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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1991
- Erscheinungsdatum
- 1991
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-199100000
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- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
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Zeitschrift
Universitätszeitung
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Band
Band 1991
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Sauberer See Für die Reinigung des Apopka-Sees in Mittelflorida (USA), der in den fünfziger Jahren noch sehr fischreich und der zweit größte See in ganz Florida war, haben ame rikanische Wissenschaftler vorgeschla gen, ...künstliche Sümpfe anzulegen. Der See, der heute zum nur viertgrößten See Floridas geschrumpft ist, wurde zum meist verschmutzten See dieses USA- Staates. Dessen Behörden stellten jetzt 19 Mil lionen Dollar zum Anlegen eines künstli chen Systems von 2000 ha Sümpfen rund um den See zur Verfügung. Die Sümpfe sollen bewirken, daß die im Seewasser ent haltenen Teilchen entfernt werden. Das Wasser aus dem See wird daher durch ei nen 30 bis 45 Zentimeter tiefen Kanal, der den Sumpf durchzieht und wie ein Filter wirkt, geleitet. Dabei werden die biogenen Schadstoffe, vor allem Phosphor, entfernt. Die Fachleute nehmen an, daß durch An legen eines derart originellen natürlichen ökologischen Filters nicht nur der See ge säubert, sondern auch dessen ursprüng liche Infrastruktur in ihrer ganzen Vielfalt vollständig regeneriert wird. Doktorgrad Der wissenschaftliche Grad eines Dok tors der Landwirtschaftswissenschaften wurde dem mongolischen Wissenschaft ler B. Dorshu vom sowjetischen Land wirtschaftsinstitut Omsk auf der Grund lage der von ihm verteidigten Dissertati on und der von ihm veröffentlichten wis senschaftlichen Arbeiten verliehen. In der Mongolei, in der vorwiegend Viehzucht betrieben wird, kannten die Araten noch bis vor relativ kurzer Zeit nicht, wie Brot schmeckt. Heute deckt das Land nicht nur vollständig den Getrei debedarf seiner Einwohner, sondern ex portiert sogar Getreide. Die sibirischen Wissenschaftler bewerteten die Arbeit des mongolischen Kollegen sehr hoch, der schöpferisch die Erfahrungen verallge meinert hatte, welche die Getreideanbau er der MVR gesammelt haben. Heilender Magnet Die sowjetische Produktionsvereini gung „Elektromechanisches Werk Br jansk“ hat die Serienproduktion des neu en medizinischen Gerätes „Gradient -1“ aufgenommen, das die Größe einer klei nen Schachtel hat. Die Wirkung beruht auf den heilenden Eigenschaften des Magnetfeldes. Das neue Gerät kann viel seitig eingesetzt werden, z. B. in der Opthalmologie, Stomatologie, Neurolo gie und Traumatologie. Besonders ef fektiv ist es bei Erkrankungen des Stütz- und Bewegungssystems. Außerdem ver bessert „Gradient“ den Stoffwechsel im Organismus. (Übersetzt aus sowjetischen Zeitun gen von EBERHARD LOHSE) Einst Elite - was ist daraus geworden Erste Ergebnisse der Studentenforschung bei Germanistik Germanistik-Studentinnen sind für uns Studentenforscherinnen in vieler lei Hinsicht bei der Analyse von deutsch-deutschen Transformations prozessen im Hochschulwesen von außerordentlichem Interesse: 1. Bei „uns“ (d. h. in den sogenann ten neuen Bundesländern) gilt das Germanistikstudium noch als etwas Besonderes, Außergewöhnliches, Elitäres, während man „drüben“ vor allem bei Germanstik-Stundentlnnen fingierte Studienabsichten zum Zwecke qualifizierten Heiratens nach dem Studium vermutet. 