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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1981
- Erscheinungsdatum
- 1981
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-198100007
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- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19810000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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-
Zeitschrift
Universitätszeitung
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Band
Band 1981
-
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D er Lehr- und Forschungsbereich Süd- und Ostasien der Sektion Afrika- und Nahostwissenschaf ten veranstaltete kürzlich aus Anlaß des 90. Geburtstages des ehemali gen Ordinarius’ für Sinologie an der Karl-Marx-Universität, Prof. Dr. Eduard Erkes (1891-1958), und als Beitrag zur Würdigung seiner gro ßen wissenschaftlichen Leistungen ein ganztägiges „Eduard-Erkes-Ge denkkolloquium“. Der Einladung des Sektionsdirektors, Prof. Dr. G. Kück, waren die führenden China wissenschaftler und Fachvertreter an grenzender Wissenschaftsdisziplinen der Akademie für Gesellschaftswis senschaften beim ZK der SED, der Sektion Asienwissenschaften der Humboldt-Universität, der Museen Daz. Dr. Eberhard Richter Ehemaliger Ordinarius gewürdigt Eduard-Erkes-Gedenk- Kolloquium an der Sektion ANW für Völkerkunde Dresden und Leip- 219, des Zentralinstituts für Sprach- Wissenschaft der AdW der DDR und fiterer Institutionen gefolgt. Dar- über hinaus nahmen Wissenschaftler Qus der VR China an dem Kolloqui um teil. In Anwesenheit des Sekretärs der SED-Kreisleitung Karl-Marx-Universi- öt Dr. Klaus Rendgen, würdigte Rektor NPT Prof. Dr. Lothar Kathmann in seiner Eröffnungsan- Sprache die Persönlichkeit Eduard Erkes' als vorbildlichen Chinawissen- Wähler und Hochschullehrer, der — r Zeit des Naziregimes von der pipziger Universität verjagt und mit Kede- und Schreibverbot belegt - nAch der Zerschlagung des Faschis- mus durch die ruhmreiche Sowjet- Armee und der Gründung der DDR maßgeblichen Anteil an der Aus- Prägung der sozialistischen China- "issenschaften in der DDR hat. Das Hauptreferat des Kolloqui- 4ms hielt Dozent Dr. Ralf Moritz AFB Süd- und Ostasien der Sektion d)W) zum Problem der Herausbil- Qung des wissenschaftlichen Den- Kens im alten China. In den weite- dn Vorträgen und sich anschließen- FSn Diskussionen wurden vor allem jOSen der alten und neueren Ge- Shichte Ch inas, der chinesischen Drache und Literatur, der Geogra- Ahie und des Bildungswesens be- Dndelt. In dieser thematischen Belfalt spiegelte sich zugleich die reite des wissenschaftlichen Profils kon Eduard Erkes wider. Mit dem dolloquium zu Ehren und zum Ge- nenken an Prof. Dr. Erkes wurde er- unter Beweis gestellt, daß die Do9ressiven Traditionen der sinolo- n'J? en Forschung in der DDR und Usht zuletzt auch an der Karl-Marx- .Diversität aktiv bewahrt und wei- er 9eführt werden. „Langweilig schreiben ist eine Kunst. Mancher, der es nicht kann, lernt es nie." KMU pflegt das Erbe des progressiven bürgerlichen Wissenschaftlers Franz Dornseiff Einer der namhaftesten Alter tumswissenschaftler unserer Repu blik war Franz Dornseiff (1888 bis 1960), zuletzt Professor mit Lehr stuhl für klassische Philologie an der KMU. Als Literatur- und. Sprachwissenschaftler hat er weit über die Grenzen seines Faches Be deutendes geleistet. Er war Mitglied der Sächsischen Akademie der Wis senschaften; zum 10. Jahrestag der DDR erhielt er den Nationalpreis. Einige seiner 250 Publikationen: Pindars Dichtungen (1921, 1965); Antike und Alter Orient, 1956 u. ö.; Sprache und Sprechender, 1964; lei der sind alle vergriffen. Eines sei ner Hauptwerke, „Der deutsche Wortschatz