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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1981
- Erscheinungsdatum
- 1981
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-198100007
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19810000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19810000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Ausgabe
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- -
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-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 1981
-
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Band 1981
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U ni-Stammtisch am 28. Okto ber in der mb, der sechste. Studenten diskutierten über das Altern. Thema: Auch du wirst einmal alt. Das stimmt. Eingedenk des spanischen Sprichwortes, „wer einmal alt werden will, muß zeitig damit anfangen“, ließen sie sich ver- gnügsam informieren von Prof. Dr. Gerald Leutert, Direktor des Anatomischen Institutes, Prof. Dr. Werner Ries von der Medizi nischen Klinik, und Dozent Dr. Paul Rother. Prosektor des Anatomischen Instituts. Da be richtete Prof. Ries von einer Reise zu den Methusalems des Kaukasus, die trotz sagenhaftem Erdendaseins den Demonstra tionsritt ums Dorf unternahmen. Ist es die Luft der Höhenlage, die gesunde Ernährung, die lan ges Leben sichert? Vermutungen, die angezweifelt wurden. Auch die Alterspräsidenten der Mensch heit hielten Fettlebe, Ernäh rungswissenschaftlern zum Trotz. Doch, worauf man sich einigte: Merket auf Studenten! Krank wird man durch zuwenig Streß. Am Stammtisch belauscht Belastung von Herzkreislauf- System, Skelett und Gehirn soll der Schlüssel zur Langlebe sein. Vielleicht sogar bis zur genetisch fixierten Grenze von 120 Jahren ff.? Theoretische Altersgrenzen zu zeigen war nicht nur das Thema der Runde. Die Gelehrten mach ten auch auf ganz praktische Probleme unseres rentnerreichen Landes aufmerksam. Unser Staat scKüf 1969 mit einem Minister ratsbeschluß die umfassende ge setzliche Grundlage für die komplexe Betreuung der alten Menschen. Übrigens, . Leipzig ging bei der Realisierung des Beschlusses mit gutem Beispiel voran, mit Koordinierungsgrup pen in den Stadtbezirken. Auch Befragungsergebnisse wurden am Stammtisch vorgestellt, die Mög lichkeiten der Einbeziehung älte rer Menschen in das gesellschaft liche Leben zeigen und auf ein Grundproblem stießen: Die Bin dung der Rentner in der Fami lie, das Vermitteln des Gefühls „noch dazugehören“. Hier gäbe es die Menge Reserven, gerade im ethisch-moralischen Verhal ten. Frank Kniestedt Gespräche, Meinungs- und Erfah rungsaustausch zu den verschieden sten Themenkreisen haben in der Moritzbastei einen bedeutenden Platz. Hier aus dem Novemberpro gramm der Uni-Stammtisch Num mer sieben: Lehrer sein da ¬ gegen sehr.", bei dem es um Theo rie und Praxis der Erziehung unse rer Schuljugend ging. Fotos: Horn In der Diskussion auf der Wahlversammlung der FDJ- Grundorganisation „Rosa Luxemburg" ergriff auch Werner Dieß ner das Wort. Wir werden den Kampf um ein Rotes Ehrenbanner aufnehmen Reserven für zukünftige ideologische Arbeit in der FDJ-GO wurden aufgedeckt In diesen Tagen wurde ein neues Kapitel in der jüngsten Geschichte unserer Universität aufgeschlagen. Eine neue FDJ-Grundoiganisations- ieitung der nunmehr seit September 1981 bestehenden Sektion Philo sophie wurde gewählt. Der Rechenschaftsbericht der bis herigen GOL der Sektion Philo- sophie/Wissenschaftlicher Kom munismus brachte zum Ausdruck, mit wieviel Kraft und Einsatzbereit schaft sich die Jugendfreunde als treue Helfer und zuverlässige Kampfreserve unserer Partei er wiesen haben. Dabei wurde aber auch nicht vergessen, kritisch auf einige schwache Momente der bis herigen Aktivitäten hinzuweisen und echte Reserven für die zukünf tige ideologische Arbeit aufzu decken. Die kritische Abrechnung mit dem bisher Vollbrachten