2. Noch gibt es bei uns z. T. gravie rende Unterschiede bezüglich Studi eninhalt und Studienbewerberinnen bei Germanistik und Deutsch-Lehre- rlnnen-Studium. Das Abgrenzungs- und Eliteverhalten der Germanistik gegenüber den Deutsch-Lehrer-Stu dentinnen hing nach unseren Untersu chungsergebnissen der Studie STU DENT 79 und einer Gruppendiskussi on im Rahmen unserer aktuellen Un tersuchung vor allem mit dem schlech ten Leumund des Lehrerberufs zusam men, den damit verbundenen Sankti onszwängen in der Ex-DDR sowie Stu dienzulassungskriterien, die vor allem zensurschwächere Abiturientinnen an zogen. 3. Germanistik-Studentinnen waren nach den Ergebnissen von STUDENT 79 eine leistungsstarke und politische Elite - aufgrund der extremen Aufnah mekriterien für eine nur geringe Zahl von Studienplätzen. Was sind das heute für Studentinnen, welche Veränderungen sind seit der Wende schon eingetreten, welche Er wartungen haben Germanistik-Stu dentinnen, wie sehen sie ihren künfti gen Beruf und vor allem, was ist aus ihrer ehemals politischen Konformität geworden? Auf all diese Fragen kann nur kurz eingegangen werden. Noch sind wir am Anfang unserer Untersu chungen. 1. Germanistik-Studentinnen sind in keiner Weise mit denen vor 10 Jahren zu vergleichen: Es sind selbstbewußte, lebenserfahrene, kritisch denkende, selbstbestimmte und politisch aktive Studentinnen. Sie interessieren sich, neben Kunst und Literatur, vor allem für politische und gesellschaftliche Be lange (85 % Pos. 1+ 2) und wollen ein interdisziplinäres Studium anstreben. Ihr gesellschaftspolitisches Interesse erstreckt sich nicht nur auf das Studi um an sich, sondern zeigte sich insbe sondere in ihrem starken Engagement bei den studentischen Protesten gegen die Abwicklung vieler gesellschafts wissenschaftlicher Fachrichtungen. Obwohl Germanistik nicht abge wickelt werden soll, sehen Studenten in der Abwicklung einen undemokra tischen Akt, der bisherige erkämpfte Mitbestimmung der Studenten bei der Studiengestaltung untergräbt und alle an der Uni betrifft. Dennoch wollen auch Germanistik-Studentinnen mit ihren Protesten nicht unfähige Lehr kräfte und alte „Seilschaften“ schüt zen, sondern klagen ihre Rechte zur Mitbestimmung bei der Neugestaltung der Uni ein, die sie zusammen mit ei nigen befähigten Lehrkräften begon nen haben. Von der früheren politischen Kon formität der Germanistik-Studentin nen ist also heute nichts mehr übrig. Klar ist aber auch, daß diese Studen tinnen noch vor einigen Jahren auf grund ihrer kritischen und selbstbe stimmten Haltung her nie die Chance gehabt hätten, ein solches Studium zu absolvieren. Das wurde an der einen oder anderen Biographie deutlich. 2. Der Weg zu diesem Studium ge staltete sich für jede Studentin/jeden Studenten unverwechselbar anders. Es gab welche, die den festen Wunsch hat ten, Germanistik zu studieren, aber aus den unterschiedlichsten Gründen nicht angenommen wurden bzw. nicht stu dieren durften - und solche, die erst ganz andere Dinge gemacht haben, be vor sie ihren Studienwunsch genau ein grenzten. Erstere haben zunächst im Buchhandel gearbeitet, um wenigstens in die Nähe ihrer Interessen zu kom men. Oder es wurde eine völlig andere Ausbildung gemacht, völlig andere Berufsziele angestrebt, ehe sich her ausstellte, daß die Interessen auf dem Gebiet der Germanistik liegen. Selbst diese Interessen sind