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Blumen zu dem ruhig und ahnungslos'sitzenden Fred Bronnen, dessen offener, freier Blick mit dem ihren sich zu einer stummen Frage vereinte. Miß Blanks Blick drang in die Tiefe der leuchtenden, blauen, offenen Augen und las auf ihrem Grunde von ruhigem Gewissen. Die hohe .Stirn des Schwimmers trübte nicht der Schatten einer so .furchtbaren Schuld, wie man sie ihm zur Last zu legen suchte. »Gut?, sprach Miß Blank laut und fest. „Bitte, Miß ,Bagenstecher, veranlassen Sie, daß sogleich der Wagen chorfährt, Ich gedenke Herrn Bronnen noch etwas in Ostende zu zeigen " ! Miß Bagenstecher lächelte malLiös und außerordent- ^ith befriedigt und wich mit ihren Augen dem Blick Fred 'Hroynens geflissentlich aus. f „Äber, bitte, unternehmen Sie selbst nichts und sprechen Die nichts, Miß Bagenstecher I" gebot Miß Blank, als sich die Gesellschafterin zum Gehen wandte. Miß Bagenstecher versprach dies und trippelte davon. Fred Bronnen blickte ihr leicht belustigt nach und über sah so den neuerlichen forschenden Blick, mit dem ihn Mik Blank prüfte. ^ ' S.-KaHkl. Als sich der ZiMserkelluer des zweiten Stockes des Pälace-Hotels in Dünnrchen bezüglich des Gabelfrühstücks nach den Wünschen des Gastss auf Zimmer Nr. 94 er kundigen wollte, fand er den Gast mitten im Zimmer aus- gestreckt in einer Blutlache liegen. ' Der Kellner schlug sogleich Lärm. Der Direktor, der Geschäftsführer und ein Arzt, der gerade im Hotel ab- AestiSgen war, erschienen hinter dem Kellner im Zimmer. Die Nit wurde sorgfältig hinter ihnen geschlossen. Der Arzt warf nur einen flüchtigen Blick auf den leb- lÄ am Boden Liegenden. „Der Herr lebt noch -<-O— rasch die Kriminalpolizei —wir dürfen hier voth^c nichts anrühren I" Der Geschäftsführer Akte davon. Der Arzt fühlte den Puls -es Verletzten. Er wurde bedenklich. „Höchste Gefahr!' ^ALodlich?" fragte bef-rg^der Direktor des Hotels, der für den Riis seines Haufes fürchtete. Der Arzt nickte. 'Erschossen? — Selbst»forschte der Hoteldirektor mit unbehaglichem Stirnrunzein. Da regte sich der Verhetzte. Er öffnete den Mund. Sein Gesicht verzag sich im Schmerz. Der weißgraue Bart Werte. z? Der Arzt beugte sich näher zum Ohr des Röchelnden iznd vernahm mühsam die deutschen Worte: „Erschossen beraubt Mann mit Larve Vorm Gesicht groß kann nur Fred Bronnen gewesen sein. Wollte abreisen Bronnen Kanal schwimmen aussichtslos ohne das Geld " t* Der Verletzte stöhnte schwer und lallte unverständlich weitet. In seinen abgerissenen Sätzen kamen immer wieder die Worte „Abreffe', „Geld*, „Fred Bronnen" vor. Als die Mordkommission eintraf, war Theodor Hoofft gerade in den Armen des Arztes verschieden. Der Arzt gab das von dem Sterbenden Gehörte zu Protokoll. Der Gerichtsarzt untersuchte die Leiche. Der Schuß war ober halb des Herzens eingedrungen und hatte das Herz ge streift. Der Tod war durch Verbluten eingetreten. Der Dchuß mußte vor reichlich zwei Stunden abgefeuert sein, und der Schütze hatte dabei dicht vor seinem Opfer ge standen. So bestand durchaus die Wahrscheinlichkeit, daß der Erschossene den Angreifer erkannt hatte. Der Untersuchungsrichter begann mit dem Verhör des Personals. Der Geschäftsführer berichtete von der Deutsch amerikanerin, Miß Blank, die nach Dünkirchen gekommen war, um einige der in den Zeitungen vielgenannten Kanalschwimmer an Ort und Stelle kennen zu lernen. Sie 'hatte davon