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echt seien oder nicht. Das Urteil räumt also einem Bräutigam nicht nur das Recht ein, sondern macht es ihm geradezu zur Pflicht, die körperlichen Vorzüge seiner Braut einer sorgfältigen Prüfung auf ihre Echt heit zu unterziehen. Ein Testament von 21V00 Worten. Der ver storbene Mr. Barnert, ein amerikanischer Philanthrop, hinterließ laut Testament, das nicht weniger als 21 006 Worte umfaßt, 700 000 Dollars, die auf arme Ver wandte und Wohlfahrtseinrichtungen entfallen. Zu seinen Lebzeiten hat er bereits anderthalb Millionen Dollars für wohltätige Zwecke ansgegeben. Die Opfer der Raubtiere in Judien. — Die Menschenopfer der indischen Dschungeln (Sümpfe) sind ungeheuer; für das letzte Jahr berech nete man sie in Kalkutta auf 23 605. Von wilden Tieren wurden 3605 zerrissen, 1693 von Tigern, 835 von Wölfen, 464 von Leoparden, 213 von Krokodilen usw. An Schlangenbissen starben 20 000. Demgegenüber stehen 23 911 wilde Tiere erlegt: 5247 Leoparden, 2548 Bären, 1686 Tiger: außerdem 59 545 Schlangen. Mtter kür morgen: Nachoruck verboten! Fortdauer der winterlichen Witterung. Frost im allge meinen nur noch in mäßiger Stärke, örtlich etwas starker Strahlungsfrost möglich, nach anfänglich noch einzelnen Schneefällen Aufhören der Schneefälle und dann wolkig in wechselnder Stärke. Schwache dis mäßige Winde aus nörd lichen und östlichen Richtungen. kerkelmarkt vippoläiswaläo am 16. Februar I929. Don den aufgetriebenen 68 Ferkeln wurden 43 zum Preise von 25—35 Mark pro Stück verkauft. Außerdem waren 1V0 Tauben feilgeboten. Letzte Nachrichten. Die «raut erfriert auf der Fahrt zur Trauung. — Warschau, 16. Februar. In einem Dorf in oer Nähe von Petrikau fuhr ein Brautpaar auf einem Leiterwagen in die Stadt, um sich trauen zu ülssen. Bei der Ankunft in Petrikau stellte es sich heraus, daß die Braut während der Fahrt erfroren war. Fu» Jnni Neuwahlen in Aattowi-K — Berlin, 16. Februar. In Warschau erwartet «an die Anberaumung des Termins für die Neuwahlen zum ostoberschlesischen Sejm für den 2. Juni. Die Be schwerde des Deutschen BolksbundeS wegen der Ver haftung seines Führers Mitz ist vom Generalsekretär des Völkerbundes als dringlich sämtlichen RatSmitglie-- dern zugestellt und auf die Tagesordnung der März- fitzung gesetzt worden. Ernennung eine» Nichtitaltener» zmn Kardinalstaats- sekretär? — Rom, 16. Februar. Hier find Gerüchte im Umlauf über eine bevorstehende Reise des FürstprimaS Kattowitz, 15. 2. Die Berichte verschiedener Blätter, wo nach für den Abgeordneten Ulitz ein Haftentlassungsantrag gegen Stellung einer Kaution bei der Staatsanwaltschaft ge stellt wurde, entsprechen nicht den Tatsachen. Ein derartiger Antrag kann erst gestellt werden, wenn die erste VerhauL- lung vor dem Untersuchungsrichter flattgefunden hak. Mese Vernehmung sollte im Laufe des Freitag stattfinden. Bon dem Ergebnis der Verhandlung wird es abhängen, ob ein Grohe Getreidevorräte durch Feuer vernichtet. Neubrandenburg, 16. 