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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1990
- Erscheinungsdatum
- 1990
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-199000007
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19900000
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- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19900000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
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Zeitschrift
Universitätszeitung
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Band
Band 1990
-
- Ausgabe Nr. 1, 12.01.1990 1
- Ausgabe Nr. 2, 19.01.1999 1
- Ausgabe Nr. 3, 26.01.1990 1
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- Ausgabe Nr. 7, 26.02.1990 1
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Vierter Brecht-Abend von Ekkehard Schall und Karl-Heinz Nehring - Dienstags in der 19 Schall und Rauch Ist, wer heute zu Brecht geht, ignorant oder ein Zyniker? Optimist, wer da meint, nichts von beidem. Irgendwann, vor geraumer Zeit (längst ist die Zeitrechnung aus den Fugen), starrte ich Guru Schall aus der ersten Reihe Parkett direkt ins Gesicht: Zweiter Brechtabend. Da mals, ich erinnere statt der Texte nur Gesten und Mimik, kam un ausweichlich eine knisternde Span nung ins Publikum, die das explo sive Gemisch aus Sprache und Spiel jeden Moment zu entzünden drohte. Schall schwang die Lunte und dem Zuschauer schauderte. Vorbei. Der große Knall ist gesche hen, der Schuß ging nach hinten los. Uns bleiben — Schall und Rauch. Und Sprüche. Die hat man in eine Programmfolge gebracht mit dem Titel: „Lauter Leute oder Jetzt reicht’s aber“. Untertitel: B. B. ist ganz anders anders. Gedichte aus den Jahren 1918—1956, mehr oder minder zerhackstückt, stießen schroff oder sanft aufeinander, ge stülpt unter die evolutio-poetische Glocke von Anfang und Ende der Welt. Wer es nicht wußte, erfährt: Um das Jahr 1926 hat Brecht offen bar nichts so bewegt wie der Alltag der Primaten, Troglodyten und Neandertaler. Deren Abstieg zum Menschen darf — nach Brecht — als Konsequenz wölfischer Regulative und verhinderter seelischer wie se ¬ xueller Notdurft gedeutet werden. Die Demontage schütterer Werte fin det im Alltag statt, und nicht nur die „Lottergespräche“ bewiesen, wie tief B. in selbigem steckte, wie er dessen Facetten durchlebte. Er selbst: „Wen immer ihr sucht, ich bin es nicht“. (1921) Nach seiner „Ruhepause“ (vier Volkslieder in freier Interpretation) spielte Schall ein „Streitgespräch“ oder: Sprüche, nichts als Sprüche zwischen „Agitator“ und „Arbeiter“ mittels Brechtscher Verse aus der Zeit nach 33. Zu Stalin (Nachlesen empfohlen): „Der Zar hat mit ihnen gesprochen“ (1956) sowie „Ist das Volk unfehlbar“, ein Totengesang auf den Freund Tretjakow, 1938 standrechtlich erschossen. Zeitlos, wie wir erfahren haben, die Verse aus „Die da wegkönnen“ (um 1933) und aus dem „Herrnbur- ger Bericht“ (1951). Fragen an all jene, die da meinten, ein Staat könne sich gesundbluten und der ge sunde Organismus sei zum „Siegen“ prädistiniert. „Vergiß nicht: Dies sind die Jahre, wo es gilt, nicht zu siegen, sondern Niederlagen zu erfechten.“ (1932...) Es ist der junge Brecht, der sagt: „Die wirklichen Kämpfe finden in der Nähe des Todes statt.“ Längst ist der Tod nicht mehr nur eine pri vate Geschichte. Das ,Geschlecht von Atom und Wissenschaft’ knüpft die zierlichsten Distichen für den eigenen Abgesang. Unter dem Ein druck von Hiroshima schreibt B.: „Das Ende der Welt liegt im Be reich des Möglichen. Aber was die Menschen angeht, würden sie dar auf stolz sein, — wenn sie noch leb ten.“ Aber was denn: „Noch leben wir!