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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1991
- Erscheinungsdatum
- 1991
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-199100000
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- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19910000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Strukturtyp
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- Parlamentsperiode
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Zeitschrift
Universitätszeitung
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Band
Band 1991
-
- Ausgabe Nr. 1, 07.01.1991 1
- Ausgabe Nr. 2, 14.01.1991 1
- Ausgabe Nr. 3, 21.01.1991 1
- Ausgabe Nr. 4, 28.01.1991 1
- Ausgabe Nr. 5, 04.02.1991 1
- Ausgabe Nr. 6, 11.02.1991 1
- Ausgabe Nr. 7, 18.02.1991 1
- Ausgabe Nr. 8, 25.02.1991 1
- Ausgabe Nr. 9, 04.03.1991 1
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- Ausgabe Nr. 11, 18.03.1991 1
- Ausgabe Nr. 12, 25.03.1991 1
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- Ausgabe Nr. 17, 29.04.1991 1
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- Ausgabe Nr. 19, 13.05.1991 1
- Ausgabe Nr. 20, 21.05.1991 1
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- Ausgabe Nr. 22, 03.06.1991 1
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- Ausgabe Nr. 24, 17.06.1991 1
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■am m ge | | ou | g M ■ mg Einzelfall - Gerechtigkeit g * ■ ■■■ I m c ()fer (ey Fwquyieyyn * “NN* **E Lm V CT IUI “EH S ■ West-Sorgen über drastische Verbitterung vieler Ost-Wissenschattler * .-.x—. „Die Hochschullandschaft in den neu en Bundesländern ist geradezu von ei nem Evaluierungsfieber befallen, das den Blick auf die drohenden Gefahren der nächsten Monate für alle deutschen Hochschulen verstellt. Die Unent schlossenheit, sich zuerst den Abwick- lungs- und Widergutmachungsfällen zu widmen, und die offensichtlich bewußt schlechte Behandlung aller Wissen schaftler in den neuen Ländern wird nicht zum erhofften Gesundschrumpfen sondern zu schwerwiegenden Folgen - nicht zuletzt zu Lasten der westdeut- ' sehen Hochschulen - führen“, erklärte der Präsident des Deutschen Hoch schulverbandes, der Völkerrechtler Schiedermair, in Bonn. Bei allem Verständnis für die schwie rige Situation der immer noch im Auf bau begriffenen Wissenschaftsministe rien in den neuen Ländern sei es nicht hinnehmbar, daß die von der Abwick lung betroffenen Hochschullehrer bis lang nicht auf ihre persönliche Integrität und fachliche Qualifikation überprüft worden seien. Es sei völlig widersinnig, sich - wie im Freistaat Sachsen - wo chenlang über das bestdenkbare Eva luierungsverfahren zu streiten, während fachlich und persönlich qualifizierte Wissenschaftler am Ende der Warte schleife zum 30. Juni oder 30. Septem ber der Universität verloren gingen. Ähnliches gelte für Wiedergutma chungsfälle, denen allen Ernstes von den Ministerien die Empfehlung auf den Weg gegeben werden, sie könnten sich demnächst auch bewerben. In keinem der neuen Bundesländer gäbe es einen vernünftigen Prioritätenkatalog für das Evaluierungsverfahren, bemängelte Schiedermair. Es besteht die große Gefahr, daß ge rade diejenigen, die wir dringend in den Hochschulen halten müssen, diese schon lange verlassen haben, wenn sie zur Evaluierung anstehen. Eine sche matische Evaluierung nach dem Alpha bet ist weder hochschulpolitisch klug noch rechtsstaatlich geboten. Es wird dringend Zeit, Zeichen zu setzen, um die „Richtigen“ zu ermutigen und den sich wieder formierenden „alten Seilschaf ten“ den Mut zur Beharrung zu nehmen. „Wenn dies nicht sehr rasch gelingt, wird der Exodus der Wissenschaftler aus den Hochschulen der neuen Länder