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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1991
- Erscheinungsdatum
- 1991
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-199100000
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- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
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Zeitschrift
Universitätszeitung
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Band
Band 1991
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Z uerst einmal ist zu konstatieren, daß man an diesen Abenden (ge meint ist eine Vortragsreihe der Deutsch-ausländischen Studiengesell schaft - d. Red.) hinsichtlich jeder Reli gion und auch der Philosophie (erste Ver anstaltung), wenn sie nämlich zur „ma teriellen Gewalt“ oder zum dogmati schen Moloch wird, auch reichlich und umfänglich über Inhumanität und Into leranz referieren könnte. Jede hat ihren Schatten. Letztlich stehen diesbezüglich alle auch am Pranger. Immer kommt es also darauf an, wie man „die Kamera ein stellt“, worauf man sie richtet. Ich bege Urteile gutzuheißen. ... Gefühle wie Barmherzigkeit galten als verdächtig, ja als Vergehen; angeblich waren sie apoli tisch, Beweis für mangelndes Klassen bewußtsein, ein Hindernis im Klassen kampf. ... Auch aus der Kunst wurde die Barmherzigkeit verbannt.... Ein ein zelner Mensch wie ich kann nur die Alarmglocke läuten und alle bitten, in sich zu gehen und zu überlegen, was zu tun ist, damit die Barmherzigkeit wieder Wärme in unser Leben bringt.“ Granins Essay macht meines Erach tens auch deutlich, daß die Entchristia- bruchs und Wandels, die auch anzeigen, wieviel trotz allem noch immer Leben in diesem alten Christentum steckt, in be sonderer Weise. Als Indizien dieser theo logisch neu aufgenommenen Gerechtig keitslinie aus dem biblisch-christlichen Erbe, wobei es in einer gewissen Logik auch zu manchen theoretischen Berührungen mit dem Marxismus kam, seien nur die folgenden Stichworte ge nannt: „Religiöser Sozialismus“, „Poli tische Theologie“, „Theologie der Re volution“, „Reich-Gottes-Theologie“, „Befreiungstheologie“, „Konziliarer Prozeß für Frieden, Gerechtigkeit und be mich in die Darstellungen mit der These: Der größte Humaitätsbeitrag des Christentums liegt in der Barmherzig keit. Bei allen Deformationen des Christ lichen (In der Theologie gibt es kein Par don, da gründlich hinzusehen und es aus zuhalten!) ist der Barmherzigkeitsstrom, wie auch immer, ununterbrochen durch die Jahrhunderte gegangen und niemals versickert. Unter diesem Aspekt lenke ich Ihre Aufmerksamkeit auf die Anfänge des abendländischen „Gesundheitswesens“, das sich vormittelalterlich und mittelal terlich wesentlich als sogenanntes Hos pitalwesen darstellt. Es erwuchs nahezu ausschließlich aus dem christlichen Im petus (Ungestüm, Heftigkeit, Feuer - d. Red.) zu übender Barmherzigkeit und wurde getragen von einer Vielzahl von Orden, Hospitalorden, religiösen männ lichen und weiblichen Pflegegemein schaften. In gewisser Weise erstaunlich beugten sich auch Teile des Rittertums herab zur Pflege der Kranken und Sie chen. Einige Namen solcher Pflegeorden seien genannt: Malteser, Johanniter, La- zariter, Antoniter, Deutschritter, wobei sich freilich zum Teil auch Kampf und Pflege makaber vermischten. Man ur teilte zu Recht: „Die einzige Organisa tion, die bis zum 15. Jahrhundert in die ser Richtung (M. H. der Krankenpflege, des Hospitalwesens) überhaupt tätig war, war die Kirche.