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oiLnrro» E vWLöek«ccu>a:ciiv7L ou«cu i^eiLcc« wLkoXeH i. Forksehung. stsirnr erhv?!> Vie vtachrichl van liuem Kommen. Er Vai Vie Velden Regierungsverlceler iofvn zu sich und l.grüßle üe ur l'.-iüicher Weile. „Herr Karner," sagte Karmasoff voll Freude, „ich muß Ihnen mein Kompliment machen. Sie sehen mohler aus denn je." Karner lachte und warf einen Blick auf seine Frau. „Wenn man mit dem Glück zusammenreist, dann muß es einem doch gut gehen." Ein herzlicher Blick aus Marie-Annes Braunaugen dankte ihm. „Bitte, nehmen Sie Platz, meine Herren!" bat Karner. „Sie sind weit herumgekommen in den acht Wochen?" Karner nickte lächelnd. „Das bin ich. Wir haben das ganze russische Reich über flogen. Es war eine interessante Reise, Herr Karmasosf, aber ich mußte bittere Erfahrungen machen, um zu wissen, wie ich richtig anpacken muß. Als ich in Deutschland begann, war mein Wert zum Scheitern verurteilt, da ich nur auf den Idealismus und die Einsicht eines großen Volkes baute. Das kann ich nicht noch einmal tun." „Ich bitte Sie sich näher auszusprechen, Herr Karner. Ihre Worte interessieren uns ungemein." Karner sah die beiden Männer ernst an und sagte lang sam, jedes Wort betonend: „Rußland braucht die Diktaturl" Die Körper der beiden Russen reckten sich höher. Ihre Augen hingen am Antlitz des Mannes. „Werden Sie das dem allrussischen Kongreß, der auf Sie wartet, sagen, Herr Karner?" fragte Kalycin erregt. „Jal" entgegnete Karner fest. „Ich werde es sagen und werde die Diktatur verlangen als Bedingung für meine Arbeit." Die beiden Russen sahen sich ernst an und wandten sich dann wieder Karner zu. „Können Sie sich jetzt näher darüber aussprechen. Herr Karner?" fragte Kalycin vorsichtig. „Ich könnte es, aber ich bitte Sie, es mir zu erlassen. Ich will der Vertretung des russischen Reiches offen gegenüber treten und ihr sagen, was ich will, weil es im Interesse Ruß land- ist." „Dann werden wir warten, Herr Karner," sagte Karmasoff ernst. „Aber lassen Sie mich das eine sagen: Sie gehen einen schweren Weg. Vielleicht wird er noch schwerer sein, als Ihr Weg im Deutschen Reiche." „Was tut es!" sagte Karner ruhig. „Ich habe den Willen zu helfen, das Volk wirklich frei zu machen, und da gibt es nur einen einzigen Weg." * . * Der allrussische Kongreß wartete mit größter Spannung auf das Erschrinen Karners. Als 1M die vierte Nachmittags stunde der große Erfinder i» den Saal trat, brauste tosender Beifall als Willk mmensgrnß Karner j-ob die Hand zum Zeichen, daß er sprechen wolle, und mit einem Male war es ruhig „Meine Freunde, ich danke Ihnen und grüße Sie Ich bringe Ihnen von meiner Reise den Gruß des geplagten Menschenbruders mit und hoffe, daß es mir mit Ihnen zu sammen gelingen wird, nieine Aufgabe voll zu lösen." Wieder raste der Beifall „Rußland bot mir bedingungslose Gastfreundschaft, und ich bin nach Rußland gekommen mit dem festen Willen, zu helfen. Dieser Wille bewog mich, bevor ich begann eine große Reise durch Rußland, durch das europäische, wie asiatische, zu unternehmen Ich habe mit dem Bauer, dem Handwerker, dem Soldaten, mn allen Kategorien der Bevölkerung ge sprochen, meist als Fremder, und habe gelauscht auf die Stimmen des Volkes. Und diese Stimmen . . . lassen Sie mich in dieser Stunde absolut wahrhaftig sein . . . diese Stimmen klagten an, denn was der Sowjetstaat zu bringen versprach, das Köstlichste, was die Menschheit kennt- die Freiheit . . . das hat er nicht gebracht." Totenstille war im Saale. Auf den Gesichtern der Depu-' tierten malte sich sichtliche Bestürzung, aber kein Zwischenruf, keine Mißfallenskundgebung erfolgte. Jeder hatte das Ge fühl, daß ein absolut wahrhaftiger Mensch sprach „Meine Freunde, die Kraft, die ich Rußland bringe, rst ur gewaltig. Sie bringt eine vollkommene Umwälzung mit sich, sie gibt Ihnen gewissermaßen alle Gewalt in die Hände, sie : erschließt das große russische Reich und seine gewaltigen ° Schätze aus leichte Weise dem gesamten Volke, sie macht Ruß- ! land unabhängig und frei." Karner schilderte seine Erlebnisse, geißelte das Negierungs- s system, die Machtwirtschaft der Kommissare, die schlimmere ! Aussauger des Volkes, größere