an halten und die Studenten werden daraus ihre Konsequenzen ziehen. Der Damm wird brechen, vielleicht schon zum Win tersemester“, befürchtet Schiedermair. Besorgniserregend, zum Teil empörend, sei die schlechte Behandlung der ostdeutschen Hochschullehrer. Während für alle anderen Berufsgrup pen schrittweise eine Annäherung an westdeutsche Verhältnisse weitestge hend erreicht sei, würde von den Hoch schullehrern in mehrfacher Hinsicht ein „Sonderopfer“ abverlangt. Dazu sei im einzelnen zu zählen: 1. Es fehle an einer Verbindung von fachlicher/persönlicher Evaluierung und Verbeamtung. Alle Prüfungsverfah ren hätten lediglich vorbereitenden und empfehlenden Charakter. Offensicht lich spiele die Exekutive auf Zeit und überließe die Kernarbeit weitgehend der damit hoffnungslos überforderten Uni versität. Wer aber die Evaluierungs mühlen unbeanstandet überstanden ha be, müsse damit rechnen, „aufs Gna denbrot im Angestelltenverhältnis“ ge setzt zu werden, bis die Kündigung man gels Bedarf ausgesprochen werde. Vie le Hochschul lehret fühlten sich nur noch als „nützliche Idioten“. Derart systema tisch entmutigte Hochschullehrer soll ten andererseits aber im Hörsaal beson deres Engagement zeigen und die Er neuerung des Geistes personell glaub würdig vertreten. ■ 2. Es fehle an der landesgesetzlich ein zurichtenden Möglichkeit, auch noch nach dem 50. Lebensjahr verbeamtet zu werden. Gerade die für eine solche Ver beamtung nach dem Lebensalter in Be tracht kommende Personengruppe sei zum großen Teil vor der dritten Hoch schulreform der DDR berufen worden, als Parteimitgliedschaft und Parteif reundlichkeit noch nicht Bedingung ei ner Berufung waren. 3. Die 60 %-Regelung des BAT-Ost sei für die Hochschullehrer allenfalls ei ne 50 %-Regelung, da die Hochschul lehrer nicht 60 % der C-Besoldung, son dern nur 60 % der BAT-Besoldung er hielten, so daß die ordentlichen Profes soren 60 % des Gehaltes eines Oberas sistenten in Westdeutschland bezögen. Diese Rückstufung werde noch forciert, wenn die bisher im Dienst der DDR ab solvierten Zeiten nicht anerkannt wer den, so daß bei der Einstufung die Hälf te aller Dienstjahre jenseits des 35. Le bensjahres ersatzlos verlorengingen. 4. Die geplante Einheitsrente für das wissenschaftliche Personal nach der Wende sei ein weiteres Zeichen, wie man das gutwillige und fachlich quali fizierte wissenschaftliche Personal sy stematisch zurücksetze und benachteili ge. Nicht jede Anwartschaft auf eine Zu satzversorgung sei unredlich erworben. Offensichtlich solle die Bevorzugung -im sozialistischen Einheitsstaat ausge rechnet unter der Geltung des Grundge setzes damit bestraft werden, daß die Wissenschaftler auf das Rentenniveau eines Hilfsarbeiters gesetzt würden, er klärte Schiedermair. Vor diesem Hintergrund verstehe er - so Schiedermair - sehr gut die Verbitte rung und Enttäuschung vieler Mitglie der des Hochschulverbandes in den neu en Ländern. Wenn der Staat - gewollt oder unge wollt - diese Enttäuschung weiter orga nisiere und auch die gutwilligen und nach der Wende zu Recht hoffnungsfro hen Wissenschaftler weiter vor den Kopf stoße, blieben die besten Eva luierungsprogramme auf der Strecke. „Politisches Fingerspitzengefühl, nicht die deutsche Gründlichkeit“ sei das Ge bot der Stunde, forderte Schiedermair. (Presseinformation des Deutschen Hochschulverbandes, 19. Juni 1991) Was der Spiegel leider in Wirklichkeit nicht zeigt: BAT-Ost ist für viele ein (wenn auch finanziell ungewollter) Jungbrunnen. „Transparenz und Geist und Forschung..- ein sichtbar klarer Kurs bei der Erneuerung der Wissenschaft in Sachsen. A m 14. 