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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1988
- Erscheinungsdatum
- 1988
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-198800001
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19880000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19880000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise mit vorlagebedingtem Textverlust
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 1988
-
- Ausgabe Nr. 1, 08.01.1988 1
- Ausgabe Nr. 2, 15.01.1988 1
- Ausgabe Nr. 3, 22.01.1988 1
- Ausgabe Nr. 4, 29.01.1988 1
- Ausgabe Nr. 5, 05.02.1988 1
- Ausgabe Nr. [6], 12.02.1988 1
- Ausgabe Nr. 7, 19.02.1988 1
- Ausgabe Nr. 8, 26.02.1988 1
- Ausgabe Nr. 9, 04.03.1988 1
- Ausgabe Nr. 10, 11.03.1988 1
- Ausgabe Nr. 11, 18.03.1988 1
- Ausgabe Nr. 12, 25.03.1988 1
- Ausgabe Nr. 13, 04.04.1988 1
- Ausgabe Nr. 14, 08.04.1988 1
- Ausgabe Nr. 15, 15.04.1988 1
- Ausgabe Nr. 16, 22.04.1988 1
- Ausgabe Nr. 17, 29.04.1988 1
- Ausgabe Nr. 18, 06.05.1988 1
- Ausgabe Nr. 19, 13.05.1988 1
- Ausgabe Nr. 20, 20.05.1988 1
- Ausgabe Nr. 21, 27.05.1988 1
- Ausgabe Nr. 22, 03.06.1988 1
- Ausgabe Nr. 23, 10.06.1988 1
- Ausgabe Nr. 24, 17.06.1988 1
- Ausgabe Nr. 25, 24.06.1988 1
- Ausgabe Nr. 26, 01.07.1988 1
- Ausgabe Nr. 27, 08.07.1988 1
- Ausgabe Nr. 28, 15.07.1988 1
- Ausgabe Nr. 29, 22.07.1988 1
- Ausgabe Nr. 30, 29.07.1988 1
- Ausgabe Nr. 31, 02.09.1988 1
- Ausgabe Nr. 32, 09.09.1988 1
- Ausgabe Nr. 33, 16.09.1988 1
- Ausgabe Nr. 34, 23.09.1988 1
- Ausgabe Nr. 35, 30.09.1988 1
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- Ausgabe Nr. 37, 14.10.1988 1
- Ausgabe Nr. 38, 21.10.1988 1
- Ausgabe Nr. 39, 28.10.1988 1
- Ausgabe Nr. 40, 04.11.1988 1
- Ausgabe Nr. 41, 11.11.1988 1
- Ausgabe Nr. 42, 18.11.1988 1
- Ausgabe Nr. 43, 25.11.1988 1
- Ausgabe Nr. 44, 02.12.1988 1
- Ausgabe Nr. 45, 09.12.1988 1
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Band 1988
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ine alberne Frage!? ^erstehen uns auch insere Enkel noch ? Bleib mal ganz cool alter Junge, ich bin’s auch. Da ver dient also seit gestern ’n Neuer seine Brötchen in unse- 'er Truppe. Und jetzt kommt die Wahnsinns-Story: Läßt mir der Typ zum Frühstück doch das Foto von seiner Kir- iche rüberwachsen. Ich denk’ mein Frosch kriegt Haare!! Mit der Torte bin ich in meinen besten Penne-Jahren los- gezogen. Naja . .., die Aktion ging damals voll um die Ecke. Was sich die Tussis so alles traun - da knallste glatt die Hufe an die Decke. Ihre letzten Worte zu meiner Werten Person: „Mach’n Kopp zu und pfeif ab!" Da war nqtürlich Ebbe bei mir. Soll der Wahnsinnshugo mal se- hen, wie er mit der Schnecke klarkommt. Scheint übri- 9ens ’n übelster Kunde zu sein ... • Muß der Wort* schätz für alle gleich sein? ® Neue Begriffe - Generations probleme? • (Eigenwilliges Sprachverhalten - Auswuchs eines neuen Zeitalters? • Wie sollten Eltern auf die Sprüche ihrer heranwach senden Kinder reagieren? • Wie sah's zu Omas Jugendzeiten aus? tt über 13 Jahren beschäftigen sich mit der Jugendsprache. ' halten Sie von dem von uns diesem Bereich ausgewählten 5? । 8 lege meine Hand dafür ins . 