist aber nur eine Seite der außerunterrichtlichen Beschäfti gung mit Mathematik. Mindestens ebenso wichtig erscheint die Ver mittlung einer über den Schulstoff wesentlich hinausgehenden Einsicht in die Wissenschaft Mathematik, einer realistischen Vorstellung von ihrem Studium an einer sozialisti schen Universität und dem späteren Einsatz als Mathematiker. Dazu die nen die in der Regel zur Eröffnung und zum Abschluß eines .Schuljah res von Professoren und Dozenten unserer Sektion gehaltenen Vor träge. In einer stärkeren Einbezie hung von Hochschullehrern hach so wjetischem Muster liegen sicher noch Reserven für eine intensivere Arbeit mit den besten Schülern. Mit Interesse wurde von den bei der Festveranstaltung Anwesenden die Ankündigung von Prof. Dr. Schumann aufgenommen, daß mit Beginn des Schuljahres 1985/86 in Leipzig zwei Spezialklassen für Ma thematik, Physik und Informatik ge gründet werden sollen. Für die MSG ergibt sich dadurch eine neue Situation, und es muß noch überlegt werden, wie sie für die Talenteför derung durch die MSG bestmöglich" genutzt werden kann. Eine Bilanz über .10 Jahre Arbeit der MSG ist auch Ausgangspunkt für zukunfts- bezogene Überlegungen. Die Ent wicklung der Mathematik und ihrer sich rasch verbreitenden Anwen dungsmöglichkeiten, aber auch Ten denzen der Schülerinteressen gilt es in der weiteren Arbeit in stärkerem Maße zu berücksichtigen. Taschen rechner und Heimcomputer rücken mehr und mehr ins Blickfeld. In die sem Zusammenhang werden Me thoden der numerischen Mathema tik und Programmiersprachen für viele Schüler von größerem Inter esse. Auch die Arbeit der Schüler unmittelbar am Rechner kann im Zirkel interessante Anregungen bringen. In den oberen Klassen gibt es schon gute Ansätze, daß der Be griff „Informatik“ nicht nur als Mo dewort verstanden wird, sondern auch mjt Leben erfüllt wird. M. DEWESS, Sektion Mathematik Drei Monate am Vereinigten Institut für Kernforschung in Dubna Im Sommer vergangenen Jahres arbeitete Dr. Christian Zylka von der Sektion Physik, WB Quantenfeldtheorie, drei Mona te am „Laboratorium für Theo retische Physik" des Vereinig ten Institutes für Kernforschung (VIK) der sozialistischen Länder in Dubna (UdSSR). Dieses Institut, an dem Wissen schaftler aus Bulgarien, Ungarn, der SRV, der DDR, der KVDR, Kuba, der MVR, Polen, Rumänien der CSSR und natürlich der UdSSR ar beiten, wurde 1956 gegründet und dient hauptsächlich der theore tischen wie experimentellen Grund lagenforschung. Schon die Namen der einzelnen Laboratorien des VIK vermitteln einen guten Eindruck von dem Spektrum der bearbeiteten Aufgaben: Das Labor für Kernpro bleme, das Labor für hohe Ener gien, das Labor für Kernreaktionen, das Labor für Neutronenphysik, das Labor für Rechentechnik und Auto- matisation, die Abteilung für neue Beschleuniger und das Laborato rium für Theoretische Physik. Ein jedes Labor ist mindestens so groß wie die gesamte Leipziger Sektion Physik und wird von weltberühm ten Wissenschaftlern geleitet. Naturgemäß verfügt eine solche Einrichtung über vielfältige inter nationale Kontakte, so auch zu unse rer Universität. Sehr gute und tra ditionsreiche Verbindungen existie ren speziell auf dem Gebiet der Ma thematischen und Theoretischen Physik, die durch langjährige Ar beitsaufenthalte der Professoren A. Uhlmann, G. Laßner und D. Roba- schik begründet und ausgebaut wur den. Solche eingespielten Beziehun gen gestatten es beispielsweise auch, schon sehr junge Leute wir kungsvoll in Dubna arbeiten zu las sen. So war Christian Zylka noch Student des 4. Studienjahres, als ihn Prof. Uhlmann zum ersten Mal nach Dubna schickte. Hier hielt er einen Vortrag und kam so zu seiner internationalen „Feuertaufe“. „Das sind bleibende Eindrücke“, meint er, „wir sollten alle Möglichkeiten, schon jungen Wissenschaftlern sol che Grunderlebnisse zu verschaffen, verantwortungsvoll prüfen und aus schöpfen.