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Dresdner Journal : 01.06.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-06-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189106014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18910601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18910601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-06
- Tag 1891-06-01
-
Monat
1891-06
-
Jahr
1891
- Titel
- Dresdner Journal : 01.06.1891
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123. Montag, den 1. Juni, abends. 1891. kvLllx prvt»: t'ar v»t-rt«ljLUrUvt> 2 il SO kt, ä»v L»i»vrl. äsoU>cd«o j^dttied S It.; »us»«rk»Ib äs» äsutsokeo ksiob»« »ritt kost- uvä LtsmpvIruscUlLz Uivra Liorsllls ^urnmorn: 10 ?k. ^atlkaätxullxsxevükreor kär äsa k»un» «wer ^«»pLltvnvL üsil« KIsmer Lodrikt 20 ?f. Unter äis 2si!« SO ?k. k^i 1>b^U«o- voä 2iNeriis»tr entspr. A»k«ctilL^. kr»< deinen r 'PLzvok ä^r8oQo- n. leiert»^« »besä». I^ernspreoti-Avsodlll«»: Rn 1205. Drrs-nerZMrnal. Für die Gesamtleitung verantwortlich: Hofrat Gtto Banck, Professor der (Literatur- und Kunstgeschichte. ^onndm« von ^nkünaixnoxeo »a«^Lrt»r /-> Lr<in</«tettsr, konuujülionLr äs» Oresäoer ^ourn»!,; L»mdllrx Uirlu» Vis» 1.«>pri^ L»»»I vr«»I»u rr»Lkkiu« ». >.: DaorenÄein <e l'vA/ee, L«rUn- Vt»v - U»wd<uA- ?r»A L«ip»j,-rr»nltfort ». tl.-Ilüllrd»»: ^0««,- k»rt» Loiul,» Lsrlta - ^rnokNirl ». N.- »tutt^nrl: Da^e (7o. / L«rUa: /nraiiäenäanl:, Nr«»!»»: ^m»t S»L»<>r«r: 6. üc^ü«/er, L»II» ».3.: Larci <e <A». Nerall»irederr Xöoixl. Lixeäition äs» vrssäoer ^ournnl». Oreeäeo, ^vin^erstr. 20. kernsprved-Anscdtu»»: !>r. 1205. Amtlicher Teil. Dresden, 1. Juni. Se. Majestät der König haben den Hilfsarbeiter bei der Zoll- und Steuer- Drrection Finanzassessor Dr. Eugen Karl Konstantin Rößler zum Obersteuerinspector und Vorstande des Hqpptsteueramtes Bautzen Allergnädigst zu ernennen geruht. Bekanntmachung. die Zulassung des innengedachten Dachbedeckungs- Materials als Surrogat der harten Dachung betr. Das Ministerium des Innern hat beschlossen, die von der Firma Lieber - Falckenberg in Köln a./RH. hergestellten feuersicher imprägnirten wasserdichten Leinenstoffe für Bedachungen als Ersatz für hartes Dachbedeckungsmaterial auf Grund der stattgehabten Untersuchung und angestellten Brennversuche unter den in der Verordnung, das Abdecken von Gebäuden mit Dachpappe und Dachfilz betr., vom 29. September 1859 (Gesetz- und Verordnungsblatt von 1859 Seite 321) angegebenen Beschränkungen und unter der Bedingung, daß die Eindeckung nicht ohne Verwendung einer Dach schalung erfolgt, bis auf weiteres und vorbehältlich des jederzeitigen Widerrufs, als Surrogat der harten Dachung anzuerkennen. Im Hinblicke auf die Bestimmungen in 8 3 der angezogenen Verordnung wird dies hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Dresden, am 27. Mai 1891. Ministerium des Innern. v. Metzsch. Münckner. Nichtamtlicher Teil. Tetegraphische und tetepyonische Aachrichtcn. Berlin, 1. Juni. (Tel. d D resdn Journ.) Der Reichskanzler v. Caprivi teilte im Abgeordneten haus mit, daS Staatsministerium habe sich nicht schlüssig machen können, beim BundcSrat die Herab setzung der Getreidezölle zu befürworten. Ein all gemeiner Notstand sei nicht vorhanden, die Ernte- äuSsichten wären zur Zeit besser alS vor 14 Tagen Ein allgemeiner Vorteil wäre von der Zollherab setzung nicht zu erwarten . Wien, 1. Juni. (Tel. d. Dresdn. Journ.) In dem Befinden des an den Masern erkrankten