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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1990
- Erscheinungsdatum
- 1990
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-199000007
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19900000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19900000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Ausgabe
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-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 1990
-
- Ausgabe Nr. 1, 12.01.1990 1
- Ausgabe Nr. 2, 19.01.1999 1
- Ausgabe Nr. 3, 26.01.1990 1
- Ausgabe Nr. 4, 05.02.1990 1
- Ausgabe Nr. 5, 12.02.1990 1
- Ausgabe Nr. 6, 19.02.1990 1
- Ausgabe Nr. 7, 26.02.1990 1
- Ausgabe Nr. 8, 05.03.1990 1
- Ausgabe Nr. 9, 12.03.1990 1
- Ausgabe Nr. 10, 19.03.1990 1
- Ausgabe Nr. 11, 26.03.1990 1
- Ausgabe Nr. 12, 02.04.1990 1
- Ausgabe Nr. 13, 09.04.1990 1
- Ausgabe Nr. 14, 23.04.1990 1
- Ausgabe Nr. 15, 30.04.1990 1
- Ausgabe Nr. 16, 07.05.1990 1
- Ausgabe Nr. 17, 14.05.1990 1
- Ausgabe Nr. 18, 21.05.1990 1
- Ausgabe Nr. 19, 28.05.1990 1
- Ausgabe Nr. 20, 05.06.1990 1
- Ausgabe Nr. 21, 11.06.1990 1
- Ausgabe Nr. 22, 18.06.1990 1
- Ausgabe Nr. 23, 25.06.1990 1
- Ausgabe Nr. 24, 02.07.1990 1
- Ausgabe Nr. 25, 09.07.1990 1
- Ausgabe Nr. 26, 16.07.1990 1
- Ausgabe Nr. 27, 23.07.1990 1
- Ausgabe Nr. 28, 17.09.1990 1
- Ausgabe Nr. 29, 25.09.1990 1
- Ausgabe Nr. 30, 01.10.1990 1
- Ausgabe Nr. 31, 08.10.1990 1
- Ausgabe Nr. 32, 15.10.1990 1
- Ausgabe Nr. 33, 22.10.1990 1
- Ausgabe Nr. 34, 29.10.1990 1
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- Ausgabe Nr. 38, 26.11.1990 1
- Ausgabe Nr. 39, 03.12.1990 1
- Ausgabe Nr. 40, 10.12.1990 1
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Band 1990
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disKRIMIniert (5) Man kennt die Leipziger Krimi-Verhältnisse. Stuttgarter sind den Markt betreffend nicht anders als in anderen Städten (west-)deutscher Landen. Man hat alle Auswahl in Buchhandlun gen, Bibliotheken oder Filmthea tern. Kaufwillige können ihren Krimihausstand vergrößern, so sie das nötige Kleingeld haben. Ist das der Stuttgarter einziges Verhältnis zum Krimi oder nicht? — Nicht, denn schlag', det Krimi freund nach in den „Stich- worte(n) zu einer Großstadt“ — den „Stuttgarter Verhältnissen“, einem Führer durch die Schwa- Stuttgarter benmetropole — findet er Groß stadt-Stichwort „Krimi“ und Lo thar Späths Worte bestätigt: „Über Stuttgart-wissen die mei sten weniger, als sich zu wissen lohnen würde.“ Dort heißt es: „Der Krimi spielt nicht mehr nur in London, L. A. oder allenfalls noch in der Hafenmetropole Hamburg. Seit ein paar Jahren gehören zu den Krimihauptstädten auch Duis burg und Stuttgart, und in beiden Fällen sind auch zwei Stuttgarter Autoren beteiligt: Fred Breiners dorfer und Felix Huby.