nicht einheitlich, sondern ganz spezifisch, auf ganz spe zielle Gebiete gerichtet (z. B. Soziolo gie, Kunstwissenschaft, niederländi sche oder französische Literatur ...). Dennoch kann man für Germanistik- Studentinnen aus diesen konkreten In teressen kein festes Berufsziel ablei ten. Es ist zu vermuten, daß diese Stu dentinnen zunächst die neuen Mög lichkeiten seibstbestimmten Studie rens ausprobieren wollen, ohne daß sie dabei an einen künftigen Beruf oder Arbeitsmarktchancen nachdenken. Immerhin hat jede Studentin/jeder Stu dent in der Gruppendiskussion die Ab sicht geäußert, nach dem Grundstudi um im 2. Studienjahr an einer anderen Einrichtung weiter zu studieren oder in das Ausland zu gehen. Diese Absicht wird sicher umso mehr bestärkt wer den, je länger es hier in Leipzig dauert, bis akzeptable Bedingungen zum Stu dieren vorhanden sind. 3. Schon jetzt sind Germanistik-Stu dentinnen mit vielen Schwierigkeiten konfrontiert, die aus der derzeitigen Umbruchsituation an der Universität resultieren, das Studium unnötig er schweren und sicher einen Wechsel an eine andere Universität begünstigen: Das sind vor allem Unklarheiten über Studienverlauf, Zertifikate und deren Wert, technisch-organisatorische Mängel (schlechtes Angebot der Bi bliothek, kurze Öffnungszeiten, allge meines Chaos durch die Abwicklung), quantitative Überlastung durch Unsi cherheit der Lehrkräfte sowie psychi sche Belastungen, die aus der unklaren finanziellen und Wohnsituation herrühren. 4. Studentinnen haben sehr hohe Er wartungen an das Studium und die Zu sammenarbeit mit Lehrkräften geäußert. Im Studium erwarten sie vor allem Möglichkeiten der Förderung ih rer stark individuell ausgeprägten fachlichen Interessen. Lehrkräfte soll ten vor allem ihre fachlichen Stärken unterstützen, weniger nur auf Schwächen achten. Das setzt nach ih rer Meinung eine auf Partnerschaft von Lehrenden und Studierenden basieren de Zusammenarbeit in der Forschung und eine vertrauensvolle Atmosphäre voraus. Aus der Auswertung des Fra gebogens und der Gruppendiskussion wurde deutlich, daß das nicht nur eine einseitig hohe Erwartungshaltung an die Lehrkräfte widerspiegelt, sondern auf einer fachlich ausgeprägten Studi enmotivation der Studentinnen basiert. In Anbetracht der ungewissen Studi ensituation an unserer Universität ist schon jetzt abzusehen, daß viele dieser Erwartungen herb enttäuscht werden und Studentinnen sich anderweitig um ein ihren Interessen und Vorstellungen entsprechendes Studium an einer an deren Bildungseinrichtung in den alten Bundesländern bemühen werden. Dr. BIRGIT GABRIEL Laboratorium für Studentenforschung E ine spezifische Eigenart der „marxistisch-leninistischen Weltanschauung“ bestand auch darin, verschiedene der Sache nach selbständige Dinge zu einem angeblich unlösbarem Ganzen verschnürt zu ha ben. Gewiß sprach man von verschie denen „Bestandteilen“, aber zu ihnen allein sollte man sich gleichmäßig be kennen. wenn man nach höchsten Wei hen strebte. Da war jemand nicht schon dadurch gut, daß er im normalen Sinne „wis senschaftlich“ dachte, ja ein „Materia list“ war. Er mußte auch ein „dialekti scher Materialist“ sein. Es reichte auch nicht aus, daß man den Sozialismus als Wirtschaftsweise anerkannte. Man mußte sich auch vom „Idealismus“ fernhalten, ja selbst gewisse Meinun gen über das Weltall akzeptieren oder - wie den „Urknall“ - möglichst ableh nen. Der Biologe Konrad Lorenz war zwar ein Anhänger der gebilligten Dar