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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 2.1958
- Erscheinungsdatum
- 1958
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-195800008
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19580000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19580000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise vorlagenbedingter Textverlust.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 2.1958
-
- Ausgabe Nr. 1, 09.01.1958 1
- Ausgabe Nr. 2, 23.01.1958 1
- Ausgabe Nr. 3, 06.02.1958 1
- Ausgabe Nr. 4, 20.02.1958 1
- Ausgabe Nr. 5, 06.03.1958 1
- Ausgabe Nr. 6, 20.03.1958 1
- Ausgabe Nr. 7, 03.04.1958 1
- Ausgabe Nr. 8, 17.04.1958 1
- Ausgabe Nr. 9, 30.04.1958 1
- Ausgabe Nr. 10, 17.05.1958 1
- Ausgabe Nr. 11, 30.05.1958 1
- Ausgabe Nr. 12, 12.06.1958 1
- Ausgabe Nr. 13, 26.06.1958 1
- Ausgabe Nr. 14, 10.07.1958 1
- Ausgabe Nr. 15, 24.07.1958 1
- Ausgabe Nr. 16, 08.08.1958 1
- Ausgabe Nr. 17, 22.08.1958 1
- Ausgabe Nr. 18/19, 18.09.1958 1
- Ausgabe Nr. 20, 03.10.1958 1
- Ausgabe Nr. 21, 15.10.1958 1
- Ausgabe Nr. 22, 31.10.1958 1
- Ausgabe Nr. 23, 13.11.1958 1
- Ausgabe Nr. 24, 27.11.1958 1
- Ausgabe Nr. 25/26, 19.12.1958 1
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Band
Band 2.1958
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Zum 40. Jahrestag der Novemberrevolution: Rote Fahnen über Leipzig / MonHorslBsutsli.mm sondere Anweisung zugehen lassen, we« sich in Leipzig Aktionen nötig machen. Das Präsidium des großen Arbeiterrat Dr. Geyer, Lieberasch, Kunze, Ellrodt Schroers.“ Nachdem der engere Ausschuß des gro ßen Arbeiterrates dieses Schurkenstüd An einem für Leipzig denkwürdigen Freitag, am 8. November 1918, began nen revolutionäre Soldaten und Matro sen, die sich weigerten, an die Front zu fahren, die Revolution in Leipzig. Sie zogen gegen Mittag vom Hauptbahnhof durch die Innenstadt — in der Peters- Straße wurde ihnen eine rote Fahne zu geworfen — zum Volkshaus (dem heuti gen Ernst-Thälmann-Haus). Die Leipziger Arbeiterschaft solidarisierte sich mit den revolutionären Soldaten und Matro sen und verließ die Betriebe. Es fand sich niemand, der das alte, morsche und überlebte Regime aktiv verteidigte, und so verlief die Revolution in Leipzig ohne jedes Blutvergießen. Das kaiserliche Deutschland war militärisch, ökonomisch und politisch zusammengebrochen. In nerhalb weniger Stunden waren die Ka sernen, das Generalkommando, sämt liche Soldatenquartiere, wie z. B. die „Goldene Krone“, der „Felsenkeller", der „Eiskeller“ u. a. in der Hand der Revo lutionäre. Nach dem Willen der Führer der Leipziger Unabhängigen Sozialdemo kratischen Partei Deutschlands — die USPD dominierte in Leipzig — sollten zwölf Volksversammlungen am 10. No vember in verschiedenen Sälen Leipzigs, fern der Straße, dem Kampfplatz re volutionärer Aktionen, den Ausgangs punkt der Revolution bilden; das be haupteten sie jedenfalls nach der Revo lution. Große Worte der USPD-Führer... Die revolutionäre Erhebung kam für die USPD-Führer so überraschend, daß der Führer der USPD, Lipinski, erst te lefonisch ins Volkshaus gerufen werden mußte, wo sich die revolutionären Sol daten und Matrosen versammelt hatten, um nach dem Vorbild des russischen Proletariats einen Soldatenrat zu wäh len. Während die Soldaten die Revolu tion in der ganzen Stadt durchführten, konstituierte sich die Spitze der Leip ziger USPD zum Arbeiterrat, der mit dem Soldatenrat verhandelte und sich mit ihm zum