Tyrannen als früher der Zar > und seine Unteraebenen waren. Er verurteilte das ganze j System in schärfster Weise. Tausend Schäden deckte er mit ; rücksichtsloser Offenheit auf. Unendliches Elend ließ er auf- ! marschieren, daß die Deputierten betroffen und erschüttert - lauschten. Er kam auf die Not des Bauern zu sprechen, auf das maßlose Elend der elternlosen Kinder, auf die Vestech- j lichkeit des Beamtenapparates und die grausame Wirksam- j keit der russischen Tscheka. „Ich frage Sie, meine Freunde: Ist das russische Volk unter : diesen Umständen glücklich zu nennen? Kann es sich der neuen, schwer errungenen Freiheit freuen? Nein und aber- ! mals nein! Es ist keine Freiheit, es ist eine Knebelung nach dem anderen System. Und ich kann unter diesem System nicht arbeiten, ich kann Rußland nur meine Erfindung, meine Kraft geben, wenn sich das Volt der unbedingt notwendigen Diktatur unterwirft." Einige Sekunden war Totenstille, dann brach ein heftiger Lärm aus. Es war nicht zu erkennen, wie die Deputierten zur Karners Worte standen. Karner wartete. Langsam kam der allrussische Kongreß, der im Tiefsten erregt war, zur Ruhe. Alle Augen wandten sich dem Präsidenten Tanosf zu, der mit seinem Sekretär in erregtem Gespräch war. Der Vorsitzende des allrussischen Kongresses, Peter Gaida, saß an seinem Pult und schien un bewegt. Aber das nervöse Spiel feiner Finger bewies doch, daß es in ihm arbeitete. Schließlich raffte er sich auf. Die Versammlung wurde still. „Genossen!" sagte Gaida, mühsam seine Erregung ver bergend. „Herr Karner hat in seinen Ausführungen mit be grüßungswertem Freimut und ohne Rücksicht zu uns ge sprochen. Dafür sind wir ihm alle dankbar Aber Herr Karner, Sie rütteln an den Grundfesten des Sowjetstaates, Sie wollen unser Programm umwerfen, das erstrebt: Alle Macht dem Arbeiter! Und dagegen, Herr Karner, wehren wir uns Wir wissen, von welch ungeheurer Bedeutung Ihr Werk ist und schätzen den Menschen Karner hoch ein, höher, als uns alle zusammen Aber Sowjetrußland muß Sowjet- ruhland bleiben " Donnerndes Händeklatschen dankte ihm. Karmasoff erhob sich und bat ums Wort. Sein Asketen gesicht ichien vor Erregung noch schmaler geworden, man merkte ihm an. daß er sich alle Mühe gab. die Erregung zu meistern „Genossen!" begann er und würde nach den ersten Worten sichtlich ruhiger. „Herr Karner hat uns allen einen Dienst getan. Es hat uns mit rücksichtsloser Offenheit die Wunden Rußlands gezeigt. Rußland ist krank . . noch krank, das wissen und fühlen wir alle Der dumpfe Geist, der über Ruß land liegt, ist nicht der Geist der Freiheit. Herr Karner ver langt die Diktatur für Rußland. Das ist an sich ein Wider spruch. denn ... das russische Volk steht ja bereits unter einer Diktatur ... der Diktatur der Kommissare." Die Versammlung kam in Erregung Karmasoff fuhr fort: „Ja, es ist so, Rußland steht unter der Diktatur der Sowjetkommissare. Wenn Herr Karner von Diktatur spricht, so meint er etwas anderes, und ich bitte Herrn Karner, uns zu sagen, was er für Rußland will." Der Vorschlag Karmasoffs gefiel. Karner erhob sich wieder und begann unter der atemlosen Spannung der Deputierten zu sprechen: „Herr Karmasosf sagt die Wahrheit. Das russische Volk steht unter der Diktatur der Kommissare, die Diktatoren im Rahmen der sowjetstaatlichen Diktatur sind. Diese Diktatur ist aber einseitig und vergißt eins: die natürliche Entwicklung des Staatsganzen. Eine Tyrannei durch eine neue ersetzen, heißt nicht, ein Volk vorwärts bringen. Und Ihre Diktatur, meine Herren, ist eine Diktatur der Vielen. Ich aber brauche die Diktatur eines einzelnen, überragenden Menschen, dessen Handlungen nur von dem Willen, der Volksgesamtheit zu helfen und seine Lebensbedingungen zu verbessern, bestimmt werden. Sie fraaen mich, was ich will. WM. Gedenktafel für den 2«. März. 1827 -s Ludwig van Beethoven in Wien (* 1770) — 1868 * Der russische Schriftsteller Maxim Gorkij in NtihrrH Nowgorod — 1881 Rumänien wird Königreich — 1928 7ZW franz. Schauspielerin Sarah Bernhardt in Paris (* 184H-^ 1926 -f Der frühere Reichskanzler Konstantin FehrenhgK in Freiburg i. Br. (* 1852). Sonne: Aufgang 5,50, Untergang 18,22, Mond: Aufgang 19,49, Untergang 6,38. 4-