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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1991
- Erscheinungsdatum
- 1991
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-199100000
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- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19910000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19910000
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- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
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- Parlamentsperiode
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Zeitschrift
Universitätszeitung
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Band
Band 1991
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Es sitzt die Frau und schweiget Zur Woche des Ein-Mann-Theaters in Leipzig Die letzte DDR-Erstaufführung an Leip ziger Bühnen war am 1.9. 1990 die Pre miere von Herbert Achtembuschs „Ella". Der bayrische Autor, enfant terrible einer bundesdeutschen Dramatikerszene, hat sei ne Stücke als Altersversorgung geschrie ben. Eigentlich interessiert ihn Theater überhaupt nicht. „Früher hat man einen Bachlauf nicht verstanden, heut wird er be gradigt, das versteht ein jeder. Ein Bach, der so schlängelt... Das machen sie gern, die Bach“. Und auch Herbert Achtembusch. „Ella“ ist das bedrückende Leiden einer geistig behinderten Mutter, die Geschichte wird an ihrer Statt von ihrem Sohn Josef er zählt. Das Verstehen erfordert Phantasie und Mitdenken. Regisseur Lutz Graf fordert und befördert beides. Die Bühnenarena läßt die verstummte, verständnislose Ella immer wieder in den ihr zugewiesenen Lebens raum stolpern. „Ich habe von Jugend auf keine Liebe nicht gekannt“, sagt Josef als seine Mutter. Als er letztlich in den Mutter schoß heimkehren möchte, schaut Ella (Bri gitte Ostruznjak) aufs Werbefernsehen und summt ein Liedlein und hat von allem nichts begriffen. Neben Achtembusch ist Wolf Dieter Rammler die Entdeckung des Abends, der sensibel, nuancenreich aber hie wehleidig die Geschichte der Ella erzählt. Die Inszenierung stieß bei Publikum wie Kritik auf Wohlwollen, ähnlich dem noch auf dem Spielplan stehenden „Der Kontra baß“, dem literarisch und psychologisch an spruchsvollen Monolog von Patrick Süßkind. Diese Erfolge sprechender Män ner ließen wohl Leipzigs Theaterleitung zum Vergleich rufen und die Woche des Ein- Mann-Theaters veranstalten. Geladen die „EIla“ des Münsteraner Theaters im Pum penhaus, der Kontrabassist des Staatsthea ters Mainz und Dresdens Siegfried Worch mit „Sturz des Engels“ nach Franz Füh- mann. Vom 4.-10. 2. waren die Abende im Kellertheater Männerabende. Es verwun dern die schweigenden Frauen, reden sie doch nicht nur im Theater ein gewichtiges Wort mit. Aber vielleicht hat man nur die rechten Eine-Frau-Stücke noch nicht ge funden. Daß es sie gibt, ist sicher. Der Text Franz Fühmanns ist bekanntlich kein Monolog für einen Schauspieler, viel mehr eine essayistische Befragung seiner selbst beim Wiederlesen der Gedichte Ge org Trakls. Die Inszenierung muß einiges aussparen und hinterläßt einen zwiespälti gen Eindruck. Warum wo Kürzungen er folgten, ist nicht