Arbeiter- und Soldatenrat Leipzig vereinigte. Von Anfang an be herrschte die USPD-Führung den Leip ziger Arbeiter- und Soldatenrat, in dem sie in dem engeren Ausschuß des Arbei ter- und Soldatenrates — später wurde der engere Ausschuß in das Präsidium umgebildet — den Ton angaben und die Politik bestimmten. Ihrem Wesen nach betrieb die USPD eine opportunistische Politik, die mit einem Wust revolutio närer Phrasen übertüncht wurde. Unte r dem Druck der revolutionären Ereignisse faßte der Arbeiter- und Soldatenrat in den Novembertagen eine Reihe für die Revolution bedeuten der Beschlüsse: die Abrüstung der Po lizei — die Uebernahme der militäri schen Gewalt und aller militärischen Einrichtungen durch den Arbeiter- und Soldatenrat — die Verfügung über sämtliche Verbindungsmittel (Bahn, Post etc.) und erklärte, „Arbeiter- und Soldatenrat verfügt über die tatsächliche Macht — Die Durchführung der sozia listischen Republik ist in Leipzig in die Wege geleitet.“ 1) den Polizeiapparat zu übernehmen, protestierten, dementierte der Arbeiter und Soldatenrat seine Meldung, daß Scheib als Polizeidirektor fungiere und ließ den gesamten Polizeiapparat, samt Polizeidirektor, im Amt. Statt die ganze Beamtenbürokratie zum Teufel zu ja gen, bat (!) de r Arbeiter- und Soldaten rat um ein Zimmer mit Telefonanschluß im Neuen Rathaus und die Uebernahme der Ausgaben des Arbeiter- und Solda tenrates. Unter dem Druck der revolutio nären Ereignisse genehmigten (!) der Oberbürgermeister und der Stadtrat dem Arbeiter- und Soldatenrat ein Zim mer und zunächst 20000 Mark. 3 ) Der unter dem Druck der revolutionä ren Massen gefaßte Beschluß des enge ren Ausschusses, Standgerichte im Be reich des 19. Armeekorps einzusetzen, blieb auf dem Papier und wurde nie verwirklicht. Als revolutionäre Soldaten Offiziere verhafteten, die sich geweigert hatten, Befehle des Soldatenrats auszu führen und den Soldatenrat beschimpf ten. ließ der engere Ausschuß des Arbei ter- und Soldatenrates nach kurzer Zeit die konterrevolutionären Offiziere wie der laufen. Der Arbeiter- und Soldatenrat setzte sich auch dafür ein, daß das Lügenblatt der Bourgeoisie, die „Leipziger Neuesten Nachrichten“, nach dem 8. November wieder erscheinen konnte. Revolutio- Indem sich die USPD-Führung äußerst revolutionär gebärdete, sich von den Rechtssozialisten distanzierte und vorerst jede Zusammenarbeit mit ihnen ablehnte, konnte sie sich für eine län gere Zeit über den Arbeiter- und Sol datenrat den politischen Einfluß auf die Leipziger Arbeiterschaft sichern. Be- zeichnend für die Politik der USPD- Führer ist die Tatsache, daß sie nach dem Zerfall der USPD sich ausnahms los wieder in der SPD zusammenfan den. Waffen nicht für, sondern gegen die Arbeiter In wuchtigen Anklagereden und Pro testresolutionen verurteilten die Führer der USPD und des Arbeiter- und Solda tenrates die konterrevolutionäre Ebert- Scheidemann-Regierung, die das Berli ner Proletariat und die Bremer Arbei terschaft blutig niedermetzeln ließ. Aber die von den Leipziger Arbeitern geforderte Bewaffnung und Weiterfüh rung der Revolution führte die USPD- Führung nicht durch. Angesichts des weißen Terrors, der unmittelbar nach de r Novemberrevolution in Deutschland einsetzte, schrieben sie: „Die unabhängige Sozialdemokratie verpönt im politischen Kampf die Ge walt, wie sie es schon bisher getan nachdem die Vertreter der Bourgeoisie im neugewählten Stadtverordnetenkolle gium forderten (das alte Stadtverordne tenkollegium war vom Abeiter- und