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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1990
- Erscheinungsdatum
- 1990
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-199000007
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19900000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19900000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Ausgabe
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-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 1990
-
- Ausgabe Nr. 1, 12.01.1990 1
- Ausgabe Nr. 2, 19.01.1999 1
- Ausgabe Nr. 3, 26.01.1990 1
- Ausgabe Nr. 4, 05.02.1990 1
- Ausgabe Nr. 5, 12.02.1990 1
- Ausgabe Nr. 6, 19.02.1990 1
- Ausgabe Nr. 7, 26.02.1990 1
- Ausgabe Nr. 8, 05.03.1990 1
- Ausgabe Nr. 9, 12.03.1990 1
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- Ausgabe Nr. 11, 26.03.1990 1
- Ausgabe Nr. 12, 02.04.1990 1
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- Ausgabe Nr. 16, 07.05.1990 1
- Ausgabe Nr. 17, 14.05.1990 1
- Ausgabe Nr. 18, 21.05.1990 1
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- Ausgabe Nr. 21, 11.06.1990 1
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- Ausgabe Nr. 25, 09.07.1990 1
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- Ausgabe Nr. 28, 17.09.1990 1
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- Ausgabe Nr. 30, 01.10.1990 1
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- Ausgabe Nr. 33, 22.10.1990 1
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- Ausgabe Nr. 38, 26.11.1990 1
- Ausgabe Nr. 39, 03.12.1990 1
- Ausgabe Nr. 40, 10.12.1990 1
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F ernab jeder Reieekade-r^rii- fung erhielt ich, eine A- promovierte, unbefristete As- sistentin am Fachbereieh Sozio logie der KMU, eine Kinladung zur Teilnahme an dar interna tionalen Konferenz über Stadt- tntviicklungsprobleme „Hou- sing debates - Urban diallen- gez" in Paris. Diese Konferenz wurde unter der Schirmherr- Khaft des research committees .Wohnen und gebaute Umwelt“ ter Internationalen Soziolo- gischen Assoziation dureh das französische Ministerium für Wohnungsbau, Wohnungswesen tnd Transport durchgeführt und durch die UNESCO und weitere interiMtioirale Orgartisationen ge fordert. Die Breite der The- nen reichte von wohnungspoli- Uschen Zielstellungen und Wi- iersprüchen, der Differenziert- heit von Wohnungseigentum in Städten, Veränderungen im Le bensstil und dabei vorrangig beim Wohnen, Migratiomsverhal- ten verschiedener Bewohnergrup- pen und Entwititlungstrends im Wohnungsbau bis zur Analyse Non großstädtischen Räumen, den Erscheinungen von sozialer Segregation. Kriminalität, Städte- ^ochstum und Stadtrekonstruk- tinn. In der Arbeitsgruppe „Sanie- rung, Neubau und städtische Um strukturierung“, in der ich mit- Beispiel für Leistungskraft des Mittelbaus Searbeitet habe, wurden u. a. Verschiedene Stadtentwicklungs- trogramme vorgestellt. Das Ver- bältnis von öffentlichem und pri vatem Mietsektor, das differen- üerte soziale Image einzelner Stadtgebiete und Veränderungs tendenzen im Anspruchsuiveau an die Wohnbedingungen waren einige der vielen interessanten Diskussionspunkte. In meinem Beitrag ..Stadterneuerung als Teil gesellschaftlicher Erneue- T ung — das Beispiel Leipzig“ konnte ich an verschiedene Dis- kassions punkte anknüpfen und ^uf konkrete soziale Entwick- ^ngsprobleme in Städten der DDR hinweisen. Die stadtsoziolo- wchen Forschungsergebnisse, die am Fachbereich