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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1990
- Erscheinungsdatum
- 1990
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-199000007
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19900000
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- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19900000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
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- SLUB Dresden
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-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 1990
-
- Ausgabe Nr. 1, 12.01.1990 1
- Ausgabe Nr. 2, 19.01.1999 1
- Ausgabe Nr. 3, 26.01.1990 1
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- Ausgabe Nr. 5, 12.02.1990 1
- Ausgabe Nr. 6, 19.02.1990 1
- Ausgabe Nr. 7, 26.02.1990 1
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- Ausgabe Nr. 9, 12.03.1990 1
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- Ausgabe Nr. 12, 02.04.1990 1
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- Ausgabe Nr. 17, 14.05.1990 1
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- Ausgabe Nr. 26, 16.07.1990 1
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- Ausgabe Nr. 28, 17.09.1990 1
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- Ausgabe Nr. 30, 01.10.1990 1
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- Ausgabe Nr. 32, 15.10.1990 1
- Ausgabe Nr. 33, 22.10.1990 1
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- Ausgabe Nr. 39, 03.12.1990 1
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F ür die diesjährigen Theolo gischen Tage der Leipziger Theologischen Fakultät vom 25. bis 26. April wurde mit dem Thema Biblische Theologie und Christlich-Jüdische Begegnung ein spannungsreiches Problem feld gewählt. Die Relevanz und auch Brisanz dieses Themas, das Wissenschaftliche Theologie und kirchliches Handeln eng zusam- menführt, wurde während der ge samten Arbeit deutlich. Prof. Rolf Rendtorff, Heidel berg, untersuchte kirchliche Ver lautbarungen insbesondere nach 1945 zum Verhältnis Kirche— Judentum. Er stellte fest, daß diese Frage, von wenigen Aus nahmen abgesehen, kaum Ge genstand ausführlicher Reflexio nen wurde. Neben dem Wort zur Judenfrage vom April 1950 der Synode der EKD, das an der Erwählung Israels als Volk Got- . tes festhält, stehen Äußerungen, die das Verhaftetsein mit der Verwertungs- und Enterbungs lehre belegen. Markierungs punkte einer Neubesinnung stel len katholischerseits das 2. Va ticanum und evangelischerseits der — allerdings umstrittene — Synodalbeschluß der Rhei nischen Synode von 1980 dar. Der Referent beschrieb das Ver hältnis von Kirche und Juden tum unter Verwendung einer Formulierung dieses Synodalbe schlusses so. daß Israel Gottes er wähltes Volk ist und bleibt und die Kirche durch Christus in die sen Bund mit aufgenommen wor den ist. Absage an Antisemitismus Prof, Sigfried Wagner, Leipzig. Würdigte in seinem Vortrag Le ben und Werk des langjährigen Leipziger Alttestamrentlers Franz Delitzsch (1813-1890), eines der Mitbegründer der Judaistik, des sen 100. Todestages am 4. März in diesem Zusammenhang ge dacht wurde. Delitzschs Beschäf tigung mit dem Judentum ent sprang seinem judenmissiona rischen Engagement. Zugleich führte sie ihn auch zu einer kon sequenten Absage an den in den 70er und 80er Jahren des 19 Versagen und Hoffnung bilden Erbe Christlich-Jüdischer Dialog im Licht Biblischer Theologie Jahrhunderts erstarkenden Anti semitismus. Deutlich wurde das Bild eines großen eigengeprägten Gelehrten, dessen Lebenswerk Weit in den Raum der Kirche hin einreichte. Aspekte einer Begegnung von neutestamentlicher Wissenschaft und Judaistik wurden von Prof. Wolfgang Wiefel, Leipzig, darge stellt. Waren