Sol datenrat aufgelöst worden), die Arbei ter zu entwaffnen, anderenfalls dem Ar beiter- und Soldatenrat kein Geld zu ge währen, beeilten sich die Führer des Ar beiter- und Soldatenrates dem nachzu kommen. Angesichts des drohenden Einmarsches von konterrevolutionären Regierungs truppen im Mai 1919 brachte die KPD- Fraktion im großen Arbeiter- und Solda tenrat den Antrag ein, die Arbeiter schaft beim Einmarsch der konterrevo lutionären Truppen zum Generalstreik aufzurufen und vorher mit allen Mitteln, auch militärischen, die Abwehr zu orga nisieren. Die Führer der USPD und des Arbeiter- und Soldatenrates stimmten wieder unter dem Druck der revolutio nären Massen, die gewillt waren, die Re volution zu verteidigen, dem Auftrag zu. Die Führer unternahmen aber nichts, um die Arbeiter auf den kommenden Kampf vorzubereiten. Im Gegenteil, als dem en geren Ausschuß bekannt wurde, daß die konterrevolutionären Truppen auf Leip zig marschieren und die Kommunisten ein Flugblatt unter der Arbeiterschaft verteilten, daß die Arbeiter zum Kampf aufrief, ließ der engere Ausschuß folgen des Gegenflugblatt verbreiten: Revolutionäre Soldaten demonstrieren durch Leipzig „Eine Irreführung der Arbeiterschaft! Gestern abend und heute morgen sind an einzelnen Stellen der Stadt, in Loka len und auf der Straße Flugblätter von Unbefugten (!) verbreitet worden, die zum Generalstreik auffordern. Sie sind überschrieben: Die Nosketruppen sind da. Die Verbreitung dieser Flugblätter soll die Leipziger Arbeiterschaft in Verwirrungen bringen und zu wilden (!) Aktionen verleiten. — Die Generalstreik aufforderung geht nicht von der Leitung des großen Arbeiterrates aus . . . Die Leitung des Arbeiterrates hat den Generalstreik nicht proklamiert. Die Nosketruppen sind nicht da. Sie wird ihren Vertrauensleuten und Organen be- • veaaema Cine Grgelührung berürbeüerichaht. 8eftes sres ww Jex« asreea sa dastem eckez se %sk i ftek ei an avsh Htesiin •a a 3« &e18st*s a*r**tfiri *0*86%, Jie 8:8*1*,8 tti8 etiar*ss* 8 $ a $breweairbes *ie%e*tetrses:a 1** as! 3 Reskrekssa en Sasotnee US 88 friedex spod * Bergmese arieses wi*ts sese näre Soldaten und Matrosen hatten die sem Hetzblatt der Alldeutschen bei ih rer revolutionären Erhebung einen Be such abgestattet und den Betrieb kur zerhand geschlossen. Der Arbeiter- und Soldatenrat erklärte daraufhin aus drücklich, daß die von ihm verkündete Pressefreiheit für alle gilt. Für die USPD-Führer des Arbeiter- und Solda tenrates stand nicht die Frage: Freiheit für wen? Sie predigten „die reine De mokratie“, unter deren Deckmantel sich die Konterrevolution in Deutschland hat. .. Sie führt deshalb den Kampf nur mit geistigen Waffen und wird es auch weiterhin tun. Sie setzt voraus, daß sich ihre Gegner auf den gleichen Standpunkt stellen.“') Unter dem Druck der revolutionären Massen, die unter dem Einfluß der jun gen Kommunistischen Partei Deutsch lands die Bewaffnung der Revolution nachdrücklichst forderten, begann der Arbeiter- und Soldatenrat während des großen mitteldeutschen Generalstreiks im Februar/März 1919 die Arbeiter- teieea 28 Bzrat*reexfforberang t si44 $0x es $s86** %:8rücetass 826 Zs est*, iz 8: 8cir** sxi. *is *16* (s %e rwi r*ass %tagts 4« ieijes, xs* «W» *et zaltos* i8r* 3a8a%ara eisrgaleRe* ze 2e118*s *r8 $ , *ritss **18 ses $2 *ese,2t, *xttt » $ • 3 atstisxitt %etestevens $6 s $6: *e S wiz8 ixes $6262**836888 x03 tazw tiases %e, rnisa zaacre izr a5% % $Bisc k {rusa *öA% 8aca Des Präleisun des Srse Hcheiterrata 1, 4- -*e *sa, ee-es am*e Dokument des Verrates: der feigen USPD-Führer in der formieren konnte. schäft zögernd zu bewaffnen. Jedoch LVZ vom 16. Mai 1919 an der Arbeiterschaft vollbracht hatte besetzten in der Nacht des gleichen T ges und am anderen Morgen konterre volutionäre Regierungstruppen Leipzig' Eine Welle von Verhaftungen und d Terrors setzte ein. Die USPD-Führer I pinski und Geyer waren „zufällig“ Berlin. Die Leipziger Arbeiterschaft, de? orientiert durch den feigen Verrat de engeren Ausschusses des Arbeiter- uni Soldatenrates, erlebte eine bittere Ent täuschung; aber gleichzeitig gewann si eine wichtige Erfahrung mehr für ihre Kampf. Die Tätigkeit des Arbeiter- und Solda tenrates wie der ganze Verlauf der re volutionären Ereignisse in Leipzig ver mittelten der Arbeiterklasse die richtig Lehre, daß sie nur siegen kann, wem 1 an der Spitze ihres Kampfes eine mar xistisch-leninistische Partei steht. Auch für die Ereignisse in Leipzig tref fen die Worte aus den Thesen des Zen tralkomitees der SED anläßlich des 40 Jahrestages der Novemberrevolution zt „In den ersten Tagen der Revolutio® war der alte monarchistische Staatsap parat vorübergehend gelähmt, und in de Händen der Arbeiter- und Soldatenräte lag anfangs in vielen Orten die real Macht... Aber nur ein kleiner Teil def Räte führte den Kampf um die Zerschla gung des alten reaktionären Staatsapp rates und die Brechung der Macht de Monopolherren und Junker...“ 1945 Lehren des November angewandt Die Arbeiterklasse hatte nur unklar 1 Vorstellungen von den Aufgaben, die sie in der Revolution erfüllen mußten. Des halb war es auch möglich, daß die Leip' ziger Arbeiter und Soldaten den revolur tionären Phrasen der USPD Glaube® schenkten. Heute, nach 40 Jahren, erinnern sich höchstens noch die alten Genossen i Leipzig an das klägliche Versagen de USPD-Führer in der Novemberrevoll tion. Die deutsche Arbeiterklasse hat ihre subjektive Schwäche, keine revoll- tionäre Kampfpartei in der Novemberre volution zu besitzen, überwunden. In Feuer der Novemberrevolution wurde diese Partei, die Kommunistische Parte Deutschlands, geschaffen. Sie bildete die Grundlage für unsere große und stoV Sozialistische Einheitspartei Deutsch lands, die die Lehren der Novemberre volution nach 1945 erfolgreich anwandte die Arbeiterklasse in einem Teil Deutsch lands zum Siege führte und auch der westdeutschen Arbeiterklasse den Wes zu Frieden und Sozialismus weist. 1.) Mitteilungsblatt des Arbeiter, und solde” tenrates Leipzig für das 19. Armeekorps, AuS gäbe A, Nr. 1, S. 2 2) Ebenda, S. 3 3) Stadtarchiv Leipzig: Akten, den Arbeite? und Soldatenrat betreffend, Kapitel 1, Nr. 96 Bl. 12 b 4) Mitteilungsblatt des Arbeiter- und Soldaterr rates Leipzig für das 19 Armee torps, AuS gäbe A, Nr. 1 S. 42 Einige Ratschläge für Agitprop-Gruppen / Klaue Wole Mit Genugtuung lasen die revolutio nären Arbeiter und Soldaten, daß Scheib (USPD) als Polizeidirektor und Seeger (USPD) als Volkskommissar für Leipzig Stadt und die Leipziger Amtshaupt mannschaft eingesetzt worden waren. Als die Arbeiter und Soldaten, die die politische Macht auf der Straße erobert hatten, die Beschlüsse des Arbeiter- und Soldatenrates lasen und die vielen Re den der USPD-Führer hörten, die im mer in der Feststellung gipfelten, das Ziel der Bewegung sei der Sozialismus, wähnten sie das Schicksal der Revolu tion in den besten Händen. ... aber in der Tat die Reaktion begünstigt Die sozialistische Revolution erfordert jedoch, daß die Arbeiterklasse die Grundfrage der Revolution, die Frage der Macht zu ihren Gunsten löst, d. h. den alten Staatsapparat zerschlägt und einen neuen Staatsapparat der Arbeiter klasse schafft. Die USPD-Führer dach ten jedoch gar nicht daran, ihren revo lutionären Reden auch revolutionäre Taten folgen zu lassen. Statt den reak tionären Verwaltungsapparat zu säu bern, bestand der Arbeiter- und Solda tenrat darauf, daß die Verwaltungsge schäfte von den „Personen fortzuführen sind, die dieselben bisher ausgeführt haben." 