6. fand die konstitu ierende Versammlung der Jablonowskischen Gesell schaft statt. Die unter ihrem historischen Namen „Societas Jablonoviana" von dem polnischen Mäzen und deutschen Reichsfürsten Joseph Alexander Jablonowski im Jahre 1774 an der Universität Leipzig gegründete Preisstiftungsgesell schaft ist wieder eine selbständige Gesellschaft. Seit ihrer Gründung bis zum zweiten Weltkrieg verfolgte sie das Ziel, durch Preisausschreiben in Deutschland und Polen zur polni schen Geschichte, zu Themen aus Na turwissenschaft und Ökonomie For schungen anzuregen. Sie brachte eine Vielzahl monographischer Publika tionen heraus, die heute noch als Stan dardwerke Geltung besitzen. Der Sitz einer von einem Polen in Deutschland ins Leben gerufenen wissenschaftli chen Gesellschaft war Ausdruck der kosmopolitischen Haltung des polni schen Förderers, der nicht zuletzt durch diese Gründung die sächsisch torische Tätigkeit auf Stiftungen, Spenden, Mitgliedsbeiträge und an dere Fördermittel angewiesen sein. Diese dürften ihr für gezielte Aufga ben nicht versagt bleiben, um so mehr, da die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen durch den am 17. Juni unterzeichneten deutsch-pol nischen Nachbarschaftsvertrag fest geschrieben sind. Als Aufgabe hat sich die Gesell schaft u. a. gestellt, wissenschaftliche Arbeiten anzuregen und zu unterstüt zen, die sich der Erforschung der deutsch-polnischen Kulturbeziehun gen in Vergangenheit und Gegenwart zuwenden, die Zusammenarbeit in Wissenschaft und Kultur durch Insti tutionen und Einzelpersonen ideell zu begleiten, die kulturellen Leistungen der Gegenwart sowie das kulturelle Erbe Polens in Deutschland und um gekehrt zu vermitteln. Die versammelten Mitglieder so wie zahlreiche Gäste und Bewerber um die Mitgliedschaft aus den neuen und alten Bundesländern haben die Tradition und Verpflichtung in Leipzig: Societas Jablonoviana e.V. polnische Union, die mit dem Tod Au gusts III. zerfiel, ideell fortsetzte und für beide Staaten ein Beispiel der nachbarlichen Zusammenarbeit gab. Nach der Unterbrechung ihrer Tätigkeit durch den zweiten Welt krieg und und seine Folgen nahm die Gesellschaft als eine Kommission zur Förderung des Freundschaftsgedan kens zwischen Deutschen und Polen 1978 ihre Arbeit in veränderter Form auf und beschränkte sich auf die Gei steswissenschaften. In den vergange nen 13 Jahren war die Gesellschaft ei ne vom Staat zwar allein materiell ge förderte, aber dafür zwangsläufig in seinem Sinne gelenkte Einrichtung der Universität. Nach den stattgefun denen gesellschaftlichen und politi schen Veränderungen der Jahre 1989/90 ergeben sich für die altehr würdige Societas Jablonoviana, de ren Tätigkeit ausschließlich auf dem Kapital ihres Stifters beruhte, Ein schnitte, die ihre bisherige Arbeits weise wesentlich verändern werden. Als eine auf freiwiller Basis zustan- degekommene Vereinigung von Wis senschaftlern und Förderern aus ganz Deutschland und der Republik Polen, auf den Prinzipien der Gemeinnüt zigkeit fußend, aber unter dem Patro nat des Rektors der Leipziger Uni versität stehend, will sie Bildung, Kultur und Kunst, vornehmlich auf Deutschland und Polen bezogen, als Mittel der Verständigung zwischen den beiden Völkern einsetzen. Der Situation Rechnung tragend, wird die Societas Jablonoviana, die als ein „europäisches Institut“ galt, er neut unabhängig. Ihrer Mittel durch die Kriegsfolgen verlustig gegangen, ist sie auf Förderung von außen an gewiesen. Neben den Zuwendungen seitens der Leipziger Universität, die ihr als kooperatives Mitglied beitritt, wird sie in Zukunft für ihre publika Satzung gebilligt und einen erweiter ten Vorstand gewählt. Ihm gehören an: Prof. Dr. Marian Biskup aus Torun, Prof. Dr. Antoni Czubinski aus Poznan, Privatdozent Dr. Hans Hen ning Hahn aus Köln, Dr. Eduard Me rian aus Leipzig, Prof. Dr. Heinrich