Erz herzogs Franz Ferdinand von Österreich - Este, welcher die letzte Nacht unruhig und unter stärkeren Fiebererscheinungen zugebracht hat, ist heute vor mittag eine leichte Besserung eingetreten. Moskau, 31. Mai. (W. T. B) Ter Kaiser und die Kaiserin hielten gestern großen Empfang im Kreml ab, bei welcher Gelegenheit das Ttadtbaupt von Mokkan dem Kaiser den Dank der Bürger schaft für die Gnade aussprach, welche derselbe durch Ernennung seines Bruders, des Großfürsten Sergius Alerandrowitsch zum Generalgonvernrur von Moskau der Stadt erwiesen habe. Später besuchten die Majestäten die HimmelfahrtSkathe- dralc und das Tchudow Kloster Bei dem Besuche der französischen Ausstellung wurde daS kaiserliche Paar von dem gesamten Personal der französischen Botschaft in St Petersburg, den hohen russischen Würdenträgern und den Spitzen der städtischen Behörden empfangen Dir Herrschaften watden überall von der zahlreichen Volksmenge mit lautem Jubel begrüßt. Knnk und Wissenschaft. Lajos, das Findelkind. Erzählung von A. Marby. 5 (Fortsetzung.) Als Lajos mit seinem Bericht zu Ende war, schaute er zaghast zu den Eltern auf und war erstaunt, nicht Ärger und Zorn, sondern eine mit angstvoller Bestürzung gemischte Freude in ihren bewegten Mie nen zu lesen. Statt ihn in nach seiner Meinung ver dienter Weise zu schelten, überhäuften sie ihn mit zärt lichen Liebkosungen. Die beiden Alten konnten es kaum fassen, daß ihr Lajos solche Heidenthal voll bracht hatte ,.Nein, so ein Kind! — So ein Kind!' rief die Meisterin ein übers andere Mal halb lachend, halb schluchzend aus. Dabei glitten ihre Finger wieder und wieder sorgfältig tastend über LajoS hin, ob ihm auch wirklich nichts passiert, ob er an allen Gliedern heil und unversehrt geblieben. Nur mit seiner heimlichen, schnell»n Entfernung aus dem gräflichen Park war die schlichte Frau nicht einverstanden Ter Herr Graf war dem Jungen doch großen Dank schuldig und hätte dies gewiß auf die eine oder die andere Weise zu erkennen gegeben. „Ach was, Mutter!" entschied Meister Braun, noch vergeblich gegen seine Rührung kämpfend, „tadle mir unsern Lajos nicht! Er hat ganz in meinem Sinne gehandelt; ich an seiner Stelle hätte den Dank auch nicht abgewartet Will der Herr Graf ihn abtragen, Moskau, 1. Juni. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Se. Majestät der Kaiser von Rußland erwiderte auf die Bcgrüßunasansprache des Stadthauptes, er danke herzlichst für den ihm bereiteten Empfang und er freue sich, durch seinen Bruder, den Groß fürsten Sergius Alerandrowitsch, in Moskau ver treten zu sein; er sei überzeugt, daß sein Bruder die Stadt Moskau lieb gewinnen werde; der Kaiser habe zu Moskau schon von Kindheit an große Zuneigung gewonnen. Paris, 1. Juni. (Tel. d. Dresdn Journ.) Bei der gestern vorgenommenrn Drputiertenwahl in Beaune wurde der Republikaner Pieard gewählt. Brüssel, 31. Mai.*) Die Regierung entdeckte ein sozialistisches Komplott, welches den Zweck ge habt haben soll, eine Revolution hervorzurufen. Es haben zahlreiche Haussuchungen stattgefunden und gegen 15 Sozialistenführer ist der Strafprozeß eingeleitet worden. Roubaix, 1. Juni. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Diejenigen Arbeiter, welche die Arbeit b-reits wieder ausgenommen Haden, beschlossen einen all gemeinen Ausstand für morgen. Der Ausstand dürfte auch zugleich daS Feiern aller in den Webereien beschäftigten Arbeiter zur Folge haben. Mailand, 1. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die Deleaiertenversammlung der italienischen Friedensgesellschaften beschloß, eine aus drei Mit gliedern bestehende Kommission einzusetzen, welche den internationalen Friedenskongreß in Rom vor- bereiten und eine Resolution aufstellen solle, wo nach der gesetzgebenden Gewalt die Entscheidung über Krieg und Frieden zugesprochcn werde. Auf dem Kongreß soll vor allem die Notwendigkeit der Beschäftigung mit der sozialen Frage seitens der FriedenSgesellschaft betont werden. Zum Schlüsse wurde ein Antrag angenommen, welcher bestimmt, daß alle italienisch-amerikanischen Streitfragen dem internationalen Institut in Genf zu überweisen find. Bilbao, 1. Juni. (Tel. d. Dresdn Journ) In folge der Auflösung einer hier von streikenden Arbeitern abgchaltrnen Versammlung fand zwischen den Polizeimannschaftrn und den Streikenden ein Zusammenstoß statt. Der hcrzugerufene Polizei kommissar wurde mit Steinwürfen und Gewehr- schüffen empfangen; einer der Streikenden wurde getötet. Infolge dieser Vorfälle ist über die Stadt der Belagerungszustand verhängt worden. Dir Führer der Sozialisten wurden verhaftet. London, 1. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ) Der Streik der Schneider scheint hier zuzunehmcn. Die Arbeiter im Westend beabsichtigen in gleicher Weise, wie die im Ostend, die Arbeit einzustellen. 99W Schneider und Schneiderinnen sollen bereits die Arbeit niedergrlegt haben. Wladiwostoks, I.Juni. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Großfürst Thronfolger wohnte gestern der Eröffnung des ersten Teiles der Ussuristrecke der sibirischen Eisenbahn lei Der Großfürst wurde unter lebhaftem Jubel begrüßt; nach der feierlichen Einfügung eines Grundsteines in den Eisrnbahnbau ließ der Großfürst an dem Stationsgebäude eine silberne Gedenktafel anbringrn Hierauf befuhr der Großfürst in seinem Waggon eine 2^ Werst lange Strecke der neuen Eisenbahn. Sofia, 1. Juni. (Tel. d. Dresdn. Journ) An läßlich des Namensfkstrv deS Prinzen Ferdinand illuminierte die Stadt. In Philippopel jubelte eine große Menschenmenge dem Prinzen zu und brachte auch dem Ministerpräsidenten Stambulow *) Nachdruck verboten. wird er unseren braven Jungen schon zu finden wissen; ich meine, es giebt Schicksale, Mutter! — Und über die Geige, mein Sohn," — der brave Mann wandte sich tröstend zu Lajos — „gräme Dich nicht; was hat so ein armseliges Ding zu bedeuten gegen mehrere Menschenleben, die Du gerettet! Wollen übrigens nachsehen, ob unsere Sparpfennige ausreichen, eine neue Fiedel zu kaufen." Diese Verheißung ließ Lajos alles Leid vergessen. Viertes Kapitel. Graf Dornburg wußte den Lebensretter seiner Kinder in der That zu finden; derselbe wurde nebst seinem Pflegevater für den nächsten Morgen elf Uhr vormittags auf das Schloß beschicken. Aus allen Fenstern hüben und drüben folgten neugierig verwunderte Blicke dem alten Meister und Lajos, als sie im sauber gebürsteten Sonntagsstaate am Wochentage durch Dornburgs einzige Hauptstraße schritten Dahinter mußte etwas Besonderes stecken Auf die Minute pünktlich, denn eben schlug die Schloßuhr elf, betraten der Meister und sein Pflege sohn den gräflichen Garten. Hier wurden sie von demselben alten Diener, der die Aufforderung über bracht hatte, bereits erwartet und freundlich ersucht, ihm ins Schloß zu folgen. Nachdem sie die Freitreppe erstiegen, gelaugten sie über die breite, mit hohen Blattpflanzen und blühenden Topfgewächsen geschmückte