die Wegbereiter evangelischer Judaistik die drei Alttestamentler H. L. Strack (1848-1922), F. Delitzsch (1813-1890) und G. Dalmann (1355-1941), die vor allem der Ju denmission verpflichtet waren und die auch innerhalb der alt- testamentlichen Wissenschaft eine Sonderstellung einnahmen, So wurde die Erforschung jüdi scher Quellen als Erkenntnisin- Strumen exegetischer Arbeit ex- emplarisch von dem Neutesta- mentler (1852—1928) verwirklicht. Eindringen in Literatur Im weiteren Verlauf waren es zumeist Vertreter einer theolo gisch konservativen Richtung, die sich um das Eindringen in die jüdische Traditionsliteratur mühten. Ein Ergebnis dieser Ar beit ist u. a. das von G. Kittel herausgegebene Theologische Wörterbuch zum Neuen Testa ment. Für die Vertreter der re ligionsgeschichtlichen Schule, die fast alle auch dem kirchli chen und politischen Liberalis mus verbunden waren, spielte das rabbinische Judentum eine wesentlich begrenztere Rolle. Ihr Interesse galt vor allem dem hel lenistisch-orientalischen Syn kretismus. Die Stellung zur Ju denfrage nach 1933 zeigte jedoch, daß eine historisch-philologisch fundierte Annäherung an das Ju dentum das Verhalten theologi scher Forschung und Publizistik nicht eindeutig bestimmt hat. So Waren es im wesentlichen die Vertreter der liberalen Richtung, Von denen die Marburger Erklä rung gegen den ' Antisemitismus „Neues Testament und Ras senfrage“ verfaßt und unterzeich net wurde. Versagen und hoff nungsvolle Ansätze gehören so gleichermaßen zum Erbe der neu begründeten evangelischen Ju daistik. Bereichert wurden die Theolo gischen Tage durch eine Ausstel lung In der Nikolaikirche zu Le ben und Werk Franz Delitzschs. gestaltet vom Institutum Judai cum Delitzschianum unter Lei tung von Prof. H. Lichtenberger. M. HÜNEBURG Magd der Politik hat Anstellung verloren Im Gespräch mit Hermann Weber, Professor für Politische Wissenschaft und Zeitgeschichte an. der Uni Mannheim, Nestor bundesdeutscher DDR-Forschung P rof. Dr. Hermann Weber, Nestor der bundesdeutschen DDR- Forschung, hielt im April zwei Vorträge an der Karl-Marx- Universität. Wir baten den angesehe nen Historiker, der u. a. auch Autor des erregenden Buches „Weiße Flek- ken in der Geschichte. Die KPD- Opfer der Stalinistischen Säuberun gen und ihre Rehabilitierung“ ist (es erscheint demnächst auch in der DDR), um ein Gespräch. Herr Pro fessor, Sie äußerten, daß Sie nie daran gedacht hatten, einmal an DDR-Universitäten sprechen zu kön nen. Warum die. Skepsis? Ich durfte 37 Jahre überhaupt nicht in die DDR und war im Mai 1989 erstmals wieder in Ost-Berlin zu einer Konferenz, zusammen mit der Historischen Kommissin der SPD, der ich angehöre. Deren Mei nung war: Entweder fahren wir alle oder keiner. Deshalb haben mich wohl die damals Herrschenden über haupt hereingelassen. Aus zwei Gründen war das vor her nicht möglich. Zum einen bin ich in meiner frühen Jugend selbst Kommunist gewesen und war auch an der ehemaligen SED-Parteihoch schule „Karl Marx“. Wenn man dann im Sinne der damaligen SED abtrünnig wurde, war man natür lich gebrandmarkt. Der wichtigere Grund aber: Ich gehörte in der BRD zu den schärfsten Kritikern der hie sigen Entwicklung und bin dafür von vielen Kollegen in der DDR hef tig angegriffen worden. Aber auch viele in der BRD glaubten, meine Einschätzungen seien überzogen. Jetzt hat sich herausgestellt, daß ich hier und da sogar noch zu zahm ge wesen bin. Man wollte mich als Wis senschaftler, zudem mit dieser Ver gangenheit, also möglichst nicht hier haben. Daß es nun doch so schnell geklappt hat, hätte ich nie gedacht. Mit welchen Gefühlen sind Sie in die DDR gekommen? • . Mein Besuch ist für mich eine ge wisse Genugtuung — nichtaaus Rechthaberei, sondern- .weil' ich spüre, daß meine Analysen hier in teressieren