winschen Abstammungslehre. Aber ge genüber Lorenz hatte man auf Distanz zu gehen, weil er die im Menschen auf Grund seiner Tierherkunft anzuneh menden, aus dem Tiererbe stammenden mungslehre, fast Materialist guter Prä gung. Da konnte man schon seine Schwächen verschweigen, auch seinen Chauvinismus. Haeckel-Zitate in der Zeitschrift „Urania“ wurden gestutzt. Der Leipziger Philosophieprofessor und vorangegangene Experimentalzoo loge Hans Driesch stand kritisch zur Abstammungslehre, war Vitalist. schrieb aber auch gegen den Funda mentalismus, gegen Rassismus und wurde Kriegsgegner. Zu einer richtigen Freundschaft mit ihm gelangten die meisten Marxisten nicht. Natürlich kann und soll man urteilen. Aber es gab eine furchtbare und auch ins Lächerli che gehende Beurteilungswut. Wie we nige sozialistische Theoretiker über standen die Selektion und blieben übrig? Von den Menschenbeurteilem im So zialismus kann man fast sagen, was man von manchen Frauen sagt, die zwar ei nen Mann suchen, aber an keinem alle erwünschten Eigenschaften vereint fin den: Sie sollen sich einen Mann backen! Ähnlich streng war die kirchliche Or thodoxie. Nicht nur der Glaube an Gott Wider die dogmatische Philosophie: Zum „unlösbaren“ Ganzen verschnürt Triebe erforschte. Nun soll keineswegs für eine kritische Übernahme aller Ge danken von Lorenz plädiert werden! Aber es galt doch anzuerkennen, daß sich Lorenz und seine Schüler mit ihren Forschungen darum bemühten, daß der Mensch sich selbst erkennt, auch in sei nen dunklen und gefährlichen Seiten. Wie dunkel war gerade ein solcher Füh rer des Weltproletariats wie Stalin. Ein dem Sozialismus verpflichteter Biolo ge hatte auch nicht „Vitalist“ zu sein und sollte möglichst Monods Buch über den Zufall nicht lesen. Die Philosophen Hörz und Löther sagten ihm das not wendige Kritische dazu, den Original text zu lesen war wie Blausäure einat men, um deren Giftigkeit zur Kenntnis zu nehmen. Welche Fülle von geistigen Kombi nationen besaßen die großen Forscher der Vergangenheit. Wem konnten die neuen Zensoren nun das Adjektiv „fort schrittlich“ zuerkennen? - Der Mitbe gründer der Zellenlehre, Theoder Schwann, war ein exakter Forscher, sah das Leben „mechanistisch“, also wie Materialisten. Er war aber auch gläubi ger Katholik. Gott sollte seiner Mei nung nach der Schöpfer der Lebensma schine sein. Wunder wieder, wie die „Stigmatisierten“, lehnte er ab. Wie sollte man ihn beurteilen? Ein Mensch, mit so vielen „Widersprüchen“? - Ernst Haeckel war dafür donnernder Antikle rikaler, fester Anhänger der Abstam reichte aus. Der Strenggläubige ver langte auch den Glauben an die heilige Jungfrau, den heiligen Nepomuk und vieles, vieles andere. Da blieb zum kri tischen Nachdenken kaum Zeit. Bei al ler Anerkennung für das Denken in Zu sammenhängen: Man muß getrennt be trachten dürfen, was nicht logisch streng zusammengehört. Man kann die Abstammungslehre anerkennen, aber doch hinsichtlich der Faktoren der Evo lution eigener Meinung sein. Die Tat sache der Evolution der Organismen zwingt nicht unbedingt dazu, nur die von Darwin und anderen postulierte Kausalität der Evolution zu akzeptie ren. So wie eigene Pakete aus unter schiedlichen Aussagenbereichen ge schnürt wurden, entwirrte man auch nicht von anderen ebenso unsinnig ver packte Pakete. Da hatten die National sozialisten den Rassismus und sogar den Antisemitismus mit der „Eugenik“, dem Streben nach bewußter und auch gelenkter