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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1983
- Erscheinungsdatum
- 1983
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-198300001
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- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19830000
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- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
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- Parlamentsperiode
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Zeitschrift
Universitätszeitung
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Band
Band 1983
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Band 1983
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Die Kameliendame Die 22. Verfilmung nach dem gleichnamigen Roman von Alexandre Dumas Isabelle Huppert ist für viele Ki- nogänger allein der Grund, die 22. Filmversion der „Kamelien dame“ anzusehen. Ihr Name hat immer die Erwartungen erfüllt, die an ihren Namen geknüpft sind. Sie verkörpert einen un gewöhnlichen, ganz aus dem Schema fallenden Typ: Halb Kind, halb Frau, zart, schmal und schön, scheinbar nur ihren inneren Gesetzen folgend, wan delt sie wie ein blasser Hauch zwischen geschäftigen Geld- und Schicksalmachern. Jenseits von Gut und Böse gibt sie sich mit ungebrochener Gefühlskraft und Willensstärke den Menschen hin, die ihr Leben vereinnahmen, um es wieder fallenzulassen: So auch in der „Spitzenklöpplerin“ (1976) und in „Erbinnen“ (1979). Faszinierend ist nun in dem neuen Film zu erleben, wie diese Schauspielerin in ihrer stillen Anmut und Grazie die Rolle einer erotisch herausfordernden und gebieterischen Kurtisane meistert. Durch Isabelle Huppert wird der sinnenprächtige, von Musik und betörenden Farben er füllte Film auf einer unsentimen talen Ebene gehalten, die dem Zuschauer inmitten seiner Anteil nahme immer wieder Distanz ein räumt. So ist unter Zuhilfenahme von dokumentarischem Material aus der tränenrührigen Geschichte der „Dame aux Camelias“ von Alexandre Dumas eine realisti sche Annäherung an die histori sche Gestalt der Alphonsine Ples sis unternommen worden. Diese „schönste Kurtisane von Paris“ war die Geliebte Dumas’, die 23jährig an Schwindsucht starb und der er 1848, ein Jahr nach ih rem Tod, mit seinem Roman ein Denkmal setzte. Bei Dumas han delt es sich um die idealisierte Gestalt der hochherzigen Sünde rin — hier unter den Namen Marguerite Gautier —, die ihre Liebe zu Armand Duval, einem jungen Mann aus höheren Krei sen, den gesellschaftlichen Nor men opfert. Erst vor ihrem Tod klärt sich dem Geliebten Mar guerites selbstloses Trennungs motiv auf, und es kommt zu einer melodramatischen Ver söhnung. In der vorliegenden Filmversion Mauro Bologninis wird der soziale „Aufstieg“ Al- phonsines, aus der Armut in die Salons der Reichen vorgeführt, wo sie es lernt, selbst Kapitalien anzuhäufen. Nicht sie gibt ihre Ansprüche auf, sondern ihr Ge liebter — im Film wirklich als Dumas dargestellt — verläßt Al phonsine Plessis alias Marie Du plessis, weil er sie nicht mehr be zahlen kann. Eine weitere realistische Di mension erhält der Film durch die Rahmenhandlung, in der die aufsehenerregende Theaterauf führung der „Kameliendame“ 1852 im Theatre Vaudeville un ter Anwesenheit des aus seiner ehemaligen Mesalliance Kapital schlagenden Dumas gezeigt wird. Im Publikum ist der Vater Al- phonsines, der Mann, der Alphon sine als erster für Geld vermie tete und der ihr Diener, Manager und Freund war, dargestellt von Gian Maria Volante. Er zerreißt für Augenblicke dem skandal hungrigen Publikum den Schleier der Illusion und führt auch dem Filmzuschauer mit Iro nie vor Augen, wie die bürgerli che Gesellschaft diejenigen zu Heiligen macht, die sie gestern fast als Ketzer verbrannt hätte. Ein Film, den man ansehen sollte. Juliane Herzog, Sektion Germ.