“ Namen, die-jeder Stuttgarter kennt — sind beide Schriftsteller doch 'mittler weile zu Volksautoren avanciert. Der SDR verfilmt in steter Folge ihre Werke, und Buchhändler freuen sich über gleichbleibend hohe Verkaufsziffern. Felix Huby ist „eingefleischter Schwabe“ und ein Pseudonym. Eberhard Hungerbühler war Zei tungsreporter, Redakteur und lange Zeit der baden-württem bergische Spiegelkorrespondent, der oft für Aufsehen sorgte. Be vor Felix Huby sein Talent für „Wort und Totschlag“ entdeckte, hatte er bereits eine Reihe von Sach- und Kinderbüchern ver öffentlicht. Der 1938 geborene Hungerbühler hat das Hobby zum Beruf gemacht und lebt heute als freiberuflicher Schriftsteller und Drehbuchautor in Stuttgart. Sein literarischer Held ist Haupt kommissar Bienzle — und beide, Autor wie Bienzle sind Schwaben aus Passion. Der Kommissar ist ein Mann, der zuhört und zu ¬ hören kann, meist bei einem Viertele Trollinger (rot) im Wirtshaus. Wie er ermittelt, weiß Bienzle oft selbst nicht, doch ge löst hat er seine Fälle noch im mer. Dieser Hauptkommissar ist ein modernerer Wachtmeister Studer — Autor und literarischer Held bekennen sich zur Tradition des Schweizers Friedrich Glau- ser. Hubys Filmheld ist tatörtlich Schimanski, zu den Gemeinsam keiten von Held, und Autor fand sich von Huby keine Äußerung. Ansonsten: „Hubby ißt gern, trinkt gern, lebt gern“ — und er gänzt: schreibt gern. Fred Breinersdorfer, 1946 ge boren und ebenfalls echter Schwabe, studierte Jüra und So ziologie, promovierte. Seit seiner Verhältnisse Referendarzeit ist er selbständi ger Anwalt, speziell für studenti sche Rechtsfälle (Nummer im Te lefonbuch!). Sein Freund Huby hat ihn zum Schreiben animiert, mit Erfolg offensichtlich. Brei nersdorfer ist Gründer des Fac tor-Verlages, wo nicht nur Kri minalromane, sondern auch so se hens- und lesenswerte Bücher wie „Stuttgarter Verhältnisse“ erscheinen. Der Held seiner Kri mis heißt Jean Abel - ein ge scheiter Jurastudent, Privatde tektiv, schließlich doch Anwalt und somit ein legitimer Nach fahre Perry Masons, dem Rechts anwalt aus den Romanen Erle Stanley Gardners. Seine Fälle sind iveniger verstaubt und trok- ken als hintergründig in ihren moralischen Fragestellungen. Mehrere wurden verfilmt. Seine auch preisgekrönten, oft nur sei tenlangen Geschichten dürften höchstens literarischen Ansprü chen genügen. Kontrastieren die Helden Abel und Bienzle. bieten doch beide Autoren „viel Stuttgarter Flair und nicht nur für Einheimische eine Menge Wiedererkennens- wärtes“. Unbestritten ist. daß Breinersdorfer wie Huby „zv. den renommiertesten Krimiautoren deutscher Zunge gehören“. Bleibt der Wunsch, in Bälde von Leipzi ger Verhältnissen berichten zu können. HENNER KOTTE das Licht, das aus seinem Pinsel..." Anmerkungen zur Sonderausstellung „Carl Blechen — Bilder aus Italien“ Wenn man einmal von der gele gentlichen avantgardistischen Vor stößen der Staatlichen Kunstsamm lungen in der Spremberger Straße und den seit dem letzten Jahr aktiv sprudelnden Unternehmungen der Privagalerie „Haus 23“ absieht, war eine Reise nach Cottbus in Sachen Kunst wohl immer mit dem Makel des Provinziellen behaftet. Jedoch seit einigen Tagen wird in den Schloßräumen der ehemaligen Pück- ler-Residenz in Branitz, bei Cottbus, eine Sonderausstellung mit Werken des romantischen Malers Carl Ble chen gezeigt, die nicht nur nationale Aufmerksamkeit erregen dürfte. Zwar wurden bestimmte Kultur politiker der Stadt