Suche löschen...
Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1990
- Erscheinungsdatum
- 1990
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-199000007
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19900000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19900000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 1990
-
- Ausgabe Nr. 1, 12.01.1990 1
- Ausgabe Nr. 2, 19.01.1999 1
- Ausgabe Nr. 3, 26.01.1990 1
- Ausgabe Nr. 4, 05.02.1990 1
- Ausgabe Nr. 5, 12.02.1990 1
- Ausgabe Nr. 6, 19.02.1990 1
- Ausgabe Nr. 7, 26.02.1990 1
- Ausgabe Nr. 8, 05.03.1990 1
- Ausgabe Nr. 9, 12.03.1990 1
- Ausgabe Nr. 10, 19.03.1990 1
- Ausgabe Nr. 11, 26.03.1990 1
- Ausgabe Nr. 12, 02.04.1990 1
- Ausgabe Nr. 13, 09.04.1990 1
- Ausgabe Nr. 14, 23.04.1990 1
- Ausgabe Nr. 15, 30.04.1990 1
- Ausgabe Nr. 16, 07.05.1990 1
- Ausgabe Nr. 17, 14.05.1990 1
- Ausgabe Nr. 18, 21.05.1990 1
- Ausgabe Nr. 19, 28.05.1990 1
- Ausgabe Nr. 20, 05.06.1990 1
- Ausgabe Nr. 21, 11.06.1990 1
- Ausgabe Nr. 22, 18.06.1990 1
- Ausgabe Nr. 23, 25.06.1990 1
- Ausgabe Nr. 24, 02.07.1990 1
- Ausgabe Nr. 25, 09.07.1990 1
- Ausgabe Nr. 26, 16.07.1990 1
- Ausgabe Nr. 27, 23.07.1990 1
- Ausgabe Nr. 28, 17.09.1990 1
- Ausgabe Nr. 29, 25.09.1990 1
- Ausgabe Nr. 30, 01.10.1990 1
- Ausgabe Nr. 31, 08.10.1990 1
- Ausgabe Nr. 32, 15.10.1990 1
- Ausgabe Nr. 33, 22.10.1990 1
- Ausgabe Nr. 34, 29.10.1990 1
- Ausgabe Nr. 35, 05.11.1990 1
- Ausgabe Nr. 36, 12.11.1990 1
- Ausgabe Nr. 37, 19.11.1990 1
- Ausgabe Nr. 38, 26.11.1990 1
- Ausgabe Nr. 39, 03.12.1990 1
- Ausgabe Nr. 40, 10.12.1990 1
- Ausgabe Nr. 41, 17.12.1990 1
-
Band
Band 1990
-
- Titel
- Universitätszeitung
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
F urios und freimütig gaben An fang Oktober Steffen Men- sching und Hans-Eckardt Wenzel (nunmehr Heine-Preis träger, Glückwunsch!) den Auf takt zum Dienstagsanrecht im Hörsaal 19. Ihrer drängenden Frage „Wann machen wir denn nun Revolution?“ folgte kurz darauf die Antwort in der Tat. (Nicht folgen durfte dazumal lei der die Besprechung des Pro grammes in der UZ. Vorbei und vergessen ...) Die 90er Jahre in der 19 wurden mit milderen Klängen eingeläutet: „Freizeit ist immer auch die FREIZEIT des anderszeltenden.“ Das ist recht ironisch und tut nieman dem weh, und da in bezeichnen- DEMO KRATIE mit dem Dresdner Zwinger-Trio Dienstag in der 19 der Ex-Politiker-Pose vorgetra gen,• bleibt verständiges La chen nicht aus. Verständigungs probleme zwischen Publikum und Akteuren waren ohnehin nicht zu erwarten, schließlich ge noß das Zwinger-Trio säch sischen Heimvorteil. Die drei „düstren Gestalten“ von der Elbe überraschten jedoch mit Si cherheit jene, denen sie bislang nur via Bildröhre erschienen wa ren und die in Erwartung un verbindlicher Blödeleien den Weg in die Uni gemacht hatten. Flugs war die Bühne zum Schutz gebiet dreier Ferien-Funktionäre erklärt, die sich nach Herzens- und Sinneslust an einer fiktiven Campergemeinde ausließen. Wer noch Zweifel hatte, was da verhandelt wurde, war späte stens nach dem Ausspannen einer „Demarkationslinie“ so oder so vereinnahmt, war rech ter oder linker Flügel einer Zu falls-Schicksals-Gemeinschaft, die nur durch ein rotes Seil und das selbsternannte (Ver-)Füh- rungstrio zusammengehalten wurde. Der Zeltplatz „Strahlende Zu kunft“, so nach dem Willen sei ner Schreiber genannt, war auf einer Halde errichtet und zehrte von der Hinterlassenschaft sei ner „Ura(h)nen“. Die Halbwerts zeit der ideologischen Grundsub stanz war sichtbar