-Lit. Veranstaltungen der KB-Hochschulgruppe In der Veranstaltungsreihe: „Universitätsgeschichte“ hält am 20. Januar, 19.30 Uhr, in der mb Prof. Dr. phil. Werner Wolf einen Vortrag zum Thema: „Leip zig im Leben Richard Wagners“. Am Mittwoch, dem 26. Januar, 19.30 Uhr, spricht Prof. Dr. sc. Walther Siegmund-Schultze von der Martin-Luther-Universität Halle und Mitglied des Luther- Komitees der DDR, über „Martin Luther und die Musik“. Die Ver anstaltung findet im Haus der Wissenschaftler statt. Mit Erich Kästner in der Weimarer Republik Anmerkungen zur Inszenierung „Auch Anmut kann erschüttern" des Poetischen Theaters „Louis Fürnberg“ Der kunterbunten Pressestim- men-Kollektion zu Aufführungen des Poetischen Theaters „Louis Fürnberg“ in den letzten 15 Jähren — als Anlage zum originellen „Pro grammzettel“ der jüngsten Stu- diobühnen-Inszenierung — ist zu entnehmen, daß mit dem Erich- Kästner-Abend „Auch Anmut kann erschüttern“ offensichtlich die er folgreiche Reihe szenischer Porträts nach Ringelnatz, Mühsam, Brecht, Morgenstern und Heine weiterge- fhührt werden soll. Für das „Schuljahr im KLASSEN- Zimmer der Weimarer Republik“, wie es im Untertitel heißt, stellte Re gisseur Dr. Bernhard Scheller aus Kästners lyrischem Schaffen eine recht umfangreiche Auswahl : zu sammen, die den militarismusfeind lichen, jedoch Demokratie und so zialem Fortschritt verbundenen linksbürgerlichen Dichter - Erich gleich er sich doch — erinnert man sich der autobiographischen Skizze „Kästner über Kästner“ — als Mora list. Rationalist und „Urenkel der deutschen Aufklärung“ verständen wissen wollte, „zugetan den drei un veräußerlichen' Forderungen: nach der Aufrichtigkeit des Empfindens, nach der Klarheit des Denkens und nach der Einfachheit in Wort und Satz.“ Dieser , in der gesamten Lyrik und Prosa des Dichters anzutreffenden Prinzipien hätte man sich stärker auch in der künstlerischen. Umset zung der ansonsten sehr treffend ausgewählten Werke Kästners an nehmen sollen, ich will sagen: 1 Warum wird die Lyrik mitunter so Publikum haben sichtbar gleicher maßen Vergnügungen an der (Neu-)Entdeckung. Kästnerscher Ge dichte, ob nun vertont oder gespro chen: „Kästners Lyrik ist oft be schrieben worden: ihr nüchterner Stil und ihre originellen Bilder, das Episch-Balladeske und das Ratio nal-Visionäre, der pointierte' Witz und die elegische Skepsis. Schwulst fehlt und mit ihm das Abstrakte... .Was Kästner lyrisch porträtiert, ist eine bürgerliche Welt, eine Welt in bürgerlicher Sicht“. Wie Gerhard Seidel treffend im Nachwort des Re- clam-Gedichtbandes „Die Zeit fährt Auto“ vermerkt. hektisch vorgetragen, muß der eigentlich doch zu spürenden Kurz weiligkeit in der Konzeption mitun ter durch ein Übermaß an „action" auf der Bühne zugesetzt werden? Ohne Frage: Dieser Charakteri stik wird die Inszenierung inhalt lich, gerecht, was so hervorragend in terpretierte Texte, wie „Kennst du das Land, wo, die . Kanonen. blü hen?“, „Die Tretmühle“, „Stimmen Am 14. Dezember 1982 erlebte das „Ernst-Beyer-Haus" eine weitere Premiere der Studiobühne der Karl-Marx- Universität. Mitglieder des Poetischen Theaters „Louis Fürnberg" haben das Stück: „AUCH ANMUT KANN ER SCHÜTTERN - Das Schuljahr im KLASSEN-Zimmer der Weimarer Republik", (ein anti-imperialistischer, anti-mili taristischer Kästner), mit viel Schwung und Begeisterung einstudiert und erfolgreich geprobt. Dr. Bernhard Scheller, der übrigens auf seine 20jährige Mitarbeit an und auf der Studiobühne zurückblicken kann, wählte dieses tück aus Texten Erich Kästners aus und führte die Regie. Den Dar stellern Katharin Kunkel, Helga Sylvester, Katja Winkler, Michael Hametner, Klaus Heyne, Peter Porsch, Werner Stu ber, Dietmar Voigt, dem „Musikus" Hubertus Schmidt und den zahlreichen Helfern beim Gelingen