“ Uhlhorn, namhaf ter Historiker der christlichen Diakonie, formulierte: „Hätte diese Zeit auch nur das eine getan, daß sie das Hospital ge schaffen, so hätte sie damit Großes und des Dankes aller Zeiten Würdiges voll bracht.“ D as Christentum war, etwas pau schaliert, vor allem Bewegung der Barmherzigkeit. Für mich ist gegenwärtig die albanische Nonne, Mutter Theresa, diese kleine, gebückte Frau, Friedensnobelpreisträgerin, inso fern eine echte Symbolgestalt des Christ lichen bzw. jener Humanität, welche das Christentum unverwechselbar in die Welt gebracht hat. Einige Theresa ge widmete Verse mögen dies unterstrei chen: Weizenkom, willig, in Gottes Wurfhand, ausgeworfen aufs Elendsfeld. Verblassend alle die Prominentinnen der eigenen Achse, angstvoll fixiert auf ihre Aufbereitung. Einzige, gebeugte Diva. Kleiner Widerspiegel Mariens. Erloschen sich selbst, brennend vom Dornbusch. Unwillkürlich befindet man sich im mer wieder in der innerer Aufarbeitung der zurückliegenden „40 Jahre“ und in der Auseinandersetzung mit dem Mar xismus, der sich ja ursprünglich als Ge- rechtigskeitsbewegung in humanitärer Aktion verstand und zur Barmherzigkeit zumindest teilweise eher ein gebroche nes Verhältnis hatte. Bereits vor der „Wende“ in der Zeitschrift „Sinn und Form“ (5/1987) erschienen, fand ein Beitrag, ein Essay des namhaften so wjetischen Schriftstellers Daniil Granin „Uber Barmherzigkeit“ große Beach tung, handelte es sich dabei doch um den Rückgriff auf einen zentralen christli chen Wert, der gerade in Rußland bei al len Wirrnissen, Verelendungen und Er niedrigungen eine besondere Heimstatt hatte. Granin schrieb u. a.: „Die Barmher zigkeit ist nicht von ungefähr in den Hin tergrund getreten. Während der Entkula- kisierung, in den schlimmen Jahren der Massenrepressionen, war es nicht ge stattet, Angehörigen, Nachbarn, den Fa milien der Betroffenen zu helfen. Kinder Verhafteter und Verbannter durften nicht aufgenommen werden. Die Menschen wurden gezwungen, erbarmungslose nisierung, systematisch betrieben oder unsystematisch eingetreten, keines wegs, wie man es darstellte, mit der Fort schrittselle zu messen ist, sondern ohne Frage schwere Verluste an Humanität in sich schloß und schließt. Die aktuelle Be schwörung „Pflegenotstand“, hier wie dort, in Ost und West gleichermaßen, ist nur ein Indiz dafür. D ie Barmherzigkeit ist dabei von der literarischen, biblischen Überlieferung her nicht nur neutestamentlich verankert (etwa Lukas 10,25-37, das Gleichnis Jesu vom barm herzigen Samariter) und motiviert, son dern hat auch bereits starke alttesta- mentliche, also genuin jüdische Wur zeln. Die Imperative, denen sich der re ligiöse Mensch unterstellt, entstammen immer ganz entscheidend dem Gottes verständnis. Von daher kann man von ei ner Spiegelfunktion zwischen Gott und Mensch sprechen. So ist es hochbedeut sam, daß die Barmherzigkeit zu den be reits im Alten Testament am häufigsten und stärksten bezeugten Wesensmerk malen Gottes gehört. Es soll dafür we nigstens ein Beleg eingebracht werden, der bibelnahen Menschen besonders ver traut und wert ist, nämlich der folgende Vers (8) aus dem 103. Psalm (Der Psal ter ist eine biblische Dichtung und Lie dersammlung, „das Gesangbuch“ des Alten Testamentes.): „Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte.“ Leider hat sich das Christentum hin sichtlich des anderen entscheidenen Ele ments der Humanität, der Gerechtigkeit, obowohl diese zutiefst in seiner Über lieferung angelegt ist, durch seine Ge schichte hindurch bei weitem weniger bewährt. Kein Wunder, daß sich schließ lich und endlich die säkulare Gerechtig keitsbewegung des Marxismus erhob, sich erheben mußte. Man hatte zunehmend ein durch und durch statisches Gesellschafts- und Weltbild entwickelt, das etwa in der weitgehend unabänderlich gedachten Ständeordnung (Jeder ist hineingeboren in seinen „Stand“ und hat darin zu ver bleiben!), die man auf Gott zurückführ te, also theologisch absegnete und fi xierte, seinen Ausdruck fand. Gerech tigkeit bedeutet demgegenüber aber im mer auch Veränderung. Eigentlich erst in unserem Jahrhundert gibt es nun im Christentum eine Breitenerweckung zur sozialethisch eingeforderten Gerechtig keit (natürlich gab es manche Vorläufer), verbunden mit einer bestimmten Hori- zontalisierung der Theologie. Dieses neue christliche Gerechtigkeitsbewußt sein und seine Bewegung stellt m. E. das bedeutendste kirchenhistorische Phäno men unseres Jahrhunderts dar. Es be deutet geradezu, um einen gängigen Be griff zu benutzen, eine Art Paradigmen- wechsel.Natürlich freut man sich als Christ und Theologe dieses Neuauf Bewahrung der Schöpfung“. Man hat für diesen Gerechtigkeitsaspekt in Unter scheidung zur individuellen Caritas auch die treffliche Formel „Liebe in Struktu ren“ gefunden und eingesetzt. G estatten Sie mir aus der Fülle wenigstens drei biblische Zi tierungen, welche diesen Ge rechtigkeitsaspekt aus der Überlieferung belegen. Ich beginne mit einigen Sätzen aus dem Magnificat, dem Lobgesang der schwangeren Maria, nach dem Evange lium des Lukas Kapitel 1, Verse 46 ff. Für Lukas ist übrigens eine besondere soziale Sensibilität und Akzentuierung kennzeichnend. Das Magnificat, auch wiederholt vertont, beginnt so: „Und Maria sprach: Meine Seele erhebt den Herm, und mein Geist freuet sich Gottes meines Heilandes.“ Dann aber folgen alsbald in dieser fraulichen Rezitation diese revolutionären Sätze: „Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen. Die Hungrigen füllet er mit Gütern und läßt die Reichen leer.“ Wenn wir heute in der Theologie von der Op tion für die Armen, Ausgenutzten, Mar ginalisierten sprechen, von der „Kirche an der Seite der Armen“, so stammt dies aus dem Kem der biblischen Überliefe rung. Die Bibel ist ein Buch sozialer Huma nität. Unter den biblischen Propheten Alt-Israels hat man Amos, einen Schaf hirten aus Thekoa, zu Recht den sozia len Propheten genannt. Amos, im 8. vor christlichen Jahrhundert aufgetreten, ist ein Gerichtsprophet, der furchtlos gegen den Trend redet und ansagt, daß das him melschreiende soziale Unrecht seiner Zeit Gottes Zorn entfacht und nicht un gesühnt bleibt. So heißt es im 5. Kapitel dieses Prophetenbuches unter der Zwi schenüberschrift „Gegen die Unter drücker“: „Darum, weil ihr die Armen unterdrückt und nehmt von ihnen hohe Abgaben an Korn, so sollt ihr in den Häu sern nicht wohnen, die ihr von Quader steinen gebaut habt (M. H. Die Villen viertel werden dem Erdboden gleichge macht!) und den Wein nicht trinken, den ihr in den feinen Weinbergen gepflanzt habt“. „Ich bin euren Feiertagen gram und verachte sie und mag eure Gottes dienste (M. H. den ganzen Kultbetrieb) nicht riechen... Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie ver siegender Bach.“ Das kurze dritte und letzte Zitat in diesem Zusammenhang ist ein Vers aus den Seligpreisungen der Bergpredigt Jesu, Matthäus 5,10: „Selig sind die, die um der Gerechtigkeit wil len verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich.“ H umanität als Begriff taucht, so viel wir wissen, erstmalig (83/84 v. Chr.) in der „Rheto- rica ad Herrenium“ auf. Wirkungsge schichtlich von ausschlaggebender Be deutung ist dann seine betonte Verwen dung durch Cicero. Im christlichen Be reich spielt Humanität bezeichnender weise expressis verbis dort eine beson dere Rolle, wo es zu einer Art Synthese zwischen antiker Kultur und christlicher Überlieferung kommt, wie das etwa im Humanismus der Fall war, welcher zeit geschichtlich der Reformation voraus, aber auch parallel lief. Namen wie Eras mus, Reuchlin, auch Melanchthon sind hier zu nennen, denen ein starker pädagogischer Zug eignete, die, wie man es formulierte, „das deutsche Wesen zu der Idee des humanen Menschen erzo gen“, wobei sie ihr humanistisches Kon zept ausdrücklich als bereinigtes, erneu ertes Christentum verstanden. Ein hervorragender, ausgesprochener Humanitätstheologe war später General superintendent Johann Gottfried Herder (1744-1803). Bezeichnenderweise trifft auch für ihn eine tiefe Synthese von christlicher Überlieferung und antiker Kultur zu, so daß Karl Heussi in seinem „Kompendium der Kirchengeschichte“ (1957") schrieb: „Das Christentum war ihm die Religion der Humanität; als zweite starke Quelle der Humanität ne ben dem Christentum verehrte er die An tike.“ Zu Herders bedeutenden Veröf fentlichungen gehören seine „Briefe zur Beförderung der Humanität“. Ich zitiere im folgenden aus einer Ausgabe des Greifenverlages Rudolstadt 1947. Dabei erspare ich mir fast jede Kommentie rung. Die Texte und Aussagen sprechen als ein Zeugnis christlich begründeter und bestimmter Humanität für sich. „Verstand und Güte sind die beiden Pole, um deren Achsen sich die Kugel der Humanität bewegt.“ (46) „Je reiner eine Religion war, desto mehr mußte und wollte sie die Humanität fördern. Dies ist der Prüfstein selbst der Mythologie der verschiedenen Religionen.“ (47) „Die Religion Christi, die er selbst hatte, lehr te und übte, war die Humanität selbst, nichts als diese, sie war es aber auch im weitesten Inbegriff, in der reinsten Quel le, in der wirksamsten Anwendung. Christus kannte für sich keinen edleren Namen, als daß er sich den Menschen sohn, d. i. einen Menschen nannte.“ (47) Dabei war Herder kein Träumer von einer einfachen, linearen Menschheits entwicklung immer höher hinauf und hinaus, der damals so viele Geister hul digten, die inzwischen so radikal in Fra ge gestellt, ja zuschanden geworden ist. Angesichts der ungeheuren Macht der Destruktivität haben wir inzwischen dar über hinaus sogar unsere erheblichen Probleme mit der Sicht eines zielsiche ren dialektischen Entwicklungsproze- ses, der zweifellos realitätsnäher als je ner naiv-lineare Aufklärungsoptimis mus war und ist. So gibt der Weimarer Generalsuperin tendent und erster Geistlicher des Her zogtums im Blick auf die „Vervoll kommnung“ und „Vermehrung von Werkzeugen und Mitteln zum Gebrauch menschlicher Kräfte“ zu bedenken, „in den Händen des Bösewichts sind ver mehrte Mittel, vermehrte Übel.