gering, so daß das per Losung und Dekret li mitierte Lagerleben vor den Augen des Betrachters gleichsam zerbröselte. Da ging mit dem einen „Halbleiter“ der aufge staute Frust durch, bis ihn lang geübte Selbstjustiz zügelte, der andere stierte unbeirrt durch dei Feldstecher zum FKK- Strand... Die Hintergründigkeit des Pro gramms lag weniger in der Illu stration bekannter und bekannt gewordener Zustände als im Ver such, ein Modell von Schein demokratie zu errichten, in dem sich die alten (Ver-)Führer der neuen Worthülsen bemächtigen. So lag der Gedanke nicht fern, in den gespielten Charakteren Parallelen zum heutigen „Wende-Verhalten“ zu sehen. Wohl am wirksamsten zuge spitzt und vom Publikum herz lichst belacht war die Honecker- Parodie von Tom-Uwe Pauls als „gewähltem“ Zeltplatzleiter (bei der auch andere „Größen“ ihr Fett abbekamen). Nicht weniger erfrischend seine Lektion „Flaggenzeichen“. Das Programm war gleicherma ßen durch die abwechslungsrei che Instrumentierung (Klampfe, Waschbrett. Bierflaschen usw.) wie durch die pointierten und ka rikierend vorgestellten Texte be stimmt. Sicher, es ging nicht von Anfang an „voll drauflos“: Und es fehlten (mir) auch die leisen Töne, die einem das Lachen im Halse ersticken Vielleicht stehen für diese Erwartung die Leichen bitterminen der drei „Residenz- ler“. Vielleicht ist es auch ein fach unsagbar schwer, in diesen Tagen „ausgewogen“ zu sein Wie hieß es doch treffend in einer Szene: ..FREIZEIT ist Einsicht in die Notwendig keit ..." Wer also zum Lachen bereit war, fand dankbar Gelegenheit. Wer nur auf Ulk aus war, bekam die Publikumsschelte dazu. Das Dresdner Zwinger Trio hat sich des Fernsehkcrsetts entledigt und solides Kabarett gespielt. Das ist nicht wenig. Wenn nie mand fragt: Was bringt’s? FRANK-THOMAS SUPPE „Ein richtiger Arzt könne eher ohne Latein als ohne Arabisch und Griechisch auskommen“, diesen Rat schlag hatte der Breslauer Arzt Pe ter Kirsten (1575-1640) von dem gro ßen französischen Orientalisten sei ner Zeit, Joseph Scaliger, erhalten und beherzigt. Die europäischen Ge lehrten setzten sich seit dem Mittel- alter nicht nur mit der islamischen Philosphie, sondern auch mit der arabischen Medizin, der Mathema tik und den Naturwissenschaften in - tensiv auseinander. So hatte sich Kirsten als Student in Leipzig und später in seinen Musestunden als Arzt mit arabischen Studien be schäftigt, um den Originalwerken des bedeutenden Philosophen und Arztes Avicenna und anderer islami scher Gelehrter näherzukommen. Kirsten blieb in seiner wissenschaft lichen Leistung unbedeutend, hat je doch das Verdienst, als erster in Deutschland ein Buch mit ara bischen Lettern herausgegeben zu haben. Er ließ auf eigene Kosten arabische Typen schneiden und gie ßen und gab von 1608 bis 1611 ver schiedene berühmte Werke der ara bischen Literatur, wenn auch mit Lesefehlern und Mängeln, heraus. Diese Breslauer Ausgaben in einem originalen Ledereinband besitzt die Universitätsbibliothek. Erst im 19. Jh. brachten die Ideen der bürgerlichen Aufklärung der deutschen Orientalistik volle Ent faltung. Hier war es die weltoffene Handels- und Buchstadt Leipzig, wo die aufblühende Arabistik, Indolo gie, Sinologie und deren Nebenfä chern einen besonderen Aufschwung erfuhren und international be kannte Forscher- und Lehrerpersön lichkeiten wirkten. Mit Stolz kön nen wir heute feststellen, daß die Universitätsbibliothek ihre Funk tion als Sammelstätte der Literatur der progressiven Orientalistik be wußt wahrnahm und uns heute