2. Am Freitag abend geriet aus bisher noch nicht festgestellten Gründen ein etwa 65 bis 70 Meter langer Vierstöckiger Speicher der Landwirtschaftlichen Hanptgenossenschaft in Brand. Ms das Feuer bemerkt wurde, brachen Helte Stichflammen aus den Fenstern und dem Dach. Das umfangreiche Gebäude wurde bis auf die Ringmauern vernichtet. Gewaltige Vorräte an Getreide sind den Flammen zum Opfer gefallen. Nur mit Mühe gelang es Ler Feuerwehr, ein Aebergreifen -er Flammen aus die in großer Gefahr befindlichen Nachbargebäude zu verhindern. Esten ohne Wasser. Esten, 15. 2. Zn der Nacht zum Freitag ist -er Hoch behälter des Wasserturms an der Steelerstrahe plötzlich leer gelaufen. Bis in die Nachmittagsstunden -es Freitag war die ganze Altstadt und groß« Teile der Neustadt Essens ohne Wasser. Die Bruchstelle konnte trotz eifrigen Suchens der Beamten des Wasserwerkes noch nicht gefunden werden. Der Wassermangel hat sich für das Zentrum Essens und für die Stadtteile bis Altenessen hin zu einer wahren Katastrophe ausgewirkt. Neue Stratzenschlachten in Chikago. — Prohibitionsbeamie als Alkoholschmuggler? Chikago, 15. 2. Die Aufregung in Chikago über die blu tigen Zwischenfälle vom Donnerstag dauert an. Zmmer noch durchziehen Polizeibeamte die Straßen der Stadt und vor allem die Verbrecherviertel. Zm Laufe des Freitag gelang es ihnen, drei der Räuber zu stellen. Auf die Aufforderung, sich zu ergeben, eröffneten die Verbrecher das Feuer auf of fener Straße. Die Polizei erwiderte mit ihren Dienst revolvern und brachte alle drei zur Strecke. Der Leiter -er Lhikagoer Prohibitionspolizei behauptet, daß diese Angelegen heit nicht ohne Hintergründe sei. Prvhibitionsbeamte hätten vor einiger Zeit den Alkoholschimugglern 500 Kisten Whisky auf offener Straße abgenommen und dann selbst unter der Hand verschachert. Die Schmuggler hätten daraufhin ver sucht, durch politische Kanäle die Rückgabe des Whiskys zu erzwingen. Aus Angst vor Strafe hätten daher die Prohi- bitionsbeamten eine Einigung mit den Schmugglern ange- strebt, die von diesen jedoch zurückgewiesen worden sei. Um sich nunmehr unerwünschter Zeugen zu entledigen, hätten -4« Beamten am Freitag drei der Schmuggler nie-ergeschvstenj, ohne daß dazu begründeter Anlaß vorhanden gewesen wäre. Der Brandschaden im Breslauer Elektrizitätswerk behilft- weise behoben. — Seit 7 Uhr abends wieder Licht und Kraft. Breslau, 15. 2. Der am Freitag vormittag im Elektrizi tätswerk -er Stadt Breslau ausgebrochene Kabelbrand dauerte, hat stch besonders während der Arbeitszeit in den Betrieben, die mit elektrischer Kraft arbeiten, unangenehm ausgewirkt. Bei den Rettungsarbeiten im Elektrizitätswerk! verunglückte ein Installateur, der ins Krankenhaus einge- iieferk werden muhte. Riefenbrand im Hafen von Buenos Aires. London, 15. 2. Zn den Regierungsöllagern im südlichen Teile des Hafens von Buenos Aires" brach am Freitag em ' riesiges Feuer aus. Dis Bevölkerung in -er Umgftnwtz wurde durch eine ganze Reihe schwerer Explosionen aus dckn Schlafe geweckt. Die Feuerwehr war schnell zur Stelle, ver mochte über das Uöbergreifen des Feuers auf ein benachbar tes Warenhaus, in dem sich zahlreiche Automobile befanden, nicht zu verhindern. Nach späteren Meldungen wurde noch« eine ganze Reihe angrenzender Lagerschuppen von 4chn Flammen zerstört. Neben den Vorräten an Oel, sind etwa konnte erst in den Mittagsstunden gelöscht werden. Die so fort aufgenommenen Ausbeflerungsarboiten dauerten bis in die Abendstunden und erst um 7 Ahr flammten in den aus solcher Antrag