und die eindeutigen und hohen Zielstel lungen in den künftigen Aufgaben gebieten resultieren aus den neuen Anforderungen der 80er Jahre. Die wesentliche Forderung, die sich in Auswertung des X. Parteita ges der SED für uns ergibt, ist die Absolvierung des Studiums mit bestmöglichen Leistungen, mit der Zielstellung Lehrer für das MLG zu werden, die in der Lage sind, auf hohem theoretischem Niveau Ant wort auf aktuelle Fragen des Klas senkampfes zu geben und so mit un serer Arbeit einen gewichtigen Bei trag zur Stärkung unserer Republik zu erbringen. In der FDJ-Gruppe muß es zur Norm werden, daß jeder Student sein Studium als gesellschaftlichen Auftrag begreift und selbständig und eigenverantwortlich schöpferi ¬ sche Initiativen in die wissenschaft liche und politische Arbeit ein bringt und konsequent weiterent wickelt. Damit wir diese hohe Zielstel lung erreichen, ist es notwendig, ein Selbstverständnis über die Problem kreise zu erlangen, die uns in un serer Tätigkeit bei der Erfüllung der gestellten Aufgaben behindern. Un sere GO „Rosa Luxemburg“ stellt sich damit in Auswertung der WMK Blumen für Manfred Leimbach (im Foto links), dem die FDJler der GO „Rosa Luxemburg" der Sektion Philosophie das Vertrauen als FDJ-Sekretär äus- sprachen. Zu den ersten Gratulanten gehörte der 2. Sekretär der FDJ-Kreis- leitung Hans-Georg Heinig. Fotos: Peter Rosenbusch verschärft solchen ideologischen Problemen, wie dem „Mittelmaß denken“ einiger Jugendfreunde und der Diskrepanz zwischen geplanten und realisierten Aktivitäten, um hier vorhandene Reserven im Stu dium und der gesellschaftlichen Ar beit aufzudecken. Besondere Auf merksamkeit gilt es dabei, wie Ju gendfreund Plischke in der Diskus sion betonte, der Rolle der lei stungsstärksten Studenten in den einzelnen Seminargruppen zuzu wenden. Die hier vorhandenen Po tenzen für den Kollektivbildungs- prozeß gilt es in verstärktem Maß zu aktivieren. Die Problematik Sozialismus und Frieden ist ein zentrales Thema un serer ideologischen Arbeit. Wir, die FDJ-Studenten und jungen Wissen schaftler der GO „Rosa Luxem- bürg“, werden es für die weitere Stärkung unserer Deutschen Demo kratischen Republik weder an Ent schlossenheit, noch an Taten und Ideen fehlen lassen. Als treue Helfer und Kampfreserve der SED, als sozia listische Patrioten und proletarische Internationalisten sind wir bereit, jeden Auftrag der Partei der Ar beiterklasse gewissenhaft und kon sequent zu erfüllen. Mit diesem Ziel rufen wir alle Mitglieder unserer Grundorganisation auf, den „FDJ- Auftrag X. Parteitag“ mit hoher Ein satzbereitschaft und sehr guten Lei stungen zu erfüllen. Wir werden mit unserem Kampfprogramm am Wett streit um das Ehrenbanner der FDJ- Kreisorganisation teilnehmen und den Kampf um ein Rotes Ehrenban ner der SED mit den Bildnissen von Ernst Thälmann und Wilhelm Pieck aufnehmen. Peter Rosenbusch Nicht nur neben-, sondern auch miteinander wohnen Gedanken zum Leben im Wohnheim Wie in jedem Jahr, so stand auch der diesjährige September für viele Jugendliche ganz im Zeichen des Be ginns eines neuen Lebensabschnit tes, des Studiums. Mit der Immatri kulation an unserer Universität war für die meisten unserer neuen Kom militonen auch der Einzug in eines der vielen Internate Leipzigs ver bunden. Wir wohnen jetzt bereits vier Jahre im Internat Arno-Nitzsche-Straße 42 der Sektion Geschichte. Internatsleben heißt zunächst nicht nur Neben-, sondern auch Mitein ander wohnen von Menschen mit den verschiedensten Charakteren. Aus einer daraus folgenden not wendigen gegenseitigen Rücksicht nahme wird oft vorschnell das Über wiegen der Nachteile des Internats lebens abgeleitet. Doch gerade in bezug auf die Studientätigkeit konn ten wir im Verlaufe des Studiums verschiedene Vorteile des Internats „entdecken“, die vor allem für die Studenten niederer Studienjahre wichtig sind. Zu Beginn des Studiums hat es sich als günstig erwiesen, im Wohn heim vor