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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1991
- Erscheinungsdatum
- 1991
- Sprache
- Deutsch
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- Z. gr. 2. 459
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- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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Zeitschrift
Universitätszeitung
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Band 1991
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Golfkrieg und Völkerrecht „Schonet Gefangene, Verwundete und Flüchtlinge/ Tötet die Waffenlosen nicht“ Mahabharata (6. Das Buch Bhishma), 6. Jh. „Denn kein Verschulden trifft ein Volk, das in Verruf gerät durch Fehler eines schlechten Staatenlenkers“, Euripides, Die Hilfeflehenden (Vers 871 ff.), 4. Jh. v. u. Z. Hier geht es nicht um die persönliche Meinung des Autors, sondern um eine streng juristische Wertung des Golfkrie ges. Der Autor macht kein Hehl daraus, daß er dabei ein Gefühl des Unbehagens hat. Ein Krieg weist doch in erster Linie moralisch-ethische, machtpolitische und weitere Aspekte auf. Es geht um Men schenleben. Die vorliegende Einschät zung hat sich auf entsprechende interna- tionalrechtliche Dokumente zu stützen, will sie sachlich und objektiv sein. Fol gend sollen die wichtigsten Sachverhalte ' Beachtung finden. 1. Aggression und Annexion. Der Irak hat gegen das friedliche Ku wait eine massive Aggression verübt. Die Aggression endete mit der Annexion und damit mit der Liquidierung eines sou veränen Staates, der Mitglied der UNO, der Arabischen Liga und der Konferenz der islamischen Staaten war und nach wie vor ist. Die vollständige Beseitigung ei nes ganzen Staatswesens ist in der Ge schichte der internationalen Beziehungen nach 1945 einmalig. Der Irak hat massiv und eklatant das Völkerrecht verletzt. Die folgenden Völ kerrechtsprinzipien sind in erster Linie verletzt worden: Verbot der Gewaltandro hung und Gewaltanwendung, Verbot der Einmischung in die inneren Angelegen heiten anderer Staaten, Selbstbestim mungsrecht der Völker, Vertragstreue (Art. 2 der UNO-Charta). In der UNO- Prinzipiendeklaration von 1970 heißt es: „Ein Aggressionskrieg stellt ein Verbre chen gegen den Frieden dar, das die Ver antwortlichkeit auf Grund des Völker- ^rechts nach sich- zieht,“ Eine ähnliche Ausage enthält auch die UNO-Aggressi- onsdefinition von 1974 (Art. 5): „Ein Ag gressionskrieg ist ein Verbrechen gegen den Weltfrieden. Aus Aggressionen ent steht völkerrechtliche Verantwortlich keit.“ Aus den genannten Bestimmungen ergibt sich eindeutig: Der Irak hat ein Verbrechen gegen den Weltfrieden be gangen. Gleiches gilt natürlich auch für den irakischen Präsidenten. 2. Schwere Verstöße gegen das Di plomatenrecht. Die Art und Weise, wie der Irak die aus ländischen Diplomaten behandelte, stellt eine Verletzung elementarer Grundsätze des Diplomatenrechts dar: „Wiener Kon vention über diplomatische Beziehun gen“ von 1961; „Wiener Konvention über konsularische Beziehungen“ von 1963; „Konvention über die Verhütung, Verfol gung und Bestrafung von Straftaten gegen völkerrechtlich geschützte Personen einschließlich Diplomaten“ von 1973. 3. Schwere Verstöße gegen Men schenrechtskonventionen. Die Behandlung ausländischer Staats bürger und Diplomaten ist als eine schwerwiegende Verletzung der Men schenrechte zu qualifizieren. Die iraki schen Behörden haben ihnen gegenüber wichtige Menschenrechtsdokumente wie z. B. die „Internationale Konvention über Bürgerrechte und politische Rechte“ von 1966 praktisch außer Kraft gesetzt. Die Menschenrechte der Kuwaitis werden oh nehin mit Füßen getreten. 