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KO A « ^22 „Ich verstehe Sie nicht", wich er kurz, fast unhöflich ihrer Frage aus. Frau von Gagern war sehr bleich. Um ihre Mund winkel zuckte es. In den Augen glomm eine fast über natürliche Glut. Wippend schritt sie neben dem Schwim mer, der rasch, wie in Abscheu und Furcht, ausschritt. Die Muscheln, mit denen die Wege an Stelle von Kies bestreut waren, knirschten'unter ihren eilenden Schritten. „Wissen Sie, daß Sie von der Polizei gesucht werden?" stellte Frau von Gagern eine andere Frage. „Wollen Sie mich ihr ausliefern?" kam schroff Fred Bronnen mit einer Gegenfrage, , Frau von Gagern verneinte ernst und unberührt durch . Len unhöflichen Ton in den Worten Fred Bronnens. Sie ssah ihn nicht an. ! ^Jch gedenke dies deshalb nicht zu tun, da ich selbst von einer weisen Polizei gesucht werde " -Sie - FJa. Als Ihre Komplicin!" Ms — —" Fred Bronnen faßte die Worte der eleganten Frau nicht gleich. Er atmete schwer und blickte Frau von Gagern unsicher von der Seite an. „Und dann bin ich auch nur zu dem einzigen Zweck in Holland, um Ihnen zu helfen, Sie törichter Mann!" Fred Bronnens Fassung schwand immer mehr. ;Woher wußten Sie denn ?" „Ich weiß!" Das Gesicht Frau von Gagerns verzog sich im Schmerz. .Sie senkte den Blick. Bebend ging über sie eine Welle der »Reue. Sie wußte nicht, was sie tat. Aber sie mußte es Mn. Es trieb sie und sie folgte. „Sie, gnädige Frau, suchten nach mir?" stam- melte bleich und mit einem Male ganz wunderlich wohlig ^regt, der Schwimmer. »Ich gehöre an Ihre Seite", versetzte die Frau. , Fred Bronnen blieb stehen. Sein Blick versenkte sich in -das erregte Gesicht Gerda von Gagerns. Ihre Lippen bebten. Die Augen waren umflort. Doch zu tiefst in ihrem Mrunde leuchtete es von erwachendem heimlichen Triumph. "„Gnädige Frau " -Lieber Freund! Wir sind Kampfgenossen — ver- bmiden — und konyen so formell nicht mehr neben- Mrander sein!" „Frau Gerda!" Fred Bronnen streckte beide Hände aus. Er hatte das .dumpfe Gefühl dabei, in einen Abgrund zu taumeln und .nun ganz verloren zu sein. Allein, als er den festen Griff Mr heißen Hände der Frau verspürte, da wich das Gefühl Mr Beklemmung und heiß aufgestiegenen Angst, und er lächelte wie unter einem Schleier. Gerda von Gagern gab ihm das Lächeln verheißungs voll und beseligend zurück. 12. Kapitel. Ein Auto führte sie rasch über blitzende breite Asphalt straßen nach Scheveningen hinaus, das sich breit am Meer hinzog mit Hotelpalästen und Villen und seine Fischer dorfexistenz draußen am Meer und beim Zusammenfließen mit den eleganten Straßen des Haag graziös verleugnete. Vor der Riesenfassade des rotgrau zur gewaltigen Kuppel ansteigenden Kurhauses beschrieb das Auto einen Kreis und hielt darauf vor der schmalen Freitreppe, die zum Hotelportal führte. In diesem Weltbad unter,zutauchcn, erachtete Frau von Gagern als rätlich und nützlich. Hier wollte man ab warten und nötigenfalls Schritte unternehmen, um die Angelegenheit Theodor Hooft mit eigener oder fremder Hilfe zu einem glücklichen Ende zu bringen. „Sie wußten, daß ich in Holland ?" forschte wäh rend der Fahrt Fred Bronnen, um aus