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Ludwig van Beelhoven: Slalionen seines Lebens (1800—1810) Das dritte Klavierkonzert in c-Moll verzeichnet im Manuskript das Jahr 1800, doch ist anzunehmen, daß Beethoven dieses Werk schon eine Zeit vorher ge schrieben hat. Karl Schönewolf spricht in seiner neuen Beethoven-Biografie davon (Band I, Seite 148), daß es bis 1800 entstanden sei. Andere Biografen meinen sogar, daß die Entstehung sicher noch weiter zurückliegen müsse, da Beethoven schon in seiner Bonner Zeit einige Konzerte besessen habe. Eine Briefstelle des Meisters an seinen Verlag (Breitkopf & Härtel) spricht fast für diese Annahme. Beethoven schreibt im April 1801 nach Leipzig: „Es erfordert die musikalische Politik, die besten Konzerte eine Zeitlang bei sich zu behalten.“ In diesem Jahre waren die beiden anderen Konzerte für Klavier, das in C-Dur und das in B-Dur, schon vergeben oder auch „verhandelt“, also könnten wir annehmen, daß Beethoven in diesem Brief von seinem Konzert in c-Moll gesprochen hat. Die Widmung trägt den Namen des Prinzen Ferdinand von Preußen, den Beethoven 1797 in Berlin kennengelernt hatte. Prinz Ferdinand war nicht nur ein hochbefähigter Pianist, sondern vor allem ein sehr menschlicher „Prinz“, der sich mit Beethoven trefflich verstanden hat. Aus dem Konzert c-Moll spricht in vielerlei Hinsicht ein neuer Geist. Die Themen und Gedanken des Werkes werden musikdramatisch verarbeitet. Es ist nicht mehr das Nur-Konzertante und Spielerische, das dem Konzert sein Gepräge verleiht, sondern es ist die Persönlichkeit, der Mensch Beet hoven, dem es nicht mehr um das reine Spiel, sondern um die Auseinander setzung geht. Es ist ein Ringen um neue Bereiche des musikalischen Aus drucks. Das Thema des ersten Satzes in seiner gehämmerten, scharf umrissenen For- mung ist ein Beispiel für das sich anbahnende Neue, aber auch die über raschende Tonart des Mittelsatzes (E-Dur!) ist ein Zeugnis dafür, wie Beet hoven bewußt Kontraste und Gegensätze schafft. Die romantischeAusdrucks- und Gefühlswelt des Largos weist weit über Beethovens Zeit und Umwelt hinaus. Federnd und von sprühendem Temperament erfüllt, witzig und geist reich zugleich, schließt das Konzert mit einem Rondo. Am 5. April 1803 wurde das c-Moll-Konzert in Wien aufgeführt. Beethoven selbst spielte den Solopart. Sein Freund Ignaz von Seyfried berichtet darüber: „Beim Vortrag seiner Konzertsätze lud er mich ein, ihm umzu wenden, aber — hilf Himmel! — das war leichter gesagt als getan! Ich er blickte fast lauter leere Blätter, höchstens auf einer oder der anderen Seite ein paar, nur ihm zum erinnernden Leitfaden dienende, mir recht unver ständliche ägyptische Hieroglyphen hingekritzelt, denn er spielte beinahe die Prinzipalstimme bloß aus dem Gedächtnis, da ihm, wie fast gewöhnlich der