Soziologie tntltanden sind und sich mit so- daien Auswirkungen der En:- dehung der randstädtischen Neu baugebiete im Vergleich zum Zu- Öickbleiben der Rekonstruktion 'tnerstädtlscher Wohngebiete be- schä fügen, wurden mit großem ^teresse auf genommen. Neue theoretische Fragestellungen ent- ^Techend den veränderten ge- ^llschaftlichen Bedingungen in ^tr DDR konnten benannt wer- den. Dazu gehören die gesamte Problematik der Entstehung eines Wohnungsmarktes, die ein- ietzende soziale Segregation der Stadtteile, die Einwanderungs- Problematik und das Zusammen- leben mit Emigranten. Der Leiter der Arbeitsgruppe betonte, daß die Umbruch Situation in der DDR und in Osteuropa neue Fel- der stadtsoziologischer For- khung eröffnet und daß die Zu- "immenarbeit mit den dortigen ^achkollegen intensiviert wer- muß. Aus den Diskussionen entwickelten sich konkrete An- qebote zur Kooperation an die ^idtsoziologen der KMU in nerhalb des „European Network for Housing Research“ und ^urch Kollegen des Forschungs instituts für Wohnungsbau Oslo, ^ er Universitäten Toulouse und Nantes, der Technischen Univer- sität Delft und dem Institut für Soziologie der AdW der CSFR p n a . Irn Verlauf der Konferenz ’rurde deutlich, daß das Angebot der Leipziger Stadtsoziologen ^nrchaus im internationalen Wettbercerb bestehen kann. Resü- Gierend kann festgestellt wer- r i" n , daß der persönliche Kon- inkt zu Fachkollegen im interna- hon'il'en Rahmen einen realen Maßstab für eigene Leistungs- '"hlgkeit schafft. Gerade der a ^ademische Mittelbau ist offen " r den internationalen Wett- ^Ireit in der Wissenschaft, sucht nach neuen Wegen des sich '^probierens und ist zu hohen i-^itungen bereit. Diese neuen Initiativen wür- den jäh gebremst werden, sollte die Ministerverordnung über ’hne generelle Befristung der Ar- beitsverhältnisse der Angehöri- gen des akademischen Mittel- b«us bestätigt werden. Unange messener Zeitdruck und Unge wißheit über die Perspektive nach Beendigung des Arbeits- 1 frhältnisses lähmen Kreativität und Forscherdrang. Keine Uni- ''frsität und schon gar nicht un- sere Leipziger Uni, die einzige Universität im künftigen Land, ^chsen. kann sich die damit ver bundenen Verluste an wissen- tc haftlichem Potential leisten. Dr. SIGRUN KABISCH Zusammenspiel der Strukturen: noch keine Symphonie, sondern höchstens ein mehrstimmiger Chorus Auszüge aus der Eröffnungsrede des 8. Kongresses der Europäischen Gesellschaft für Neurochemie (ESN) durch Rektor a. i. Prof. Dr. G. Leutert Es erfüllt uns mit Freude und Stolz, daß Sie Leipzig als Ort für das 8. General Meeting of the European Society for Neurochemi stry .gewählt haben. Wh- sehen darin auch einen Ausdruck der An erkennung der wissenschaftlichen Arbeit unserer Leipziger Neuro- cnemiker. aber auch der Neuro- morpholögen und Neurophysiolo gen, und wir meinen, daß damit aich’ berühmten Namen eine ge wisse Referenz erwiesen wird: Ich denke dabei an Paul Flechsig, des sen Namen das Leipziger Institut für Hirnforschung trägt, der im vori gen Jahrhundert Hervorragendes vor allem auf dem Gebiet der Neu roanatomie leistete, an Karl Lud wig. der ..Allerhervorragendsten einer“ — wie Karl Sudhoff schreibt —. der in seiner genialen Vielfalt auch Grundlegendes zur Neuro physiologie beitrug — mit Elie von Cyon (Paris) entdeckte er den N.de- pressor beim Kaninchen — an Wil helm His, der als Physiologe und Anatom — in Basel, von wo aus er 1972 nach Leipzig übersiedelte, hatte er noch Physiologie