Nickel aus Halle als Stellvertretender Präses, Prof. Heinrich Olschowsky aus Berlin als Präses, Prof. Dr. Siat- kowski aus Warschau. Zum Auftakt der zukünftigen Tätigkeit veranstaltete die Gesell schaft gemeinsam mit dem Institut für Kultur der Republik Polen und des sen Direktor Eugeniusz Piliszel, eine Konferenz zum Thema „Sachsen und Polen während der Personalunion“. Prominentester Referent war der Prä sident der Polnischen Akademie der Wissenschaften ,der Historiker Prof. Alexander Gieysztor, der über die er ste polnische Verfassung vom 3. Mai 1791 sprach, wobei er den Aspekt ei ner Fortsetzung der sächsisch-polni schen Verbindung durch das Angebot der polnischen Königskrone an einen weiteren Wettiner, Friedrich August III., in den Vordergrund stellte. Ein „Strauß“ von unterschiedlich sten Themen (Geschichte, Literatur, Architektur, Theater, Musik, letzteres mitgestaltet von der Chopingesell- schäft in Leipzig) veranschaulichte, wie vielseitig die Beziehungen zwi schen Deutschland, speziell Sachsen, und Polen einst waren. In ihrer Erfor schung und Beschreibung sieht die Societas Jablonoviana ihre vornehm liche und schöne Aufgabe. Die Gesellschaft ist offen für alle, die ihr Anliegen zu befördern bereit sind. Dr. MERIAN E s ist schon schwierig, auf der Karriereleiter einer Universität emporzustei gen! Die Wissenschaft und das unabhängige Denken sind das eine! Maßgebenden Herren günstig aufzufallen, ihrer Ansicht zuzu stimmen, war ebenfalls niemals ein Fehler. Wie naheliegend, daß ein Professor oder nach diesem Titel strebende Leute den Kol legen oder „Genossen“ nicht nur mit Er folgsberichten über Weltspitzenforschung, sondern auch über Wettbewerb sowie poli tische Klarheit und einmütige zustimmende Meinung im Kollektiv oft auszustechen suchte. Der Satiriker Ludwig Thoma (1867—1921) meinte einst: „Die Professer sind lauder Goggel und jäder meint, er hat die scheneren Fädern." Schmeicheleien waren im Zeitalter des Absolutismus, im 17./18. Jahrhundert, im Barock, wohl überhaupt nicht zu umgehen. Da war alles auf die Spitze in der vom ab soluten Fürsten gekrönten gesellschaftli chen Pyramide ausgerichtet. Auch die Her ren im Vorzimmer waren aber ins Kalkül zu ziehen. „Dem Allerdurchlauchtigsten, Großmächtigsten Fürsten und Herren, Herm Friedrich August/Königs von Pohlen, Groß-Hertzoge in Litauen, zu Reussen ..., Herzog zu Sachsen“ und vielen weiteren Ti teln und dann „Meinem Allergnädigsten Könige, Churfürsten und Heim“ steht dann nebst einem seitengroßen Bild des Erlauch ten am Anfang des 3. Bandes des „Großen vollständigen Universal-Lexikon" von Zed ler, Anno 1733. Andere Bände enthalten die Widmung an andere Fürsten, denn das Le xikon erscheint mit „Hoher Potentaten all ergnädigsten Privilegiis". An Niederlagen und Fehlern dieser Herrn durfte da nicht er innert werden. Wenn der oberste Herr aufgrund der Wid mung sich dann für Wissenschaft interes sierte, dann war vielleicht sogar etwas er reicht worden, denn es geht nicht um Intel lektuellenwiderstand um jeden Preis. Man mußte lernen als junger, auf Förderung an gewiesener Gelehrter, welche „Formulie rungen“ ankamen, „parteilich“ waren - nach späterer Terminologie. Da rät dann der welterfahrene Gelehrte Alexander von Humboldt (1807-1873) in einem Briefe vom 4. Juli 1833 dem jungen Schweizer Naturforscher Louis Agassiz (1807-1873) 17./18. Jh. kaum als Kadaver auf jenen Schiffen nach Europa, auf denen selbst zähe Menschen ihre Probleme hatten. Tyson ver suchte das untersuchte Tier in die zu seiner Zeit übliche „Stufenleiter“ der Organismen einzuordnen. Ganz oben stand der Mensch, aber die verschiedenen Rassen oft auf un terschiedlichen Sprossen. Der Europäer sah Physik in Leipzig an, nachdem er wegen Zu