4. Keine Anerkennung gewaltsamer Gebietsaneignungen. In wichtigen intemationalrechtlichen Dokumenten werden völkerrechtswidrig erfolgte territoriale Veränderungen als ab solut unannehmbar betrachtet. Die bereits genannte UNO-Prinzipiendeklaration von 1970 stellt eindeutig klar: „Das Ter ritorium eines Staates darf nicht Objekt militärischer Besetzung als Ergebnis einer Gewaltanwendung werden ... Eine durch Gewaltandrohung oder durch -anwen- dung vollzogene territoriale Aneignung darf nicht als rechtmäßig anerkannt werden.“ Eine ähnliche Festlegung enthält auch die UNO-Aggressionsdefinition: „Keine Gebietsaneignung oder ein besonderer Vorteil als Ergebnis einer Aggression ist oder wird als rechtmäßig anerkannt“ (Art. 5). Diese Bestimmungen sind Konkreti sierung des uralten Rechtsgrundsatzes „ex iniuria non oritur ius" („aus dem Unrecht erwächst kein Recht“) sowie der Stimson-Doktrin, verkündet Ende der 30er Jahre durch die USA, nachdem Ja pan die Mandschurei besetzt hatte. 5. Befugnisse des UNO-Sicherheits rates Der UNO-Sicherheitsrat trägt als wich tigstes Hauptorgan der Organisation „die Hauptverantwortung für die Aufrechter haltung des Weltfriedens und der interna tionalen Sicherheit“ (Art. 24 der UNO- Charta). Gemäß Kapitel VII der UNO-Charta („Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlun gen“) kann der Sicherheitsrat der Reihe nach vielfältige Maßnahmen einleiten. Dieses Verfahren ist genau festgelegt (Art. 39 - 50). Weil gerade bei diesem Verfah rensweg die Crux liegt, sollen diese gestaffelten Maßnahmen ausführlich er wähnt werden. a) Der Sicherheitsrat stellt fest, ob ein Aggressionsakt vorliegt (Art. 39). b) Durch einen Beschluß wird der Ag gressor aufgefordert, seine Gewalthand lungen einzustellen bzw. die Ergebnisse rückgängig zu machen. Der Sicherheits rat trägt der Nichtbefolgung seiner Auf forderung und entsprechender Maßnah men vorläufigen Charakters „gebührend Rechnung“ (Art. 40). Der Sicherheitsrat hat gegenüber dem Aggressor Irak all dies getan. c) „Der Sicherheitsrat kann be schließen, welche Maßnahmen, die keine Anwendung von Waffengewalt bein halten, zu ergreifen sind, um seinen Be schlüssen Wirksamkeit zu verleihen, und die Mitglieder der Vereinten Nationen auffordem, diese Maßnahmen durchzu führen“. Und jetzt kommt der springende Punkt: „Diese (Maßnahmen) können die völlige oder teilweise Unterbrechung der wirtschaftlichen Beziehungen und des Eisenbahn-, See- und Luftverkehrs, der Post-, Telegraphen-, Funk- und sonstigen Verbindungen sowie den Ab bruch der diplomatischen Beziehungen umfassen“ (Art. 41). Es kann sachlich so konstatiert werden, daß der UNO-Sicher heitsrat von diesen relativ umfangreichen Möglichkeiten nicht im erforderlichen Maße Gebrauch gemacht hat. Dies ist zutiefst zu bedauern. d) Nachdem der Sicherheitsrat festge stellt hat, daß die im Art. 41 vorgesehenen Maßnahmen „unzureichend“ sein würden oder sich als unzureichend erwiesen ha ben, so kann er mit Luft-, See- oder Land streitkräften Maßnahmen durchführen, die er zur Aufrechterhaltung oder Wie derherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit für notwendig erachtet. Sie können Demonstrationen, Blockademaßnahmen und andere Opera tionen der Luft,- See- oder Landstreit kräfte von Mitgliedern der Vereinten Na tionen umfassen“ (Art. 42). Auch die in dieser Bestimmung vorgesehenen Mög lichkeiten sind bedauerlicherweise nicht ausgeschöpft worden. „Demonstratio nen“ wären z. B. komplexe und umfang reiche Militärmanöver auf dem Territori um