“ Wie wahr! Herders neuzeitliche, helle Hu manitätsreligion ist also keineswegs los gelöst, abgekoppelt vom Realismus des christlichen Menschenbildes. B esonders ernüchternd, viel leicht für uns geradezu heilsam ernüchternd, befanden wir uns doch in den letzten Jahrzehnten in einem wirklichkeitswidrigen Vervollkomm- nungsYausch, etwa in der Pädagogik, ist die folgende, in diesem Kontext zugleich letzte Partie und Zitierung Johann Gott fried Herders. Er schrieb: „Vergönnen Sie also, daß ich mit Lessing den ganzen Traum von wachsender Vollkommenheit unseres Geschlechts für einen heilsamen Trug annehme. Der Mensch muß nach etwa Höherem streben, damit er nicht un ter sich sinke. Er muß vorwärts getrie ben werden, damit er nur von der Stelle komme, und nicht in Trägheit ermatte. Der Wahn einer Perfektibilität und der Trieb dazu scheint ihm nur als Verwah rungsmittel gegen die Untätigkeit und Verschlimmerung gegeben.“ Dabei geht diese Nüchternheit ganz ungespalten zu sammen mit einer kraftvollen Leiden schaft für die Humanität und ist m. E. ge rade so ein genuin christlicher Beitrag. Das christliche Humanitätsverständ nis wurzelt letztlich in Jesus von Naza reth, in Jesus Christus. Der Christ weiß schlechterdings keine bessere Anschau lichkeit dessen, was Humanität, was Menschlichkeit beinhaltet, als das Leben und Werk Jesu Christi. Der hervorra gende Gegenwartstheologe Wolfhart Pannenberg formulierte in seinem Buch „Grundzüge der Christologie“, 1982 6 , 195, wie folgt: „Als Offenbarung Gottes ist Jesus zugleich die Offenbarung des menschlichen Wesens, der Bestimmung des Menschen.“ Das Zitat stammt be zeichnenderweise aus einem Kapitel, überschrieben „Der wahre Mensch“. Unsere Jesusfaszination, bei den meisten Christen war sie wohl Anfangs- und Grundimpuls ihres Glaubens, ist songit in einem hohen Maße eine humane bzw. humanistische Faszination, die Faszina tion des „wahren Menschen“ Jesus. Humanität im christlichen Verständnis ist somit nicht der Inbegriff des Promet- heischen, des Trotzigen, Aufständischen - bekanntlich hat Karl Marx Prometheus seinen „Privatheiligen“ genannt -, son dern bedeutet aufrechte Sohnschaft in der versöhnten Gemeinschaft mit Gott, wofür Vater als eine wesentliche Chiffre steht. Wenn man von Jesus Christus als dem Sohn Gottes spricht, muß man im mer hinzunehmen, daß auch wir, alle Menschen, nach der biblischen Überlie ferung Töchter und Söhne Gottes sind. Die versöhnte Gemeinschaft mit Gott aber ist der Einklang mit dem „Sein- Selbst“ und dem „Grund des Seins“, wie Paul Tillich die Gotteserfahrung kenn zeichnete. Christliche Humanität ist al so zwar aufrecht, aber nicht losgerissen und abgespalten, sondern im tiefsten ver wurzelt und eingebettet. Von daher wachsen ihr auch die Kräfte zu der Ge duld, der Hoffnung, der Güte, des Kamp fes und der durchhaltenden Überwin dung, die aus den Situationen allein schwerlich zu gewinnen sind. Prof. Dr. sc. theol. MANFRED HAUSTEIN Kursteilnehmer unserer Alma mater bestimmen Ausbildungsniveau mit Entwicklungshilfeinstitut für Uni-Absolventen offen Aktiv an der Überwindung der Un terentwicklung in den Ländern der Drit ten Welt mitzuwirken, war vor der „Wende“ Traum und Studienmotiva tion wohl jedes Studenten an der Sek tion Afrika- und Nahostwissenschaf ten, aber auch so manch anderem an un serer Universität. Bei den meisten blieb es jedoch wegen der restriktiven Ab solventen- und Reisekaderpolitik der Vergangenheit beim Träumen. Nach dem diese Beschränkungen weggefal len sind, steht heute für Afrikanisten, Arabisten und Sprachmittler sowie Ab solventen anderer Studiengänge mit dem Wunsch, etwas in den oder für die Entwicklungsländer zu tun, generell das Problem, einen Job zu finden. Unter dieser Vorzeichen stand daher ein Präsentationsforum des Deutschen Institutes für Entwicklungspolitik (DIE), Berlin, dessen Vertreter, Herr Dr. Burkhard Claus, auf Einladung von Herm Prof. Dr. Günter Barthel, Leiter des Lehrstuhles Ökonomie der arabi schen Länder an der Sektion ANW, am 14. Mai im Universitätshochhaus Ein blick in die Aufgaben, die Arbeits weise, Organisation und Struktur seines Institutes gewährte. Insbesondere stell te er Tätigkeitsrichtungen und Berufs- chancen im Bereich der Entwicklungs politik, sowie Möglichkeiten der Wei terbildung für Hochschulabsolventen an seinem Institut vor. 1964 als gemeinnützige Gesellschaft gegründet und dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit nahe stehend, betreibt das DIE seine Arbeit in dreierlei Richtung. Es wertet Ergeb nisse der Entwicklungsländerfor- schung aus oder faßt sie zusammen, führt auf deren Grundlage Consulting mit hoher Forschungsintensität zu Pro jekten in Ländern der Dritten Welt durch, bildet jedoch in allererster Linie Hochschulabsolventen weiter, deren Berufsambitionen auf relevante Gebie te orientiert sind. Ziel der Kurse sei es. so Dr. Claus, einerseits Leute auszubil den, die im In- und Ausland als Ange stellte diverser Ministerien, des Bun des, der Länder, der privaten Industrie oder von Institutionen mit entwick lungspolitischen Aufgaben deren Pro jekte im Bereich der Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern verwalten und vertreten. Andererseits werden Ab solventen, die später als Experten vor Ort an konkreten Projekten mitwirken, auf einen solchen Einsatz in jeder Hin sicht vorbereitet. Damit ist schon ange deutet, daß sich die Kursteilnehmer durchaus nicht nur aus dem Kreis der Geisteswissenschaftler oder gar Afri kanisten und Arabisten rekrutieren. Die Aussichten auf einen Job nach dieser Ausbildung seien ohne jede Einschrän kung positiv. Die Ausschreibung der Neunmonats kurse, zu denen ein dreimonatiges Aus landspraktikum gehört, erfolgt jeweils Anfang Januar eines jeden Jahres. Be werben müssen sich die Interessenten bis Ende April, und bis Ende Juni ist die Auswahl der Kursteilnehmer beendet. Neben einem guten Hochschulab schluß, der aber erst bei Kursbeginn vorzulegen ist, sollten die Bewerber ih re sehr gute Beherrschung der engli- chen Sprache, Fertigkeiten in Zweit sprachen und ökonomische Grund kenntnisse nachweisen können. Daß die harten Auswahlkriterien des Insti tutes auch für die Studenten aus den Neubundesländem keine unüberwind lichen Hürden darstellen, beweist der gerade zu Ende gehende Kurs. Vier von den zweiundzwanzig Kursteilnehmern kommen aus der Ex-DDR und bestim men nach Auffassung von Dr. Claus das Ausbildungsniveau ganz entscheidend mit. Jene vier kommen, was aber durch aus kein Zufall sei, so Professor Bart hel, der sich schon vor sehr langer Zeit um Kontakte zum DIE bemüht hatte, von unserer Alma mater. JENS HOLZIG Aktuelle Forschungsarbeiten auch in Leipzig vorgestellt Mit fünf öffentlichen Vorträgen über aktuelle wissenschaftliche The men stellt sich die Max-Planck-Ge sellschaft (MPG), München, in den neuen Bundesländern an den Univer sitäten Dresden, Greifswald, Halle, Leipzig und Rostock vor. Anhand von Beispielen - Arbeiten aus der Virus forschung, Untersuchung über At mosphären- und Klima-Veränderun gen, die Bedeutung des Grundgeset zes im Zivilrecht oder die neuesten Erkenntnisse der Röntgenastronomie — möchte die MPG Einblick in ihre Arbeitsweise geben. „Aufgabe der Max-Planck-Gesell schaft ist,“ so MPG-Präsident Prof. Hans F. Zacher, „herausragende Grundlagenforschung durch eigene Institute zu fördern. Spitzenforschem will sie die Möglichkeit eröffnen, auf wissenschaftlich besonders wichti gen oder zukunftsträchtigen Gebieten zu arbeiten, neue Forschungsgebiete aufzugreifen oder Forschungsvorha ben durchzuführen, die nicht oder nicht rasch und nachhaltig genug von den Hochschulen in Angriff genom men werden können.