3, daß dieser Text nie so gespro- 2 Worden ist. Er enthält zwar ! Vielzahl von Wörtern und Verbindungen, die Jugendliche . Bauchen, nach meiner Erfahrung ' für die Kürze des Textes aber Se zuviel. So spricht kein Ju- “icher. Qe Bitte an Sie: Wenn wir im Sren Verlauf der Einfachheit Ber den Begriff „ Jugendsprache" Benden, so müssen wir uns dar- &im klaren sein, daß es sich in Slichkeit um ein jugendspezifi- ■ 8 Sprachverhalten handelt, um eigenes System innerhalb der Schen Standardsprache — ge- • der deutschen Alltagsrede. 2 Sie bitte auch im Blick, daß * Jugendsprache nicht gibt... ‘m ersten: Jawohl wir fingier- Riesen Text mit Hilfe mehrerer Wen, um den Gegenstand Ihrer “t zu verdeutlichen. Zum zwei- deshalb lehnen Sie die Jugend- He ab? i "} es sich in jedem Fall um ein .1 31 bedingtes Sprachverhalten Ht, das nur in sozialen Grup- Auftritt, sich dort ganz unter- ^lich entwickelt und so an die j Nige Gruppe gebunden ist. 1 J. kommt, daß nicht jeder Ju- 'khe über den gleichen Wort- B verfügt. Es sind auch fachli- i nd regionale Varianten zu be- *ten. gibt nach meiner Erfahrung * im „gesetzteren Alter“, die i ler Wortwahl der Jugend nicht ^fanden sind. Wie argumen- "man ihnen gegenüber? Benfrage. Müssen sie denn da- I ^verstanden sein? Die Jugend- ' "he ist eine sehr effektive Form I Verständigung zwischen jungen Shen. Mitunter reichen zwei drei Wörter aus. um eine Si- : °9 umfassend zu charakterisie- . 'n der Alltagsrede brauchte 1 dafür mehrere Sätze. „Ich bin ' hBicht voll drauf“, sagt dem Ju- ichen alles. Wir würden ver- X detailliert zu beschreiben, 3 wir uns nicht wohl fühlen. “hs nicht gelungen ist usw. 2ürlich muß die Jugendsprache ' 2 Gruppe bleiben Anderenfalls ' •t die Gefahr, daß der „Un- T'eihte“ den Sprachcode der CPe nicht oder falsch versteht, i'nd ein Jugendlicher, dem et- ,Schiefgegangen ist, die Anrede 5 Gruppe „Na, du blindes gelassen hinnimmt, ‘ 4 die gleiche Begrüßung bei ' iDenfremden höchstwahrschein- s Beleidigung aufgefaßt Zu- ' r übrigens. Aus diesem Grunde s ein Jugendlicher genau über- ' wie er wo spricht. ... mein Hamster bohnert I - Warum sprechen manche anders ? Interview in Sachen Sprache und Probleme junger (aber auch älterer) Leute mit Dr. phil. Margot Heinemann von der Sektion Germanistik/Literaturwissenschaft Weshalb dieses „Codieren“. Bietet der vorhandene deutsche Wort schatz mit seinen Vokabeln nicht ausreichend Möglichkeiten, um sich interessant, blumig und originell auszudrücken? Auch wenn Sie das verwundert — für junge Leute reicht er nicht. Ju gendliche haben altersspezifische In teressen, Werte und Ansichten. Die Altersstufe zwischen 14 und 18 (feilschen wir nicht um zwei Jahre!) ist biologisch, psychologisch und sozial ständig konfliktgeladen, auch wenn das mancher Erwach sene nicht sieht oder nicht sehen will. In dieser Zeit beginnt das Selb- ständigwerden, schrittweise muß man eine größere Verantwortung übernehmen — bis hin zur. Verant wortung für neues Leben-Immer be wußter gilt es, .'Rechte und.Pflichten „auszupendeln Schuld'' Lehre, Armee, Arbeit. Studium — Per sönlichkeit entsteht in verschiede nen Kollektiven, in denen auch ver schiedene Sprachnormen herrschen. Wollen Sie damit auf den in west lichen Ländern oft zitierten „Gene rationskonflikt“ hinaus? Auf keinen Fall in dem Sinne, wie er dort gebraucht wird - daß sich jung und alt feindlich gegen