einiger Nachbarstaaten des Irak. e) Der Sicherheitsrat ersucht die UNO- Mitglieder, „ihren Beitrag zur Aufrech terhaltung des Weltfriedens und der inter nationalen Sicherheit dadurch zu leisten“, daß sie auf der Basis von „Sonderabkom men“ ihm u. a. nationale Streitkräfte zur Verfügung stellen („UNO-Truppen“, „Blauhelme“). Interessant ist dabei, daß diese Abkommen „der Ratifizierung durch die Signatarstaaten gemäß deren verfassungsmäßigen Verfahren (unterlie gen)“. (Art. 43). - f) „Die Stärke und den Bereitschafts grad dieser Kontingente und die Pläne für ihre gemeinsamen Maßnahmen legt der Sicherheitsrat mit Unterstützung des Generalstabsausschusses im Rahmen des Sonderabkommens oder der Sonder abkommen, die in Art. 43 genannt sind, fest“ (Art. 45 und 46). Es ist zu beachten: Der Generalstabsausschuß ist Organ des UNO-Sicherheitsrates und „besteht aus den Generalstabschefs der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates oder ihren Vertretern“ (Art. 47). Ständige Mitglieder des Sicherheitsrates sind die USA, die UdSSR, China, Großbritannien und Frankreich. Der Generalstabsausschuß ist „unter der Autorität des Sicherheitsrates für die strategische Führung aller dem Si cherheitsrat zur Verfügung gestellten Streitkräfte verantwortlich. Fragen hin sichtlich des Kommandos über diese Streitkräfte werden später geregelt.“ Die se notwendige Zwischenstufe ist eben falls übersprungen worden. g) Die zur Durchführung der Beschlüs se des Sicherheitsrates erforderlichen Maßnahmen „werden je nach Ermessen des Sicherheitsrates von allen oder von ei nigen Mitgliedern der Vereinten Natio nen durchgeführt“ (Art. 48). Dies ist jetzt der Fall (USA u. a.). Abschließend zu dem entscheidenden Kapitel VII der UNO-Charta ist festzd- stellen: Es ist die völkerrechtliche Grund lage für militärische Zwangsmaßnahmen gegen einen Aggressorstaat; die Er klärung irgendeines Ultimatums ist nicht vorgesehen; jedes UNO-Mitglied hat die Möglichkeit, sich an den UNO-Maßnah- men gegen den Irak zu beteiligen; der vor geschriebene Verfahrensweg ist nicht eingehalten worden; weil die Resolutio nen des Sicherheitsrates die Befreiung Kuwaits zum Ziel haben, hätten die Alli ierten in Kuwait mit den Kampfhandlun gen beginnen müssen. Alles andere hätte sich aus der Situation ergeben. 6. Verhöhnung der internationalen Staatengemeinschaft und vor allem der UNO. Sowohl die UNO (Sicherheitsrat, Ge neralsekretär) als auch einzelne Staaten sowie Politiker haben intensiv versucht, den Irak zu einem Rückzug aus Kuwait zu bewegen. Die Anstrengungen der inter nationalen Staatengemeinschaft waren je doch erfolglos. Noch schlimmer: Führen de irakische Politiker haben immer wie der die UNO verhöhnt und den UNO-Ge- neralsekretär gedemütigt. Die internatio nale Staatengemeinschaft ist wiederholt herausgefordert worden. Diese uneinsich tige Haltung des Irak war ein Beweis dafür, daß weitere Anstrengungen des Si cherheitsrates bei strikter Einhaltung des oben beschriebenen Verfahrensweges kaum Erfolgschancen gehabt hätten. 7. Das völkerrechtlich verbriefte Diese Frage stellt sich selbstverständlich nicht nur dem Bundeskanzler und anderen Politikern, sie stellt sich vielmehr jedem von uns und harrt auf Antwort... (Foto: Gehrmann) Selbstverteidigungsrecht. Die auf der Grundlage des Kapitels VII der UNO-Charta angenommenen Sicher heitsratsresolutionen sind nicht die einzi ge völkerrechtliche Begründung für die Anwendung militärischer Zwangsmaß nahmen. Eine weitere und eindeutigere Grundlage hierfür bietet Art. 51 der UNO- Charta: „Die Bestimmungen der vorlie genden Charta beeinträchtigen in keiner Weise das unveräußerliche Recht auf in dividuelle oder kollektive Selbstvertei digung im Falle eines bewaffneten An griffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen, bis der Sicherheitsrat die zur Aufrechterhaltung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderli chen Maßnahmen ergriffen hat.