nach Sachgruppen“ (1933, 7. Auflage 1970), ist noch heute ein Standardwerk der germa nistischen Linguistik. Dornseiff war ein sehr anregender Forscher und Hochschullehrer, der frühzeitig durch neuartige Frage stellungen und Methoden Aufsehen erregte, so durch das antiklassizi stische und antieuropazentrische Axiom, daß manche früher als rein griechisch angesehene Gedanken und literarische Formen durch den Einfluß orientalischer Kulturen zu erklären sind. Der führende ungari sche marxistische Altertumsforscher Trencsenyi-Waldapfel hob 1960 den politischen Mut hervor, mit dem Dornseiff auch nach 1933 in bezug auf orientalische und damit „semi tische“ Beeinflussung der griechi schen Kultur „der Theorie von der Überlegenheit der .arischen Rasse“ widersprach, und das in einem Land, in dem die vom Rassenmythos Besessenen regierten“ In der Lin guistik bekämpfte er ahistorische, irrationalistische Vorstellungen z. B. Triers und Weisgerbers. Zahl reiche kompetente Germanisten, Romanisten, Anglisten, Slawisten im In- und Ausland, von der UdSSR bis zur BRD, äußerten sich anerkennend über Dornseiffs einschlägige Arbei ten. Nach 1945 war er derjenige der bei uns wirkenden bürgerlichen Al tertumswissenschaftler, der dem Marxismus am aufgeschlossensten gegenüberstand. Der heute zu Recht so betonte . interdisziplinäre Aspekt war ihm seit jeher eine Selbstver ständlichkeit. Stark wirkte Dornseiff auch durch originelle, einprägsame Formulierungen („Nazis und Nazis sen“). Als ihm ein hochfeierlicher Kollege seinen auf gelockerten Stil bei der Behandlung antiker Mythen vorwarf, antwortete ihm Dornseiff mit dem denkwürdigen Satz, den sich auch heute mancher Wissen schaftler zu Herzen nehmen sollte: „Langweilig schreiben ist eine Kunst. Mancher, der es nicht kann, lernt es nie“. Der humanistisch-progressive Ge lehrte Dornseiff war von einer po litischen Aufgeschlossenheit, wie sie seinerzeit nur wenige deutsche Professoren hatten. 1919 schreibt er: „Man soll sozialisieren, soviel es geht, und die Vorteile des Besitzes bei den Bildungsmöglichkeiten der Kinder zu vermindern zu suchen“. 1927 attackiert er in einem Hand buch-Artikel den Retter-Mythus, den Ruf nach dem .starken Mann“. In dem Aufsatz „Entgiftung der Bildung“ (1932, abgedruckt in „Sprache und Sprechender“) be kämpft er Nationalismen in Sprach- und Literaturwissenschaft bzw. in Schulbüchern. 1939 wendet er sich gegen .nationale“ geistige Autarkie in der Jugendbildung: sie sei Ver brechen am keimenden geistigen Le ben; „Bildung ist ein Hinführen zu den Äußerungen höchsten Men schentums auch der anderen Natio nen und Zeiten“. Mit deutlichem Seitenblick auf die nazistische Ge genwart, in der z. B. die Anthropo logie Belege für den .Rassegedanken“ suchen mußte, verurteilte Dornseiff wissenschaftsfeindliche Epochen, die er wie folgt charakterisierte: „Der Glaube lag fest, und der Wis senschaft blieb die billige, zweck lose und niedrige Aufgabe, dafür immer neue Belege zu finden“. Seine „Einleitung zu einem Hilfsbuch der Weltgeschichte“ (1947) richtet sich gegen Antisemitismus und Dolch stoßlegende. In der Vorrede des „Deutschen Wortschatzes“ (März 1933) druckt er: „Wer die Lehnwörter (er meint damit alles Entlehnte: Lehn- und Fremdwörter) aus den europäischen Sprachen auswerfen wollte, würde diese Sprachen zu 50 und mehr Pro zent tilgen. Durchgeführter Frem denhaß würde die deutsche Sprache genauso zerstören wie die Austrei bung der nicht blond blauäugig langschädelig gerassten Menschen aus dem deutschen Staat die Bevöl kerung beseitigen würde“. Darauf hin ereifert sich die nazistische „Deutsche Akademikerzeitung“ maß los über diese Passage, ferner über die Zitierung von Alfred Kerr, überhaupt über „den ganzen Un geist