2 ) Damit verzichteten die Führer der USPD und des Arbeiter- und Soldaten rates freiwillig auf das wichtigste In strument der Arbeiterklasse beim Auf bau des Sozialismus, den Staatsapparat. Das ermöglichte der imperialistischen Bourgeoisie, ihre ökonomische und po litische Macht, die aut das schwerste bedroht war, zu erhalten und wieder zu festigen. Sc war es auch nicht von ungefähr, daß die hohe Bürokratie, an der Spitze der seit 1914 im Amt weilende deutsch nationale Oberbürgermeister Rothe und der reaktionäre Rat der Stadt, die Be- schlösse des Arbeiter- und Soldatenrates sabotierte. Als der Oberbürgermeister und der Rat der Stadt gegen den Be schluß des Arbeiter- und Soldatenrates, Regeln kann keiner einfach erfinden. Erfahrung schafft Regeln. Sie werden im Leben gefunden. Was man Regeln für Agitprop-Arbeit nennen kann, sind: 1. allgemeine Erfahrungen seit Bestehen der Agitprop-Bewegung in den zwanziger Jahren — heute auszuwerten durch Ge spräche mit Veteranen der Arbeiterbewe gung oder ehemaligen Mitgliedern des Kommunistischen Jugendverbandes, durch Studium der Arbeiterpresse der Weimarer Republik, besonders der Arbeiter-Illustrier ten Zetung (AIZ) und durch den gemein samen Besuch des ersten proletarischen Films in Deutschland. „Kuhle Wampe“; 2. allgemeine Erfahrungen der Agitprop- Bewegung in der DDR, die sich in vielem von der Agitprop-Bewegung der zwanziger Jahre unterscheiden muß. die künftig ge nauer vom Sti] des Volkskunstensembles und des Kabaretts zu trennen ist. um eine saubere Agitprop-Arbeit zu leisten, bei der man sich bewußt der Mittel des Ensembles und des Kabaretts bedienen kann; 3. besondere, orts- und zeitgebundene Er fahrungen einzelner Agitprop-Gruppen, die man prüfen und austauschen kann — bei gemeinsamen Auftritten durch die Ver anstaltung von Wettbewerben u. a. Regeln sind nichts anderes als allge meingültige Antworten auf die praktische Frage: „Wie wird es gemacht?“ Ein Thea terstück wird geschrieben und bleibt tot, bis es durch die Gestaltung des Schauspie lerensembles Leben und Wirkung erhält. Lange Probenarbeit geht voraus, in der mittels alter oder soeben gefundener Re geln versucht wird herauszufinden, wie man es am besten macht. Der Zuschauer will das Stück ja nicht lesen. Er will' es sehen. Die Agitprop-Gruppe hat aber kein Theaterstück, keine Spielzeit und keine Anrechtsbesucher. Ihr „Stück“ ist Agita tion und Propaganda auf der Straße, im Restaurant, im großen Kaufhaus und zwar: direkt, ohne Verkleidung, ohne Vorhang und mit den geringsten Mitteln. Die Agit prop-Gruppe trägt eine Argumentation vor. Sie diskutiert gewissermaßen mit dem Ge fühl und mit der Vernunft ihrer Zu schauer. Ihr Stoff wechselt mit den Tagen. Ihr Stoff steht in den Zeitungen, liegt auf der Straße oder in der Luft, wenn man will. Der Stoff wird erlebt. Da kann kein großes Programm in lan ger Probenarbeit gestaltet werden, mit dem man wie eine Gruppe Wanderprediger von Dorf zu Dorf zieht: In einem Dorf gibt es die LPG, Da klappt