und vielleicht auch ge braucht werden. Andererseits ist auch etwas Traurigkeit in mir. Denn ich hätte mir schon ge wünscht. daß die DDR durch einen Prozeß der Demokratisierung mit mehr Chancen in die deutsche Ver einigung gegangen wäre als jetzt. Ich empfinde das fast als eine Art Anschluß. Sie beschäftigen sich wissenschaft lich mit Themenfeldern wie die Sta- linismus-Problematik in der Ge schichte von KPD, SED, DDR. Was wäre in Ihren Augen das Wichtig ste, das die Historiker der DDR bei solchen Forschungen beachten müß ten? ■ Mich irritiert momentan am mei sten, daß der Begriff „Stalinismus“ bei ihnen so inflationär verwendet wird; ohne klare Aussagen, was das eigentlich ist. Noch mehr aber irri tiert mich, daß viele vom Stalinis mus als einem deformierten oder ad- ministrativ-bürokratischen Sozialis mus sprechen. Ich finde, er war nicht irgendeine Form von Sozialis mus, sondern ein eigenständiges ge sellschaftspolitisches Diktatursy stem und — durch Säuberungen und Personenkult gekennzeichnet — auch ein terroristisches System. Und er war ein hierarchisches Sy stem das von vielen — wenngleich mit unterschiedlicher Verantwor tung — getragen wurde. Es wäre der DDR dringend zu raten,- dies alles aufzuarbeiten. Das kann man aber nur mit klaren Analysen und nicht mit Sammelbegriffen, die viel Wich tiges wegdrängen. Wobei ich zweierlei betonen will: In der DDR-Geschichtswissenschaft wurde natürlich nicht nur Makula tur produziert, sondern ist ernsthaft geforscht worden, worauf man zu- rückgfeifen kann. Nur muß man den für Wissenschaft unabding-. baren kritischen Geist stärker ein bringen. Und zweitens war auch vie les von dem, was wir in der BRD ge macht hatten, aus der Distanz der Jahre gesehen verzerrt. Es ist des halb keineswegs die Absicht meiner Reise hierher gewesen. Ratschläge zu erteilen, wie was aufbereitet wer den muß. Dies wäre sicherlich über heblich — w.enn ich,, auch gestehen muß, daß ich schon empfehle, sich einige der Werke, die ich in den ver gangenen drei Jahrzehnten schrieb, etwas genauer und unter anderen Aspekten anzusehen, als das viel leicht damals geschehen ist. • Wie sollte Geschichtswissensvhaft aussehen, die nicht mehr von offi zieller Stelle zur Magd der Politik degradiert wird? Und kann ein Hi storiker überhaupt außerhalb von Parteinahme stehen? Ich hänge nicht der Theorie an. daß es eine Wertfreiheit gibt. Als po litischer Mensch, der in der Regel' auch der Historiker ist, hat man na türlich einen politischen Stand punkt. Nur muß man achtgeben, daß man ihn nicht voreingenommen in seine wissenschaftliche Tätigkeit hineinträgt. Für die DDR-Ge schichtswissenschaft war ja schlimm daß es eine vorgefaßte Meinung gab, die sie im nachhinein zu belegen hatte. Das hat mit Wis senschaft nichts zu tun. Diese muß vielmehr versuchen, vorurteilsfrei an die Fakten heranzugehen und daraus Schlüsse zu ziehen, selbst wenn sie unangenehm sind. Mit das Entscheidende scheint mir zu sein, daß doch diese bisherige Instrumen talisierung überwunden wird. Auf welchen Gebieten könnten Ih rer Meinung nach die Historiker der meir Herr mothien Sie cveotNcIl nfrdtn - Peter Muzeniet beiden Hohen Schulen in Leipzig und Mannheim Zusammenarbeiten? Ich kann mir vorstellen, daß wir, gerade was die Geschichte des deut schen Kommunismus betrifft, da hier auch sehr viel sozialgeschicht- lieh gearbeitet wird, gemeinsam mit einem neuen Ansatz etwa an die ganze Frage der KPD-Entwicklung, der Stalinisierung und der Hinter gründe herangehen. Dies dann ge wissermaßen von zwei Seiten aus: von meiner These, daß das vor al lem ein Strukturproblem und ’ von da her gesehen sehr stark von der Organisation bestimmt ist, daß man aber eben natürlich auch den sozial geschichtlichen Unterbau in Deutschland prüft. Vielleicht ist es