Terrasse in einen achteckigen, mit zierlichen Korbmöbeln auSgestatteten Gartensaal, aus dem mehrere Thüren in die inneren Gemächer führten. Der Diener öffnete eine der Thürer; er bedeutete feine Begleiter, im anstoßenden Zimmer auf „Seine Ovationen dar, welcher in einer Ansprache das versammelte Volk aufforderte, das Vaterland höher zu stellen, alS die eigenen persönlichen Interessen. Athen, 1. Juni. (Tel. d. Dresdn. Journ) AuS Korfu hier eiugrtroffene Nachrichten drücken die Besorgnis auS, daß die Unruhen von neuem ausbrechen könnten, sobald das Resultat der be treffs des ermordeten Mädchens angestellten Unter suchung bekannt würde Die Regierung trifft ent sprechende Maßnahmen und beabsichtigt, die Gar nison zu verstärken. Zunächst herrscht noch tiefste Ruhe. Mexico, 1. Juni. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Anläßlich des gestern erfolgten Ableben» des Finauzministrrs Dublan erklärte der Präsident der Republik, daß in der Finanzpolitik Mexicos keinerlei Veränderung eintreten werde. Dresden, l. Juni. Zur Lage in Portugal. ** Neuesten telegraphischen Meldungen aus Lon don und Lissabon zufolge ist der neue englisch-por tugiesische Afrikavertrag endlich von den beiderseitigen Regierungen unterzeichnet und wird schon in den nächsten Tagen den Parlamenten von Portugal und England zur verfassungsmäßigen Begutachtung und Annahme vorgelegt werden. Gleichzeitig wird von berufener Seite versichert, daß das neue Abkommen von der portugiesischen Presse aller Parteien eine un gleich günstigere Beurteilung und Behandlung als der im Herbste vorigen Jahres von den Cortes abgelehnte Vertrag erfährt und die Zustimmung der letzteren zu dem vorgelegten Übereinkommen mit dem englischen „Foreign office" ohne jegliche Schwierigkeit erfolgen wird. Ob die Thatsachen diese Erwartungen bewahr heiten werden, wird schon die nächste Zukunft lehren. Wir wünschen es dem vielgeprüften Lande, daß es durch einen endgiltigen Abschluß der Verhandlungen über die Abgrenzung seines Kolonialbesitze- in Afrika nunmehr mit England ins Reine komme und auf diese Weise die Quelle der inneren Schwierigkeiten verstopfe, mit denen die portugiesische Regierung in den letzten zwei Jahren zu kämpfen hatte. Daß man an leitender Stelle in Portugal selbst bezüglich der baldigen Bei'egung und Ordnung der seit Jahr und Tag arg darniederlregenden inneren und äußeren Angelegenheiten des Staates eine hoffnungs freudige Zuversicht an den Tag legt, wie es aus der soeben berichteten Unterredung des Pariser Bericht erstatters der „Times" mit dem gegenwärtig in der französischen Hauptstadt weilenden portugiesischen Finanzminister erhellt —, finden wir angesichts der augenblicklichen Lage der Tinge begreiflich, wenn diese Zuversicht auch den äußeren Schein der Absichtlichkeit gegen sich hat. Der portugiesischen Regierung han delt es sich zur Zeit allerdings in erster Reihe um die Beschwörung der Gefahren, die Portugal infolge der vor wenigen Wochen offenkundig gewordenen volks wirtschaftlichen und staatsfinanziellen Krise bedrohen, und die nur im Wege der Wiedergewinnung des Ver trauens des ausländischen Geldmarktes beseitigt werden können. Indessen — wer die Thaisache, daß es der Staatsleitung gelungen ist, die allgemeine Verwirrung, die in den ersten Tagen des eben verflossenen Mo nats anläßlich der teilweisen und zeitweiligen Ein führung der Silbcrzahlungen überall in allen be teiligten Kreisen Platz gegriffen, zu überdauern und