mit ihrem Bestand ein lebendiges Bild der Fortschrittsgeschichte der Orientalistik bietet. Besonders die Handschriftener werbungen prägen die Sammeltätig keit des 19. Jh. wesentlich und schu fen die solide Textgrundlage für Edi tionen und Katalogisierungswerke. Die UB besitzt heute nahezu 2000 Nummern an islamisch-orienta lischen und hebräischen Handschrif ten, knapp 1400 Sanskrithandschrif- Bücher mit sieben Siegeln ten sowie einige Beispiele aus dem ostasiatischen und südostasiatischen Raum. Sie darf sich glücklich schät zen, mit diesen kostbaren hand schriftlichen Quellen aus ganz Asien und Nordafrika nach der For schungsbibliothek Gotha den bedou- tendsten Bestand an orientalischen Handschriften in der DDR zu be wahren. Unter ihnen nehmen die isla mischen Handschriften einen be sonderen Platz ein als Zeugnisse einer mittelalterlichen Hochkultur in der das Buch eine besondere Ver ehrung genoß und Kalligraphie und Buchillumination in zahlreichen Werkstätten gepflegt wurden. Aus der berühmten und über Jahrhun derte in Bagdad bestehenden Schrei ber- und Malerschule besitzt die UB das Fragment eines Korans, der um 1306 im Auftrag eines Fürsten als Stiftung für seine neue Hauptstadt aufs kunstvollste gearbeitet wurde. Erwähnt sei neben diesem ein win ziges Exemplar in einem Lederbeu tel, das von seinem ehemaligen Be sitzer auf der Brust getragen wurde. Die Sammlung handschriftlicher Korane — der wichtigsten authen tischen Quelle des Islam — umfaßt nahezu 100 Exemplare. Neben den zahlreichen Hand- ’.chriften, die vom hohen Stand det islamischen Wissenschaften im Mit telalter zeugen, besitzt die UB auch einige Beispiele reizvoller Minia turmalerei, die sich besonders auf persischem Boden entwickelt hatte In zwei Handschriften aus dem 16 Jh. mit so beliebten Lesestoffen wie dem „Fruchtgarten“ und „Rosengar ten“ des Sadi und dem „Frühlings garten“ des Gami überraschen zarte Miniaturen den Betrachter. Fast schmucklos wirken dageger die Sanskrithandschriften, jedoc ist die Sammlung unbedingt er wähnenswert, da sie die bedeutend sten Texte aus Literatur, Wissen schaft und Kunstdichtung umfaßt interessante Beispiele aus dem ost und südostarabischen Raum konnte die UB in den 60er Jahren unsere. Jahrhunderts erwerben. Bemerkens wert wegen seiner harmoni.chel Schönheit ist ein Teil des buddhisti schen Pali-Kanons aus Burma, der auf vergoldeten Palmblättern mit violetter Farbe niedergeschrieben ist. Die kostbaren Blätter sind nach traditioneller Art zwischen zwei Holzdeckeln verschnürt. Ganz exo tisch mutet in dieser Sammlung ein Zauberbuch der Batak — einci Volksgruppe auf Sumatra — an. Es ist auf Baumrinde geschrieben, als Leporello gefaltet und wird zwi schen zwei derben Holzdeckeln, aut- bewahrt. Diese Vielzahl handschriftlicher Zeugnisse bietet nicht nur mit ihren Texten dem Bearbeiter Forschungs material und ein Bild der geistigen Kultur ihrer Zeit, sondern auch mit ihrem Beschreibstoff, ihrem Ein band, ihrem Schriftduktus und Schmuck bezeugen sie den Stand von Handwerk und Kunst ihrer Epo che. Darüber hinaus geben die Pro venienzen und die Erwerbungsge schichte mit der ehrenvollen Reihe der Sammler, Geschenkgeber und zielstrebigen Beförderer, dem Wis senschaftshistoriker interessante Einblicke in die Verflechtung von Forschung und Sammeltätigkeit und damit ein Erkennen der geo graphischen Knotenpunkte einer Fachdisziplin. Noch anschaulicher wird das Bild bei den Druckschriften. Auch von ih ren Texten und Beifügungen wie Be sitzvermerke, Kaufpreise, Wid