möglich, einmal das Führungskorps der KPD, das ich sehr breit unter dem Prozeß der Stalinisierung un tersucht habe, jetzt auch nach den neuen sozialgeschichtlichen Unter suchungsmethoden zu erfassen. Das bedeutet, einen möglichst breiten Bestand von Funktionären zu be leuchten und eventuelle Schlußfol gerungen für ein Erklärungsmuster dieses Stalinisierungsprozesses zu ziehen. Sie weilen in einer Stadt, die mit dem Oktobergeschehen 19S9 in die Geschichtsbücher eingehen dürfte. Wie sehen Sie persönlich das, was sich hier vollzog? Ausgangspunkt für alles war ganz gewiß Gorbatschows Politik, ohne die nichts gegangen wäre. Dann preschten die Ungarn mit ihrer Grenzöffnung weit vor, aber dann waren auch schon die •Demonstra tionen in Leipzig, die für den De mokratisierungsprozeß in der DDR außerordentliche Bedeutung hatten. Für mich persönlich ist es einfach beeindruckend, hier zu sein, wo dies alles seinen Anfang nahm. Und noch etwas: Als • Sozialdemokrat fühle ich mich dem Werden der Ar beiterbewegung eng verbunden. Und da hat Leipzig natürlich nicht nur Lassalle und den ADAV, son dern Traditionen der verschieden sten Richtungen der Arbeiterbewe gung, wovon nach 1946 leider vieles in Vergessenheit geriet. So hoffe ich auch, daß sich diese Traditionsli nien einmal fortsetzen werden. Dr. STEFAN POPPITZ KMU-Geschichtsstudenten besuchten Kölner Historiker D er Kölner Historiker Leo Haupts muß wohl stolz auf seine Heimatstadt sein. Und Leute aus der DDR, müssen ihn in teressieren. Weshalb sonst hätte er bereits im Herbst des vergangenen Jahres den Entschluß gefaßt, eine Gruppe Leipziger Geschichtsstuden ten um Professor H. Zwahr zu sich einzuladen? Ende April war es dann soweit: Wir fuhren an die Stadt am Rhein. Wenn es stimmt, daß in der Ver gangenheit DDR-Bürger ihre Be suche im Ausland mit Äußerungen zwischen: „Nichts gab’s zu kaufen.“ und „Alles gab’s zu kaufen.“ re sümierten, dann sind wir bereits keine richtigen DDR-Bürger mehr. Köln ist eine faszinierende Stadt. Dem historisch Interessierten lachte beim Anblick der meisterlich re staurierten romanischen Kirchen das Herz im Leibe. Überhaupt be eindruckte uns der gute bauliche Zu stand nahezu aller Gebäude. Nicht zuletzt darauf ist wohl der Stolz der Kölner auf ihre Stadt zurückzufüh ren. Stolz ohne Nationalismus, Zu friedenheit ohne Apologie — das war es, worauf ‘wir trafen. Die schnell gewonnene Erkenntnis, das ren parteipolitischer Querelen als in der Durchsetzung allgemeiner sozia- ler Interessen. Auch scheinen mir Formen kollektiven Studiums der in dividualisierten, zur Anonymisie rung des einzelnen tendierenden Form, wie sie etwa an der Uni zu Köln praktiziert wird, in einer Reihe von Fragen überlegen zu sein. Neben dem Kennenlernen von Land und Leuten diente unser Be such auch — wenngleich nicht in er- ’ ster Linie — dem Kennenlernen der Lehr- und Arbeitsinhalte der Köl ner. Die spannende deutsche Ge genwart erhöht das Interesse an der deutschen Geschichte, vor allem der nach dem zweiten Weltkrieg. So ent wickelten sich im Anschluß an kurze Vorträge Kölner Doktoranden lebhaft geführte Diskussionen. Beim Abschied war es ausge machte Sache, daß wir unsere rüh- nen zur Verfügung, bei denen beide rigen Gastgeber zu einem — voraus- Seiten nicht nur satt, sondern auch sichtlich im November stattfinden klüger wurden. Eine wichtige Er- den — Gegenbesuch erwarten. Die kenntnis bestand wohl darin, daß Maßstäbe dafür sind hoch, denn un- an unserer Universität gute Voraus- sere fünf Tage haben wir so Ver setzungen für eine demokratischere bracht, daß wir, wenn man uns und effektivere Form von For- fragte, wo wir gewesen seien, nicht schung, Studium und Lehre als an antworten müßten: „Dreimal bei der Uni zu Köln bestehen. So üben Hertie und dann auch mal im sich die dortigen studentischen In- Dom.