und Anatomie unterrichtet — besonders den Entwicklungsgedanken ein brachte, an Richard Arwed Pfeiffer, dessen bleibendes Verdienst ist, die Angioarchitektonik des Gehirns als ein wesentliches Strukturelement der Hirnforschung erkannt zu ha ben. Wenn man das Programm Ih rer Tagung betrachtet, so muß man — und das ist keine Floskel — zu dem Ergebnis kommen, daß es äußerst anspruchsvoll und vielfältig ist und daß es eine hervorragende Basis für den wissenschaftlichen Austausch und Meinungsstreit bie tet. Be ders bemerkens- und begrüßen-wert erscheint, daß es ei nerseits die. verschiedenen Diszipli nen der Neurowissenschaft zusam menführt, und andererseits die Brücke zur Klinik geschlagen wird. Daß dabei Methodisches einen be deutsamen Platz einnimmt, ist die logische Konsequenz daraus, daß na hezu gesetzmäßig der stürmischen Entwicklung der Technik die Me thoden folgen müssen. So ist alles in Fluß, und die gegenwärtige Stand punktbestimmung ist nur ein Meilenstein des Weges in die Zu kunft. Das Programm macht weiterhin deutlich, wie eng Struktur und Funktion Zusammenhängen. Ich habe schon vor Jahren formuliert: Es gibt keine Struktur ohne. Funk tion und keine Funktion ohne Struk tur. Struktur und Funktion sind die determinierenden Eigenschaften der lebenden Materie. Und damit hän gen beide ab von der Zeit. Struktur und Funktion beeinflussen sich ge genseitig. Bestimmte Strukturver änderungen ziehen Funktionsver änderungen nach sich, wie auch Funktionsveränderungen auf die Struktur wirken. Und diese Gesetzmäßigkeit gilt auch und vielleicht viel mehr für die Pathologie, da den Krankheiten immer eine Störung der Struk tur—Funktionsbeziehung vorausgeht und den Verlauf bestimmt. Wichtig stes Anliegen muß also sein, die Ur sache der gestörten Struktur- Funktionsbeziehung zu erkennen, tim intervenieren zu können. Mit der Feststellung der Zeit abhängigkeit von Struktur und Funktion ist zwangsläufig verbun den, daß sich von der Befruchtung bis zum Tode gesetzmäßige Verände rungen vollziehen, die Max Bürger, unser hochverehrter Leipziger Ordi narius für Innere Medizin, als Bio- morphose bezeichnet hat. Diese Zeit spanne gliedert sich in praenatale Entwicklung, postnatale Entwick lung, die nach Linzbach durch Wacnstum und Differenzierung ge kennzeichnet ist, Erwachsenenalter und Seneszenz. Dabei vollziehen sich die Veränderungen auf ver schiedenen Ebenen, den Ebenen Zelle, Gewebe, Organe und Organis mus. Zwischen den verschiedenen Ebenen ..bestehen gesetzmäßige Wechselbeziehungen. Da die Alterns- Wandlungen auf den Ebenen spezi fisch und mit 'unterschiedlicher Ge schwindigkeit ablaufen, ergibt: sich, daß aie Organe und Gewebe asyn chron altern. Die Geschwindigkeit dieses Prozesses hängt sicher ab vom Differenzierungsgrad der Ge webe. Die Methode der Untersu chungen ist dabei analytisch, und so verlockend das Vordringen in im mer kleinere Dimensionen ist, in dem Glauben, auf diese Weise dem Kern der Dinge besonders na hezukommen. so klar sollte man sich darüber sein, daß der Analyse der Teile deren Synthese folgen muß. und daß das Ganze durch das Wirken interstruktureller Beziehun gen mehr als die Summe seiner Teile ist. Gestatten Sie bitte, meine Damen und Herren, wegen der Aktualität abschließend einiges zur Modellbil dung in der Wissenschaft, einer un verzichtbaren Methode, zu sagen. Das Wort ..Modell“ stammt von „modus“ — das Maß, und dessen Verkleinerungsform modulus. Pollio Vitruvius römischer Baumeister, ge