alles, Im näch sten Dorf gibt es vielleicht noch keine LPG, wo man schnell ein Publikum ver sammeln kann. Soll die Gruppe zu jedem Einzelbauern auf den Rübenacker ziehen? Die Frage ist hier: Was können wir tun, ohne große Umstellung und Vorbereitung, um mitzuhelfen, daß über kurz oder lang eine LPG entsteht? Ihr seht: Eure Agitprop-Gruppen müs sen allen Situationen gewachsen und sehr elastisch sein. Und: Die Truppe muß selbst für ihr Publikum sorgen können. Die Leute sollen stehenbleiben, die Fenster öffnen und „mitmachen“. Es kommt also bei der Agit prop-Arbeit auch in erster Linie darauf an, wie es gemacht wird. Das Wie der Agitprop-Arbeit ist: 1. Knappheit. Zeit ist teuer, denn wir haben Pläne zu erfüllen. Die Zeit ist jäh, jede Stunde ist wichtig. Viele Worte — viel Wasser. 2. Treffsicherheit. Immer ins Schwarze treffen. Ein kurzer Nagel ist schneller ein geschlagen als ein Dutzend Stecknadeln. Dabei müssen die Mittel klug ausgewählt werden. Ilja Ehrenburg sagte: „Mit der Geige schlägt man keinen Nagel ein.“ Mit der Blockflöte ersetzt man keine Pauke. 3. Viel Witz. Ein Witz muß ein Treffer sein, sonst ist er keiner. Worüber man am Biertisch lachen kann, wird nicht immer den gleichen Erfolg bei der Agitation haben und umgekehrt. Ein Beispiel: Großer Mas kenball im Wintergarten 1932. Kostümwett bewerb. Den ersten Preis erhielt ein ge wisser Goebbels. Er kam als Arier. (Nach AIZ.) — Man kann viele ähnliche Witze erfinden. Es darf nur kein Wald-Wiesen- Hummel-Hummel-Humor sein. Eine mög liche Variante dieses Witzes: Kostümwett bewerb beim Kölner Karneval. Den ersten Preis erhielt das Kostüm „Friedensengel“. Sein Träger heißt Adenauer. Und so wei ter. 4. Das Allerwichtigste: Die Parteilichkeit. Darüber etwas mehr: Ihr müßt von An fang an zeigen, wo ihr selbst steht und woher ihr kommt. Sonst kann’s passieren, daß man euch nicht ernst nimmt. Ein Zir kusclown kann in jeder Straße die Pas santen auf sich aufmerksam machen. Es wird ihm nicht schwerfallen. Wenn er aber in seinem bunten Flickenkleid plötzlich beginnt, die Leute von der Wichtigkeit des Maisanbaues überzeugen zu wollen, wird man nur lachen über ihn. Da gilt auch Humor nicht mehr als Vorwand für bereit gestellte Agitation. Erst Späßchen machen, „damit recht viele kommen“, und zum Schluß rote Fahnen schwingen, muß als Bauernfang verboten werden. Ihr geht z. B. in einen Maschinenbau betrieb, in dem, sagen wir. die Gießerei sieben Tage Planrückstand hat, weil die Former schlecht gemischt haben. (Danach müßt ihr euch selbstverständlich vorher erkundigen.) Der Rückstand ist Tages gespräch im Betrieb. Der Quartalsplan ist in Gefahr! Dort werdet ihr wenig nützen, wenn ihr eure Programmnummern nicht immer wieder mit der Kritik an den For mern und der Losung: Holt den Rückstand auf! verbindet. In diesem Maschinenbau betrieb also werden die Arbeiter, wenn ihr ankommt, noch nicht genau wissen: Ist das eine Fußballmannschaft oder eine Ober schulklasse bei der Besichtigung? Aber so bald euer Programm begonnen hat, müs sen sie wissen, wer, ihr seid, und sie müs sen sagen können: „Na warte, jetzt krie gen die Bummelanten in der Gießerei eins aufs Dach!