in den letzten 40 Jahren nie müde, auf den großen und wohl auch einzig bedeutenden Maler, der hier 1798 geboren wurde, hinzuweisen -und benannten eine Straße, einen Park, eine Schule, Gale rie, Klub und auch Kulturpreis des Bezirkes nach ihm, doch so richtig hat man es nie verstanden, mit dem gut 60 Werke umfassenden Erbe des' Künstlers umzugehen. Seit 1913 sam melte man in Cottbus gezielt Arbei ten Carl Blechens, die den Grund stock der seit den 50er Jahren im ,,noch-Bezirks“museum Cottbus, Schloß Branitz. befindlichen Samm lung bilden. Anfänglich noch rege bemüht, in Sonderausstellungen das Werk des Künstlers dem Volk na hezubringen, endeten im Gründe ge nommen diese Aktivitäten im Jahre 1963. Seitdem war es sehr ruhig um die Bilder, Ölstudien und graphi schen Arbeiten Blechens in Branitz geworden. Auch nur gut ein Drittel des Cottbuser Gesamtbestandes war bisher in der mehr schlecht als recht präsentierten Auswahl, die man. leider auch kaum einmal durch gezielten Austausch auffrischte, in der ständigen Ausstellung zu sehen. Man glaubte zu spüren, daß hier ei ne kunthistorisch helfende Hand fehlte, und so mag es auch nicht ver wundern, daß die jetzt zu sehende Sonderexposition „Carl Blechen — Bilder aus Italien“ zum 150. Todes- ' tag des Künstlers, gewissermaßen ei ner Idee außerhalb der geistig, ver staubten und muffigen Personalkü- lisse des Hauses, zu danken ist. :C J-r' Thematisch beschränkt sich die Auswahl der Werke, deren Leih gaben zu mehr als 80 Prozent aus den Sammlungen der Zeichnungen der Nationalgalerie stammen, auf die 1828/29 durchgeführte Italienreise des Künstlers, in deren Verlauf und Ergebnis mehr als die Hälfte seines gesamten OEuvres entstand. Blechen, der seit seinem 16. Lebensjahr in Berlin lebte, hier anfangs ganz un künstlerisch seiner Ausbildung als Bankkaufmann nachging und als Einjährigfreiwilliger im Preußischen Heer diente, absolvierte 1822/23 die Kunstakademie bei dem Land schaftsmaler Prof. P. L. Lütke, des sen Nachfolger er nach seinem Tod 1831 wurde. Außer einer für ihn künstlerisch wichtigen Reise zu J. C. C. Dahl nach Dresden (1823), wo er sicher auch starke Inspiratio nen von den Werken und Ideen des „Südliche Felsenschlucht mit Höhlen" (Ausschnitt) oben: „Blick out Assisi" Fotos: Thiede Friedrichkreises aufnahm, hielt sich der Maler vermutlich. Monate .nach Italien kurz an der Ostsee und’ 1833 im Harz sowie 1835 für wenige Tage in Paris auf. Ansonsten war, ihm Berlin und die Mark Brandenburg zur ständigen Heimat und künstleri schem Inspirationsquell geworden. Hier heiratete er 1824, stellte ab die sem Jahr auch erfolgreich und regel mäßig in den Akademieausstellun gen aus, war dank K. F. Schinkel, bis 1827 Dekorationsmaler am König- städtischen Theater, wurde 1826 Mit glied im Berlinischen Künstlerverein und 1835 zum ordentlichen Mitglied der Königlichen Akademie der Kün ste gewählt. Der. Versuch, den Besucher Ble chens Italienreise nacherleben zu lassen, einsetzend bei Rom und Um gebung. Neapel, Capri und die län gere Rückreise bis an die Ligurische Küste,, gelang den Organisatoren auf Grund der räumlichen Situation im Schloß Branitz nicht