einzusehen, das Anspre chen gegenwärtiger Probleme (durchaus im Text vorhanden) fehlt. Die Geschichte en det 1977. Das fehlende Ende Indiz einer un verständlichen Dramaturgie (Regie/Dtama- turgie: Heinz Drewniok), und das kann selbst ein herrausragend agierender Sieg fried Worch nicht wettmachen. Selber lesen ist angebracht. Vergnüglich die Abende mit den Kontra bassisten. Der ältere Gert Gütschow läßt ihn nahe der Pension mehr über Geld und Le ben reflektieren, der mittdreißigjährige Mainzer Thomas Marx spricht meist über Frust und Liebe. Derselbe Text von Vater und Sohn; mal östlich, mal westlich geprägt, das ließ Lan geweile kaum aufkommen. Lachen auf- flackern und aufmerksam auf Untertöne werden, die da hie und da sich wohl (noch) unterscheiden. Der Mainzer Abend brachte eine Wiederbegegnung mit dem Ex-Leipzi ger Rolf Hartmann, der sich mit seiner Ins zenierung erneut dem hiesigen Publikum stellte. Die „Ella“ aus Münster (Bärbel Kemm ler) ist zu völliger Bewegungslosigkeit erstarrt, wird nur von Josef (Peter Hart mann) getragen, eingesperrt, geherzt und bekocht. Bemerkenswert die schau ¬ spielerischen Leistungen (Regie: Bärbel Kemmler), halten sie sich auch streng an die Vorlage, ist die Leipziger Aufführung gewärtiger. Aber vielleicht sind mir als Ossi hiesige Inszenierungen leichter ent schlüsselbar. Sicher war das eine Woche, die anregte und Interesse hervorrief. Eine Woche, die bewies: Leipzig kann sehr wohl im deut schen Vergleich bestehen. Beweis auch für angestrebte Bühnenoffenheit. Bleibt zu wünschen, daß das Publikum solch Ange bote an- und wahrnimmt... HENNER KOTTE Peter Hartmann als Josef. Skeptischer Blick auf leere Ränge, oder...? I 1 | 1 1 1 1 1 1 ‘ I 1 U I I i =bastei= REPORT (PM) Mit der Ausstellung „Blitz lichter einer Stadt“ - Fotografien von Alexander Paul Englert - beginnt eine inhaltliche Zusammenarbeit zwischen dem „Künstlerhaus Mousonturm“ und der „Moritzbastei“, gleichzeitig erfah ren die schon länger existierenden Be ziehungen zur „Brotfabrik“ eine Fort setzung. Zehn Tage im April dann (11.4. bis21.4. 1991) gehört die Mo ritzbastei den Akteuren aus Frankfurt - sie bieten den Leipzigern ein rundes Kulturangebot ihrer Häuser. Frankfurt KULTOUR - Leipzig RETOUR Finanziell möglich wird dieser Kul turaustausch, weil Leipzigs Partner stadt Frankfurt/M. alle Kosten trägt, während der Reinerlös der Moritz bastei zugute kommt. Mit den gemeinsamen Aktivitäten verbindet sich der Wunsch, im Zuge des Vereinigungsprozesses besonders im kulturell-künstlerischen Bereich gegenseitige Vorurteile abzubauen, Zerrbilder geradezurücken, die Men schen einander näher zu bringen. Vor rangig Genres, die in Leipzig bislang wenig bekannt waren bzw. nicht ge pflegt wurden, bestimmen das Pro gramm dieser Tage in der Moritz bastei, wie etwa Ethno-Pop-Musik, Salsa-Afro-Beat oder das Tanztheater des „Mousonturms“. Im Gegenzug wird die Moritzbastei im Herbst diesen Jahres in Frank furt/M. ein für sie typisches Programm zusammenstellen und präsentieren. Der Geldgeber wird dankenswerter weise wieder die Stadt Frankfurt sein. Eine Intensivierung der Partnerbe ziehungen über den Programmaus tausch hinaus bildet der schon fest ver einbarte Mitarbeiteraustausch auf Praktikumsbasis. Angedacht ist die Vermittlung von Professionalität in der Kulturarbeit nach Leipzig bzw. - und das ist mindestens ebenso wertvoll - von Improvisationsfähigkeiten nach Frankfurt. Februar/März 1991 Poetisches Theater 9. und 10.3.91,20.00 Uhr, Emst-Beyer- Haus Premiere „Hamlet u. a.