“ Die MPG sehe ihre Aufgabe als Schrittmacher der Forschung in Ergänzung zu den Uni versitäten - „sie will und kann des halb nicht in allen Forschungsberei chen flächendeckend aktiv sein.“ Als Nachfolgerin der 1911 gegrün deten Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft unterhält die MPG derzeit 63 eigene Institute und Forschungsstellen, in denen insgesamt etwa 13 000 Mitar beiter, davon ungefähr 5 000 Wissen schaftler, tätig sind. Der Jahresetat 1991 ist mit insgesamt 1 308 Millio nen DM veranschlagt, davon entfal len 1 239 Millionen DM auf öffentli che Mittel, die je zur Hälfte von Bund und Ländern bereitgestellt werden. Trotz dieser nahezu vollständigen staatlichen Trägerschaft hat sich die MPG eine umfassende Autonomie bewahrt. „Auch im vereinten Deutschland sieht sich die MPG,“ so erläuterte Prof. Zacher, „vor die gleichen Auf gaben gestellt, wie seit mehr als 40 Jahren in der bisherigen Bundesrepu blik“: In Ergänzung zur Forschung in den Hochschulen und zusammen mit anderen Forschungsträgem (wie Fraunhofer-Gesellschaft, Großfor schungseinrichtungen, Akademien etc.) und Organisationen der For schungsförderung (z.B. Deutsche Forschungsgemeinschaft), will die MPG mit beitragen, Wissenschaft und Forschung in Ostdeutschland in die bestehende Forschungsstruktur der Bundesrepublik einzubinden und so eine vielgestaltige, arbeitsteilig or ganisierte Forschungslandschaft wie derherzustellen. Ein Anfang dazu ist bereits gemacht: Erst kürzlich be schloß der Senat der MPG, zunächst 13 befristete Arbeitsgruppen an Uni versitäten der neuen Bundesländer einzurichten, Am Donnerstag, dem 20. Juni, 16.00 Uhr, spricht Prof. Hein Kötz, Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, Hamburg, an der Leipzi ger Universtät zum Thema: „Wenn Bürger sich auf die Verfassung beru fen: Die Bedeutung des Grundgeset zes im Zivilrecht.“ Ort der Veranstal tung ist der Hörsaal 19 im Hörsaalge bäude in der Universitätsstraße. Der Eintritt ist frei und jeder Inter essierte herzlich willkommen. Großer Leserkreis für Infoschriften wird möglich Offerte der Leipziger Stadtbibliothek Das Informationszentrum der am 25. Mai eröffneten Leipziger Stadtbiblio thek will künftig alle Bürger über wich tige politische, kommunale, wirtschaft liche, kulturelle und sportliche Ereig nisse und Mitteilungen in Kenntnis set zen. Das betrifft vor allem die Messe stadt und den Regierungsbezirk Leip zig, aber auch Sachsen und die Bundes republik überhaupt. Dei Mitarbeiter des Hauses bitten deshalb alle Körperschaf ten, Vereine, Institutionen, Behörden etc., die Informationsschriften heraus geben und sie außerhalb des Buch- und Zeitschriftenhandels vertreiben, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu ma chen. Im Informationszentrum können alle diese Schriften ausgelegt und einem großen Leserkreis bekannt gemacht werden. Anbieter wenden sich bitte schriftlich (Leipziger Stadtbibliothek, Informa tionszentrum, PF 45, O-7010 Leipzig, W.-Leuschner-Platz 10/11) oder telefo nisch (3 95 44 81) an die Mitarbeiter.
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