gesprochen, daß die Holländer zu ihr un freundlich, der deutsche Schwimmer dagegen sehr nett ge wesen sei. Für den Deutschen habe sie schließlich ein teures Appartement im Palace-Hotel gemietet. Doch der Schwim mer sei auffallcnderweise erst zwei Tage später, als er erwartet worden war, eingetroffen. Darauf sei von Miß Blank noch ein einfacheres Zimmer für den Manager und Trainer des Schwimmers, Monsieur Hoofft, gemietet worden, und dieser habe das Zimmer heute bezogen und sei nun nicht früher wieder von dem Personal des Hotels gesehen worden, als eben jetzt als Sterbender. Vom Personal des Hotels kam nur der Boy in Frage, der Miß Blanks Bestellung an Monsieur Bronnen aus richtete und eine Antwort auf seine Bestellung nicht von Monsieur Bronnen, sondern von Monsieur Hoofft be kommen haben wollte. Dieser Knabe war der einzige, der Monsieur Hoofft im Hotel noch lebend und gesund ge sehen hatte. Er erzählte aus Verlangen des Untersuchungsrichters: „Beide Messieurs machten böse Gesichter, als ich ein- trat, und schienen sich gezankt zu haben. Es war mir, als sprachen sie gerade über Miß Blank; denn als ich sagte, Miß Blank lasse Monsieur Bronnen zu einer Spazierfahrt bitten, da war Monsieur Bronnen sehr erschrocken, und Monsieur Hoofft lachte befriedigt. Monsieur Bronnen antwortete mir nichts und drehte mir den Rücken zu. Da gegen sprach Monsieur Hoofft mit ganz verstellter Stimme, als wollte er jemand nachahmen: Monsieur Bronnen ist entzückt und wird sich beeilen, dem Wunsche Miß Blanks zu folgen!'" Der Portier bekundete darauf, daß Monsieur Bronnen sehr erregt die Vorhalle durchschritten habe und in großer Eile die Treppe hinab zum wartenden Auto Miß Blanks sprang. Hut und Mantel hatte er vergessen, und beides wurde ihm vom Boy nachgetragen. „Er befand sich in größter Aufregung?" fragte der junge schneidige Untersuchungsrichter siegesgewiß. „Mehr in Eile nicht eigentlich aufgeregt!" ent gegnete zögernd der Portier. Allein der Untersuchungs richter gab nichts weiter darauf. Die Angelegenheit schien ganz klar für ihn zu sein, zumal die Aussagen des Sterbenden das Fehlende vor trefflich ergänzten. Der Untersuchungsrichter war dem gemäß äußerst zufrieden. „Wohin ist Miß Blank gefahren?" Das wußte man im Hotel nicht. „Pflegt Miß Blank öfters Autofahrten von größerer Dauer zu unternehmen?" „Das ist in den wenigen Tagen, die Miß Blank im Hotel wohnte, ost der Fall gewesen", bestätigte der Ge schäftsführer. „Hasten Sie es für möglich, daß Miß Blank von dem Mord des Deutschen etwas gewußt hat?" Das hielt weder der Direktor des Palace-Hotels noch der Geschäftsführer für möglich. Man räumte lediglich einen harmlosen Flirt ein, den die Amerikanerin mit dem deutschen Schwimmer begonnen hatte, da sie offenbar sein Plan und wohl auch seine Persönlichkeit stark gefesselt haben mochten. Da wurde am Telephon der Geschäftsführer verlangt. Als er zurückkam, war er sehr erregt und rief schon an der Tür: „Eben hat aus Ostende Miß Bagenstecher, die Gesell schafterin Miß Blanks, angerufen " Der Untersuchungsrichter, der das Protokoll noch ein mal umständlich und sorgsam gelesen, fuhr auf „Sie haben doch nicht gesagt ?" Der Geschäftsführer verfärbte sich in starkem Schuld- bewußtsein. Doch: er hatte alles gesagt!! Alles — und darüber hinaus auf eigene Faust die denkbar dümmste Anordnung gegeben: Miß Blank möge Monsieur Bronnen unverzüglich in Ostende verhaften lassen!