allem auf Zimmerbasis zu sammenzuarbeiten und so von An fang an einen kollektiven Zusam menhalt zu erreichen. Viele Studen ten haben zu Beginn Mühe, den neuen Bedingungen entsprechend einen günstigen Arbeitsstil zu fin den, sich den veränderten Organisa tionsstrukturen an der Universität anzupassen und sich an das Inter natsleben zu gewöhnen. Helfend wirkt sich hier ein vertrauensvolles Miteinander im Wohnheimzimmer aus. Aber auch in den folgenden Studienjahren hat sich das Zu sammenleben im Internat, trotz oft zitierter Nachteile, durchaus be währt. So bietet es erfolgreich die Möglichkeit, z. B. vor Prüfungen und Testaten im Zimmer recht un kompliziert den Stoff zu erarbeiten und im gegenseitigen Erfragen zu einem höheren Niveau der Prüfungs vorbereitung zu gelangen. Spricht man vom Internat, ist es auch notwendig, auf seine Rolle im geistig-kulturellen Leben einzugehen. Gerade das ist in vielen Internaten noch ein großes Problem. Auch in unserem gab es dabei in den letzten Jahren Höhen und Tiefen, ein Ideal- zustand ist bestimmt noch nicht er reicht. Wesentlichen Einfluß auf die Ge staltung des geistig-kulturellen Le bens haben das Heimkomitee und der Klubrat. Das Heimkomitee be steht bei uns aus neun Studenten, davon sechs Genossen, der verschie densten Studienjahre. Es ist im we sentlichen für die „äußeren“ Bedin gungen des Internatslebens wie Ord nung, Sicherheit, Hygiene verantwort lich. Der Klubrat, bestehend aus fünf Genossen des dritten Studien jahres, hat hauptsächlich die Ver anstaltungen des „Kellerklubs“ unter seiner Regie, die wöchentlich ein mal stattfinden. Nicht zu unter schätzen sind auch die kulturellen Veranstaltungen, die auf Initiative einzelner Seminargruppen stattfin den. Insgesamt gesehen ist die Palette sehr breit gefächert — Disko, musi kalisch-literarische Veranstaltungen, Dia-Vorträge, Foren mit Wissen schaftlern ... Es ist jedoch auffällig, daß sich an den meisten Veranstal tungen. immer der gleiche Personen kreis beteiligt. Das ist keineswegs auf Überlastung durch das Studium zurückzuführen, sondern weist auf folgendes Problem hin: viele Studen ten zeigen kein Interesse am geistig kulturellen Leben im Wohnheim, se hen das Wohnheim nur als „not wendige Schlafstatt“ zwischen den Wochenenden zu Hause. Dieses Pro blem hat zunächst jeder für sich zu lösen. Kritischer wird es schon, wenn sich diese negative Einstellung zum Internat auch in den Bereichen Ordnung, Sicherheit, Sauberkeit äußert. Hier ist es unserer Meinung nach - notwendig, daß bei wiederhol ten Verstößen härtere Maßnahmen auf Internats-, aber auch FDJ- und Parteiebene ergriffen werden. In der letzten Zeit wird immer deutlicher, daß die Ausstrahlungs kraft der Genossen im Internat er höht werden muß. Da an unserer Sektion weit mehr als die Hälfte al ler Studenten Genossen sind, er weist sich eine Zusammenfassung der Genossen, wie in anderen Inter naten mehr oder weniger erfolgreich praktiziert, nicht als der geeignete Weg für uns. Einige Genossen Stu denten müssen ihrer Vorbildrolle besser gerecht werden. Zum anderen müssen auch die Möglichkeiten, wel che Parteigruppe und APO bieten, zur Diskussion von Wohnheimpro blemen genutzt werden, und das nicht nur bei vorliegenden Ver stößen gegen die Internatsordnung. Soweit unsere Gedanken zum Thema Internatsleben. Vielleicht wa ren sie nicht nur interessant für die neuimmatrikulierten Studenten, son dern gaben auch den Studenten der älteren Studienjahre einige Denk anstöße. Claudia Denks/Verena Kriese Zukunftsorientierung durch Elite? Zu neuen ideologischen Formierungsversuchen der BRD-Monopolbourgeoisie Auf dem diesjährigen Kollo quium der Walter-Raymond-Stif tung, der ideologischen Stabs zentrale der Untemehmer- verbände in der BRD, wurden Probleme erörtert, die sich „aus dem gegenwärtigen Defizit an Zukunftsorientierung für Staat und Gesellschaft ergeben“. (Zitate aus: „Der Arbeitgeber“, H. 7/81, S. 351 ff.) Bereits