der quälenden Unaewjßbeit berausrukommen. Frau von Gagern neigte zHtünmcnd den Kopf. „Ich wußte von Dünkirchen von Miß Blanks — merkwürdigem — Interesse—<— von der Flucht aus Ostende " „Aber " „Ich mußte und wollte es wissen und so erfuhr ich alles!" Fred Bronnen wagte nach dieser Erklärung der schönen Frau keine Frage mehr zu stellen. Sein Blick irrte über die Frau. Ihre Augen blickten ihn groß und voll Angst, Sehnen, Weh und Entsetzen an. Er las alles in ihnen und erschrak, und wußte eigentlich nicht, weshalb ihn Schreck ergriff. Doch dann fragte er voll Hast und Besorgnis: „So glauben Sie auch an den Mord den ich an Hoofst verübte und kamen, um mich zu schützen?" Die Frau sann. Sie antwortete nicht gleich. — Dann lächelte sie fern. „Ich weiß, daß Sie es nicht gewesen sind!" Sie sprach dies rätselhaft schwer und schwieg dann, bis das Kurhaus auftauchte aus breiter Straßenzeile heraus an riesenhaftem Platz. Das Auto hielt. Ein Hotelbediensteter öffnete dienst eifrig den Schlag. Sie stiegen nebeneinander die hohen, steilen Stufen hinan. Frau von Gagern schwankte etwas. — Da nahm Fred Bronnen ihren Arm. <Äe blickte ihn dankbar an. Die Anmeldung besorgte an der Portierloge Frau von Gagern. Fred Bronnen hätte vor Ratlosigkeit seinen Namen niedergeschrieben. Dem beugte die kluge Frau, die sich als sein Schutz neben ihn stellte, entschlossen, doch nicht uneigennützig vor: Auf dem Formular stand Kaufmann Hans Hoff mit Frau aus Basel. Das „mit" hatte die Frau in voller Ueberlcgung niedergeschriebcn und glaubte sich dadurch srei von einer Schuld, die man darin hätte finden können. Der Hotelbeamte wunderte sich zwar, daß sie getrennte Zimmer nahmen — aber er zeigte dies nicht, da cs ihin nichts anging. » * * . * Hannelore Hinz' Auslösung der Verlobung mit Fred Bronnen machte, als sie bekannt wurde, tiefen Eindruck auf die „Schwimmfreunde". Sie stimmte bedenklich. Sym pathien, die Fred Bronnen bisher wegen seiner über ragenden sportlichen Erfolge als Mensch und Kamerad besaß, begannen zu schwinden. Mißtrauen erwuchs da gegen. Der Fall Hoofft gewann ein neues Aussehen für sie. Dazu kamen die Fragen: Wo steckte Fred Bronnen? — Warum trat er nicht hervor aus seinem Versteck, wenn er über ein reines Gewissen verfügte. — Warum schrieb er nicht an den Verein und schilderte wahrheitsgemäß die Vorgänge am Kanal und in Dünkirchen? — Hatten die Sportbehörden endlich nicht ein Anrecht, zu erfahren, wie die Dinge lagen? Die Gegnerschaft Ewald Henschels feierte Triumphe. Er hetzte unauffällig und mit Nachdruck gegen den Kanal schwimmer und fand immer neue Gründe für einen Verdacht: „Ganz unverständlich muß es für jeden sein, daß sich überhaupt irgendwelche Differenzen mit Theodor Hoofft ergeben konnten! — Dem Verdienst seine Krone — aber was sind hiergegen denn um Himmelswillen Verdienste?" Die „Schwimmfreunde", die fast alltäglich in ihrem Klublokal „Neptun" zusammentrafen, ließen geduldig Ewald Henschels Tiraden über sich ergehen. Der zweite Vorsitzende, Oskar Petermann, wurde heute aus Nord frankreich zurückerwartct. Er hatte nur einmal kurz ge schrieben, daß er vor einer unmöglich zu lösenden Auf gabe Üebe.