dieser Aufführung forderte es einiges an Leistungen ab und machte ander seits auch sehr viel Spaß. Fotos: Kühne aus dem Massengrab“ u. v. a. be legen, die gleichzeitig deutlich Par allelen zur kapitalistischen Welt der Gegenwart deutlich werden lassen. Fazit — insgesamt ist der Stu diobühne der . Karl-Marx-Universi- tat mit „Auch Anmut kann erschüt tern“ eine ‘Ensembleleistung gelun gen, die unbedingt erlebenswert ist, auch , wenn manche Frage des künst lerischen Wie zu diskutieren bleibt. F. W. Kästner (1899 — 1974) als'satirisch- Hinsichtlich der Quantität eingesetz- bissigen Chronisten der Weimarer ter künstlerischer Mittel wie auch Ära zeigt. Dieser anzuerkennenden -der gesamten Textauswahl wäre, si- Absicht wird das (meines Erachtens etwas überladene) knapp zweistün dige Programm vollauf gerecht, und dennoch bezweifle ich, ob — im Rahmen der Möglichkeiten eines Theaters — Kästners Werk und Weltbild wirklich korrekt und voll ständig zum Ausdruck kommen. Liegt der Schwerpunkt in diesem Programm nicht ein bißchen zu stark auf dem Satiriker Kästner, ob- cherlich weniger in diesem Pro gramm manchmal mehr... Den noch : Das Programm, so wie es ist, ver liert dadurch weder an Aussa ge- noch Überzeugungskraft, was ja auch die zustimmenden Reaktionen den Publikums beweisen. Sowohl Darsteller als auch das — bedingt durch Platzmangel — relativ kleine Sehenswertes aus Holz, Stein und Glas Besuch der Ausstellungshalle am Fucik-Platz Stimmt, sie ist ja dieses Jahr noch bis zum 3. April geöffnet. Doch es gibt so viel zu sehen. Ich wollte auch nur „mal so gucken", was Sache ist, Überblick ver schaffen, weil ich gerade in Dresden war. Steckengeblie ben bin ich und kam nicht wieder los. Dabei war ich nur etwas über vier Stunden in der Halle am Fucik-Platz. Hier kommt eigentlich jeder auf seine Kunstkosten. Nicht nur die holde Weiblichkeit drängelte sich an den Schmuck vitrinen oder dachte sich einen großen bunten Blumen strauß in die Galerie von schwungvoll geformten Keramik gefäßen. Erstmals treffen Fotofreunde mit einer kleinen aber se henswerten Schau auf ihr Metier. Viel wunderschönes, sinnvolles Spielzeug für unsere Kleinen, das meiste Zum Probieren, ist da. Ein kleiner Bub wollte gar nicht wieder weg vom Kinderspielplatz mit Re genbogenrutsche, Riesenschildkröte, Holzkamel und vielem mehr. Porzellan, Glas, Kleidung, die besten Plakate, gestaltete Bücher, Karikatur zum Schmunzeln, Malerei und Szenogra fie im Albertinum und im Schloß... Ich glaube, ich höre erst einmal auf. Seht es Euch am besten selbst an. Die IX. Kunstausstellung der DDR - Dresden ist nur eine gute Zugstunde von Leipzig entfernt - öffnet täglich (außer donnerstags) von 10 bis 18 Uhr ihre Pforten. Text und Foto: Peter Redlich Aufgelesenes Gelehrt sein hilft nichts, wenn an dere nichts davon haben. Ist deine Rede noch nicht ganz reif, so pfeif. Erst der letzte Schritt bringt auf die Spitze des Berges. Gute Gedanken brauchen wenig Worte. Wen die Nachwelt loben. soll, der muß für die Umwelt was tun., Einen Weisen fragen, ist der Anfang der Weisheit. Gut meinen und gut machen sind ganz verschiedene Sachen. Der Weise ändert seine Meinung wenn er irrt, der Narr steht auf dem Kopfe. Drei Dinge fördern das Studieren: Fragen, Behalten und Repetieren. Ein schlechter Schreiber verdirbt viel gutes Papier, Der Weise sucht die Weisheit, der Narr hat sie gefunden. Es sind nicht in allen Muscheln Per len, aber man muß sie alle durchsu chen. Wer gebären will, muß erst schwan ger sein. Ein Esel, der Bücher trägt, wird des halb kein Doktor. Leg dein Ei ohne Geschrei. Kluge Leute irren auch, aber nicht so oft als dumme. (Aus „Scheidemünze“, Verlag Volk und Wissen Berlin) W ährend bis vor vier, fünf Jahren noch die Rolling Sto nes, Pink Floyd oder Deep Purple zum gängigen Disko- Repertoire gehörten, setzte sich