“ szenisches Tagebuch nach Shakespeare Eintritt: 5,05/3,05 DM World family 16.3.91, 19.30 Uhr, Emst-Beyer-Haus Fiesta international Karten zu 3,- und 5,- DM an der Abend kasse Leipziger Universitätschor Konzert in derNikolaikirche, am Diens tag, dem 26.3.91 um 19.30 Uhr Johann Sebastian Bach Matthäus-Passion Mitwirkende: Florence Launy (Linz), Sopran - Elisa beth Baumgarten, Alt - Martin Petzold, Te nor - Egbert Junghanns und Andreas Som merfeld, Baß; Leipziger Kammerorchester Leitung: Wolfgang Unger Karten zu 10,- DM (ermäßigt 8,- DM) in den bekannten Vorverkaufsstellen und im Chorbüro (E.-Schneller-Str. 6) Ägyptisches Museum Am 6.3.91, 14.30 Uhr, findet im Rah men der Feriengestaltung eine Führung zum Thema „Mumien, Särge und was noch“ statt. Speziell für Kinder ist ein Rundgang am 24.3.91, 11.00 Uhr. Am 31.3.91 (Ostersonntag) ist das Mu seum geöffnet! Institut Frangaise 6.3.91, 19.00 Uhr, Polnisches Kultur zentrum Gezeigt werden 3 Filme über den Mu see'd'Orsay, in Anwesenheit des Filme machers Pierre Samson. (Veranstaltung in französischer Sprache) 20.3.91, 19.30 Uhr, Museum der bil denden Künste, Klingersaal Begegnung mit dem französischen Schriftsteller Baptiste-Marrey (Veran staltung in französischer Sprache) Museum der bildenden Künste 10.3.91 bis 5.5.91 „Die Phantasten“ Malerei, Zeichnung, Grafik, Plastik von Arik Bauer, Emst Fuchs, Rudolf Hausner, Wolfgang Hutter, Anton Lehm den. Eine Ausstellung vom Künstlerhaus Wien. Ausstellungseröffnung am Sonntag, 10.3.91, 11.00 Uhr (Telefon 31 31 02) academixer 1.3.91 bis 2.3.91 alles gelaufen...“ 5.3. bis 8.3. und 12.3. bis 16.3. „Flucht nach vorn“ 17.3.91 „Land in Sicht“ 18.3.91 „... alles gelaufen...“ 19.3.91 „Flucht nach vorn“ 20.3.91 „So sin mir Saggsn“ (Alle Veranstaltungen beginnen 20 Uhr) Kino im Grassi 28.2. bis 6.3., 17 Uhr „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ 28.2. bis 6.3., 22.15 Uhr „Der achte Tag“ (Katharina Thalbach) 28.2. bis 6. 3., 22.15 Uhr „Affengeil“ (Rosa von Praunheim) 7.3. bis 10.3., 17.30 Uhr „Im Rausch der Tiefe“ (USA 1988) 11.3. bis 13.3., 17.30 Uhr „Kuß der Spinnenfrau“ 7.3. bis 13.3., 20.15 Uhr „Mystery Train“ (Jim Jarmusch) 7.3. bis 13.3., 22.15 Uhr „Wunderbare Welt der Schwerkraft“ Leipziger Schauspiel EXKLUSIVGASTSPIEL British Council und das Leipziger Schauspiel präsentieren das ROYAL NATIONAL THEATRE LONDON am 25.2.91, 19 Uhr, Schauspielhaus . William Shakespeare „King Lear“ am 26.2., 19 Uhr, Schauspielhaus William Shakespeare „Richard III“ Oper Leipzig Wagners „Tristan und Isolde“ wird erst mals unter der musikalischen Leitung von GMD Lothar Zagrosek am 10. März im Opernhaus erklingen. Als Gäste werden prominente Wagner-Interpreten erwartet: Eva-Maria Bundschuh (Isolde), Manfred Jung (Tristan), Vera Baniewicz (Brangäne) und Falk Struckmann (Kurwenal). MANFRED KRUG wird am 26. März zu einem einmaligen Gastspiel in der Musika lischen Komödie auftreten. Er spielt in Kleists Lustspiel „Der zerbrochene Krug“ in einer Produktion des Scala-Theaters Ba sel den Dorfrichter Adam. MESSESPIELPLAN IM PFWFDLIA |Q »Em I mni#UJw3 Sonntag, 17. 