überhaupt Aussicht auf Erfolg hat oder nicht, den Straßen festliegenden Straßenbahnwagen die elektrische Beleuchtung wieder auf und die Wagen konnten ihren Wäg fortsetzen. Eine halbe Stunde später wurden auch die Licht leitungen wieder gespeist. Die börung, die fast 10 Stunden , Von Ungarn, Seredi, nach Rom, der zum Nachfolger des Kardinalstaatssekretärs Gasparri ausersehen sein soll. Wenn auch an der Richtigkeit dieses Gerüchts zunächst noch gezweifelt wird, ist es doch wahrscheinlich, daß Gasparri das Äerlangen hat, stch in seinem hohen , Alter — er ist 77 Jahre alt — von der Politik zurück- ; zuziehen. , China wünscht die Rückgabe des Pekinger Gesandt. schaftSviertel. — London, 16. Februar. Der chinesischen Presse - zufolge hat der chinesische Minister Pes Aeußern an i den Doyen des diplomatischen Korps eine Mitteilung ! gesandt, in der die Eröffnung von Verhandlungen j wegen Rückgabe des Gesandtschaftsviertels in Peking i voraescblaaen wird. ! Ein Jahr Gefängnis für Versicherungsbeträge r Eckhoff. Mcseritz, 16. Februar. Das Schöffengericht ver- ! urteilte den Kanadier Eckhofs wegen vollendeten Ver- ! sicherungsbetruges und wegen versuchter Verleitung ! rum Meineid zu einer Gesamtstrafe von emem Jahr ! Gefängnis. Sechs Monate Untersuchungshaft werden anaerechnet. Eckhoff, der kein Wort deutsch versteht, ! wurde, als ihm die Dolmetscherin das Urteil nntteilte, > furchtbar wütend und ließ sich nur mit Mühe m seine ! Zelle zurückbringen. Vorläufig keine Haftentlassung Alih gegen Kaution. Ausgeschlossen. Von Edmund Hart. (Nachdruck verboten.) „Ach, es ist schrecklich — immer und immer will es nicht langen. Entbehrungen und Beschränkungen ohne Ende! Gräßlich! Nicht einmal eine Eintritts karte zum Konzert kann ich mir leisten!" Frau Hildau sah von ihrer Arbeit aus und sah die Tochter ernst und vorwurfsvoll an. „Ich habe mein aanzeS Leben lang entbehrt," sagt« sie seltsam tief und leise. „Und mehr verdienen kann ich nicht." „Sollst du ja auch nicht." Lonny geriet ganz außer Fassung. „Ich möchte am liebsten, daß du gar »ichtS mehr zu tun brauchtest! Sieb dir die Agat« Fronsdorf an, — hat st« e- nicht fein, seit pe Frau Spangenberg ist? Ein seidenes Kleid nach dem an deren! Wenn ich so reich wäre wie die, brauchtest du keinen Finger mehr krumm zu machen, Mutter." Frau Hildau Netz die Arbeit finken, tkr« Gestalt Geaffte sich. „Lonny! Soll das heißen, daß du «inen Reichen heiraten möchtest, daß du Ewald Horsten etwa aufgeben willst?" „ES sind doch schon manche Verlobungen zu- rückgegangen," meinte Lonny Nernlaut, „und Ewald — ach Gott, ich habe ibn ja lieb — aber was soll denn werden, wenn er keine Stellung findet?" „Ach so, deshalb," sagte Frau Hildau streng. „Anstatt auch Schmerz und Not treu miteinander zu tragen! Anstatt ihm die schwere Zett der Stellungs losigkeit so leicht und hell wie nur möglich durch dein« Liebe zu machen, — — pfui, Lonny, ich schäme mich für dich!" „Mutter!" — Lonny Hildau warf mit einem Ruck die braungoldtgen Paaenlocken zurück. Wie in jähem Schreck blickte sie die Mutter an. Frau Hildau schob ein Stück Stofs tn die Nähmaschine und rasselte eine Naht herunter. Dann erst sprach sie: „Ich an deiner Stelle würde dem lieben Men- schen nicht mit einem Blick, nicht mit einem Wort fein« traurige