derselben Herr zu werden, zu würdigen versteht, wird sicherlich der weiteren Entwickelung der Dinge in Por tugal ruhig entgegensehen können. gräfliche Gnaden" zu warten und verschwand ge räuschlos. Eben wollte Lajos dem voranschreitenden Vater folgen, als durch den gegenüber befindlichen Eingang die kleine Sylvia an der Hand einer etwa vierzig jährigen Dame den Gartensaal betrat. Ein Blick genügte dem Kinde, Lajos wieder zu er kennen. Unter Hellem Jubellaut flog sie aus ihn zu, hing sich an seinen Arm und rief, ganz atemlos vor Freude: „DaS ist er ja, liebe Tante; nicht wahr, jetzt kommst Tu mit zu meinem Papa?" Tabei zog dre kleine Komtesse den sich verlegen sträubenden Burschen ungestüm mit sich fort. „Aber Sylvia! Was ist das für eine unpassende Art und Weise fremden Leuten gegenüber!" verwies die Erzieherin in ernst rügendem Tone. „Komm', laß uns gehen!" „Gleich, liebe Tante; ich will nur erst den guten Engelsjungen zu Papa führen!' entgegnete das Kind, ohne Lajos freizugeben „Wie? — Tu bist ungehorsam und weißt doch —" „Ich will nicht hoffen, Fräulein, daß dies eine häufig berechtigte Klage ist', ertönte plötzlich Graf Dornburgs Stimme. Durch die nur angelchnte Ver- dindungSthür hatte er den kleinen Auftritt vernommen und trat nun rasch über die Schwelle. „Nein? Nun, dann müssen wir schon diesmal Gnade üben", fuhr er in mildem Tone fort, „und die Widerspenstigkeit der wilden Hummel auf Rechnung ihrer ungekünstelten Freude über da» unverhoffte Erscheinen ihres Lebens retters setzen." In der That schien die Lage zu jener Zeit so hoch- crnst zu sein, daß es nicht an Stimmen gefehlt hat, die der portugiesischen Monarchie keine lange Lebens dauer mehr in Aussicht zu stellen wägten, sofern sie der Befürchtung Ausdruck zu geben sich bemüßigt sahen, daß eS der an Zahl zwar noch geringen, aber äußerst rührigen republikanischen Partei gelingen könnte, die zeitweilige Haltlosigkeit der inneren Zu stände sich zu Nutzen zu ziehen, um als „Retter des Vaterlandes" einen abermaligen und diesmal wohl mit größerem Erfolg durchgeführten Sturm gegen die Monarchie zu unternehmen. Heute — also schon nach Verlauf von nur vier Wochen — denkt niemand mehr an die Möglichkeit einer den Bestand der Monarchie ernstlich gefährdenden politischen Krise. Es ist dies das unzweideutigste Anzeichen, daß sich die Lage in Portugal wesentlich gebessert hat, daß sich die über dem politischen Horizont der portugiesischen Monarchie aufgehäuften schwarzen Sturmwolken bereits in dem Maße zerteilt haben, daß die Gefahr eine- schweren, verheerenden Gewittersturmes als vorübergezogen be trachtet werden kann. Wir erklären uns diesen raschen, für die Monarchie günstigen Scenenwechsel zunächst wohl durch die Er wägung, daß die Sturmvögel der Presse durch ihre in derartigen Fällen beliebte Schwarzseherei die Lage in viel zu düsteren Farben gezeichnet haben, während sie in Wirklichkeit zwar schwierig, aber dennoch nicht nach jener Richtung besorgniserregend gewesen ist und daß man in Portugal in dem neuen Abkommen mit England nach eingehender unbefangener Prüfung Vorteile entdeckt hatte, die dasselbe als eine wahr haftige Errungenschaft des von der Regierung des Königs Dom Carlos in den Verhandlungen mit Eng land geschickt ausgenützten, durch die Bevorteilung des kleinen Portugal im früheren Vertrage zum Durch bruch gelangten Nationalbewußtseins des portugiesischen Volkes erscheinen lassen. Die Beruhigung über das fernere Gedeihen