hier merkt man auf — spiegelt sich hier Einsicht in die historische Perspektivlosig- keit des Systems? Mitnichten, denn in der Diskussion zum Ver hältnis von Elite und Demokra tie wurde mit Anstrengung nach Lösungen gesucht, die dieses De fizit beseitigen wollen. Dabei zeigte sich schnell, daß „Demo kratie“ nur die Garnierung ist, um unverdächtig über die der Elite zugedachten Aufgaben spre chen zu können. Elitedefizit — Zukunftsdefizit? Die gesamte Diskussion war Ausdruck des verzweifelten Be mühens zu leisten, was immer weniger zu leisten möglich ist: in der gegenwärtigen Situation, da angesichts der immer bedrohliche ren Entwicklungen auf politi schem, ökonomischem und be sonders auf militärischem Gebiet immer größere Teile der Bevölke rung die Zeichen der Zeit ver stehen und sich zu wehren be ginnen. In dieser Situation den Versuch zu unternehmen, durch Leitbilder, Zielsetzungen und Werte für ideologischen Zusam menhalt zu sorgen, einen Grund konsens zu schaffen, genau das habe die Elite zu leisten. Aber: „Um diese von Eliten zu leistende Zukunftsorientierung in der Bun desrepublik Deutschland steht es schlecht.“ Der Kern des Pro blems bestehe darin, daß „Be völkerung und geistig-politische Führung ... auseinander(driften) Man steht vor der Tatsache, daß sich in wichtigen Fragen die Be völkerung von den herrschenden Parteien im Bundestag nicht mehr repräsentiert sieht, so in der Grundfrage nach der Stellung zum Brüsseler Raketenbeschluß, wie z. B. der Bundestagsabgeord nete Hansen betonte. „Elitetheore- tisch“ wird das immerhin noch als bemerkenswertes Eingeständ nis formuliert: Die BRD verfüge in Gestalt von staatlichen Exeku tiven, Parteien etc. über vorzüg liche „Funktionseliten“. Sie seien aber „in die von ihnen repräsen tierten Partialinteressen einge bunden“ und würden — das ist der Kern des Unbehagens — „von der Mehrheit der Bevölkerung mit den Gruppeninteressen iden tifiziert, selbst dann noch, wenn sie in der Legislative oder Exe kutive auf das Gemeinwohl ver pflichtet sind“. Angesichts dieser Einsicht ist dem Problem auf rationale Weise nicht mehr beizukommen. Also muß es mystifiziert werden. Wenn es dieser Gesellschaft an objekti ven Werten mangelt, dann müs sen sie a priori gesetzt werden, was bei Wahrhaftigkeit, Zuverläs sigkeit, Treue, Beständigkeit, Mut, Toleranz nicht schwierig ist. Wenn keine der herrschenden Parteien im gewünschten Sinne Elite ist, dann muß man glauben machen, es sei jedoch möglich, Elite zu sein. Er müsse es nur verstehen, „dem Zeitgeist, dem Lebensgefühl der Bürger auf eine Weise Ausdruck zu verleihen, die als symbolhafte Repräsentanz be griffen wird“ — also auch das Lebensgefühl des Unternehmers als „symbolhafte Repräsentanz“ des Lebensgefühls des Arbeits losen ! Freilich ist damit das Problem langfristiger Perspektive nicht ge löst. Aber auch dafür gibt es „Er klärungen“. Es lasse sich näm lich nicht festlegen, „was ein für allemal richtig ist und was,falsch“. Moralisches Handeln sei „das im mer prekäre Ergebnis der Ent faltung von Selbständigkeit, Ein sicht und Wissen“. Diese wie derum seien gebrochen durch die „Stimmungslage“ und die „ideen geschichtliche Abhängigkeit“, in der jeder einzelne steht. Die Aus weglosigkeit muß tief sein, denn immerhin ließe sich mit dieser Argumentation auch ein der Mo ral der herrschenden Klasse ent gegengesetztes Handeln begrün den — und das ist gewiß nicht gewollt. Zukunftsorientierung ohne Wissenschaft? Das Mystifizieren der Zukunfts orientierung geht einher mit einem tiefen Mißtrauen gegen über der Rolle der Wissenschaft, Ausdruck des von Marx aufge deckten Widerspruchs, in dem sich die herrschende Klasse per manent befindet: einerseits zur weiteren Entwicklung der Pro duktivkräfte ständig mehr Wis sen vermitteln zu müssen, ande rerseits damit Waffen aus der Hand geben zu müssen, die sich gegen sie selbst richten können. Dieses Mißtrauen äußert sich in mehrfacher