mungen, Exlibris kann man rück blickend ein Kapitel Wissenschafts- und Bibliotheksgeschichte ablesen. Die Präsenz aller wichtigen Titel der orientalistischen Disziplinen spricht nicht zuletzt von der großen Bedeutung Leipzigs in der europä ischen Orientalistik. Bis in die 20er Jahre unseres Jahrhunderts konnte die UB in ihrer Sammeltätigkeit mit der progressiven Entwicklung der orientalischen Fächer Schritt hal ten. Viele Bücher sind besonders zu charakterisieren als „erste. Aus gabe“, erste Übersetzung“, „erster Originaldruck“. Andere sind als Ku riosa zu erwähnen, weil sie zu der bahnbrechenden wissenschaftlichen Literatur eine liebenswerte Ergän zung bilden. Einige Beispiele mögen das ver anschaulichen : Aus der Frühzeit des Buchdrucks besitzt die Biblio thek ein gutes Dutzend von Werken der arabischen Philosophie, Medizin und Astronomie. Der wohl älteste Wiegendruck im Bestand ist der „Canon medicinae“ von Avicenna, gedruckt in Venedig 1482/83. Be merkenswert sind auch einige frühe Koranausgaben, die noch ganz im Sinne einer christlichen Mission und in der Auseinandersetzung mit der Lehre des „falschen Propheten“ Muhammad entstanden. Auf der Textgrundlage der ersten latei nischen Übersetzung aus dem Jahre 1143 ließ der Züricher Theologe Theodor Bibliander nach einem Gut achten von Martin Luther den Ko ran 1543 in Basel drucken und ein Vorwort von Philipp Melanchthon voranstellen. Diese bedeutsame Aus gabe besitzt die UB ebenso wie die erste deutsche Übersetzung von Sa lomon Schweigger aus dem Jahre 1616 und die erste Übersetzung aus dem Arabischen von Andre du Ryer 1647. Die Reihe läßt sich fortsetzen bis zu den wissenschaftlich kri tischen Ausgaben des 19. und 20. Jahrhunderts. Ein japanisches „Lehrbuch der Physiognomie" von 1799 Frühe Beispiele für die Beschäfti gung mit der arabischen Sprache sind die Werke des Niederländers Thomas Erpenius, der 1613 als er ster Europäer eine methodische Grammatik des Arabischen ver faßte. Zu unserem Bestand gehören auch Grammatiken zum Türki schen, Kurdischen, Persischen, Ar menischen, Georgischen, Syrischen, die zum Teil aus der Missionstätig keit entstanden. Nicht minder ein drucksvoll und reich illustriert ist ein Annalenwerk der osmanischen Sultane, „Neuwe Chronica Türcki- scher Nation“, Frankfurt a. M. 1595 oder die aufschlußreiche Beschrei bung der Sitten und Gebräuche der Ägypter aus der Feder des eng lischen Arabisten und Reisenden Ed ward William Lane von 1836. Ab gerundet wird der Bestand durch die nationalen Ausgaben orientali scher Werke aus Bulaq, Beirut und Istanbul. Reich vertreten ist die indologi sche Literatur. Erste Druckausga ben der nationalen und englischen Forschung aus Kalkutta, Seramput, Lucknow und sogar Madras aus dem Anfang des 19. Jh. finden sich ebenso wie Arbeiten anderer Län der. Die Anfänge der deutschen Sanskritforschung sind verbunden mit so klangvollen Namen wie Wil helm Schlegel, Wilhelm von Hum boldt und Franz Bopp. Die erste fetS ~ol. Cel c L./c ID EST: SECUNDUS De CANONE Ca- NONIS A Fino S i n d. Der „Canon medizinae" von Avicenna erschien 1609 in Breslau und gehört zu den ersten Ausgaben mit arabischen Lettern in Deutschland. Übertragung eines indischen Ro mans, der „Sakuntala" von Ka- lidasa stammt von dem „deutschen Jakobiner“ Georg Forster und er schien 1791 in Mainz. Durch diesen Text ist Goethe mit der Indischen Dramenwelt bekannt geworden. Die Werke zu den ostasiatischen Kultu ren verdienen es ebenfalls, hier ge nannt zu werden. Im Bestand der