ganz. Man hat in den sehr dunklen, kunstlichtbeleuch teten Räumen Probleme, besonders in ' dem durch Aufsteller geteilten großen Sonderausstellungsraum, das Konzept nicht aus den Augen zu verlieren. Leider nimmt die wohl in ternationalen Standards geschuldete Dunkelheit viel von dem farbästheti schen Genuß der Aquarelle von Pompeji und Paestum und Ölstudien diverser italienischer Ortschaften und Landschaften. Trotzdem sind die von Licht und Luft durchsetzten Ölskizzen und die angenehm auf einzelne kleine Wandflächen ge hangenen Sepia-Blätter aus dem Amalfieskizzenbuch eine wahre Freude nicht nur für Kenner Ble- chenscher Kunst. Gut ist die Gegen überstellung und Blickkontaktmög ¬ lichkeit von Skizze, Entwurf bis zum fertigen Gemälde, so daß der Rezi pient für sich, z. B. an Hand der „Villa d’Este" von 1831/32, die ein zelnen Schritte der Entstehung des großen Gemäldes aus der National galerie Berlin-Ost nachvollziehen kann. Neben diesem sind noch das Leipziger Gemälde „Mühlental bei Amalfie"i sowie besonders heraus stellenswert eine ausländische Lei- gäbe aus Poznan „Die Paraglioni bei Mondschein“ zu sehen.. Zwar hätte man sich im Zuge der deutsch-deut schen Annäherung .außer einer einzi gen Leihgabe der BRD. dem „Tibe- riusfelsen auf Capri“ (Niedersächsi sches Landesmuseum Hannover), noch so manch bedeutendes Werk aus Berlin-West, Braunschweig, München oder Bremen vorstellen können, und das hätte die Gewich tigkeit der . Exposition, und sicher auch das Interesse der Öffentlichkeit noch um einiges gesteigert, doch macht ein . großer Teil der hier .erst mals ausgestellten Studienblätter aus Berlin dieses Manko wett. Im großen und ganzen kann der Be sucher sich in der sehenswerten Ausstellung ein recht gutes Bild von der Italienreise Carl Blechens ma- Chen, die wohl für den Kunstlieb haber des 19. Jahrhunderts ein un bedingtes Muß ist, da hier, noch bis zum 29. Juli, ein Maler der ersten Reihe wieder einmal angemessen ge würdigt wird. ROCCO THIEDE Als ich ihr das allererste Mal be gegnete, hielt ich sie für eine Frau wie jede andere. Ich habe mich geirrt. Grundlegend. Zwar ist ihr an zumerken, daß Energie in ihr steckt. Aber so viel Biß hätte ich Gusta Kießling nie zugetraut. In fünf Kursen versucht die Mitt fünfzigerin Woche für Woche, mehr oder minder gelenkigen. Studenten Die Jazz-Dancerin in der Fichte-Straße dem fand sie schon wieder etwas Neues — Thai Chi. Eine Art der Gymnastik, die von chinesischen Mönchen . entwickelt wurde. Um zum Beispiel „den Schwanz eines Vogels fassen“ zu lernen, fährt sie Sport schreiben — bleibt kaum noch Zeit. Ich fragte sie, ob sie Langeweile kennt — sie hat nur gelacht. Und da nach behauptete sie, nur noch ein Jahr arbeiten zu wollen. Dann Jazz-Dance beizubringen. Wenn ich mir im Spiegel zusehe, denke ich manchmal, sie müßte eigentlich an mir und meinesgleichen verzwei feln. Sie aber behauptet, gerade die Studenten seien es, die ihr Kraft und Mut geben. Und wer ein paar Stunden bei ihr genommen hat, glaubt ihr aufs Wort. Noch nie habe ich von dieser, kleinen, immer mun ter wirkenden Frau auch nur einen scharfen Ton gehört. Auch, wenn je mand noch so lange