3. 91,20 Uhr Gastspiel Wolfgang Krause Zwieback und Erwin Stache mit MY-LAND Eintritt: 6,05/4,05 DM Montag, 18. 3.91 und Dienstag 19.3.91, 20 Uhr Poetisches Theater mit „Hamlet u. a.“ szenisches Tagebuch nach Shakespeare Eintritt: 5,05/3,05 DM Mittwoch, 20. 3. 91 und Donnerstag, 21.3. 91, 20 Uhr Koproduktion Poetisches Theater/Stu- denten der Theaterhochschule „Hans Otto“ mit SATYROS nach Goethe Eintritt: 5,05/3,05 DM Freitag, 22. 3. 91, 20 Uhr Tanzbühne mit Chiffre 908243 Karten zu 3,05 und 4,05 DM an der Abendkasse Sonnabend, 23. 3. 91, Einlaß 20 Uhr, Beginn 21 Uhr HIRNFUSSELN - dreigeteilt - Sammlung progressiv-nihilistischer Dächtung ! BUCHPREMIERE ! des Verlages Konzept & Design Edition, Leipzig mit Dr. pot. idiot. Bruno Friedrich und der LOSEN SKIFFLE GEMEIN ¬ SCHAFT LEIPZIG-MITTE Karten zu 3,05 und 5,05 DM an der Abendkasse Telefonische Vorbestellung: 7 96 04 00/4 05 Regisseur Christoph Schlingensief „bei der Arbeit“ Schrilles Zerrbild jüngster Geschichte „Das deutsche Kettensägemassaker“ Der Untertitel von Christoph Schlin gensiefs exzentrischem Werk lautet: „Die erste Stunde der Wiedervereinigung“. Fol gerichtig werden die Feierlichkeiten an läßlich des 3. Oktober in Szene gesetzt, Bundespräsident von Weizsäcker hat ge rade seine Rede beendet und vermutet: „Jetzt müßte die Nationalhymne kom men.“ Er irrt. Denn derweil die einen noch freudetrunken den Tag der deutschen Ein heit begehen, präsentiert Schlingensief ei nen Taumel anderer Art. Sein Blick auf die Zeitgeschichte ist ein grotesker; er ent behrt dennoch nicht des berühmt-berüch tigten tieferen Sinns. Die Story des einstündigen Filmspekta kels ist so simpel wie das Geschehen cha otisch. Ex-DDRler auf dem Weg in den goldenen Westen; trabifahrende, colasau fende, sächsischstammelnde, kampflie derbrüllende Karikaturen. Zu den Fleischtöpfen der Altbundis zieht es sie, bildlich gesprochen. In eben diesen wer den sie enden, im wahrsten Sinne des Wor tes. Eine gewinnorientierte Metzgerfami lie, welch blutiges Gleichnis, empfängt die Neubürger aus dem Beitrittsgebiet und verarbeitet sie, im Namen der Mark(t)wirt- schäft, zu Wurst. Gelegenheit für die Ak teure dieses makabren Schauspiels, die Messer zu wetzen und - vor allem - die Ket tensäge aufheulen zu lassen. Was dann mit diversen Körpern und Körperteilen geschieht, ist, vorsichtig aus gedrückt, nichts für zarte Gemüter. Wahl los wird gemetzelt, gehackt, gestochen und eben gesägt. Zwar wirken die Splitter-Mo tive durchaus artifiziell, bei all den damp fenden Gedärmen, abgetrennten Glied maßen und zerteilten Leibern ist offen ¬ sichtlich viel Plastik und Filmblut im Spiel, aber bald ist man als Zuschauer soweit, selbst bei der Naheinstellung eines „nor malen“ Fleischwolfs den Blick abzuwen den. Das alles wird unterlegt mit einer oh renbetäubenden Collage von Motoren geräuschen, Musik- und Wortfetzen, ins Bild gesetzt von einer hektisch agierenden Handkamera. Die passende Kulisse liefert ein stillge legtes