Lage fühlbar machen. Leiden wir denn Not? Wir können unsere Miete zahlen, wir essen uns satt! Sind wir da nicht noch immer bevorzugt vor Tausenden heutzutage?" Die braunen Pagenlocken sielen vornüber, so tief senkte Lonny jetzt den Kops. „Nun, und habe ich dir nicht die Freude er möglicht, Lonny, Klavierstunden zu nehmen?" Da schnellte Lonny empor. „Ja, das ist mein Liebstes! Ach, meine Musik stunden, Mutter! Und Herr Gernsbach meint, ich mache verblüffende Fortschritte!" Lonny umhalste plötzlich die Mutter. „Sei dei nem Kribbelkopf nur nicht böse, Mutterle! Uebrigens ist's halb sechs, ich muß mich fertig machen."... Als Lonny gegangen war, ließ Frau Hildau die Nähmaschine wieder rasseln, bis ein Helles Klingel zeichen die Arbeit unterbrach. Als sie öffnete, stand Ewald Horsten vor ihr. Er war wirklich ein hübscher Mensch, blond und groß, aber das schönste an ihm waren die grundehrlichen, treuen, blauen Augen. „Kommen Sie, Ewald," begrüßte Frau Hildau ryn yerzuch. „Lonny ist schon kort zur Klavier- stunde. Aber wir wollen gemütlich zusammen einen späten Kaffee trinken, dann gehen Sie und holen Lonny ab? Ewalds Augen hatten einen leuchtenden Schimmer. „Wie soll ich einmal all Ihre Güte lohnen, Mütterchen?" „Sie werden einmal meine Lonny sehr glücklich machen, Ewald." — „Ja, lieb habe ich sie. Ich ginge ohne sie zu t Grunde." „Weitz ich, mein lieber Junge." Frau Hildau nahm den gestrickten Kaffeewärmer von einer dick bäuchigen Kanne, stellte die Kanne auf den Tisch und trug eine Schale mit selbstgebackenen Küchelchen herzu. „Go — nun essen und trinken Sie! Und nachher, wenn Sie die Lonny abholen, gehen Sie mit ihr mal in einen Konzertgarten mit guter Musik. Ich habe eine Extraetnnahme gehabt." „Mütterchen — nein " „Pfcht — nichts dawider reden," wehrte Fran HUdau tn liebenswürdiger Strenge. „Mütter dürfen immer spendieren! Nun man fröhlich weitergepappt — ich mache euch derweilen belegte Stullen zurecht."... Lonny Hildau saß inzwischen am Klavier, in der Stunde. Inmitten des Zimmers stand eine seltsame Erscheinung. Auf Krücken der Lehrer Georg Gerns bach. Er war gelähmt geboren. Nie konnte «r einen frohen Kinderschrttt machen. Sein Körver stak in einem eigens konstruierten Gerüst aus Eisenschienen, um wenigstens so dem völlig leblosen Körper Hall zu geben. Und doch hatte die Allmutter Natur in diesen armen gelähmten Körper die Gabe einer ungeheu- ren Musikalität gelegt. Auf den Schultern saß ein schöner, kühner Kopf. Georg Gernsbach konnte eigent lich nur den rechten Arm ganz frei bewegen, und den noch — mit eiserner Willenskraft, die linke Hand auf , die Tasten legend, beseelt von einer leidenschaftlichen ! Musikliebe, hatte er das Klavtersptel erlernt, war nicht i nur ein erstrangiger Pianist, noch viel mehr, ein erst- I rangiger Musiklehrer geworden. i Und er — der Hilflose, Gelähmte, ernährte stch ' ganz allein mit seinem Musikunterricht, seine Schüler hingen mit grenzenloser Liebe an ihm... Georg Gernsbach stand auf seinen Krücken mitten im Zimmer. Sinnend, mit eigentümlich, weichem Glanz in den Augen, betrachtete er Lonny Hildau. Wie un aufmerksam sie heute war, — überhaupt die Tempi — griff fehl — er hatte schon mehrmals unterbrechen, ta deln müssen. Und jetzt schlug sie wieder eine