der Vorrede“, über „Beleidi gungen des deutschbewußten (!) Menschen“, wie sie „nur in jüdisch liberalen Kreisen“ üblich sei: „Nach Abschluß des (in Lieferungen erscheinenden) Werkes wird man sich ein Urteil bilden können, ob es den deutschen Büchereien ein verleibt werden darf oder auch dem Verbrennungstod verfallen soll. Vielleicht sieht sich die Regierung veranlaßt, den Stammbaum des Herrn Universitätsprofessors Dorn seiff zu untersuchen und ihre Folge rungen zu ziehen. Das Deutschtum soll-nicht ungestraft geschmäht wer den“. Die so erpresserisch beanstan deten Stellen fehlen erklärlicher weise in den späteren Auflagen (1940, 1943); der Verlag will es nicht auf die Bücherverbrennung ankom men lassen, und auch der Autor, Sohn einer ,Halbjüdin“, muß Vor sicht walten lassen. Sehr weit treibt er sie aber nicht: Noch 1943 — ein Jahr nach dem Attentat auf Heyd rich, ein Jahr nach Lidice — druckt er in der „Wortschatz“-Vor rede: „Amos Komensky (Comenius), der Tscheche, auf den Böhmen stolz sein darf bis zum Ende der Tage...“ Man beachte: Zunächst der tschechische Name, dann erst, in Klammem, der im deutschen Sprachgebiet häufigere lateinische; gleich danach „Böhmen“, nicht etwa „Reichsprorektorat Böhmen (und Mähren)“, wie die Nazis es nannten. Übrigens fehlten die von den Nazis attackierten Stellen schon in einem Teil der 1. Auflage. So hätte zu den zahlreichen vom braunen Autodafe betroffenen Auto ren fast auch Franz Dornseiff gehört, später ein Freund von Vic tor Klemperer und Werner Krauss, ein aufrechter bürgerlich-demokra tischer Hochschullehrer, wie es in der Zeit des Faschismus nur wenige gegeben hat, ein Wissenschaftler, dessen Erbe zu wahren und zu meh ren uns Verpflichtung ist. Ihm war ein interdisziplinäres Kolloquium des Fachbereichs Antike Literatur/ Neogräzistik der Sektion Germani- stik/Literaturwissenschaft gewidmet. Prof. Dr. sc. Jürgen Werner Aus dem wissenschaftlichen Leben EINE EIGENENTWICKLUNG des Wissenschaftsbereiches Experimentalphy sik wurde in diesem Jahr an der Sektion Physik in Betrieb genommen: ein unikales Doppelresonanz-NMR-Impulsspektrometer. Damit ergaben sich neue Möglichkeiten für die Untersuchung der Wechselwirkung von Mole* külen mit Festkörperoberflächen, die in diesem WB unter Leitung von Prof. Dr. Harry Pfeifer zur Aufklärung von Elementarschritten bei der industriel len Stofftrennung und Katalyse durchgeführt werden. TAGE DER WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN der Sektionen Wirtschafts-« Wissenschaften und ANW am Ende des vergangenen Monats: „Probleme der Entwicklungsländer in der marxistisch-leninistischen Politischen Ökono mie“ wurden dabei behandelt. Auf unserem Foto: Prof. Dr. sc. Günter Fabiunke. MATERIALIEN AUS DEM DCRNSEIFF-NACHLASS waren anläßlich des Dornseiff-Kolloquiums im Sitzungssaal der Sächsischen Akademie dar Wissenschaften und in der Universitätsbibliothek ausgestellt. Fotos: Burow (3) __ universalhistorisch Zu methodologischen Grundsätzen gesellschaftswissenschaftlicher Forschun idemonstrier am Beispiel vonGleidigewich, „Gemeinwohl" und Con sensus) Von Doz. Dr. sc, Fonos Terz, stellv. Direktor des liSI [sil 4 (Schluß) niversalhistorisches "Orgehen beUniversalhistorisches Vorgehen dideutet in erster Linie zum einen, eS Genese eines Gedankens bzw. Gel68 Begriffs durch die Jahrhun- hn, ja, durch die Jahrtausende dendurch und die dahinter stehen- sue materiellen Prozesse zu unter- Eupen und zum anderen, über bezPa hinauszugehen und die dies- deruglichen Vorstellungen auch an- Nener Regionen und Völker zu ken- lich und zu berücksichtigen. Natür- tral Werden einer derartigen Be- Masptungsweise Erkenntnisse der phioi stisch-leninistischen Philoso- w T zugrunde gelegt, daß z. B. wie