brauchte es als Grundmaß für die Proportionsbestimmung von Ge bäudeteilen. Seitdem ist es über die italienische Form „modello" als Ter minus technicus in Wissenschaften und Künste eingegangen. Modelle spielen in der Kultur- und Naturgeschichte eine große Rolle. Die von van der Waerden ge troffene Einteilung erscheint beson ders günstig. Er unterscheidet greif bare Modelle und Gedankenmo delle. Zur ersten Gruppe zählen Mo- delle wie die Sphaira des Anaximan- drös, ein Himmelsglobus, auf dem die Sterne aufgetragen waren und auf dem die Auf- und Untergangs zeiten der Fixsterne, abgelesen wer den konnten, da die Sphaira um die Pole drehbar war: Modelle wie das Planetarium des Archimedes, das Ci cero beschreibt, ein Modell, aus dem hervorgehet, daß Archimedes schon einiges über die Bewegung des Mon des und der Planeten wußte; Mo delle wie der Windkanal, in dem man Luftströmungen und das Ver halten z. B. von Flugzeugen unter suchen kann, ohne diese erst in Originalgröße bauen zu müssen. Gedankenmodelle setzen sich an ders zusammen. Nach van der Waer den gehen frühere Erkenntnisse und Erfahrungen voraus. Sie führen zu Abstraktionen und nach deren Über prüfung und Bestätigung durch Ein setzen von Erfahrungs werten zu einer Hypothese, aus der man Fol gerungen zieht und welche dann die Erscheinungen besser erklärt als die Vorstellungen, die man sich vorher gebildet hat. Es entsteht ein Er kenntniswert, d. h., aus der Hypo these lassen sich Erkenntnisse ab leiten. Weitere für die aufgestellte Hypothese ausgedachte Experi mente dienen der Entwicklung der Hypothese, durch die man wie derum zu neuen Erkenntnissen ge langen kann. Das Gedankenmodell ist somit Teil eines Erkenntnispro zesses. In den Naturwissenschaften ha ben Modelle große Bedeutung er langt und oft Grundlegendes zur Entwicklung der verschiedenen Wis senschaftszweige beigetragen. Ich denke dabei, an das von Rutherford aufgestellte und von Bohr präzi sierte Atommodell. Und obwohl Bohr das Modell äußerst brauchbar ergänzte, entspricht es nicht genau der Wirklichkeit, da es das Problem der Strahlung und den damit ver bundenen sprunghaften Wechsel der Elektronen auf ihren Bahnen nicht genügend erklärt. Von Weiz säcker bezeichnet das Bohrsche Atommodeli als Entwurf für eine Beschreibung dessen, was man als Wirklichkeit an sieht. Noch schwieriger liegen die Dinge in der Biologie, da man hier die Ver suchsbedingungen nicht selbst wäh len kann; sie sind gegeben. Ludwig v. Bertalanffy hat dem Rechnung ge tragen. indem er für die Biologie das Modell des offenen Systems ent wickelte und damit die Beziehung Organismus-Umwelt zu erfassen versuchte. ..Ein offenes System ist ein solches, das in Austausch von Materie mit seiner Umgebung steht, Einfuhr und Ausfuhr, Aufbau und Abbau seiner materiellen Bestand teile unterhält.“ Die Dynamik der biologischen Prozesse findet im Mo dell Bertalanffys vom Fließgleich- gewicht ihren Ausdruck. Es macht den ständigen Auf- und Abbau der Proteine, die' ständige Zellerneue rung, die Vielfalt des Stoffwechsels deutlich. Modelle sind somit für die Ordnung der Erkenntnisse und die Art der weiteren Erkenntnisbildung unbedingte Voraussetzung. Man sollte jedoch bedenken, daß der ..Modellierung“ eine Vereinfachung der Lebensprozesse impliziert ist, daß durch die Einengung der Ver suchsbedingungen Grenzen für die Aussagefähigkeit gezogen werden. Das Zusammenspiel der Strukturen, das uns manchesmal fast schon in den Ohren klingt, wird