überstehen. Ist es aber nicht nor mal, daß:zwischen,Menschen mit un terschiedlichen Erfahrungen, mit un terschiedlichem Wissen, mit unter schiedlicher Erziehung Widersprü che auftreten? Diese Widersprüche sind aber lösbar. Wir haben den ge sellschaftlichen Boden dafür. So sind z. B. junge Leute hierzulande nicht die erbitterten Konkurrenten der Älteren bei der Jagd nach einem Job . .. Wenn ich da aber einzelne Be griffe aus der Sprache unserer Ju gendlichen nehme, so klingen einige nicht so ganz sozialistisch ... Es stimmt, ein Teil der Wörter wird — über Medien wie über per sönliche Kontakte — aus den deutschsprachigen kapitalistischen Ländern übernommen. Das heißt: die Worthülle, meist unbedacht, ohne das Lebensgefühl zu erkennen, aus dem der Begriff erwuchs. Ein Student aus unserer Republik ant wortete mir auf die Frage, wie er so mit seinem Studium vorankomme, lächelnd „no future“. Diese zwei Worte — keine Zukunft — spielen in der Gesellschaft der „jugendlichen Aussteiger“, wie man den Kapitalis mus auch bezeichnet, eine ganz an dere Rolle. Unser Student aber wollte mir mit diesen zwei Worten lediglich verständlich machen: Es geht nicht so recht voran, es klemmt, er sieht zur Zeit kein Land. Oder: Man geht in die Mensa einen „joint“ nehmen; Während das in Ländern mit Drogenszene die un mißverständliche Aufforderung zur Rauschgifteinnahme ist, verbergen sich hier eine Zigarette oder ein nicht allzu gefährlicher Mensa- Kaffee dahinter. Sehen Sie die Jugendsprache 31s einen Auswuchs des modernen Zeit alters? Nein. Jugendsprache wurde in zwischen bis ins 18. Jahrhundert zu rück nachgewiesen. In unterschied lichen Gesellschaftsordnungen spie len darin unterschiedliche, für sie -charakteristische Inhalte eine Rolle. Jugendsprache gehört bei uns zum Alltag, wie z. B. auch die Jugend mode, und ist Ausdruck von Lebens gefühl, von Lebenshaltung — Schwanken oder Überziehen in man chen Situationen, sich zur Schau stellen inbegriffen. Das wurde welt weit recht spät erkannt, so daß die Jugendsprachforschung noch eine recht junge Forschungsrichtung ist. Halten sich diese Wörter und Wendungen länger, als der „Lebens frühling“ andauert? x. Daß dem so ist; läßt sich nicht be streiten. Das hat unterschiedliche Ursachen. Zum ersten gibt es keine starre Grenze zwischen dem Jugend alter und dem Bereich der jungen Erwachsenen. Zweitens übernimmt man einen Teil der Wörter aus sei ner Clique (das ist hier positiv ge meint) mit in die nächste Lebens etappe. Und drittens leben jugend sprachliche Wendungen auch in de nen, die mit Jugendlichen zu tun ha ben. Ich gewöhnte mir — wie andere auch — zum Beispiel dieses „echt“ an. Glaubt man mir eine Aussage nicht gleich, so „drücke“ , ich mit. „echt“ nach: Im Schatten waren we nigstens 40 Grad ... echt! „Glauben Sie mir, ich versichere Ihnen, ich kann es beschwören ..." wäre doch wesentlich umständlicher. Noch einmal zur „Clique“. In wel chem Maße positiv, in welchem ne gativ; Darunter verstehen Jugendliche jene Freizeitgruppe, die sie sich selbst wählen. Nichts gegen eine Klasse, aber dort werden auch Mit glieder sein, mit denen nicht jeder harmoniert. In der Clique hat man als Mitglied das stillschweigende Einverständnis des anderen zu Pro blemen, die jeder dort kennt: Viel leicht das