Fortpflanzung, vermischt. Wie wenig war man meist bereit, das ei ne vom anderen wieder zu trennen. Furchtbar jene selbsternannten „Lini enrichter“, die immer den vielleicht ei nen „Schwachpunkt“ bei einem Men schen herausklauben wollten! Sollten so Forschung und Diskussion gedei hen? Dr. rer. nat. GOTTFRIED ZIRNSTEIN Außerordentlich umstrittenes Thema In Illusionen befangen und aus ob jektiven Gründen gescheitert? Georg Fülberth: KPD und DKP 1945-1990. Zwei kommunistische Parteien in der vierten Periode kapitalistischer Ent wicklung, Diestel Verlag GmbH, Heil- btonn 1990, 215 S. Jürgen Kuczynski nennt in den Tage buchaufzeichnungen „Schwierige Jahre - mit einem besseren Ende?“ Georg Fül berth seinen Freund, durch dessen Artikel in den „Marxistischen Blättern“ eine grundsätzliche Diskussion in der DKP be gonnen habe (21.2. 1988, S. 76). Der Ver lag preist das Buch des Marburger Pro fessors für Politikwissenschaft berechtigt als „die erste Gesamtdarstellung der Ge schichte der KPD nach 1945 und der DKP von 1968 bis heute“ an. Dem Vf. kommt das Verdienst zu, ein in Politik, Forschung und Publizistik außerordentlich umstrit tenes Thema angegriffen zu haben, und viele Leser seiner Schrift werden entwe der „Hosianna!“ oder „Kreuzigt ihn!“ ru fen. Mußten die KPD und die DKP - und weiter gefragt die Kommunistischen Par teien in „real“ sozialistischen Ländern - aus objektiven Gründen scheitern und wa ren sie somit Gefangene ihrer Illusionen oder haben sie bzw. ihre Führungen sub jektiv versagt? Der Vf. hat Quellen aus dem Bundesarchiv Koblenz, aus dem Pri vatbestand und eine Vielzahl gedruckter Materialien ausgewertet. In der Folgezeit wird man jedoch nicht umhin können, das Zentrale Parteiarchiv und die Bezirkspar teiarchive der SED bzw. der PDS hinzu zuziehen und weitere Zeitgenossen zu be fragen. Der Untertitel des Buches resultiert dar aus, daß der Vf. vier Phasen der kapitali stischen Entwicklung unterscheidet: die industrielle Revolution, die Konsolidie rung des Imperialismus (1848/1870 bis 1914), die inner-imperialistische Kon frontation (1914—1945), „Fordismus“ und Kalter Krieg, und „die zweite imperiali stische Konsolidierung unter den Bedin gungen eines neuen Produktivkraft-Ty pus und der Niederlage der sozialistischen Länder in der Systemauseinanderset zung“, die seit etwa Mitte der 80er Jahre einsetzte. Zwischen der dritten und der vierten Phase komme es zu einer Über schneidung (Überfall Hitler-Deutsch lands aufdie UdSSR 1941). Alle fünf Pha sen wurden kurz charakterisiert (S. 7 ff). Es fragt sich jedoch, ob alle Definitionen zu akzeptieren sind. Trat z. B. nicht nach und neben dem „kalten" Krieg auch der „heiße" (Korea, Vietnam) auf? Die Ge schichte der kommunistischen Parteien lasse sich in vier Perioden einteilen. So seien während der industriellen Revoluti on die kommunistischen Organisationen im wesentlichen Propaganda-Gesell schaften gewesen. In der Periode der im perialistischen Konsolidierung hätten sich mit Ausnahme der Bolschewiki die Kommunisten als Minderheiten in sozial demokratischen Massenorganisationen gefunden. In einer dritten Periode, die be reits Mitte der 20er Jahre endete, sei es zur Herausbildung kommunistischer Parteien in vielen kapitalistischen Ländern der Welt gekommen. Selbstverständlich wollten sie — wie der VF. schreibt - die sozialistische Umwälzung durchsetzen und damit das revolutionäre Rußland aus der Isolierung befreien. Treffender wäre gewiß zu formulieren, daß ihr