“ Dubna, etwa 100 km nördlich von Moskau gelegen, ist eine Stadt, die mit dem Institut entstand und de ren ganzes Leben auf das Institut zugeschnitten ist, ihm dient. Von Dubna-Fahrern werden einhellig die guten Arbeitsbedingungen ge lobt: Ein Institut, zu dem man Tag und Nacht Zutritt hat, in dem man also rund um die Uhr arbeiten kann, wenn man das möchte, eine gute Bibliothek und vor allen Din gen zahlreiche sachkundige und kri tische Gesprächspartner. Sogar die meisten Straßen sind nach Physi kern benannt, das Cafe heißt „Neu trino“ und die Buchhandlung „Heureka“ ... All das zusammen mit der angenehmen landschaftli chen Lage gibt Dubna seine beson dere Atmosphäre. „Da kann man schon was schaf fen“, resümierte Christian seinen Aufenthalt und erklärte schmun zelnd, daß er einige knifflige Sachen aus seiner „immerwährenden Pro blem-Kartei“ gelöst habe. Dann erzählte er begeistert von physika lischen und philosophischen Fragen, die mit dem, was man so „Zeit“ nennt, verknüpft sind, vom 2. Haupt satz der Thermodynamik, von Zu ständen physikalischer Systeme, die immer „gemischter“ werden, von Prozessen die nur vorwärts und nicht rückwärts ablaufen, von hei ßen Körpern, die sich abkühlen, von Carnot-Maschinen, die von Tem peraturdifferenzen „leben“, von Computern, auf denen man das al les sogar sehen können soll und schließlich träumte er von tech nischen und technologischen Ver fahren, für die solche eigentlich sehr theoretischen Dinge einmal wichtig werden könnten ... Natürlich „vorwärts und nicht zu rück“ — wie die Prozesse über die er nachdenkt — möchte man diesem jungen Physiker zurufen, S. G. Revolution 1905/07 in Rußland Vor 80 Jahren, am 9. Januar 1905 (dem 22. Januar neuen Stils) begann in Rußland die er ste bürgerlich-demokratische Re volution. An diesem Tage ver sammelten sich in Petersburg 140 000 Arbeiter, um mit einer friedlichen Demonstration unter Führung des Popen Gapon dem Zaren Nikolai II. eine Petition zu überreichen. Die Hoffnung der Arbeiter auf das „gute Väterchen Zar“ war nicht zuletzt durch Gapon, der sich seit 1904 das Vertrauen der Arbeiter Petersburgs erschlich, gefördert worden. Doch die Antwort des Zaren stand schon bereit: Kosaken stürzten sich mit blankem Säbel auf die wehrlose Menge, Gewehr kugeln trafen wahllos Kinder, Frauen und Männer. 4600 Tote und Verwundete waren die Op fer dieses blutigen Sonntags. — „Es gibt noch kein revolutionä res Volk in Rußland“ hatte zwei Tage vor dem Blutsonntag der damalige Führer der russischen Liberalen Struve geschrieben. Die Antwort der russischen Proletarier auf das Blutbad von Petersburg machte seinen Irrtum offensichtlich: am 10. (23.) Januar begann in Peters burg und Moskau der Ge neralstreik, weitere Städte folg- ten. Insgesamt streikten im Ja nuar 1905 in Rußland 440 000 Ar beiter (im gesamten davorliegen In Persien begann im Dezember 1905 die Erhebung gegen das reaktionäre Schahregime. Es wur den sowjetähnliche Organisatio nen, die Endzumene gebildet. In Deutschland kam es eben falls 1905 zu einem Aufschwung der Streikbewegung. Der Streik der 260 000 Bergarbeiter an der Ruhr wurde im Februar 1905 mit größerer Konsequenz fortgesetzt. Jetzt wurden auch politische For derungen wie z. B. nach Reform des Wahlrechts erhoben. Im Ja nuar 1905 wandten die Hambur ger Arbeiter erstmals in Deutsch land den politischen Massen streik als Waffe im Klassen kampf an. Die Streikbewegung wurde massenhafter — 1905 streikten fast viermal soviel Ar beiter in Deutschland, wie 1904 — und intensiver. Früher passive Schichten der Arbeiterklasse konnten in den Kampf einbezo gen werden. Dazu trug auch die Gründung proletarischer Ju gend-, Frauen- und Sportorgani sationen in dieser Zeit bei. Die russische Revolution führte zu harten Diskussionen in der in ternationalen Arbeiterbewegung, die die Spaltung in der II. Inter nationale vertieften. Die rechten Führer sozialistischer Parteien (Bernstein, Ladsari) sahen die russische Revolution lediglich als nachgeholte bürgerliche Revo lution an, die uninteressant für das Proletariat des Westens sei. Der politische Massenstreik als Waffe im Klassenkampf Vor 80 Jahren: Wichtige Erfahrungen des russischen Proletariats für die internationale revolutionäre Bewegung den Jahrzehnt betrug die Zahl der Streikenden 430 000). — Mit den Januarereignissen begann die erste bürgerlich-demokrati sche Revolution in der Epoche des