zeitweilige Diskoverbot Ärger wegen der Zensuren, Freude über die erstmals erfolgreich an gewendete Kosmetik usw. Negative Erscheinungen kann es übrigens ge nauso in einer laschen Gemein schaft geben, wie die Clique auch Nestwärme, Verständnis und wich tige Lebenserfahrungen vermitteln kann. Welche Rolle spielen die Medien bei der Verbreitung von Jugendspra che" Jugendsprache ist zum größten Teil gesprochene Sprache. So tragen -zu ihrer Verbreitung in erster Linie Rundfunk und Fernsehen bei. Meiner Meinung nach trifft DT 64 mit seiner neuen Konzeption sehr gut den „Ton“ junger Leute, ohne daß es aufgesetzt oder gezwungen wirkt. Dieser Ton gehört zu jungen Leuten. Wenn im westlichen Wer befernsehen z. B. eine auf extrem jugendlich hingetrimmte Mutter mit dem Wortschatz ihrer Tochter für dies oder jenes wirbt, so erhält das Ganze meist den Anstrich der Lächerlichkeit. Wie sollten Eltern Ihrer Meinung nach auf ihre zu Hause recht jugend sprachtüchtigen Kinder reagieren? Nach Vorträgen passierte es mir mehrfach, daß Eltern zu mir sagten, das sei ja alles gut und schön, aber so sprechen ihre Kinder niemals. Bei einem späteren zufälligen Wie dersehen mußten sie sich revidieren (sie hatten einmal zielgerichteter zugehört). Das bestätigt, daß Eltern mitunter nicht wissen, was ihre Kinder in der Freizeit mit Gleichaltrigen spre chen. Gleichzeitig wird aber deut lich, daß unsere Jugendlichen sehr gut in der Lage sind; sich dem Sprachstil in anderen gesellschaftli chen Bereichen wie auch der Fami lie anzupassen. Die Vorwürfe, daß Jugendliche in ihrer Sprache ver armen, daß sie nur noch Stereotype „drauf“ haben, halte ich für unbe gründet. Man muß die gesamte Sprachentwicklung sehen. Und in dieser stellt die Jugendsprache eine Bereicherung dar. Es stimmt, daß in dieser Phase eine Reihe von Syn- o’ on vorübergehend verschwin det. aber es gibt dafür neues, sehr gut zu verwendendes Vokabular. Laßt der Jugend, was der Jugend ist — würde ich zusammenfassen. Er wachsene sollten nicht versuchen, um sich anzubiedern, die Sprache ih rer Kinder zu übernehmen. Aller dings kann man sie als „Signal“ nut zen. Was verstehen Sie unter einem Si gnal? Ich meine damit, daß man besser in Kontakt mit Jugendlichen kom men kann, wenn man ihnen zeigt, daß man Sprache innerhalb ihrer Gruppe toleriert. Das kann schon durch Verwenden eines einzigen Be griffs aus ihrem Sprachgebrauch ge schehen. Mehr wirkt meist albern. Eine Erfahrung sagt, daß viele Ju gendliche dieses Signal dankbar an nehmen. Außerdem sollte man junge Leute nie ausschließlich da nach beurteilen, wie sie miteinan der sprechen. Wer glaubt, Jugend sprache verbieten zu können, wird Schiffbruch erleiden. Funktionieren solche Signale auch unter Jugendlichen? Jawohl, Jugendliche haben — wenn auch mitunter unbewußt — eine Antenne dafür. Diese Erfah rung machte ich, als ich gemeinsam mit den betreffenden .Mädchen und Jungen Annonce-Texten nachging. Annoncen zum gleichen Inhalt (Wunsch nach gemeinsamem Ur laub), aber mit unterschiedlicher Anrede hatten auch völlig andere Reaktionen der Schreibenden zur Folge. Absender waren in beiden Fällen 20jährige! „Hallo — wer hat Lust zum Fe rientrip“ wurde in der Regel ebenso locker und humorvoll beantwortet. Man wußte einen „Gleichgesinnten“ vor sich. „Suche Bekanntschaft zwecks gemeinsamer schöner Ferien tage“ brachte fast durchgängig die Anrede „Sie“ bzw. „Werter“ und sehr förmliche Schreiben. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann befürworten Sie alle Schöpfungen und Begriffe der Ju gendsprache? ehrliche Argumentation mehr als blinde Entrüstung. Alles entwickelt sich ja — so auch die Sprache. Müssen wir nun Be denken haben, daß wir morgen un sere Enkel nicht mehr verstehen? Sie können ganz beruhigt sein. Auch künftig wird die Jugendspra che nur eine Etappe im Leben eines Menschen darstellen. Auch Thomas Mann hatte sich damit herumzu schlagen. In einer Erzählung von 1925 schreibt er: „Und die Großen verhandeln im Jargon des Kreises, einem Rotwelsch voller Redensart- lichkeit und Übermut, von dem die Greise selten ein Wort verstehen“. Bestimmt können Sie heute mit dem Begriff cafeisch (von Cafe) nicht mehr allzuviel anfangen. Un sere Großeltern drückten in ihrer Jugend damit Ablehnung gegen et was aus. Auch der „Zahn“ als Syn- Dr. Margot Heinemann von der Sek tion Germanistik/Literaturwissenschaft ist Expertin in Sachen Sprachgebrauch der Jugend. In absehbarer Zeit soll ihr Lexikon zur Jugendsprache erscheinen. Foto: Müller Nein, es gibt Begriffe, gegen die wir gemeinsam vorgehen müssen, weil sie sich nicht mit unserer Auf fassung von Moral, von der Ach tung des Menschen vereinbaren las sen. Den Begriff „Spasti“ z. B. (ab geleitet von Spastiker; für einen un geschickten- Jugendlichen) tolerie ren wir nicht! In solchen Fällen steckt meist Sensationshasche da hinter, die gedankenlose Jagd nach einem weiteren neuen „einschlagen den“ Begriff. Nur hat es wenig Er folg, etwas in der Sprache verbieten zu wollen. Man muß darüber spre chen. Und wenn ein Jugendlicher einem Spastiker einmal aus dem Stuhl geholfen hat, die Situation die ses Menschen kennt, wird er von selbst diesen Begriff für sich als „er ledigt“ betrachten. Auch in diesem Fall wirkt saubere, sachliche und onym für Mädchen ist inzwischen veraltet. Ein Beispiel dafür, daß im Sprachschatz der Jugend ein Kom men und Gehen herrscht, daß man ches fast Vergessene wieder ausge graben wird. „Ich denk, mich tritt ein Pferd“ mit all seinen Variatio nen als Ausdruck äußersten Erstau nens (... mich knutscht ein Elsch,... mein Hamster bohnert,... meine Oma geht mit Elvis usw.) hat seinen Ursprung übrigens im Ber liner Stadtdialekt um die Jahrhun dertwende. Das „Fetzen“ der siebzi ger Jahre büßt zur Zeit mehr und mehr an Boden ein. Lassen wir uns also überraschen, was uns die Ju gend künftig an Neuem serviert. (Das Gespräch führte WERNER FRISCH) Eine unscheinbare graue Bro- chüre erhielt auf der Universi- Stsleistungsschau den Preis des Rektors: Der Sammelband „Die Kommunistische Internationale Uber die Presse — Dokumente “nd Materialien 1919 — 1936“. .Elf Studenten des zweiten und Ritten Studienjahres der Sek- Journalistik bildeten in- ythalb des Jugendobjektes „Ge- ' c ^iehte des Journalismus“ ^■ner, FDJ-Zirkel und trugen aus Zeitschriften „Die Kommuni-, “sehe internationale“. „Inter- ^tinnale Pressekorr esvondenz“ '^ie aus Protokollbänden, an- tsren Periodika und Quellenedi- Nnen jenen ansehnlichen Berg q/Aterin1 zusammen der nun. ver- feitet zu besagter honorierter T °schiire, vorliegt. ^er