seitdem immer spürbarer eine musikalische Richtung durch, die. „Neue Deutsche Welle“. Auch die DDR-Rock- und Tanz musikentwicklung blieb davon nicht ganz unberührt, so daß ei nige Anmerkungen zu dieser fragwürdigen „Novität“ gestattet seien. Ausführlich widmete sich Lutz Bertram in der Nr. 8/82 der „me- lodie und rhythmus“ diesem Thema, und er wies darin über zeugend nach, daß der durch ein flußreiche BRD-Plattenkonzerne und -Massenmedien geprägte In dustriebegriff „NDW“ seinen Vorläufer in der „Westberliner Szene“ hatte. Diese wiederum kam etwa in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre ins Ge spräch: Als sich in Westberlin die kapitalistische Krise wie im internationalen Maßstab zuneh mend verschärfte, dabei u. a. vor allem die Zahl jugendlicher Ar beitsloser anwuchs, die Auslän derfeindlichkeit verheerende Auswüchse annahm, die Zahl der Drogenabhängigen und -to- mit teilweise gesellschaftskriti schem Einschlag, die an die Pro bleme der Jugend aus der Welt des Kapitals anknüpften: Ar beitslosigkeit, Zukunftsangst, Ge fühlskalte, Abkühlung der zwi schenmenschlichen Beziehungen, Plattenfirmen und BRD- Massenmedien hielten ihre Zeit für gekommen — einmal aus kommerziellen Gründen, an dererseits, um diese Welle unter ihre Kontrolle zu bekommen — und tauschten den Begriff „West berliner Szene“ kurzerhand ge gen „Neue Deutsche Welle“ aus: Kommerzielle Riesenerfolge stan den Plattenfirmen, Werbeagen turen und Massenmedien ins Haus, nachdem in der „Neuen Deutschen Welle“ für eine ent sprechende stilistische Note und passende Etikettierung gesorgt war. Von vornherein zeigte sich der Einfluß der Unterhaltungs industrie auf die Texte der unter Vertrag genommenen Gruppen, um das Aufbegehren gegen die politischen Zustände mehr und mehr in pessimistische, destruk tive, zum Teil auch aggressive Bahnen zu lenken. Das verdeut lichen nicht nur die Namen plötz lich dazugekommener Gruppen wie „Labyrinth“ oder „Angst“, Neues Etikett für Packung ohne Inhalt Wie neu ist die „Neue Deutsche Welle“? oder: Rummel um einen Industriebegriff in der BRD ten erschreckend schnell stieg, Miet- und Grundstückspekula tionen zu Hausbesetzungen führ ten, kurz: als die Jugend West berlins in der zweiten Hälfte bis Ende der siebziger Jahre immer deutlicher den Rechtsruck der von SPD/FDP geführten Senats politik zu spüren bekam, suchte sie nach Auswegen und Mitteln, um auf die miese soziale Lage der Opfer dieser krisen haften Entwicklung in Westber lin hinzuweisen. Das sollte sich fortan auch im Ausprobieren neuer kultureller Formen widerspiegeln — so auch in der Suche nach Möglichkei- ten, über die Rockmusik weite Kreise auf die akuten sozialen Probleme der Gegenwart auf merksam zu machen. W enngleich Westberlin (wie auch die BRD) bis zum Ende der siebziger Jahre vornehmlich zu den Importeuren englischer und amerikanischer Pop- und Rockproduktionen ge hörte, und Rockmusik in deut scher Sprache. als. verpönt und nicht angemessen galt (von Aus nahmen wie „Lokomotive Kreuz berg“ einmal abgesehen), so wurde sie plötzlich, „in“, eröff nete sich doch damit die Möglich keit, direkt und unmißverständ lich, ein noch größeres Publikum zu erreichen. Auffallend an den existenzfä higen Gruppen Westberlins jener Zeit war, daß sich 1978/79 zu nehmend stilistische Elemente des aus Großbritannien im portierten Punk, Reggae und New Wave in Verbindung mit deutschen Texten fanden. Cha rakteristisch wurde eine einpräg same Musik, die „schnell bis ra send ... und ... durchsichtig be arbeitet“ war. „Beim Gesang geht es nicht um die schöne Stimme, sondern um Expressivi tät...