“ Hieraus ergibt sich das Recht Kuwaits, genauer der kuwaitischen Exilregierung, jeden Staat um militärische Unterstützung mit dem Ziel zu bitten, die Okkupanten gewaltsam zu vertreiben. Es ist klarzustellen: Das Selbstverteidigungsrecht besteht unab hängig von Resolutionen des UNO-Si cherheitsrates. Die über zehn Resolutio nen zu Kuwait bilden zusammen mit dem Art. 51 zwei feste Fundamente, auf die sich das militärische Vorgehen gegen den irakischen Aggressor stützt. 8. Grundsätze des humanitären Völ kerrechts. Die an den militärischen Auseinander setzungen beteiligten Staaten haben das humanitäre Völkerrecht (auch als Kriegs recht - ius in bello - oder Gesetze und Ge bräuche des Krieges genannt) zu beach ten. Die völkerrechtliche Hauptgrundlage des humanitären Völkerrechts sind einige Konventionen, die eine wesentliche Wei terentwicklung der Haager Landkriegs ordnung (HLKO) von 1907 darstellen. Zu nennen sind: das „Genfer Protokoll über das Verbot der Verwendung von er stickenden, giftigen oder ähnlichen Gasen sowie von bakteriologischen Mitteln im Kriege“ von 1925; das „Statut für den In ternationalen Militärgerichtshof von 1945; die vier Genfer Abkommen zum Schutze der Kriegsopfer von 1949 (vor al lem das „Genfer Abkommen über die Be handlung der Kriegsgefangenen“- III und das „Genfer Abkommen zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten“ - IV); das „Ergänzungsprotokoll zu den Genfer Ab kommen von 1949 über den Schutz von Opfern internationaler bewaffneter Kon flikte“ (Protokoll I) von 1977. Das gesamte humanitäre Völkerrecht stützt sich auf den folgenden Haupt grundsatz: Die Kriegführenden haben kein unbeschränktes Recht in der Wahl der Mittel und Methoden, um den Feind zu schädigen. Es ist verboten, „Waffen, Ge schosse und Stoffe sowie Methoden der Kriegführung zu verwenden, die geeignet sind, überflüssige Verletzungen sowie unnötige Leiden zu verursachen". Es ist ferner verboten, Mittel und Methoden der Kriegführung anzuwenden, durch die ein langandauernder und großer Schaden für die menschliche Umwelt verursacht wer den kann (auch „Konvention über das Ver bot militärischer oder sonstiger feindseli ger Anwendung von Mitteln zur Einwir kung auf die Umwelt“ von 1977). Ein weiterer Hauptgrundsatz des hu manitären Völkerrechts ist es, Angriffe nur auf militärische Objekte zu führen. Anders formuliert: Es ist verboten, die Zivilbevölkerung oder zivile Objekte an zugreifen. „Flächenbombardements“ sind ebenso verboten. Die folgenden Objekte genießen be sonderen Schutz: a) kulturelle Objekte: historische Denkmäler, Kultstätten, Kir chen, Moscheen. In diesem Fall gilt oh nehin auch die „Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflik ten“ von 1954. b) Objekte, die für das Überleben der Zivilbevölkerung unent behrlich sind (z. B. Trinkwasseranlagen), c) Die für das Überleben der Zivilbevöl kerung wichtige natürliche Umwelt ist ebenso wirksam zu schützen, d) Man darf militärisch keine Anlagen und Einrich tungen angreifen, die gefährliche Kräfte enthalten und deren Beschädigung des wegen katastrophale Folgen haben kann. Hierzu gehören Dämme, Deiche, Kern kraftwerke und auch Erdölfelder. Rea lisiert der Irak seine Drohung, die Erdöl felder in Brand zu setzen, dann wird er der erste Staat sein, der ein Verbrechen ge gen die Menschheit (nicht nur gegen die Menschlichkeit) begeht. 