Weise. Erstens zeigt es sich in der Einschätzung, daß die Politik Ende der 60er Jahre mit ihrer stärkeren Orientierung auf Wissenschaft, Rationalität, der Priorität von Bildungswesen und Öffnung der Hochschulen eine „Akademisierung" mit sich brachte, die „ungemein problema tisch“ sei. Zum einen, weil sie, „wissenschaftlichem Denken ge mäß“ (!) eine Tendenz der Diffe renzierung und Desintegration be wirkt habe, zum anderen seien über die verwissenschaftlichte Bürokratie immer neuer „Ein- griffsbedarf", immer neue „sozial bedürftige Gruppen“ entdeckt worden. Es ist dies eine Argu mentation, die direkt auf den Ab bau der Sozialleistungen des Staa tes zielt, hier umschrieben mit „Wertbegriffen“ wie Selbsthilfe und Mündigkeit, „Selbstbehaup tung gegenüber staatlicher Da seinsvorsorge“. Zweitens zeigt sich die Skepsis in der Auffassung, daß die ent scheidenden Eigenschaften der Elite aus praktischer Erfahrung und Lebensbekenntnis gewonnen werden müßten, „dagegen nicht kraft wissenschaftlicher Ausbil dung“. Das ist u. a. ein neuer Aus druck der viel geforderten Ent kopplung von Bildung und Be rechtigung, letztlich der Trennung von Recht auf Bildung und Recht auf Arbeit. Drittens zeigt sich das Miß trauen gegenüber der Wissen schaft im Abschied von einem ideologisch-weltanschaulichen Grundmuster des vergangenen Jahrzehnts: Die Grundgedanken der Kritischen Theorie — geistige Befreiung durch wissenschaftliche Aufklärung, herrschaftsfreier Dis kurs, in dem jeder seine Be dürfnisse als die der anderen be greifen könne —, die immer systemkonform gemeint waren, erfüllen offenbar die gegenwärti gen und künftigen Ansprüche der Monopolbourgeoisie hinsichtlich ideologischer Formierung nicht mehr. Jedenfalls wird kategorisch erklärt: „Die Wissenschaft ist kein taugliches Instrument, um den einzelnen zum sozialen Enga gement und zur sozialen Identi fikation zu bringen.“ Bildungssystem und Praxisbezug Damit ist eingestanden, daß es der herrschenden Klasse nicht möglich ist, eine wissenschaft liche Zukunftsorientierung zu ge ben, weder technokratisch-mach7 bar noch aufklärerisch-emanzipa torisch. Wie dann? Als „histori scher Suchprozeß“. der in der „Praxis“ erfolgen müsse. Höchst problematisch sei es daher (0» daß im gegenwärtigen Bildungs system „zu viele Menschen zu lange Zeit von der gesellschaft lichen Realität ferngehalten wer den.“ Also Schluß mit der Uni versität als Wärme- und Gammel stube der Nation, so Strauß und Maier. Was steckt dahinter: Mindestens dreierlei: Erstens: die Verkürzung der Durchlaufzeit durch die Bil dungsinstitutionen als Bewälti gungsstrategie und als Teil des Bildungsabbaus. Zweitens: über gestufte Differenzierung Zündstoff abzubauen, der entsteht, wenn hochqualifizierte Arbeitskräfte in großer Zahl Ansprüche am Arbeitsmarkt geltend machen, die nicht eingelöst werden können. Drittens und hauptsächlich: das Mißtrauen gegenüber dem Bil dungswesen, speziell dem Hoch schulwesen, einen den Monopolen gemäßen Praxisbezug gewährlei sten zu können. Man möchte die ses Problem selbst unter straffe Kontrolle nehmen, denn — so kürzlich in einem anderen Bei trag zu lesen — Praxisbezug dürfe „nicht zum trojanischen Pferd werden, mit dem ideologisierende, notwendig qualitätssenkende An teile in die Hochschule geschmug gelt werden“. Nicht zufällig wird von der Hochschuldidaktik ver stärkt Berufsfeldforschung erwar tet, der Rahmen von „Praxis“ soll genau abgesteckt werden. Und wenn formuliert wird, es gelte, „die in der Praxis liegenden Chancen für den einzelnen, selb ständig zu werden, zu vermeh ren“, dann sind das ebenso von der Monopolbourgeoisie einge grenzte und vorbestimmte Chan cen. Die Furcht muß wahrlich groß sein. Aber eines kann als sicher gelten: Je zwanghafter der Ver such, die Probleme zu be ältigen, desto geringer werden auf Dauer seine Erfolgschancen sein. Dr. W. Zähle, Sektion Pädagogik
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