besondere Wert dieser Ar- n stec ^ t zunächst in der Ein- “hgkeit. Ein repräsentativer Überblick über die Auseinander setzungen zu Fragen der Propa ganda, Agitation und speziell der Pressearbeit der Kommunisti schen Internationale hat bislang gefehlt. Gemeinsam mit den bisher an der Sektion erschienenen Stu dienmaterialien „Dokumente der deutschen Arbeiterbewegung zur Journalistik“ und ,JDie proletari sche deutsche Presse. Chronolo gischer Leitfaden 1914—1933“ hellt der neue Band „die wech selseitige Befruchtung von KI- und KPD Pressearbeit auf“, wie Professor Dr. Raue, der Leiter des Lehrstuhls Geschichte des Journalismus in seinen Vorbe merkungen schreibt. Er verweist zwar darauf, daß sich die Her ausgabe des Dokumentenbandes vorrangig an den Erfordernissen der Lehre im Fach Journalis musgeschichte orientiere. Die ge sammelten Materialien dürften jedoch auch das Interesse von Wissenschaftlern und Studenten anderer gesellschaftswissen schaftlicher Disziplinen finden. „Von der Diktatur des Proleta riats muß nicht einfach wie von einer landläufigen eingepaukten Formel gesprochen werden, son- • dem, sie muß propagiert werden, damit ihre Notwendigkeit allen einfachen Arbeitern, Arbeiterin nen, Soldaten oder Bauern aus den Tatsachen des täglichen Le bens, die von unserer Presse sy stematisch notiert und tagaus, tagein betont werden, einleuch tet“. heißt es in den „Bedingun gen zur Aufnahme in die Kom- munisische Internationale“ vor dem 11. Weltkongreß 1920. Die chronologische Gliederung des Bandes macht deutlich, wie sich diese Forderung als roter Faden im Kampf um die richtige Tak tik, um die proletarischen Mas sen und ihre Verbündeten durch alle Perioden der Komintern- Geschichte zieht. Als eine wesentliche Aufgabe, um dies umzusetzen, erwies sich dabei zunächst die Klarstellung des Verhältnisses Partei—Presse. Angefangen von der Forderung des III. Weltkongresses, daß sich jedes kommunistische Organ den Direktiven der Partei unterzuord nen habe, geben die Dokumente Auskunft, wie dieses Konzept im Laufe der Zeit unter ständiger kritischer Bestandsaufnahme be stätigt und präzisiert wurde. Von Interesse dürften auch die zahlreichen Dokumente sein, die sich sehr ausführlich dem Pro blem der Arbeiterkorresponden- ten-Bewegung widmen, die zei gen, wie sehr die Komintern be strebt war, Massen zur öffentli chen politischen Artikulation zu bewegen und zu befähigen. Eines der beeindruckendsten Materialien ist der Aufsatz von Ernst Fischer „Mehr Agitation, mehr Propaganda!“ aus dem Jahre 1936. Seine Forderungen, in der Presse eine klare, ver ständliche Sprache zu sprechen, auf alles zu reagieren und rasch zu reagieren, alle brennenden Fragen zu beantworten, Ver stand und Gefühl gleichermaßen anzusprechen, sind mehr als ein Beleg für die Wurzeln des heuti gen sozialistischen Journalismus. In der Verallgemeinerung des Anliegens sind sowohl dieses als auch viele andere der im Band zusammengestellten Dokumente von einer Bedeutung, die über die Zeit, in der sie entstanden, hinausreicht und dem. heutigen Journalisten nach wie vor sehr gegenwärtig. FRED PILARSK1 Nicht nur Journalisten zu empfehlen Preis des Rektors für Sammelband „Die Kommunistische Internationale über die Presse“
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