wilde, peinvoll grelle Dissonanz. „Aber, Fräulein Lonny, was ist Ihnen heute?" „Ach." — Lonny Hildau wandte sich jäh um. „Verzweifelt bin ich! Ich habe schon zu Haus die Mutter gequält! — Aber, lieber Herr Gernsbach, es ist ja auch wahr, immer muß man entbehren, immer zurückstehen, nichts hat man vom Leben, nichts, nichts, nichts!" „Nichts?" — Georg Gernsbach sah sie wieder so eigen au. „Sie können hinaus in den lachenden Som mer, frei, durch nichts gehemmt, sessellos." Lonny fühlte, wie ihr eine Röte in die Wangen stieg. „Fräulein Lonny, Sie brauchen auf keines Mim- schen erbarmende Hilfe zu warten, Sie sind auf kein« Hilfe angewiesen. Sie können hingehen, wohin Sie wollen. Wenn ich das könnte, ach, einen Tag lang nur!" , „Sie haben recht, Herr Gernsbach," sagte. Lonny tieferschüttert. „Und noch eins, Fräulein Lonny." Georg S«rM- bachs weiche, schöne Baritonsttmme gewann «inen Klang, der ans Herz griff. „Sie dürfen Ihrem Herzen folgen. Sie dürfet, lieben, weil Sie selbst geliebt werden, liebenswert sind! Denken Sie einmal, wenn Sie ohne LieRe leben sollten " Die Stimm« brach ihm. Lonny hatte beide Hände aus die Brust gepreßt. Mit großen, gewetteten Außstr äh sie ihn an. Mehr noch als feine Worte ergriff te etwas anderes. Lonny hätte kein Weib sein müf- en, wenn sie in Georgs Augen nicht gelesen hätte, daß er sie liebte. Sin« stille, ungesagte, hoffnungs lose Liebe. Ein Held war er, wie er das Leven er trug, sein Dasein mefsterte. Lonny kamen übermächtig die Tränen. Siwe Weile war's ganz still im Raum. Man hörte nur das leise Weinen. Ja, — wie viel, wie unendlich viel hatte sie vom Leben, jenem gegenüber — alles. . „Lonny," sagte dir weiche Baritonstimme.endlich leise, „nun sind Sie wohl in der Stimmung, Bee thovens Adagio zu spielen." . Und Lonny spielte, und Meister Gernsbach brauchte sie nicht mehr zu tadeln und zu unter- brechen.... Als die Stunde zu Ende war und Lonny ihre Musikmappe schloß, kam Ewald. „Und jetzt gehen wir in einen schönen Konzert» garten zu guter Musik. Mütterchen hat mir Gtullek mitgeacben. Armer Liebling, du sollst nicht immer zurückstehen, entbehren." Da schmiegte sich Lonny an ihn und sagte, Plötz- lich förmlich vergeistigt und reifer geworden: „Ewald, ich entbehre nichts mehr, wenn ich gesund bin, frei mich bewegen kann, die Mutter und dich habe. Ich habe dich ja so lieb, Ewald." Drinnen, der gelähmte Mann, stand noch immer steif in seinem Eisengerüst, auf seine Krücken ae- stützt, mitten im Zimmer. Ein Windstoß schlug ans Fenster und trieb die nur lose angelehnten Flügel auseinander. Sinkender Sonne letzter goldener Streif fiel breit ins Gemach. Drei Schmetterlinge, Kohlweißlinge, gaukelten her ein, schwangen stch im lichten Sonnenstreis. Rosen duft quoll herein. Eine jähe, unsägliche Bitterkeit schlug Ur der Seele des unglücklichen Mannes hoch. „Ihr kleinen gaukelnden, glücklichen Falter, mahnt mich nicht, daß ich allein bin, vom Frühling aus geschlossen."... Mühsam, unausdenklich mühsam krücktc er dann zum Flügel. Aber dann rauschten die Töne auf, über sinnlich schön, die Bencdiction von Liszt, als Bätten sich alle Himmel aufgetan. Und der gelähmte Meister vergaß im Sphürenrcich der Musik, wie fern von Glück und Liebe er als Mensch war, allein, vom Früh* ling ausgeschlossen ...