“, sondern eben: „In Köln!“ teressenvertreter lieber im Kopie- ROBERT NIEMANN Von der Pleiße an den Rhein Land, Leute und Lehre an der Uni kennengelernt eigene Land politisch nicht repräsen tativ zu verkörpern, beförderte die Sympathie der Studenten füreinan der. An drei Abenden stellten Profes sor Haupts und seine Gattin ihr Haus zu ausgiebigen- Mahlzeiten und ebenso ausgiebigen Diskussio- Die ehernen Grundsätze der hohen Kunst der Diplomatie E reignisse von entscheidender Bedeutung, wie vor allem der rasant einsetzende deutsche Vereinigungsprozeß, der Zu sammenbruch stalinistischer Herrschaftsstrukturen in Ost europa, das Dahinsiechen des Warschauer Vertrages, das all mähliche Absterben der DDR- Staatlichkeit und die starken Un abhängigkeitsbestrebungen der baltischen Republiken werfen Fragen nach den üblichen Grund sätzen der hohen Diplomatie auf, die zur Problemlösung führen können. Gestützt auf Denklelstungen fast mit Ewigkeitswert des Abendlandes (Aristoteles. Ma chiavelli, Talleyrand, Metter nich, Tocqueville, Nicolson), sol len hier, auch etwas im Sinne der inzwischen viel strapazierten Universitats litterarum, einige Grundsätze der hohen diploma tischen Schule skizzenhaft vor gestellt werden. Zugleich sollen einige Hintergründe ein bißchen erhellt werden. 1. In den internationalen Be ziehungen geht es um Interessen (Hegel, „Interessen bestimmen das Handeln der Völker“), d. h. letzten Endes um den eigenen Vorteil („sympheron“ „utilis“). Es gilt unerbittlich der Grund satz „Proximus sum egomet mihi“ („Jeder ist sich selbst der Nächste“). Auch wenn die Staa ten offiziell etwas anderes de klarieren, wie z. B. Solidarität. Brüderlichkeit und „commune bonum“ („Gemeinwahl“), über schattet der utilitaristische Grundgedanke alles. Starke Staaten handeln und setzen ihre egoistischen Machtin teressen ohne Hemmungen durch. Den schwachen und klei nen Staaten hingegen bleibt nichts anderes übrig, als sieh auf Moral und Gerechtigkeit zu beru fen. Sobald sie jedoch mächtig geworden sind, vermeiden sie, derartige Begriffe zu verwenden. Mitte („meson“, „aurea medio- critas“, „Goldene Mitte“). Hier bei handelt es sich um die An wendung des aristotelischen me- sotes-Prinzips in der Diplomatie. Dieses Prinzip wird im Baltikum von Estland, jedoch bis jetzt nicht von Litauen beachtet. Die „Goldene Mitte“ kann nicht nur ein Entweder/Oder, sondern eher durch ein Sowohl/ Als auch (sehr bekannt im Kon fuzianismus und im Schintois mus) erreicht werden. Die über- stürzte und extreme Anwendung des Entweder/Oder z. B. bei der Durchsetzung durchaus berech tigter nationaler Interessen kann neues Unrecht verursachen. Dann würde der Grundsatz ein spielen: „Summum ins sum- mainiuria“ („Höchstes Recht ist höchstes Unrecht“). 3. Verhandlungen müssen auf der Basis der Freiwilligkeit und der Gleichberechtigung geführt werden. Letzteres wäre hinsicht- I ch der zu erwartenden kom plizierten Verhandlungen DDRZ ERD zu wünschen. Kommen Ver träge nicht völkerrechtsgemäß zustande, dann sind sie ex tune 'schon damals) bzw. ab initio (von Anfang an) rechtsungültig, d h. nichtig. Auf sie wird das Rechtsprinzip pacta servanda sunt (Verträge sind einzuhalten) nicht angewandt. Werden durch ITnrecht Tatsachen geschaffen, dann hat man das Recht, sie rückgängig zu machen. Im Bal- tikum ist dies der Fall. Hier spielt der uralte Grundsatz des Abendlandes ein: „ex iniuria non oritur ius“ („Aus Unrecht er wächst kein Recht“). Dabei soll ten die Staaten jedoch behutsam vorgehen, denn es gilt auch, das Stabilitätserfordernis zu beach ten. 4. Geht es um sicherheitspoli fisch brisante Fragen (z B Abrü- etung in der Perspektive Abzug der sowjetischen Streitkräfte aus Deutschland:, denken vor allem Nach gegenseitigen Vorwürfen meistens