Originaldrucke ist die Literaturgattung der chine sischen und japanischen Lokalchro niken mit über hundert Exemplaren vertreten. Besonders die japa nischen Chroniken sind reich illu striert und wirken lebendig wie mo derne Bildbände. Unter den Japonica findet man so erstaunliche Spezifica wie eine „Ge heime Geschichte des ersten Pro dukts Japans“, d. h. der Seiden raupenzucht, sowie ein „Lehrbuch der Physiognomie“ von 1799 zum Zwecke des Wahrsagens. Es ist dringend erforderlich, daß die Universitätsbibliothek endlich in einen Zustand versetzt wird, der bessere Möglichkeiten für die Be wahrung und Pflege, aber auch für die Präsentation solcher Schätze bie tet. GISELA MÜLLER Unsere-Hobby-Ecke Heute: Wir basteln eine Plattform Plattformen sind heutzutage na hezu lebenswichtig: Wer keine hat, bleibt nackt und bloß und ohne jede demokratische Legitimierung. Darum sollten wir beizeiten daran denken, uns eine zu basteln. Die Ma terialien dazu sind beim Durchstö bern der modernen politischen Landschaft leicht zu finden. Als Grundregel gilt: Von überallher et was — das verleiht der Plattform Stabilität gegen äußere Einwirkun gen. Auf jeden Fall sollten wir für die Grundstruktur verwenden: so zial, christlich, ökologisch, konser vativ. demokratisch und vor allem unabhängig. Von Unabhängigkeit ist das Gelingen des Ganzen abhän gig. Wenn die Struktur fertig ist. muß noch einmal sorgfältig über prüft werden, ob sie durch den Leim auch nirgends verkrustet ist. Sonst bleibt die Plattform funktions untüchtig. Nun benötigen wir noch so lebens wichtige Forderungen wie „Kein zweiter Sommeranfang vor dem 6. Mai!“ oder „Runder Tisch auch im Billardzimmer!“. Sie sind überall er hältlich. All diese Materialien werden nun miteinander vermengt. Als Binde mittel empfiehlt sich bunte Knete. Auf keinen Fall Beton verwenden! Nach ordentlichem Kneten wälzen wir den so erhaltenen Teig zur Platt form. Achtung! Nicht zu fest wal zen, denn möglicherweise müssen noch ein paar Zutaten hinein. Das entscheidet sich erst, wenn wir wis sen. welcher bisher unbekannten Minderheit wir die Plattform anbie ten wollen. Da gibt es immerhin noch die rothaarigen Babies, die Op fer von Surfamateuren. Gackel- Boy-Besitzer und viele mehr. Ein Hinweis zum Schluß: Der Um gang mit all diesen Materialien könnte unter Umständen nicht ganz ungefährlich sein. Deshalb nach dem Basteln immer die Hände in Unschuld waschen! Viel Spaß beim Selbermachen. Ihr ROBERT REFORM, der einzig Legitimierte WANN SONST Vormerken + Vormerken + Vormerken + Vormerken + Vormerken Die Hochschule für Musik bringt in einer aufwendigen Inszenierung „Die Kluge“ von Carl Orff in der Musikalischen Komödie Leipzig zur Aufführung. Die Premiere findet am 26. Februar 1990, 19.30 Uhr, statt. (Weitere Aufführungen am 4. 3., 10.30 Uhr, am 19. 3. und 26. 3. jeweils 19.30 Uhr.) Die gedankliche Grundlage der Oper ist das Märchen der Gebrüder Grimm „Die kluge Bauerntochter“. Die Textfassung betont volkstüm liche und altertümliche Wendungen, fügt neue Gestalten im Sinne Shakespeares dazu und unter streicht ethische Momente. Carl Orff (1895-1982) gehört' zu den meistgespielten und -geliebten zeitgenössischen Komponisten, des sen Musik sehr einnimmt und beson ders durch rhythmische Vielfalt in höchstem Maße reizvoll ist. Parodie und Lebensweisheit, Denken und Fühlen, Klugheit und Liebe, Witz und Phantasie machen den Reiz des Werkes aus. Gesungenes und gespro chenes Wort sind miteinander ver bunden, Moritatenton und Bän kelsängerweise sind zu