einm. Lenin in seiner Schrift „Noch untal über die Gewerkschaften“ Verdastrich, die dialektische Logik In sngt, „daß man den Gegenstand &elbstner Entwicklung, in seiner stbewegung“ (wie Hegel manch mal sagt), in seiner Veränderung be trachte“ (Werke, 32, S. 85). Eine wei tere Erkenntnis ist die, daß die Be griffe „eine abstrakte Widerspiege lung der objektiven Realität“ sind. Als solche haben sie ein bestimmtes Gravitationszentrum und eine be stimmte strukturelle Organisations dimension. Universalhistorisch auch im Schillerschen Sinne („Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte“) Vorgehen, be deutet daher kein Herumtreiben in den Totenhäusern und den Lei chenhallen der Geschichte. Als Bei spiel hierfür soll der seit 1974 am IIS gründlich untersuchte Consensus im Sinne der Übereinstimmung die nen, der vor allem im Rahmen der Sessionen der III. UNO-Seerechts- konferenz an Bedeutung zugenommen hat. Als Verfahrens-Prinzip auf in ternationalen Konferenzen ange wandt, bedeutet der Consensus, Übereinstimmung ohne Abstim mung erreichen. Dies erfolgt da durch, daß über eine Materie lange verhandelt wird, bis die anwesen den Parteien keinen Einwand mehr erheben. Danach Stellt der Konfe renz- bzw. Tagungsleiter fest, daß die entsprechende Resolution durch Consensus angenommen worden ist. Während aber nach Auffassung der sozialistischen Staaten derartige Re solutionen keine juristische, sondern eine moralische Verbindlichkeit be sitzen, meinen die meisten Entwick lungsländer, daß es sich hierbei um eine juristische Verbindlichkeit handelt. Dies wird damit begründet, daß in der Tradition vor allem der arabischen und afrikanischen Völ ker eine Trennung von Moral und Recht und infolgedessen von morali scher und juristischer Verbindlich keit weder üblich noch bekannt sei. Die Schwierigkeit besteht darin, daß die meisten Resolutionen dieser Art zu den verschiedenen Aspekten der neuen internationalen Wirtschafts ordnung angenommen worden sind und sich gleichermaßen an impe rialistische und sozialistische Staa ten richten, obwohl der Imperialis mus die historische Verantwortung und die Schuld für die großen öko nomischen und sozialen Probleme in den meisten Entwicklungsländern trägt. Der aus dem „con“ (zusam men, gemeinsam) und dem „sentio“ oder „sentire" (fühlen, empfinden) zusammengesetzte Begriff „Consen sus“ bringt gemeinsames Empfinden, gemeinsamen Sinn, Übereinstim mung und letzten Endes juristische Übereinkunft zum Ausdruck. Der gemeinsame Sinn war bereits dem altgriechischen Pansophos Aristote les als „aisthesis koine“ („gemeinsa mes Empfinden“), „koinat ennoiai" („gemeinsame Begriffe“) und „gnome koine“ („gemeinsame Meinung“) und allgemein in dem antiken Hellas als „doxa koine“ („allgemeine Auf fassung“) bekannt. Er diente als Kri terium für die Wahrheit und Rich tigkeit einer konkreten Auffassung (z. B. bei Aristoteles „Nikomachische Ethik“, 1172 b, 36). Genau in diesem Sinne entwickelte die „Schottische Schule“, eine philosophische Rich tung in Schottland im 18. Jh., den „Common sense“ (gemeinsamer Sinn, gesunder Menschenverstand) der Völker bzw. aller Menschen, um den Skeptizismus Humes zu widerlegen. Der gemeinsame Sinn war im al ten China ebenfalls bekannt. Dies läßt sich z. B. bei dem Philosophen Mong Dsi (Menzius, 372—289 v. d. Z.) nachweisen. Er bezog in seiner Schrift „Gau Dsi“ (Buch VI, Ab schnitt A, 7) den gemeinsamen Sinn, wörtlich die „Übereinstimmung der Herzen“, auf die Vernunft und die Gerechtigkeit, die daher von allen Menschen zu akzeptieren seien. Einen regelrechten Höhepunkt er lebte der Consensus-Gedanke bei den alten Römern. Dabei trat er in den verschiedenen Formen auf. Als „Consensus gentium“ (z. B. bei Cicero) bedeutete er die