9. Kriegsgefangene sind unantastbar. Hier gilt der folgende Hauptgrundsatz: Die betreffenden Personen sind Gefange ne einer feindlichen Macht, eines Staates und nicht von irgendwelchen Armeeoffi zieren. Sinn dieser Regelung ist u. a.: Schutz der Gefangenen vor sadistisch oder pervers veranlagten Offizieren. Hin sichtlich der Kriegsgefangenen gelten im einzelnen mehrere Grundsätze wie, um die wichtigsten zu nennen: a) kostenlose Ernährung und medizinische Betreuung; b) humane Behandlung, Schutz vor Ge walttätigkeit, Einschüchterung und Be leidigung. Gefangene haben Anspruch auf Achtung ihrer Person und Ehre. Die Behandlung gefangener Piloten seitens des Irak widerspricht zutiefst diesem Grundsatz, c) Gefangene dürfen nicht zu gefährlichen oder gesundheitsgefähr denden Tätigkeiten eingesetzt werden. Wehrlose Kriegsgefangene als „lebendes Schutzschild“ zu mißbrauchen, gehört zu den abscheulichsten Kriegsverbrechen. 10. Völkerrechtliche Verantwortlich keit. Nach der vollständigen militärischen Niederwerfung (debellatio) des iraki schen Aggressors wird es höchstwahr scheinlich zu einer vorübergehenden mi litärischen Besetzung (occupatio bellica) des Irak kommen. Eine Reihe von Fragen wird zu regeln sein: Reparationen, Resti tutionen (Rückgabe gestohlenen Gutes), Kriegsverbrecherprozesse, große Ein schränkungen bei der irakischen Armee und Kriegsindustrie, natürlich die Wie derherstellung der kuwaitischen Staat lichkeit. 11. Grundsatz der Angemessenheit. Dieser Grundsatz ist in den folgenden Formen anzuwenden: a) Auf bestimmte Handlungen des Kriegsgegners angemes sen, d. h. vor allem nicht überzogen (Ex zeß) reagieren, b) Den besiegten Gegner nicht erniedrigen, denn man muß an die Zukunft denken, c) Es ist stets zu berück sichtigen, welche Folgen die Erreichung des Ziels für die Menschheit haben könn te. Auf alle Fäjle darf nicht der alte Spruch gelten: „fiat iustitia, pereat mundus“ („es walte die Gerechtigkeit, mag auch die Welt zugrundegehen“). Ebenso kann es mit der Wiederherstellung des Status quo ante in Kuwait sein. Die Wiedereinset zung der nicht gerade liberalen und de mokratisch gesinnten Ölscheichs mag dem Völkerrecht entsprechen. In diesem Fall würde jedoch der in der Rechtsphilo sophie bekannte Spruch zur Anwendung kommen: summum ius summa iniuria“ („höchstes Recht höchstes Unrecht). Dies ist abzulehnen. 12. Kein ursächlicher Zusammen hang zwischen dem Golfkrieg und der Palästinafrage. Logisch sowie völkerrechtlich betrach tet, gibt es wohl einen direkten ursächli chen Zusammenhang zwischen der iraki schen Aggression und der UNO-Reaktion darauf. Die irakischen Raketenangriffe gegen israelische Städte sind jedoch ein weiterer Aggressionsakt. Weil die Rake ten gegen zivile Objekte gewollt abge feuert werden, liegt sogar ein Kriegsver brechen prima facia (liegt auf der Hand) vor. Nach Beendigung des Golfkrieges wä re es an der Zeit die folgenden schwieri gen Probleme in dieser Region nachein ander und mit friedlichen Mitteln zu lö sen: die Palästinafrage, den Libanonkon flikt und die Kurdenfrage (fast eine Qua dratur des Kreises). Doz. Dr. sc. PANOS TERZ, Juristenfakultät, Leiter Völkerrecht In einer soeben abgeschlossenen Un tersuchung des Laboratoriums für Stu- dentenforschüng wurden die Leipziger Studenten schriftlich und anonym nach ihrer Meinung zum Golfkrieg und zum dortigen Einsatz von deutschen Truppen befragt. Das Gesamtergebnis auf die Fra ge: „Sind Sie für einen Krieg im Irak, falls Irak seine Truppen nicht aus Kuwait ab zieht?