erkennen. Die Musik überfordert nie, macht stets Spaß und ist ideal geeignet, jungen Leuten das Theater zu er schließen und zum Vergnügen zu machen. Da „Die Kluge“ aus devisenrecht- liehen Gründen nur sehr selten arfgeführt wird, möchten wir für diese Aufführung interessieren. (Karten zu 3,- bis 7,- Mark in der Hochschule für Musik, Abt. Berufs- iraxis; Studenten 50 Prozent er mäßigt; Vorbestellung unter 31 14 02). Hochschule für Musik Abt. Berufspraxis Ende einer Karriere - und eines Filmkonzepts Der Zugführer Klaus Schneider, im ersten Weltkrieg verwundet, ent deckt und erprobt im Lazarett seine hypnotischen Fähigkeiten. Eigent lich von Prof. Bettelheim dazu aus- ersehen, diese in den Dienst der Heilkunst zu stellen, bemüht sich Schneider freilich beizeiten, sie zu vermarkten. Ein erster Auftritt im Frontkabarett geht noch unter im Jubel des soeben beendeten ersten Weltkrieges, doch schon bald mit klangvollerem Namen versehen, be ginnt Eric Jan Hanussen mit seinem Agenten Nowotny und der Partne rin Wally Schön aus der Provinz aufbrechend die großen Städte zu er obern. Nach Prozeß- und Populari tätsgewinn in Karlsbad ist folgerich tig Berlin nächste und schließlich auch letzte Station seiner Karriere. Von allen Seiten gedrängt, stellt er die Sehergabe in den Dienst der Po litik, prophezeit er Hitler als Reichs kanzler und sieht sich in Ränke zwi schen politischen Gruppierungen verstrickt. Als er in Verkennung sei ner Lage den baldigen Brand des Reichstages verkündet, wird er für die inzwischen an der Macht befind lichen Nazis unberechenbar und da her ausgeschaltet. „Hanussen“ ist der dritte Film von Szabos „Trilogie mitteleuropä ischer Filme“, in der der Ungar mit Blick auf die Jahrhundertgeschichte das Verhältnis des Intellektuellen zur Macht hinterfragt, überdurch schnittlich Begabte in das Zentrum JZ Hanussen Ungarn/BRD, 1988 Regie: Istvan Szabo seiner Kunst nimmt, die falschen Verlockungen ihrer Zeit nicht wi derstehen können. Sowohl Höfgen in „Mephisto“ als auch Hanussen se hen sich am Ende ausgeliefert, der Schauspieler von gleißenden Schein werfern zur Marionette degradiert, der Seher mit Lebensgefährtin Wally zur Exekution in den Grune wald gebracht. Besaßen Thema und Inszenie ¬ rungsstil in „Mephisto“ (1981) er heblichen innovativen Wert, so zei gen sich Szabos künstlerische Mittel in „Hanussen“ verselbständigt und verbraucht. Abgesehen davon, daß die erwartete Handlung um den Hellseher in Berlin den geringsten Teil des Filmes ausmacht, wird die. Ursache seiner Begabung nicht er hellt, bleibt sie Mythos und somit unannehmbar. Eine mögliche Rük- kung der Figur ins Komisch- Groteske, etwa beim Voraussagen des Preissturzes für Baumwolle (Re miniszenz Szabos an sein frühes Filmexperiment „Feuerwehrgasse 25“?) hin also zum kleinen Gauner, der sich bewußt seinen Teil nehmen will, wurde vergeben. Optische Opulenz artet in Manierismus aus. abgelichtete Bühnenauftritte - offenbar des theaterbesessenen Rf- gisseurs Vorliebe — sind zu Posen erstarrt, weitere Parallelism .n zu „Mephisto“ unübersehbar. Zudem hat neben Klaus Maria Brandauer kein Akteur auch nur annähernd die Chance zu gleichwertigem Spiel, offenbaren sich deutliche Qualitäts unterschiede in der Besetzung. Die Begegnung mit „Oberst Redl“, somit die Präsentierung der gesamten Trilogie auf unseren Leinwänden, steht noch aus. — Das Interesse an Szabos weiterem künst lerischen Weg bleibt wach. HANS-PETER LAUSCHKE, Sektion Germ./Lil.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)