“ Und der Zeit, die uns bleibt, ist egal, wie wir. sie füllen. Clowne rien? Halsbrecherische Kopf- Sprünge? „Na wenn schon.“ Was schmerzt mich fremdes Leid ... Er tragen also? Und Zuschauen? Und dann eines Tages einen gewichtigen Satz sagen wie diesen: „Und um mich altert meine ganze Welt.“ (Brecht ’55) Das sind mir, zugegeben Worte von der Art, die doch entschädigen für ein Geklingel von Sprüchen, das sich haltlos über den ergießt, der vergißt, daß auch ein Brecht-Abend seine Mannen nähren muß. Anders läßt sich die Dauer des Programms (fast 2 Std.) kaum rechtfertigen, auch wenn die „Erwärmung“ des Publikums erst spät eintritt. Die eher unterkühlte musikalische Ge staltung setzte m. E. keine nennens- weilen Akzente. Letztlich also: Kein Knistern. Das ist Vergangen heit. Schall sagt, was von Brecht man schon immer ahnte, aber nie nachzulesen „wagte“, und das Pu blikum quittiert’s erfreut oder ver dutzt. Das Leben, ansonsten, geht wei ter ... FRANK-THOMAS SUPPE Töne aus alten Zeiten Herr Dozent Dr. sc. Günter < Fleischhauer (Martin-Luther- Universität Halle) hält am 17. Mai 1990, 18 Uhr, im Fach bereich Musikwissenschaft/ Musikerziehung der KMU, Tieckstr. 4, eine Gastvorle sung mit Bildbeispielen zum Thema „Musik der Etrusker“. Interessenten sind herzlich eingeladen. Bilder aus fernen Welten Am Mittwoch, dem 23. Mai 1990, findet um 19.30 Uhr im Hörsaal 12 ein Dia-Vortrag über Indien statt. ' Fotos aus der Partnerstadt HANNOVER-KLICK Galerie der KMU (Hörsaal komplex) 24. 4. - 21. 5. 1990 Zu einer Fotoaktion hatte die Stadt Hannover (unter Schirmherrschaft von OBM Schmalstieg), der Oberstadt direktor und die Volkshoch schule aufgerufen. Das SHOW-Programm zeigten Leningrader Schauspielstudenten vom Kulturinsti tut in der Moritzbastei am Vorabend des 1. Mai und - wurden mit viel Beifall auf genommen. Außerdem im Gepäck der Mimen-Eleven: Tschechows „Drei Schwestern", die sie unter anderem auch zweimal im Ernst-Beyer-Haus vorführten. Fotos (2): WILL Verbotene Liebe ». .. Dieser Fall, der drei Gerichte beschäftigte, entwickelte sich gleich sam von selbst. Als Barbara einge schult wurde, zählte Georg bereits zwölf Jahre. Dank seiner Erziehung durch die Eltern und einsichtsvolle Lehrer, vor allem aber dank seiner Veranlagung würde er dem Dunst kreis des Dorfes entwachsen, viel leicht einmal studieren..." — Was Helmut H. Schulz eingangs seiner Erzählung nüchtern berichtet, nimmt noch unerhörten Verlauf. Am Ende fataler Entwicklung steht Georg vor Gericht; angeklagt, Bar bara „mehrfach und fortgesetzt se xuell mißbraucht zu haben“. Die Kinder aus miteinander ver feindeten Elternhäusern sind von klein auf zusammen, spielen in von karger Schönheit geprägter Land schaft, haben den selben Schulweg. Das frühreife Mädchen sucht beizei ten körperliche Nähe des Jungen. Seit sie einen Badeunfall simulierte und sich von Georg retten ließ, wurde auch der Ort aufmerksam. Noch gelingt es freilich, intime Kon ¬ takte, die ihnen selbstverständlich sind, vor den anderen zu verbergen. Das Verhältnis. speziell der Väter bessert sich indessen nicht. Aus un sinnigen politischen wie materiellen Gegensätzen heraus sinnt Barbaras Vater fortgesetzt auf Rache, „Irgend wann krieg ich den klein“. Georgs Rettungstat befördert das Ansinnen der Pädagogen, ihn mit dem Prädi kat „Ausgezeichnet“ zur EOS zu de legieren. Auf einem Fahnenappell wird sein Name ins Ehrenbuch der Schule eingetragen. Barbara hinge gen ist bereit, auf derlei Ehren zu verzichten; vielmehr möchte sie die Schule vorzeitig verlassen und dem Geliebten in die Stadt folgen. Ge meinsamer Hort ist ein verfallendes Haus außerhalb des Ortes. Während Georg schließlich die Wochentage im Internat der EOS verbringt, fin det das