bei allen Völkern herrschende gleiche, übereinstim mende Ansicht, wobei das Element der Übereinstimmung als Beurtei lungsprinzip und als Wahrheitskri- der Consensus schon die juristische Abmachung. Nach einer Verordnung des Kaisers Hadrian lag ein Con sensus als „Communis opinio“ vor, wenn die kompetenten Juristen über eine Frage einmütig, d. h. ohne Ein wand, urteilten. Danach besaß die betreffende Regel absolute Gültig keit. Die Consensus-Idee als allgemeine Übereinstimmung oder als Überein stimmung bei fehlenden Einwänden ist der christlichen und der islami schen Religion sowie der ihnen ent sprechenden Theologien durchaus bekannt. So bedeutet der christliche „Con sensus gentium“ die Übereinstim mung der Völker über bestimmte Glaubensfragen und wurde als ein Gottes- und Wahrheitsbeweis be trachtet. Etwa seit dem 4. Jh. spielt in der christlichen Theologie das „Consensus Patrum“ eine wichtige Rolle. Er bestand in der Überein stimmung der Kirchenväter über be stimmte Dogmen bei fehlenden Ein wänden. Von diesem ist der „Con sensus theologorum" zu unterschei den, der sich auf die Übereinstim mung von für längere Zeit vertrete nen theologischen Lehren erstreckt, die dadurch Verbindlichkeit erlan gen. Auch in der islamischen Theo logie findet sich eine Art von Lehr konsens, die „Idjma“. Sie bedeutet, daß zwischen den mudjtahidin (Geistliche) eine Übereinstimmung über bestimmte religiöse Dogmen herrscht. Sie liegt vor, wenn keine Einsprüche erhoben werden. Das da durch anerkannte Dogma wird als wesentlicher Bestandteil des islami schen Glaubens und damit als ver bindlich anerkannt. Dabei wird zwi schen juristischer und moralischer Verbindlichkeit nicht unterschieden. Das ist also die kulturhistorische Wurzel für die Auffassung führen der arabischer Völkerrechtler — dar unter befinden sich auch Mitglie der der Völkerrechtskommission der UNO — über den verbindlichen Charakter der durch Consensus an genommenen Resolutionen! Die eben behandelten Aspekte, die größtenteils philosophie-historischen Charakter haben, liefern einen be redten Beweis dafür, daß dem Stu dium einer universal aufgefaßten Philosophiegeschichte besondere Be deutung zukommt. Ohne philosophie historische Kenntnisse dieser Dimen sion wird oft im Dunkel getappt, und es werden politisch äußerst wichtige Erscheinungen der interna tionalen Beziehungen nicht ganz richtig erfaßt. Dann könnte die Ge fahr eines internationale isch schädigenden, ja gefährlichen Prag matismus entstehen. Der Conensus als Übereinstim mung ohne besondere Abstimmung ist ferner auch in der Tradition der afrikanischen Völker tief verwur zelt und sehr verbreitet. Er steht in enger Verbindung mit dem Palaver (Volksversammlung). Hierbei wird der Begriff „Palaver“ im ethnologi schen Sinne verwendet, wie auch afrikanische Experten dies tun. Abschließend kann konstatiert werden, daß die Komplexität, die Globalität und das universalhistori sche Vorgehen als methodologische Grundsätze den Horizont der gesell schaftswissenschaftlichen For schungsarbeit und den interdiszipli- nären „Gesichtskreis“ in erhebli chem Maße zu erweitern vermögen. Es wurde der Versuch unternommen, sie in ziemlich verknappter Form an drei Beispielen darzulegen. Vielleicht gibt es bessere und politisch wich tigere Demonstrationsobjekte. Es sei mit Nachdruck darauf hin gewiesen, daß die Anwendung die ser Grundsätze sowohl eine relativ hohe zeitgemäße sozialistische All gemeinbildung als auch eine ge sunde und unvoreingenommene Hal tung zu einem universal aufgefaß- ten philosophischen und kulturellen Erbe voraussetzen (siehe dazu die Artikelserie in der UZ, Nr. 24, 25, 27, terium galt. In den Digesten bedeutet
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