des afrikanischen Kolonialbesitzes, daS durch daS von den Cortes abgelehnte Abkommen stark in Frage gestellt erschien, hat ihren Teil redlich dazu beigetragen und das Land aus der scheinbar bedenk lichen Krise in den Zustand des wiedergenesenden und zum Vollbewußtsein seiner Leistungskraft wiederkehren den Organismus gebracht. Einen störenden Einfluß auf den Gang der Wieder herstellung der normalen Zustände kann allerdings die Wiederholung von Zwischenfällen auf dem umstrittenen Grenzgebiete der portugiesischen und englischen Kolo nialbesitzungen in Afrika zur Folge haben, soweit eben die afrikanischen Grenzstreitigkeiten der beiden Kolonial staaten die Ausgestaltung der inneren Lage in Portu gal zu beeinflussen im stände sind. Diese Zwischen fälle sind seit einigen Tagen ständige Repertoirstücke des überseeischen Telegraphen, sofern fast kein Tag ver geht, ohne daß die an dem englisch-portugiesischen Grenzstreite beteiligten Kreise nicht von einem neuen mehr oder weniger heftigen Zusammenstöße der beider seitigen bewaffneten „Vorposten der Zivilisation' in jenen Gegenden Kenntnis erhielten. Für die euro päische Presse, die zur Not noch über die geographische, aber keineswegs über die inneren Verhältnisse der fraglichen Grenzgebiete verfügt und sich auS den dürf tigen und einseitigen telegraphischen Berichten kein ver läßliches und dem wahren Thatbestande angefraßtes Urteil zurechtlegen kann, ist es geradezu unmöglich, zu derartigen Erscheinungen Stellung zu nehmen, ohne an der Einseitigkeit und der augenscheinlichen Be fangenheit der Quellen jener Berichte mit Schuld zu tragen. Eine Beaufsichtigung und Berichtigung der Thätigkeit der örtlichen Berichterstatter ist angesichts der Entfernungen des Schauplatzes der Zusammen stöße unthunlich, ebenso fragwürdig und auch wohl undankbar ist die Kritik, die man an solchen „Dieser — dieser junge Mansch?" rief die Dame zweifelnd „Ja, ja, Fräulein Jahn, diesem wackeren Burschen verdanken wir eS, daß ich heute nicht ein kinderloser Vater bin!" bestätigte der Graf bewegt, rasch auf Lajos zutretend und dessen beide Hände in die seinen schließend. „Man sollte es wahrhaftig kaum für mög lich halten, daß diefe schwachen Knabenhände die ret tende Wunderthat allein vollbracht haben!" ' „O, tie sind stark und kräftig," sprach Lajos er rötend. Er mußte unwillkürlich die falsche Voraus setzung berichtigen und hob dabei den leicht gesenkten Kopf mit freiem Aufblick zu dem Grafen empor. Was ging da auf einmal in des Edelmanns Ant litz für eine merkwürdige Wandlung vor? Der freund liche Ausdruck wich einer ängstlichen Betroffenheit, die dunklen Augen ruhten wie schreckerstarrt auf dem jungen Gesicht. Doch dauerte dies nur einen Moment; mit weltmännischer Gewandtheit hatte Graf Dornburg seine gewohnte Sicherheit wieder erlangt und an des Knaben Worte anknüpfend, versetzte er in herzlichem Tone: „Deine Hände haben dies thatsächlich bewiesen! Wie alt bist Du, mein Junge?" „Am nächsten Osterfest werde ich vierzehn Jahre." „Kaum glaublich!" rief Fräulein Jahn erstaunt. „Wie? Ist daS richtig?" Auch der Graf maß verwundert die schlanke Knabengestalt. „Wahrlich! Ich hätte Dich mindestens für einen Sechzehnjährigen ge halten Und dieses Kind an Jahren," fuhr er bewegt fort, „hatte den Mut, sich den scheuen Pferden ent gegen zu werfen? Warst Du Dir denn bewußt, daß Dein tollkühnes Wagnis Dein eigenes Leben ge fährdete ?"
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