Mädchen in der Klassenleh rerin eine Vertraute. Ein Schul freund warnt Georg ob der Unge setzlichkeit seiner Beziehung zu einer Minderjährigen. Tragischer Verlauf setzt ein in der Nacht nach DEFA, 1989 Buch und Regie Helmut Dziuba der Jugendweihe Barbaras. Deren Brüder zerstören nächtliche Zwei samkeit und holen das Mädchen nach Hause. Der Vater sieht endlich die langersehnte Gelegenheit für ge kommen. Durch Schläge versucht er, ein Geständnis zu erpressen. Seine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft zwingt auch die Schule zu reagie ren. Der Direktor wünscht „Zeichen (zu) setzen, ein für allemal“. Auf einer eilig einberufenen FDJ- Versammlung wird der Name des ehemaligen Schülers Georg Kalisch aus dem Ehrenbuch gestrichen. Ein zig die Lehrerin benennt Versäum nisse: „Das Lernen bringen wir ih nen bei und wie sie denken müssen. Aber über die Liebe reden wir nicht. Und über den Tod.“ Peini gende offizielle strafrechtliche Ver folgung besonders des Mädchens fin det im Dorf Fortsetzung. Eine Mo torradclique schreckt Barbara auf, man versucht, sie zu vergewaltigen und steckt ihre Zufluchtsstätte in Brand. Plötzlicher Gesinnungs wandel bringt die Mitschüler dazu, sich solidarisch zu erklären. Die Lehrerin geht ihren Weg mit Kon sequenz weiter. Ein Disziplinarver fahren „wegen Verletzung der Mel depflicht“ nimmt sie als Herausfor derung entgegen. Barbara ist nicht bereit, vor Gericht ihre Liebe zu wi derrufen. Das Urteil wird ausge ¬ spart. Am Ende der Erzählung muß Georg eine Haftstraße von achtzehn Monaten verbüßen. Durch Helmut Dziuba wurde die in der Erzählung etwa um 1960 spielende Handlung in die Gegen wart verlagert. Dies macht sie wohl besonders für jugendliche Zu schauer annehmbar. Zudem wurde sie offen für das Einbringen aktuel ler Problematik. Der Film verweist auf die epo chenübergreifende Existenz huma ner Konstellationen wie Liebe und Haß, Glück und Einsamkeit. Deut lich. wird, daß private Schicksale nicht notwendig propagierter erfolg reicher Entwicklung der Gesell schaft folgen müssen. Auffällig ist der Umgang mit sinn entleerten Zeichen, die gerade die überwundene geschichtliche Etappe prägten. Da werden Dialoge mit Worthülsen gebaut; lächerliche Ri tuale, Versammlungen und Appelle, sind in das Geschehen aufgenom- men. In diesem Zusammenhang ge rät, was filmisch selten genug ge schah, verfehlte Bildungspolitik in die Kritik. Nicht nur die Filmhel den, erst recht die Zuschauer, sind kaum noch in der Lage, Vergangen heit anders denn als Heroenge schichte aufzunehmen. Gegenteilige Versuche werden mittlerweile ab gelehnt. Dziuba scheut sich nicht, die Zuschauer mit meist verschwie genen Grausamkeiten des Alltags zu konfrontieren. Besonders in einer dreistufigen Gradation, die die Fi gur der Barbara durchläuft, wird dies deutlich: Da sind die Schläge des Vaters, die gerichtlich verord nete medizinische Untersuchung (wo Instrumente plötzlich zu Fol terwerkzeugen werden) und zuletzt die versuchte Vergewaltigung. Auf fällig für einen hiesigen Film ist die stimmige Farbwirkung sowie sen sible Kameraführung, die das Ge schehen' zumeist aus dem Blickwin kel des Mädchens darbietet. Die ju gendlichen Darsteller Julia Brend ler und Hans-Peter Dahn wußten sich zu behaupten, etwa neben Gu drun Ritter, Karin Gregorek, Peter Sodann, Dietrich Körner und Gert Gütschow. HANS-PETER LAUSCHKE Foto: DEFA/PUFAHL Altmeister früher Kulturen Zum 100. Geburtstag von B. Landsberger Benno Landsberger, einer der innovativsten Altorientalisten und Semitisten unseres Jahr hunderts, wurde am 21. April 1890 im damals österreichisch schlesischen Friedeck (heute Frydek-Mistek, CSFR) geboren. Nach dem Abitur und nach einem Semester