Ziel nach wie vor die von Marx und Engels pro phezeite Weltrevolution war und daß die se Weltrevolution die Entlastung des re volutionären Rußland und die Befreiung der kolonial unterdrückten Völker ein schloß. Die Thesen des Vf., daß „schon lange vor der vollen Herausbildung der Systemauseinandersetzung ... Stalin die Kommunistische Internationale und ihre Mitgliederparteien auf den Kampf zwi schen dem .Sozialismus in einem Land' und der kapitalistischen Welt einstellte“ und daß die kommunistischen Parteien auf Jahrzehnte hin die Hautaufgabe ge habt hätten, „nicht die Revolution in ei genem nationalem Rahmen durchzuset zen, sondern die Ereignisse der Oktober revolution zu schützen“ (S. 10), entspre chen jedoch nur teilweise der Wirklich keit, auch wenn G. F. zugesteht, daß das „durchaus innerhalb eines revolutions theoretischen Konzepts“ geschah, dem auch die DKP 1968 gefolgt sei und daß es spätestens in den 80er Jahren scheiterte (ebenda). Wie kompliziert die Dinge in Wirklich keit waren, hat unlängst Thron anzudeu ten versucht. (Thron: Bolschewisierung gleich Stalinisierung? Zur Bolschewisie- rungskonzeption der Komintern in den Jahren 1924 und 1925, in: BzG, H. 5/1990, S. 579 ff.) Hinzu kommt, daß die Komintern kei neswegs in den Jahren 1919-1943 eine Art Monolith war und man nicht nur die Politik der KPD-auch wenn sie die stärk ste Fraktion nach der KPdSU(B) war- in Rechnung stellen darf. Der Teil A ist der Geschichte der KPD von 1945 bis 1968 gewidmet und besteht aus den Abschnitten „1945-1949“: KP wider Willen? (I)“, „1949-1956“. Der Schock der Niederlage (II) und „Die KPD in der Illegalität 1956 ff' (III). Den im I. Abschnitt erzielten Ergebnis sen kann man weitgehend zustimmen, wenn auch Einzelheiten zum Wider spruch herausfordern, auf die aus Platz gründen jedoch nicht näher eingegangen werden kann. Der zum größten Teil mit Akribie ge schriebene zweite Abschnitt weist leider einen generellen Mangel auf. Der Leser begreift nach seiner Lektüre nicht, warum 1956 die KPD verboten wurde. Dabei steigt G. F. mit einem Satz ein, der das Ge genteil erwarten läßt: „Die Gründung der Bundesrepublik war die zentrale Nieder lage der KPD“ (S. 41). Hatte die Bundes regierung die Stärke der KPD überschätzt, oder hatte die Partei versagt? Völlig treffend kritisiert der Vf., daß die KPD das Verhalten der UdSSR und der DDR (z. B. 13. August 1961) nicht reali stisch interpretierte und „Prognosen, daß eine krisenhafte Wirtschaftsentwicklung den von der 1949 gegründeten bürgerli chen Koalitionsregierung eingeschla genen Kurs zum Scheitern bringen wer de“ (in dieser Frage waren sich KPD und SPD einig) nicht bewahrheiteten (S. 41 f). War aber denn eine andere Prognose da mals überhaupt möglich? Von großem Einfühlungsvermögen und historischem Sinn zeugt auch die Einschätzung, daß die zahlreichen Fehleinschätzungen und sub jektiven Fehler kaum die Ursache für die Niederlage der KPD gewesen seien, son dern umgekehrt als Ausdruck seiner im mer hoffnungsloser werdenden Situation zu werten sind (S. 43). Sehr überzeugend wird im folgenden nachgewiesen, ge genüber welchen Gegnern (Staatsapparat, Gremien der SPD und der Gewerkschaf ten) sich die KPD behaupten mußte (vgl. z. B. S. 55 ff). An und ab hat der Vf. Kurz biographien kommunistischer Funktionä re eingestreut (z. B. S. 64), die oft von der Tragik des Schicksals westdeutscher Kommunisten, die stalinistischen Verfol gungen ausgesetzt waren, zeugen. Außerordentlich beeindruckend der Abschnitt 111. Dafür sprechen mehrere Gründe: 1. Es wird überzeugend gezeigt, wie konsequent die Machthaber bzw. de ren Institutionen (Amt für Verfassungs schutz) das KPD-Verbot anwandten. 