Imperialismus. Ihre bürger lich-demokratischen Aufgaben, wie Durchsetzung des Achtstun dentages, Lösung der Agrar frage, Einführung einer Verfas sung und der Pressefreiheit wa ren unter den Bedingungen des Imperialismus dialektisch mit dem Kampf um den Sozialismus verbunden, wie Lenin in seiner Schrift „Zwei Taktiken der So zialdemokratie in der demokra tischen Revolution“ im Juli 1905 herausarbeitete. Das Haupt kampfmittel der Revolution, der politische Generalstreik, trug pro letarischen Charakter, die füh rende Kraft der Revolution war das Proletariat. • Im Oktober und Dezember er reichte die Revolution ihre Hö hepunkte. Im Oktober standen 2 Mio. Werktätige unter der Lo sung „Nieder mit der Zarenre gierung“ im politischen General streik. Im Dezember mündete die Streikbewegung in den be waffneten Entscheidungskampf zwischen Zarismus und Proleta riat, den bewaffneten Dezember aufstand in Moskau u. a. Städ ten. 8000 organisierte und bewaff nete Arbeiter leisteten in Mos kau unter Führung der Bolsche- wiki neun Tage lang den zaristi schen Truppen heldenhaften Wi derstand. — Mit der Niederlage der bewaffneten Dezember kämpfe begann der Rückzug der Revolution, der bis zum Staats streich vom 3. Juni 1907 an dauerte. Der Zarismus unter drückte die revolutionäre Bef wegung mit grausamem Terror und baute seinen Pakt mit der Bourgeoisie aus. Die Revolution 1905/07 fand ein breites Echo in der. interna tionalen revolutionären Be wegung. Mit den Januartagen 1905, der Niedermetzelung fried licher Demonstranten in Peters burg, endete die „lange Epoche der politischen Reaktion, die fast ununterbrochen seit der Zeit der Pariser Kommune in Europa herrschte.“ — Zunächst aus Pro test gegen den Blutsonntag, dann mit politischen Forderungen an die eigenen Regierungen ver bunden. nahm die Aktivität der internationalen Arbeiter- und na tionalen Befreiungsbewegung einen bedeutenden Aufschwung. In Österreich-Ungarn kam es 1905 zum Generalstreik für das allgemeine Wahlrecht und zum Ausstand der tschechischen Eisenbahner. In der Armee brei teten sich Befehlsverweigerun gen und Unruhen aus. In Frankreich fand im Herbst 1905 der erste politische Streik der Staatsangestellten statt. In Großbritannien begann 1905 die organisierte Arbeitslosenbewe gung, 1907 fand der erste Gene ralstreik der Eisenbahner statt. Sie erkannten dem russischen Proletariat lediglich die Role eines passiven Helfers der Bour geoisie in der bürgerlich demokratischen Revolution zu. Demgegenüber erkannten die lin ken Kräfte der II. Internatio nale, wie R. Luxemburg, J. Guesde, P. Lafargue, die Weltbe deutung der russischen Revolu tion: sie zeigte, daß das Proleta riat in der Epoche des Imperialis mus bereits Hegemon der bür gerlich-demokratischen Revolu tion ist,. damit eine neue Funk tion im revolutionären Weltpro zeß hat. Gleichzeitig damit verdeut lichte die Revolution, daß sich das Zentrum der revolutionären Arbeiterbewegung nach Rußland verlagert hatte. - Von dieser .Er kenntnis ausgehend forderte C. Zetkin, die politische Linie des deutschen Proletariats unter Beachtung der Erfahrungen des russischen Proletariats um zugestalten. Es ging z. B. darum, den politischen Massenstreik als neues Kampfmittel' zu rezipie ren. R. Luxemburg betonte, daß der politische Massenstreik kein Kampfmittel um einzelne Re formen sei, sondern sich gegen die politische Macht der Bour geoisie richte und das Proletariat an den bewaffneten Aufstand heranführe. — In den Auseinan dersetzungen um die Erfahrun gen der russischen Revolution zwischen Marxisten und Revisio nisten ging es letztendlich darum, inwieweit die neuen Klas senkampfbedingungen in der Epoche des Imperialismus er kannt und ob der Weg der Revo lution oder der Reformen ge- wiesen wurde. Der Sieg der Ok toberrevolution und die erfolg reiche Entwicklung des soziali stischen Weltsystems bestätigten seit 1917 die revolutionären Schlußfolgerungen der linken So zialdemokraten aus der bürger lich-demokratischen Revolution in Rußland 1905/07. CLAUDIA DENKS, Sektion Geschichte Plakatentwurf zum 60. Jahrestag der Oktoberrevolution. Repro: UZ
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