“ ist eindeutig: 79 % aller berfrag- ten Studenten (557) sind gegen einen Krieg am Golf. Weitere 11 % halten sich in dieser Frage für nicht kompetent und nur 10 % sprechen sich für einen mi litärischen Einsatz gegen den Irak aus. Bei den Befürwortern des Krieges gegen den Irak sind die männlichen Studenten in der Mehrzahl. Etwa jeder siebte männliche Student, aber nur jede siebzehnte Studen tin befürworten den Golfkrieg. Die fach spezifische Differenzierung zeigt, daß die Unterschiede der Meinungen zwischen Studenten der naturwissenschaftlichen Fachrichtungen und denen der Geistes und Sozial wissenschaften nicht allzu groß sind. In der Fachrichtung Medizin vortierten 76 % der Studenten gegen den Krieg, 11 % können diese Frage nicht beurteilen und 13 % sprechen sich für einen Krieg aus. Ähnliche Ergebnisse zeigen die Stu- Was meinen Studentinnen zum Golfkrieg? denten der Rechtswissenschaft (80 % dagegen, 10 % ohne Entscheidung und 10 % dafür), die Chemie- und Biologie studenten (78 %, 11 %, 11 %) sowie die Physikstudenten (77 %, 14 %, 9 %). Etwas stärker sprechen sich die Stu denten der Wirtschaftswissenschaft (83 %), der Journalistik (85 %), der Ger manistik (92 %) und die Sprachlehrer studenten (86 %) gegen den Krieg am Golf aus. Den prozentual größten Anteil an Befürwortern des Krieges gegen den Irak gab es bei den befragten Studenten der Pflanzen- und Tierproduktion (31 %), bei den Mathematikstudenten (26 %) und den Studenten der Politikwissen schaft (23 %). Insgesamt gesehen sprechen sich lei stungsstärkere Studenten stärker gegen den Krieg aus als leistungsschwachere (86 % gegenüber 77 %). Studenten von abgewickelten Fach richtungen votierten etwas mehr gegen den Krieg am Golf als Studenten aus nichtabgewickelten Fachbereichen (83 % gegenüber 76 %). Eine weitere Frage betraf den Einsatz deutscher Truppen am Golf. Auf die Fra ge: „Wie stehen Sie zu einem Einsatz deutscher Truppen am Golf?“ gab es fol gende vier Antwortmöglichkeiten: 1) Ich bin unbedingt dafür. 2) Ich bin eigentlich dagegen, halte es aber für notwendig. 3) Ich bin unbedingt dagegen. 4) Ich kann das nicht beurteilen. Nur 1 % aller befragten Studenten ent schieden sich für die erste Antwortpositi on. 19 % entschieden sich für die zweite und 74 % für die dritte Antwortposition. 6 % hielten sich für nicht kompetent. Zwi schen männlichen und weiblichen Stu denten gab es in dieser Frage kaum Un terschiede. Am stärksten gegen einen Ein satz deutscher Truppen sprachen sich die Studenten der Fachrichtungen Afrika/Nahostwissenschaft (100 %), Philosophie (93 %). Germanistik (92 %) und Soziologie (90 %) aus. Am mei sten von der Notwendigkeit deutscher Truppen am Golf überzeugt sind die Stu denten der Chemie und Biologie (36 %), der Pflanzen- und Tierproduktion (31 %), der Wirtschaftswissenschaften (27 %), der Medizin und der Mathematik (beide 26 %). Auch 23 % der Theolo giestudenten und der Studenten der Po litikwissenschaft sind dieser Meinung. Bei beiden Fragen ist quer zu allen Fachrichtungen die aufschlußreiche Ten denz zu verzeichnen, daß Studenten mit einer größeren demokratischen bzw. poli tischen Aktivität signifikant stärker eine gewaltsame Lösung des Golfkonfliktes und den Einsatz deutscher Truppen in die ser Region ablehnen. Auch neigen Stu denten, die die Abwicklung für vollkom men notwendig halten, stärker zu der Mei nung, daß auch der Krieg gegen den Irak Live! Besser als’n Videogame! und der Einsatz deutscher Truppen am Golf notwendig ist. DIRK SCHMELING Laboratorium für Studentenforschung
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