braucht, um zu begreifen, wie man das Brustbein bewegt, und den Rest des Ober körpers still hält. Aber sie läßt ihn auch erst dann in Ruhe, wenn er es richtig macht. Die agile Gusta Kießling, die eigentlich ein Gustav werden sollte, unterrichtete vor ihrer Unizeit an Berufsschulen. Damals sah unser Schulsystem noch anders aus. Die Sportlehrerin mußte „nebenbei“ auch Mathe, Physik und Chemie ge ben. Und irgendwann wurde je mand gebraucht, der den Lehrlin gen zum Biologieabitur verhilft. Also setzte sie sich immer wieder auf die Bank, um dazuzulernen. Als sie in diesen Fächern nicht mehr ge braucht wurde, fehlte ihr etwas. So ließ sie sich in die Grundlagen der BMSR-Technik, der Elektronik und der Datenverarbeitung einweisen. Später, als Gymnastiklehrerin an der Uni, waren derartige Kennt nisse nicht mehr gefragt. Aber ohne ständiges Hinzulernen kann diese Frau scheinbar nicht leben. Eine zentrale Weiterbildung gab es so gut wie nicht. Deshalb suchte sie sich ’ selbst Bücher zusammen und las sich neue Übungen an. Bei einer größeren praktischen Schulung An fang der 80er Jahre hatte sie den er sten Kontakt mit Jazz. Seitdem ließ sie der nicht mehr los. Zunächst nahm sie ganz in der Stille Privat unterricht (die anderen hätten sie am Ende für verrückt gehalten). Später machte sie bei Wochenend kursen für Tanzgruppenleiter in Berlin mit. Schließlich wagte sie sich in die Sommerkurse der Ber liner Ballettschule. Sicher, am An fang hatte sie ganz schöne Kom plexe unter all den gestandenen Tänzern. Aber sie biß sich durch. Mehrere Male kam sie wieder. Das. was sie sich beim Literaturstudium übers Jahr theoretisch angeeignet hatte, konnte sie hier praktisch wei terführen. Dieses Jahr erhielt sie erstmals keine Einladung. Die Zei ten ändern sich. Aber für Gusta Kießling scheint das so schlimm nicht zu sein. Das über die Jahre an gehäufte Wissen will sie jetzt erst einmal praktisch umsetzen. Außer- seit letztem September einmal in würde sie sich zurückziehen. Ich der Woche nach Wurzen. Für ihre glaube nicht, daß ihr das gelingt. anderen Hobbys — sie näht für sich und ihre Familie, will irgendwann zu malen anfangen und vielleicht auch noch ein Buch über ihren BEATE FAUCK, Sektion Journalistik Fotos: GEHRMANN Preu Präsidentin goes shopping Am Samstag, dem 19. Mai 1990, rollt ihr schwarzer Citroen vor eine der nobelsten Boutiquen des Kur fürstendamms. Das „exklusive Da men- und Herrenmodengeschäft Braun und Co." gehört zu den Top adressen der Oberschicht. Hier, wo ein Kleid für 3000 DM getrost als Sonderangebot bezeichnet werden darf, warten die neuesten Kreatio nen der internationalen Modezaren auf die betuchte Kundschaft. Zu der gehört seit diesem Tag auch DDR- Parlamentspräsidentin und Staats oberhaupt der DDR, Frau Sabine Bergmann-Pohl. Zwei Bodygards halten ihr die Tür auf, die Modeverkäuferinnen be grüßen sie mit Namen. Die Volks kammerpräsidentin zeigt vom ersten Augenblick an Geschmack. Stil bewußt entscheidet sie sich für dos Beste. Kostüme und Kleider von „Valentino", „Chanel“ und „Un garo" werden anprobiert und zum „auf Maß schneidern" weiter in die Werkstatt gegeben. Weil eine Volks