deshalb vor erst noch keine Symphonie, sondern höchstens einen mehrstimmigen Chorus ergeben. Möge diese Zusammenkunft, die nach der Wende in beglückender Weise die Welt zusammenzuführen ermöglicht. Ihr Wissen mehren, die Erkenntnisse vertiefen, zu neuen Un tersuchungen anregen und die menschlichen Bande enger knüpfen. Doch sei Ihnen gestanden, daß uns die gegenwärtige Entwicklung auch mit Sorge erfüllt. Täglich verlieren Hunderte ihren Arbeitsplatz. Des halb sollten wir, die Bürger eines künftigen, vereinten Deutschlands, alles tun, damit soziale Gerechtig keit, Wissenschaft und Kultur nicht zum Preis der errungenen Freiheit werden. Gestatten Sie mir bitte, daß ich als Anatom mit . einem Aus spruch Vesals. dem Begründer der wissenschaftlichen Anatomie, .schließe, der in der Gegenwart mehr denn je Bedeutung besitzt; Quod hactenus mentiri, et contra animi sententiam loqui non didicis- sem — zu lügen und gegen meine Überzeugung zu reden, hätte ich nie gelernt. Dos Kongreßgeschehen war auch geprägt von einer Ausstellung wissenschaftlicher Geräte im Hörscalgebude, Foto: irr (Kramen) Fragen ohne Tabus Kurt Bodewig/Rainer Hesels/ Dieter Mahlberg (Hg.) Die schleichende Gefahr Rechtsex tremismus heute, Klartext- Verlag Essen 1990, 336 S., brosch., 19,80 DM „Vieles spricht dafür, daß Sta tus- und Konkurrenzängste, ver bunden mit wachsender gesell schaftlicher Orientierungslosig keit parallel zur .Wiedervereini gung’ zumindest für einen Teil der Gesellschaft an Bedeutung gewinnen und die Anfälligkeit für rechtsextremes Gedankengut damit steigen wird“ (Bodewig/ Hesels, S. 10). Unbestreitbar sind von den genannten Ängsten und Unsicherheiten derzeit ganz be sonders — trotz „Einigumngsver- trag“ — Menschen bei uns, im Gebiet der ehemals ..Deutschen Demokratischen Republik“ be troffen. Aber ist damit notwen dig auf ein Anwachsen des Rechtsextremismus bei uns zu schließen? Was ist überhaupt ..Rechtsextremismus“, und in wiefern ist er eine emstzuneh mende (schleichende?) Gefahr? Läßt sich dieser nicht durch Ver bot „neonazistischer“ Organi sationen. wie z. B. der „Republi kaner“, wirksam begegnen? Fast unglaubhaft und makaber mutet heute an. daß uns noch vor Jahresfrist in den Medien die „heile Welt des DDR-Sozialis mus“ suggeriert wurde, für die das Problem des Rechtsextremis mus nur außerhalb ihrer „gesi cherten“ Grenzen existierte oder bestenfalls in Gestalt einiger Handvoll westlich infizierter, randalierender und zumeist auch krimineller Jugendlicher' (Skin heads) als soziale Randerschei- ' nung. Daß die „Republikaner“ unter alten Nazis wie Schönhu ber in der BRD und in Westber lin Wahlerfolge erzielten, war ein Indiz mehr, Mauer und Ab schottung „unserer Menschen“ gegenüber Neofaschismus und Revanchismus zu legitimieren. Heutige Erfahrungen bewei sen ; Rechtsextremismus auf ..Westimport“ und womöglich Einflüsse, von ein paar unbelehr baren alten Nazis auf unreife Ju gendliche zu reduzieren, ist we nig hilfreich. Wie wären dann wohl die sich mehrenden bruta len Ausschreitungen gegenüber Ausländern sowie Erscheinungen des Nationalismus und Antisemi tismus bei uns wie auch in ehe mals „sozialistischen Bruderlän dern“ zu erklären? Waren nicht solcherart rechtsextremistische Tendenzen schon viel früher la tent bei uns vorhanden, und hat nicht Mangel an Demokratie, In formationsfreiheit und Freizügig keit mit dazu beigetragen? Es lohnt sich, die im März 1990 auf einer Konferenz des DGB Nordrhein-Westfalen zum Thema ..Rechtsextremismus“ ge- TEZOnSIOn uz haltenen kompetenten Beiträge (u. a. auch zu „neofaschistischen Aktivitäten in der DDR“) auf merksam zu lesen: Sind sie doch ein ernstzunehmender Versuch, zu dieser Problematik „Sachver- stand zu bündeln und gesell schaftliche Signale zu setzen“. Dabei werden notwendig Kli schees abgebaut, und die Auf merksamkeit wird auf Wesentli ches gerichtet. So ist die quantita tive Entwicklung rechtsextremi stischer Parteien und Organi sationen nur die eine (äußere) Seite, und die von ihnen erziel ten Wahlergebnisse bestenfalls ein „Oberflächenphänomen“ (Heitmeyer, S. 238). Sehr viel be denklicher ist, daß „Arbeiter überproportional häufig Wähler der .Republikaner’ sind“ (Roth, S. 135). weil von diesen verbrei tete Ideen und Emotionen offen sichtlich dort auf fruchtbaren Bo den fallen. Und die Anfälligkeit für dieses „Gedankengut“ wächst, wie eingangs erwähnt, mit den aktuellen Ängsten, der Orientierungslosigkeit, dem Ver sagen demokratischer Institutio nen und Mechanismen der nicht bewältigten jüngsten Vergan genheit. In die entstandenen Lücken setzen die „Rechtsaußen ideologen“ ein dem Niveau des „gesunden Menschenverstandes“ angepaßtes. leicht verständli ches, vereinfachtes und damit zugleich verfälschendes Ge- schichts-, Gesellschafts- und Menschenbild, auf dem ein ent sprechendes (in jedem Fall na tionalistisches, fremdenfeindli ches, antidemokratisches und be tont auf „Law and order“, d. h. autoritär ausgerichtetes) Freund-Feind-Gemälde aufbaut. Es ist gewiß einsehbar, daß mit Verboten allein Rechtsex tremismus nicht zu stoppen ist. Neben der Entlarvung seines demagogischen Charakters und seiner Gefährlichkeit sind auf Dauer wirksame Mittel und Me thoden zu sehen in: Weltoffen heit und Zugang zu Kulturen an derer Völker; einer den neuen Bedingungen entsprechenden Bil dungspolitik, die auch Fragen un serer jüngeren Geschichte ohne Tabus den notwendigen Raum gibt; einem wahrhaft demokra tischen Staatswesen mit einer funktionierenden sozialen Markt wirtschaft und echten Entwick lungschancen einer politischen Kultur... Dr. HEINZ SÄNGER ANZEIGEN Universitätsbuchhandlung in der Grimmaischen Straße 30, Leipzig 7010, Tel. 28 25 02, freut sich auf Ihren Besuch und wird Sie fachgerecht beraten. Zum Studienbeginn hal ten wir für Sie bereit: Hochschullehrbücher, Arbeitsbücher und Wissens speicher. Schauen Sie mal rein! Model/Creifelds/Lichtenberger Staatsbürger-Taschenbuch Begründet von Dr. Otto Model, weil. Rechtsanwalt in Bad Godesberg und Regierungsrat a.D Fortgeführt von Dr« Can Creifelds, Senatsrat a.D., München, und Dr. Gustav Lichtenberger, Richler am OLG München 25., neubearbeitete Auflage 1990. Rund 1130 Seiten. Gebunden ca. DM 35,- ISBN 3-406-34825-4. Erscheinungstermin; November 19.90 Creifelds Rechtswörterbuch Begründet von Dr. Carl Creifelds. Senatsrat a. D. Herausgegeben von Dr. LutzMeyer-Goßner, Richter am BGH Bearbeiter: Dr. Dieter Guntz, Vors. Richter am OLG. Paul Henssler, Steuerberater, Leiter der Akademie für Wirtschafts- beratung Bad Herrenalb, Prof. Dr. h.c. Hans Kauffmann, MinDirigent, Leiter des Bayer. Landesjustizprüfungsamies, Dr. Lutz Meyer-Goßner, Richter am BGH. Prof. Friedrich Quack, Richter am BGH, Heinz Ströer, MinDirektor a. D, 10., neubearbeitete Auflage. 1990. XV. 1428 Seiten. In Leinen DM 72,-. ISBN 3-406-33964-6 rs9& a . ■ acaegpmMrme--uemmr-e-g--3 Vedas C.H.Beck. Postfach, 8000 München , -2.25
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