an der Universi tät Prag zog es ihn im Herbst 1908 nach Leipzig. Hier, an dem erst 1900 gegründeten Semitisti- schen Institut, das unter Leitung ds Assyriologen und Religions historikers Heinrich Zimmern und des Arabisten August Fi scher rasch einen bedeutenden internationalen Ruf erworben hatte, widmete er sich dem Stu dium der semitischen Sprachen und speziell der Assyriologie. Seine überragenden Fähigkei ten, sein Scharfsinn, seine Fin digkeit und sein Gedankenreich tum (A. Fischer) wurde frühzei tig von seinen akademischen Leh rern erkannt und gefördert. Noch vor seiner Promotion (Ja nuar 1915) erhielt Landsberger im Jahre 1914 eine Anstellung als „wissenschaftlicher Hilfsar beiter“ am damals neugegründe ten Staatlichen Forschungsinsti tut für Orientalistik der Univer sität Leipzig. Aus dem ersten Weltkrieg heimgekehrt, habili tierte er sich 1920 an der Leipzi ger Universität und wurde 1926 zum außerordentlichen Professor ernannt. Heute kaum noch vorstellbar, bestanden damals am Semitisti- sehen Institut geradezu einzigar tige Bedingungen für ein umfas sendes Studium der Schriften, Sprachen, Literaturen und Kul turen des alten Vorderasiens, wa ren doch durch fünf Professoren — außer Heinrich Zimmern und Benno Landsberger noch Franz Heinrich Weissbach, Paul Ko- schäker und Johannes Friedrich — praktisch alle relevanten Fach gebiete hier vertreten: neben der Assyriologie (Sumerologie und Akkadistik) insbesondere die He thitologie, die Altiranistik sowie die Geschichte, die Rechts- und die Religionsgeschichte des alten Vorderasien. Daß als unabding bare Grundlage dafür auch eine gute Fachbibliothek existierte, bedarf kaum der ausdrücklichen Erwähnung. Wenn man schließ lich noch hinzunimmt, daß nach einem zeitgenössischen briefli chen Zeugnis Landsbergers in diesem Kreis eine „einzigartige Zusammenarbeit mit Kollegen und Schülern“ bestand, wird ver ständlich, warum Landsberger, der 1928 eine Berufung an die Universität Marburg angenom men hatte, bereits im Jahre dar auf hocherfreut zurückkehrte, um die Nachfolge seines Lehrers Heinrich Zimmern auf dem as- syriologischen Lehrstuhl am Leipziger Semitistischen Institut anzutreten. Den Eindruck, den Landsberger damals auf den Stu denten einer Nachbardisziplin machte, schildert anschaulich der Arabist Werner Caskel, der seit 1920 in Leipzig studierte: „Die Insassen des Semitistischen Instituts standen unter dem Ein fluß des genialen Assyriologen Benno Landsberger. Ein schwe rer Riese, ganz unsentimental, von sprühender Lebenslust und von drastischem Witz. Nach dem Essen pflegte er im Grünen Baum mit dem Arabisten Bräun lich und einem Dritten Skat zu spielen., Am Sonntag . ging er — nicht allein — zum Rennen. Zu weilen sah man ihn die schwarze Tafel eilends mit Ziffern be decken, und man wußte dann nicht recht, ob es die Maße der Arche des babylonischen Noah waren oder die Tips für das näch ste Rennen. Sonst lebte er ganz in seiner Wissenschaft...“. Einer seiner bekanntesten Schüler, Wolfram von Soden, er innert sich: „Die große Anzie hungskraft, die Benno Lands berger schon vor seiner Beru fung zum Ordinarius ausübte,..., hatte ihre Gründe vor allem in seiner ungewöhn lichen Vielseitigkeit und in der Faszination, die von seiner Dar stellung sprachlicher Phänomene und seiner Interpretation akkad- scher und sumerischer Texte aus ging. Wie interessant grammati sche Studien sein können, die stets auf der Beobachtung des Sprachgebrauchs basierten, dabei aber die Sprachverglei chung intensiv einbezogen, aas haben wir alle, die wir damals bei ihm lernen durften, erst dort erfahren. Landsbergers wissenschaftli chen Ruf und den seiner „Leip ziger Schule der Assyriologie“ be