2. Die Politik der KPD in der Illegalität wird detailliert erläutert, auf Ursachen von Erfolg und Mißerfolg befragt. Von be sonderem Interesse sind in diesem Teil die Erörterungen über die Diskussion des Be griffs „staatsmonopolistischer Kapitalis mus“ (S. 103 ff.) - wobei die Beziehun gen zwischen KPD und SED noch der de taillierten Untersuchung harren - und die Schilderung der Vorgänge, die zur Grün dung der DKP führten. Der Teil B „Die Deutsche Kommuni stische Partei“ (DKP) ist zwar vierfach untergliedert, nimmt aber nur etwa drei Fünftel des Platzes ein, den der Vf. der KPD widmete. Interessant der Versuch der Periodisierung: 1968 - 1973, 1974 - 1979 (das Scheitern der DKP), 1980 - 1983 und 1984- 1990. Von Interesse ist die Antwort auf die Frage, warum die DKP scheiterte, warum sie die Verände rungen in der kapitalistischen Gesell schaft unzureichend erkannte und warum sie keinen Anschluß an die neuen sozia len Bewegungen fand. Der Vf. stellt dazu drei Thesen auf: -die strikte Bindung der Partei an KPd SU und SED und damit an die Staatspo litik von UdSSR und DDR (S. 146 ff.); - die DKP hielt die Themen der neuen sozialen Bewegungen für wenig relevant, da sie sich nicht auf die Arbeiterklasse be zögen (S. 148); — sie isolierte sich gegenüber den neu en sozialen Bewegungen infolge ihrer Or ganisationsstruktur (S. 149 ff.). Völlig zu Recht konstatiert der Vf„ daß die innerparteilichen Konflikte und der Zusammenbruch der DKP am Ende der 80er Jahre lediglich einen Zustand ratifi zierte, der bereits längere Zeit vorher ein getreten war (S. 166). Das ist sicher für manche eine bittere Erkenntnis, aber sie ist richtig. Generell weist der zweite Teil erhebli che Lücken auf. So geht völlig unter, daß die DKP bereits vor dem Essener Partei tag ein Bildungssystem aufbaute, das an Traditionen aus der Weimarer Republik anknüpfte. Am Aufbau dieses Bildungs systems hatten viele ehrenamtliche Funk tionäre der SED Anteil. Ihre Stärke war die Kenntnis der Theorie, ihre Schwäche die Kenntnis der realen Wirklichkeit BRD. Dieses Detail führt zu einem neuen Problem, das der Vf. kennt, aber ohne Auswertung weiterer Quellen nicht be antworten kann: Welchen eigenständigen Beitrag leistete die DKP zur Theoriebil dung und inwiefern war sie in dieser Be ziehung von anderen Parteien abhängig? Die Frage nach den Ursachen des Scheiterns von KPD und DKP kann Ge org Fülberth mit seiner Darstellung nicht beantworten. Sein Verdienst besteht je doch in vielfältigen Anregungen zum wei teren Nachdenken und für künftige For schungen. Fast am Ende des Buches wagt er Prognosen: „Mit dem Zusammenbruch des ,Realen Sozialismus' wird aus dem Ost-West-Konflikt die Herrschaft West europas über Osteuropa und große Teile Asiens werden. Der bisherige EG-Be- reich wird sich zum europäischen Teil des RGW, aber auch zur gesamten Sowjet union (also einschließlich großer Gebiete Asiens) ähnlich verhalten wie Nordame rika zu Lateinamerika. Gesamtdeutsch land wird zum übrigen Westeuropa so ste hen wie die USA zu Kanada“ (S. 178). Man ist geneigt hinzuzufügen: Das Ver hältnis der alten zu den neuen Bundes ländern wird dem von Nord- und Südita lien gleichen. Prof. Dr. sc. GÜNTER KATSCH
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