“. Die ’ drei wichtigsten Kriterien - Eindeutigkeit, Unmißverständ- lichkeit und Direktheit — zeig ten sich einmal in den meisten Namen der Gruppen (z. B. Ideal, Zwielicht, Tempo, Morgenroth), zum anderen in den meisten Tex ten der „Szene“, stark umgangs sprachlich oder lediglich von Sprachfetzen durchsetzt. „Wir kungsabsicht und Textaussage er scheinen sehr Widersprüch lich ... Geglaubt wird nur noch der eigenen Erfahrung, dem eige nen Gesichtskreis. Die Klassen gesellschaft wird nach der schlichten ,Die-oben-Wir- unten’-Denkart zerlegt. Sehr tief geht also die Analyse nicht.“ Zwar hatten ausnahmslos alle Produkte der „Westberliner Szene“ keine übergreifenden poli tischen Konsequenzen, doch griff etwa 80/81 das rockmusikalisch artikulierte Problembewußtsein der von der Krise besonders be troffenen Jugendlichen auch auf die BRD über. I n relativ kurzer Zeit wurden so erfolgsgewohnten Schlagerster nen wie Roland Kaiser, Bernd Clüver, Marianne Rosenberg und sogar Udo Jürgens der Rang in den einschlägigen BRD-Hitpara- den und der Westberlins streitig gemacht, schien die Zeit ver träumt-realitätsfremder und ver logener Texte, in schöne Me lodien gekleidet, für immer vor bei. Einfluß gewannen zunehmend konkrete, realistische Themen sondern auch Texte wie bei „DAF“ („Deutsch-amerikanische Freundschaft“): „... ich fühl mich so einsam, die Wirklichkeit kommt.“ Gerade bei dieser Gruppe finden sich auch fa schistoide Züge, so im Spiel mit Begriffen aus dem schwarz braunen Vokabular („Tanz den Mussolini“); andere Gruppen wiederum nennen sich großspu rig „Oberste Heeresleitung“ oder „Gesundes Volksempfinden“ — ein klarer Ausdruck für jahr zehntelang systematisch betrie bene Geschichtsbildfälschung und -Verzerrung in der BRD! S o wie die neuen Namen — u. a. Hans-A-Plast, Fehlfar ben, Palais Schaumburg, Einstürzende Neubauten, Zeit- Geist, Prima Klima, UKW, In terzone — qualifizierten sich zu nehmend auch die Texte. Ni- veaulosigkeit, Primitivität und viel Nonsens bestimmen heute die meisten Texte — allein der Kommerz ist ausschlaggebend. Die „Neue Deutsche Welle“ soll berieseln, ablenken, bestenfalls beschwichtigen — mehr nicht. Dazu das DKP-Organ „Unsere Zeit“ vom 7. 10. 82: „Die Schaum schläger der Welle sind mit rheingüldener Elektronikeleganz und aalglatten Dreiklangdi mensionen bei Windstärke Null angekommen. Die neue deutsche Tanzmusik ums goldene Kalb glänzt in kreativer Schlichtheit bis Monotonie. Geldumlauf statt Gehirnwindung!“ „Neue Deutsche Welle“? Diese Bezeichnung irritiert, soll irritie ren! Denn erstens gibt es Rock musik in deutscher Sprache schon seit Mitte/Ende der sech ziger Jahre mit wesentlich an spruchsvollerem Inhalt. Maßgeb liche Verdienste haben dabei vor allem DDR-Gruppen wie die Puhdys oder aus der BRD Floh de Cologne und Kraftwerk. Und was die musikalische Seite be trifft, so waren zweitens zwar schnelle Rhythmen, ungewohnte Rhythmuswechsel und eine ein gängige Melodienführung — ge koppelt mit eindrucksvollen Elek tronik-Experimenten im Pop- Bereich — durchaus etwas Neues, nur: Was ist davon noch geblieben.? Längst ist dortzu lande die „NDW“ wieder auf das Niveau des simpel-kitschigen Ta gesschlagers abgesackt. „Neue Deutsche Welle“ — heute eigentlich nicht mehr als ein Etikett zu einer Packung ohne Inhalt. „NDW — ade. Der Stempel paßt auf alles und nichts, verkauft allerhöchstens ir gendein Industrieprodukt etwas besser, und kein Künstler, der was zu sagen hat, will ihn ha ben.“ U m so unverständlicher, daß selbst profilierte Gruppen der DDR-Rockszene sich ge genwärtig noch von der „NDW“ angezogen fühlen und dabei noch am miesesten „NDW“-Stil anknüpfen, so die Puhdys mit „Jahreszeiten“ (übrigens in der Radio-DDR-Hitparade mit Er folg gespielt). Auch wenn „Jah reszeiten“ wirklich — wie ich neulich hörte - nur eine Paro die auf die „Neue Deutsche Welle“ sein sollte: Ein solches Konzentrat an dümmlicher Ein falt und Ideen- und Geschmack losigkeit ist mir in unseren Me dien lange nicht begegnet. Frank Wetzel
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