gründeten in den 20er Jahren seine zahlreichen bahnbrechen den Erkenntnisse, Anregungen und Theorien zur akkadischen Sprache und vergleichenden Se mitistik. Dazu gehören die Be stimmung der Funktion des akka dischen Ventivs, seine „Tempus- lehre“, die Erkenntnis der semi tischen Wortklasseneinteilung und der Bedeutungsklassen beim semitischen Verbum. Vieles da von hat Landsberger niemals selbst schriftlich ausgearbeitet, sondern nur in seinen Lehrver anstaltungen, die häufig von Kol legen, auch benachbarter Fach richtungen, besucht wurden, wei tergegeben oder in Arbeiten von Schülern und Kollegen einflie ßen lassen. Die keilschriftphilologischen und sprachwissenschaftlichen Forschungen waren Landsberger nicht Selbstzweck, sondern dien ten dem erklärten Ziel, die Struk turen und Eigenarten der betref fenden frühen Kulturen zu er forschen. In seiner programma tischen Leipziger Antrittsvorle sung . stellt er einleitend die Frage,’ „wieweit es mit den Mit teln der Philologie möglich sei, eine alte, fremde Kultur, ohne die Stütze einer bis auf den heu tigen Tag fortdauernden Tradi tion, lebendig und treu wieder herzustellen“. In bewußter Ab grenzung von der platt-evolu tionistischen Betrachtungsweise der Panbabylonisten und den „seichten Typologien des Kul turvergleichers“ lehnte es Lands berger grundsätzlich ab, ge schichtsphilosophische Theorien einer unbekannten alten Kultur gegenüber als Forschungsme thode anzuwenden, da sie „unser Blickfeld im vornherein einen gen“. Sie haben allerdings „a posteriori Berechtigung, wenn sie einem wohldurchforschten Stoffe gegenüber in Anwendung kommen“. Die Erforschung frü her Kulturen müsse primär heuristisch erfolgen und zum Ziel haben, deren „Eigengesetz lichkeiten“ herauszuarbeiten. Dabei bedarf der Philologe not wendigerweise der Anregung und Kooperation mit Kollegen anderer Fachgebiete. Landsber ger hat derartige interdiszipli näre Zusammenarbeit immer wieder gesucht und mit Erfolg praktiziert, während seiner Leip ziger Zeit insbesondere mit dem Rechtshistoriker Paul Koscha- ker. Zahlreiche wirtschafts- und rechtshistorische Untersuchun gen sowie die in Zusammenar beit mit dem Zoologen I. Krum biegel entstandene „Fauna des al ten Mesopotamien“ bezeugen dies. Nach dem Machtantritt des Fa schismus in Deutschland war Landsberger als „Frontkämpfer“ im ersten Weltkrieg anfangs noch vor Entlassung geschützt, doch bereits im Frühjahr 1935 wurde ihm, zusammen mit ande ren Hochschullehrern jüdischer Abstammung, die Lehrbefugnis entzogen. Einzelne tapfere Ver suche durch seine ausländischen Studenten und einige Kollegen in der Philosophischen Fakultät, die rassistische Willkürmaß nahme abzuwenden, blieben er folglos. Landsberger war gezwun gen, ins Ausland zu emigrieren. An der neugegründeten Univer sität in Ankara fand er eine in teressierte Wirkungsstätte und einen größeren Schülerkreis, ohne jedoch dort wirklich hei misch zu werden. 1947 hat er da her ernsthaft erwögen, einer Be rufung an die Universität Berlin und die dortige Akademie trotz intensiven Abratens von Freun den und Kollegen Folge zu lei sten, sich dann Anfang 1948 je doch für eine Tätigkeit am be rühmten Oriental Institute der Universität Chicago entschieden. Das ermöglichte ihm, seine 1930 im Auftrag dieser Institution be triebenen Studien zur sume rischen und akkadischen Le xikographie und die Edition sei nes Hauptwerkes, der „Materia lien zum sumerischen Lexikon“ fortzusetzen'und am großen „Chi cago Assyrian Dictionary“ un mittelbar mitzuarbeiten. Am 26. April 1968 ist der ver ehrte „Altmeister“ an einem Krebsleiden in Chicago verstor ben. Dr MANFRED MÜLLER Sektion ANW
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