sammenarbeit mit Gauß zunächst seiner Stelle enthoben in Göttingen geblieben war. Mancher „Recke“ aus Gelehrtenkreisen er stand auch in den stürmischen Jahren 1848 und 1849. So klagte 1848 Rudolf Virchow die preußische Regierung wegen des „Hun gertyphus“ in Oberschlesien an und mußte Treue Diener ihrer Herren? hinsichtlich der Abfassung eines Bittgesu ches zur finanziellen Förderung seines Wer kes über die fossilen Fische: „... Erhabener König“ klingt zu poetisch ... Die Anrede muß sein: „Allerdurchlauchtigster, großmächtigster König, - allergnädigster König und Herr.“ Dann fangen Sie an: „Eu er königlichen Majestät wage ich lebhafte sten Dank für die allergnädigst bewilligte Unterstützung zum Ankauf meiner Samm lung für das Gymnasium in Neuchatel tief gerührt allerunterthänigst zu Füßen zu legen ...“ Sie müssen mit den Worten schließen: „Ich ersterbe in tiefster Ehrfurcht Euer Kö niglichen Majestät allerunterthänigster ge treuester ..." Bitt- und Bewerbungsschreiber von heu te können aufhorchen! Für Unhöflichkeit soll natürlich nicht plädiert werden. Die An rede „Genosse!“, so schwer sie dem Partei losen fiel, war immerhin etwas kürzer. Schlimmer wurde es, wenn aus Dienst fertigkeit auch die „Wahrheit“ gebogen und verfälscht wurde. Der Engländer Edward Tyson (1650 oder 1651-1708) wareiner der ersten Forscher, die einen nach England ge brachten Orang-Utan untersuchen konnten, denn die empfindlichen Tiere kamen im sich ganz oben. Der Orang-Utan vermittel te zu den kleineren Affen nach unten. Aber Tyson widmete das Buch über seine Befun de dem ,Lord High Chancellor of England 1 und schien es für günstig zu erachten, ihm zu versichern, daß so wie der .Menschenaf fe“ nach unten vermittelt, „Eure Lordschaft und jene von Eurem hohen Rang und Eurer Stellung wegen Wissen und Weisheit sich jener Art von Wesen nähern, die über uns liegen, die sichtbare und unsichtbare Welt verbindend.“ Also, der Lordkanzler noch nicht Gott, aber ihm näher... Während der Zeit der Aufklärung in Frankreich oder auch im 19. Jh. gab es al lerdings auch Wissenschaftler, die nicht vor Thronen wichen. Berühmt wegen ihres Wi derstandes wurden die „Göttinger Sieben“, sieben nicht Zwerge, sondern wohl echte Professoren, die ihrem neuen König Emst August von Hannover 1837 den Gehorsam verweigerten, als er das Staatsgrundgesetz von 1833 aufkündigte, um eine ältere, ungünstigere Verfassung (1819) wiederein zuführen. Die Namen der Tapferen: Alb recht, Dahlmann, Ewald, Gervinus,Jakob und Wilhelm Grimm, Wilhelm Weber. Der letztere trat Ostern 1843 eine Professur für seine Berliner Stelle aufgeben. Die Frage ist natürlich, wann und wofür soll man Mut und Widerstand zeigen? In den schrecklichen Kriegen war sicherlich man cher ein brauchbarer Soldat oder Waffen konstrukteur. Nach der Niederlage mußte er sich dann fragen, ob hier der Einsatz richtig war. Aber in den Diktaturen des 20. Jh. gab es gerade in Deutschland oft eine Anbiede rung, die ihren Trägem keinen Ruhm brin gen konnte. Der 1939 etwa 40jährige Geo loge Karl Beurlen, seit 1934 außerordentli cher Professor in Kiel, glaubte es wohl sei ner Karriere schuldig zu sein, in den „Schrif ten der Wissenschaftlichen Akademie des Nationalsozialistischen Deutschen Dozen tenbundes der Christian-Albrechts-Univer- sität Kiel“ (Neumünster 1939) einen Arti kel „Weltanschauung und Erkenntnistheo rie in der modernen Naturwissenschaft“ bei- zusteuern. Nach Meinung Beurlens war die Naturwissenschaft seit der Renaissance falsch gelaufen. Die Wissenschaft war in ternational geworden, während sie hätte völkisch sein müssen. Das heißt wohl im Klartext: Der deutsche Forscher hätte auf Teufel komm raus etwas anderes sagen müs sen als der englische und französische, dann