doch noch Einigung UZ bietet interessante Einblicke und Hintergründe zum Thema: Ablauf außenpolitischer Verhandlungen 2. Weil jeder Staat versucht, seine Interessen durchzusetzen, entsteht ein vielschichtiges Inter essenkoordinatensystem (paral lele, übereinstimmende, gemein same, sich kreuzende aber auch konträre Interessen). Die gegen wärtige internationale Rechtsord nung verbietet die Interessen durchsetzung mit den Mitteln der militärischen Gewalt. Des wegen kommt es in der Regel durch gegenseitige Kompromisse zu einem Interessenausgleich. Er erfolgt auch auf der Basis von Leistung und Gegenleistung („do ut des“). In der Verhandlungsdiploma tle sieht es in der Regel fol gendermaßen aus: Zu Beginn der Verhandlungen stellen die Staa ten ein Maximum an Forderun gen, obwohl ihnen von Anfang an klar ist, daß höchstens 60 bis 70 Prozent davon eine Realisie rungschance haben. Kluge Ver handlungsführer haben jedoch mehrere Varianten in petto, die während’ des Verhandlungspro zesses als wichtige Geheimnisse gelten. Dahinterzukommen ist Aufgabe der Geheimdienste. Während des Verhandlungspro- zesses machen die Staaten scheib chenweise Kompromisse und ent fernen sich dadurch von ihren ur sprünglichen Ausgangspositio nen. Kurz vor dem erfolgreichen Ende der Verhandlungen wird die Situation künstlich ange heizt. Die Massenmedien werden eingeschaltet. Die gegenseitigen Vorwürfe häufen sich Dies ist im allgemeinen ein Zeichen da für, daß es nur um einige, jedoch um die entscheidenden Fragen geht. Meistens erfolgt danach doch die Einigung. Kurz nach der Unterzeichnung der fertigge stellten Dokumente geben die Re gierungsvertreter je nach Be deutung des eigenen Staates Er klärungen ab. Die Vertreter einer Großmacht sprechen von einem „Sieg der Vernunft“. Die Vertreter kleiner Staaten hinge gen unterstreichen mit zur Schau getragenem Selbstbewußt sein ihren „glänzenden“ diploma tischen Sieg. Die Verhandlungs partner treffen sich also in der die Großmächte in den Katego rien des Gleichgewichts, zumal die Schal fune kollektiver Sicher- beitsstrukturen gegenwärtig eine r-gelrechte Chimäre sind. Ge- ade im Kontext des deutschen Wiedervereinigungsprozesses wird der Gedanke des Gleichge wichts (isoropia, equilibrium, ba- tance du pouvoir, balance of po- wer) eine Renaissance erleben. Die in Europa zwischen dem 16. und Anfang des 20. Jahrhunderts übliche europäische Gleichge wichtspolitik („iustum potentiae equilibrium europaeum") wird also wieder aktuell. 5. Als gleichberechtigter Ver handlungspartner wird nur jener Staat akzeptiert de, Selbstach tung und Selbstbewußtsein be sitzt. Sonst ist er um es salopp zu formulieren, verraten und ver kauft. Sind die entsprechenden Dokumente . bereits unterschrie ben worden, dann ist es in der Regel zu spät, die Interessen des eigenen Volkes konsequent wahr zunehmen. Genau dies sollte bei der Realisierung des Vereini gungsprozesses vermieden wer den. Es ist u. a. ein Gebot der Selbstachtung und auch des ge sunden Menschenverstandes, daß zuerst ein Staatsvertrag bzw. eine Staatsakte zwischen den bei den deutschen Staaten abge schlossen wird. Darin können genau die Bedingungen festgelegt werden, um dann Art. 23 (1. Schritt) und Art. 146 (2. Schritt) des BRD-Grundgesetzes, natür lich mit wesentlichen Ergänzun gen. anzuwenden. 6. Wei’ das Selbstbestimmungs recht eines Volkes in der Regel über die Souveränität seines Staates realisiert wird, muß der verhandlungsführende Staat das Selbstbestimmungsrecht achten. Tut er das nicht, dann wird er mit dem Satz „Vox populi vox dei" („Stimme des Volkes Stimme des Gottes“) sogar im Sinne des „iuris resistendi" („Wi derstandsrecht“) konfrontiert. Doz. Dr. sc. PANOS TERZ, Institut für internationale Studien
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