Fabrikgelände, eine Stalker-Land schaft, trostlos, öde und grau. Mit Sicherheit ist „Das deutsche Ket tensägemassaker“ kein ästhetisches high light am hiesigen Filmhimmel. Ehereine trotzige Reaktion auf Deutschtümelei und Vereinigungsenthusiasmus. Eine bitterbö se Groteske; was die einen vereinen, läßt Schlingensief teilen, per Kettensäge. Und entpuppt sich wieder einmal als Bürger schreck, festigt seinen Ruf als (filmischer) Provokateur der schwarzen Art. HOLGER GÖPEL UZapfen: Aus dem Rahmen gefallen Fasching paßt, wie man sieht, nicht in den Rahmen des Vernünftigen. Des halb: Das unernste Bild schleunigst hier rausschneiden und vernichten! zes und der Satire um sich haben könnte, wie die Pest verfolgt, niedergeschlagen, ri goros und einfürallemal abgeschafft wer den. Ich bitte deshalb inständig, diesen Ar tikel als dementsprechenden Appell an die Menschheit zu begreifen. Erst mit dieser Ernsthaftigkeit wird man die harten Herzen der Staatslenker rühren können, damit sie mit ihrem bösen Tun auf hören, der ehrbeladene Herr Bush wird sein Haus neu weißen, daß kein morali scher Schatten auf ihn falle. Ebenso wird Hussein vor uns auf die Knie sinken, die Rüstungskonzeme werden ihre Atomflin ten in beschleifte Geschenkkörbchen packen und reumütig der Menschheit aus- liefem, während die Bankiers die armen Obdachlosen teilnahmsvoll hinterm Ohr tätscheln ... Früher, das heißt bevor aufklärende Ge sellschaftswissenschaffende zum geistigen Wohlergehen beitrugen, war man zwar durchaus d^r einfältigen Meinung, soge nannte spritzige Volkshelden wie Störte- becker, Robin Hood, ... könnten mit Witz und Selbstbewußtsein die herrschenden Machtschranzen der Lächerlichkeit preis geben bzw. entkrönen, heute wissen wir al lefreilich nur zu genau um die Mär ¬ chenhaftigkeit solcher Hoffnungen und Nieder mit dem Fasching! Genug gelacht angesichts des Weltschmerzes Es hat endlich aufzuhören. Solange das Volk, welches bekanntlich wir sind, etwas zu lachen hat, sei die humoreske Suppe auch noch so bitter und der Kloß im Hal se groß, geht 's ihm schließlich immer noch gut. Kein Grund zur Klage, denn Lachen heißt Leben. Nachdrücklich und wirkungsvoll den Zeigefinger auf ihre humanitären Wünsche legen können nach dieser Ansicht folglich nur einheitlich tränenüberströmte Men schengruppen, trauernd um die verflos senen Ideale und alte, bessere Zeiten. Drum müssen in diesem ernsten Jahrhun dert (das nächste wird noch ernster!) Komödien, Lustspiele, Fasching .... kurz alles, was irgendwie den Hauch des Scher ¬ setzen eher auf geschlossene Duldsamkeit, auf stumme Klage und Frust. Unser Lei den hat uns gestählt, und wir ahnen bereits, was noch auf uns zukommt: Bald werden Golfwettbüros eröffnet, kleine Werbegas druckpistolen in den Mietskasernen ver teilt, und die Reisegesellschaften offerie ren Abenteuerfahrten nach Bagdad. Wie man sieht, das Dasein ist kein bißchen lustig. Also bekämpft den Humor, tretet ihn zu Staub, reißt den Lachenden die Kamevalsnasen aus dem Gesicht, die falschen Bärte, Augen, Beine und schreckt auch dann nicht zurück, wenn ein solcher Bart nicht abgehen will, weil er echt ist! A. H.
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