hätte es auch nicht jene wissenschaftlichen Kontakte geben können, die 1939 sowieso zunehmend unterbunden wurden. Indem Beurlen dann Paracelsus wegen seiner Be nutzung der deutschen Sprache auf das deut sche oder besser nationalsozialistische Schild erhob, ließ sich die Angelegenheit noch mit historischem Brimborium verzie ren. Im schwülstigen und deshalb schwer durchdringbaren Stil heißt es: „Der völkisch nationale Aufbruch des deutschen Volkes, der durch den Nationalsozialismus herauf geführt worden ist und der den Primat der rassischen, völkischen Wirklichkeit im ge samten Sein erkannt hatte und damit den Protestantismus des deutschen Menschen gegen dogmatischen Universalismus in sei nervollen Tiefe wieder aufgegriffen hat, sah in der Front seiner Gegner nicht nur den rö mischen Universalismus, sondern auch zahlreiche angesehene Vertreter der - durch diesen Protestantismus einstens mit herauf geführten - modernen Naturwissenschaft, die in bemerkenswerter Analogie mit der „protestantischen Rompilgerschaft“ das im deutschen Umbruch zum Sieg gekommene völkische Prinzip mit dem gleichen Vorwurf der Wissenschaftsfeindlichkeit belastet, der einstmals gegen den katholischen Dogma tismus erhoben worden ist“ (S. 5). Man ver suche den Satz nüchtern zu analysieren. Oder wollte man nicht vor seiner „Tiefe“ lie ber schwiegen, um nicht vielleicht eigene Unbildung zeigen zu müssen? Wirkt nicht manches auch wieder vertraut? In diesem Stil, dem Gemisch unterschiedlicher Aus sagen, liegt natürlich die Gefahr, den armen Leser „einzuseifen“ und kritikunfähig zu machen. Dunkler Stil verbirgt viel, auch Groteskes und Unsinn. Man möchte rufen: Geologe, bleibt bei Deinen Steinen! Die Be rufung Beurlens auf eine ordentliche Pro fessur nach München 1941 blieb übrigens nicht aus! Auch Walther Schoenichen (1876-1956), seit 1922 durchaus verdienstvoller Leiter der Staatlichen Stelle für Naturdenkmal pflege in Berlin, hätte Grund zur Scham ge habt. Wohl um seinen nationalsozialisti schen Herren genehm zu sein und Unter stützung zu bekommen, lieferte er in der Zeitschrift „Naturschutz“ (Jg. 14, Heft 11) einen Artikel mit der Überschrift: „ Das deutsche Volk muß gereinigt werden’ - Und die deutsche Landschaft?“ Schoenichen bil ligt darin die Maßnahmen gegen die Juden. Es gäbe schließlich unüberbrückbare grundsätzliche Unterschiede zwischen den „Ariern“ und Nichtariem in Weltanschau ung, Sexualität und im Verhältnis zur Natur. Aber auch in der deutschen Landschaft gä be es viel Undeutsches, das verschwinden solle, so Reklame, Kitsch, fremdstämmige Bauweise, wozu er auch fremdartige Tem- pelchen zählt. Nun ist gegen eine reklame freie Landschaft wohl nichts einzuwenden. Aber kann man auch nur aus pragmatischen Gründen das so wie Schoenichen begrün den? Ab wann macht sich der Gelehrte zur Ka rikatur? Bricht wieder einmal der ganze „Laden“ zusammen, dann ist der Jammer groß. Dann ertönt das: „Ich habe nur... und schließlich das Beste gewollt!“ „Abwicklung“ heißt dann ein Wort zur Lösung der Vergangen heit, das übrigens die Nazis schon bei der Zerstörung der Hochschulen Polens an wandten, wie man in der ausgezeichneten Schrift von Christoph Kießmann: „Die Selbstbehauptung einer Nation. Nationalso zialistische Kulturpolitik und polnische Wi derstandsbewegung im Generalgouverne ment 1939-1945. Düsseldorf 1971“ nach lesen kann. Aber in Polen hatte es glückli cherweise Widerstand gegen die „Verein nahmung“ gegeben! Widerstand sollte aber möglichst gar nicht nötig werden und vor al lem der junge Wissenschaftler sollte gar nicht in Versuchung gebracht werden, im In teresse fauler Anbiederung schreiben zu müssen! Dr. rer. nat. GOTTFRIED ZIRNSTEIN
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