“ Das ist die Parteilichkeit von Anfang an! Die Arbeiter wissen genau, worum es geht. Sie wollen hören, was ihr Neues und Rich tiges zu unserer gemeinsamen Sache zu sagen habt. In diesem Rahmen sind sie euch bestimmt auch dankbar für die Dar bietung guter Gedichte. Lieder oder Szenen. Meistens haben die Zuhörer viel mehr Geduld als man glaubt. Sie werden nur nicht Unsicherheit, Zaghaftigkeit und Ungenauigkeit im Vortrag dulden. Erst recht nicht wollen sie etwa behutsam an geredet werden. Ihr seht also: die Regeln für die Agit prop-Arbeit sind zahlreich. Sie werden täglich neu gefunden und geprüft. Agit prop-Arbeit ist schöpferische Arbeit. Ihr müllt im wahrsten Sinne des Wortes alles selbst machen. Auch die Regeln in der Regel. Was ihr selbst gemacht habt, kann im Moment überzeugender wirken als die glänzendste Rezitation eines berühmten Gedichtes. Sicher werdet ihr manches gute Gedicht verwenden. Aber dann am besten so, als gehöre es euch, als sei es euer Werkzeug, eure Waffe. Kurz: Was ihr selbst gemacht habt, macht ihr auch am besten. Die besten Regeln sind die beson deren, die praktischen (siehe Anfang, Punkt 3). Das Wie und die selbsterprobte Regel entscheiden alles. Nicht euer guter Wille allein wird überzeugen. Ihr könnt hinterher nicht erklären: Das und das haben wir gewollt. Was ihr wirklich zeig tet, darauf kommt es an. Am Ende eures Vortrages legt euch immer die Frage vor: Was hat sich nun wirklich als nützlich er wiesen: Hat sich etwas, und wenn nur wenig ist, verändert in den Hirnen unser. Zuschauer? Was werden sie künftig ric‘ tiger und erfolgreicher machen? Getrost darf ich sagen: In all dieseD Fragen der Regeln und des Schöpferische ist die Arbeit der Agitprop-Gruppe nichE allzuweit entfernt von der Arbeit d Dichters in unserer Republik. Hier w dort sollen unsere Werktätigen überzeu8 und begeistert werden für große Pläne für den sozialistischen Aufbau und für d™® Umgestaltung ganzer Dörfer und Städte. Und weil ich diese Gemeinsamkeit gan dick unterstreichen will, zitiere ich al dem Büchlein „Wie macht man Verse des bedeutendsten sowjetischen Dichter»' Majakowski, einen Satz, den wir alle an” wenden können: „Dichter heißt gerad2 einer, der die Regeln für die Dichtkun schafft.“ Ich glaube, diese Wahrheit kan2 man auf die Agitprop-Arbeit und übe. haupt auf jede produktive Tätigkeit 055 ziehen. Deshalb müssen wir uns alle 86. meinsam daranwagen. Regeln für Ag prop zu schaffen, denn Agitprop und Kur gehören zusammen wie Volk und Kunsh Die Verwendbarkeit eines politischea Gedichtes für eine Agitprop-Gruppe, sein Wirksamkeit auf der Straße oder vor 80. ßen und kleinen Versammlungen usW: kurz, der direkte Gebrauch eines polta sehen Gedichtes im täglichen Kampf 18 der Prüfstein für seine Qualität. a In dieser Hinsicht lernt also politisc2 Gedichte und Dichter zu beurteilen. Da 1 habe ich versucht, euch eine praktiseo Einteilung zu geben. Unter den politisch 4 Gedichten der Gegenwart gibt es: 1. Gedichte, die von Agitprop-GrupPh gebraucht werden und daher in großer zan geschrieben werden müssen. Gedichte zu Vortragen, für die Wirkung auf eine Vi zahl von Menschen geschrieben (Mal. kowski, Brecht, Weinert, Mühsam, Ku 63 ' Fürnberg. um die wichtigsten zu nenne 11 ' 2. Gedichte, die man schwerlich ven wenden kann für die Agitprop-Arbeit. Wu sie unhandlich, schwer zu sprechen oder * lang sind. Man muß sehen, wie man nas ihnen zu Rande kommt. (Zum Beispiel da. großartige Gedicht Strittmatters „Hano zettel für einige Nachbarn“.) 3. Gedichte, die ganz schön klingen, ab nichts nützen. EIN 4 -Gedichte, die JA meinen, aber Nh 1 oder ICH WEISS NICHT sagen. Die Dichtkunst ist nicht zu schade ' Agitprop. Es wäre schlecht bestellt um 51 ' könnte man sie dazu nicht gebrauchen. Universitätszeitung, 31. 10. 1958, Seite °
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