kammerpräsidentin eine sehr be schäftigte Frau ist und nicht wegen jedem Kleid einen Einkaufsbummel machen kann, kauft sie gleich auf Vorrat. Insgesamt kommen somit 30 000 D-Mark auf die Rechnung. Das „Valentino"-Kostüm läßt sie gleich an und begibt sich zur Ten nisanlage des LTTC Rot-Weiß und danach zu Richard von Weizsäcker auf die Ehrentribüne des Olympia stadions zum DFB-Pokalendspiel. Fast hätte sie an diesem Tag Steffi Graf und dem 1. FC Kaiserslautern die Show gestohlen. Nun ist, wie jeder weiß, die Frau nicht etwa in der SED/PDS und hät te somit vielleicht Zugang zu noch verheimlichten Devisenreserven, son dern CDU-Mitglied. Als Volks kammerpräsidentin bezieht sie ein Gehalt von 9500 Mark. Fragt sich das Volk, welche Devisenquelle denn da wohl so hilfreich sprudelt. Die Valuta-Kasse der DDR jeden falls ist leer. Hier gibt es nur einen streng bemessenen Etat für Dienst reisen. Daher also kommen die 30 000 DM nicht. Auch der Presse referent der Präsidentin, Dr. Grützke, kann sich, angesprochen auf das „Valentino"-Kostüm, an fangs nicht erklären, wo das Geld herkommt. „Vielleicht dachte die Süßmuth: Schenken wir der armen Ossi mal ein schönes Kleid”, grübelt er. Am Freitag, dem 25. Mai 1990, steht Frau Bergmann-Pohl wieder in der Edel-Boutique. Die Kleider sind fertig, und die Rechnung muß be zahlt werden. Begleitet wird sie von einer Frau Hell, Inhaberin der älte sten Berliner Marzipanmassenfabrik. Die gehört zu den Westberliner Freunden aus CDU-Wirtschaftskrei- sen, die der Präsidentin auch zur Übernahme des Amtes geraten ha ben. Also bezahlt Frau Hell die schönen Kleider, und Frau Berg mann-Pohl kann von nun an auf ih re selbstgestrickten Pullover verzich ten. Auch läßt sie sich bei Westber lins Schicki-Micki-Friseur Udo Waltz gleich noch den richtigen West- Schnitt verpassen. Daß die Präsidentin der DDR- Volkskammer als Werbeträger der gerade jetzt unter massiven Einbrü chen leidenden Wirtschaft der DDR fungieren könnte, scheint Frau Berg mann-Pohl nicht bewußt zu sein. Sonst\hätte sie sich nämlich mit dem „Modeinstitut der DDR" in Verbin dung gesetzt. Die wären über eine derartige weltweite Werbemöglich- kit jedenfalls hocherfreut gewesen, bestätigt Frau Groß aus der PR-Ab teilung. „Wir könnten somit unser Image aufpolieren. Und eins kann ich Ihnen sagen: Wir brauchen uns hinter niemandem zu verstecken - jetzt, wo wir alles zeigen dürfen, was wir können." Auch Ostberlins Prominentenfriseuil Umlauf bestätigt: „Natürlich können auch wir der Frau Präsidentin eine: modischen, exklusiven Haarschnitt machen. Aber vielleicht hat es die Frau beim West-Friseur bequemer.“ Am Anfang ihrer Karriere ist wohl auch Frau Bergmann-Pohl durch die Kleidergeschäfte des einfachen Vol kes gewandelt. Dabei hat sie sogar ein ihr genehmes Kleid gefunden. Aber bei einem Empfang geschah eine Katastrophe: Die Frau des Mi nisterpräsidenten de Maiziere trug das gleiche Kleid! Wie gut also, daß es Feunde gibt. Schade nur für die Textilbranche der Republik, die anhand der Präsi dentin beweisen würde, daß sie auf dem Weg zum Weltniveau ist. Torsten Preuß
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