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»IHtl F/S<//H/^/'L>//7^ her in rascher ^alge erschienen. Im Jahre 1784 glaubte sich Kant an seiner Heimatsuntversität als Dozent nieder« lassen zu können. Er promovierte zum Magister, und mit der Habilitation am 27. September 1755 begann für Kant ein neuer Lebensabschnitt. Er nahm e« mit seinem neuen Beruf als Universitätslehrer sehr ernst. Er hielt sehr zahl reiche Vorlesungen, da er auf die Honorare allein ange wiesen war. unb nahm die Stelle eines UnterbibliothekarS an, die mit festem jährlichem Gehalt von 62 Talern ver bunden war. Fünfzehn Jahre war Kant Privatbozent, da ihm bei Vakanzen an der Königsberger Universität an dere Bewerber vorgezogen wurden. Endlich im Jahre 1770 erhielt er eine ordentliche Professur für Logik und Metaphysik. Als Resultat langer Forschungen auf einem neuen Schaffensgebiet erschien 1781 „Die Kritik der reinen Vernunft". Ueber Kant als Dozent schrieb aus dieser Jett Herder: „Ich habe bas Glück genoffen, einen Philo sophen zu kennen, der mein Lehrer war. Er in seinen blühenden Jahren halte die fröhliche Munterkeit eines Jünglings . . . Die gedankenreichste Rede floh von seinen Mit steigender Genugtuung nimmt der Deutsche wahr, daß „KantS Philosophie" immer tieferen, Verständnis be gegnet. Gerade neuerdings kann ein Besuch in Königs berg, der „Stabt der reinen Vernunft", davon zeugen; alle diejenigen, die der Hauptstadt der abgeschnürten Provinz Ostpreußen einen Besuch abstatten — es sind ihrer leiber noch lange nicht genug —. zeigen sich befangen an ben Erinnerungsstätten an ben großen deutschen Denker, die die schöne Stabt birgt. Sie üben größere Anziehungskraft aus, als es in früheren Jahren üblich war. Mit Kant ist eine ganz neue Stufe der Verinnerlichung erreicht, ein ganz neuer Standpunkt der Welt- unb Lebensbetrachtung ist gewonnen, der unendlich viel an Bereicherung unb Ver tiefung des Lebens brachte unb noch immer bringt. Von Kant geht eine geistige Revolution von ungeheurer Wucht imd alle Lebensformen erschütternder Tiefe aus. Die Geistes« geschiehte des 19. Jahrhunderts bis in die unmittelbare Gegenwart hinein ist die Auswirkung dieser Umwälzung. « " » e r O>7 ZS-/ AnH LV? /z. OSyaMS^«WVMSi?SWMtiM3WkkbleP^ Wir wissen, «le tiefergreifend der Pietismus zum Beispiel auf ben jungen Goethe wstkte. ruch «le er dieser Bilbungs- macht Beste« verdankte. Ebenso war e» bei Kant, dem bie pietistische FrömmlBett vor allem durch seine Mutter nahegrkracht wurde, die, keineswegs ungebildet, ihrem fragelustigen Sohn Antworten gab, die eine Grundlage der Weltbettachtung schufen» bie sich noch im Werk beS reisen Denkers zeigt. Die übermäßig vielen religiösen Uebungen auf ber Schule beengten ihn jeboch sehr. Ob wohl immer Erster ober Zweiter, war er also wohl nicht zu traurig, al» er mit 16V, Jahren diese Schule verlassen konnte, um bie Universität seiner Heimat zu besuchen. Die Mutter war 1737 gestorben, der Vater so arm, baß er keine BegräbniSgebühren zu zahlen brauchte. Kant war also von Hause wirtschaftlich ohne jede Unterstützung. Er wohnte mit einem Freunde auf einer Stube unb verblente sich seinen Lebensunterhalt durch Stunbengeben. Ec war zu stolz, sich um Stipendien unb andere öffentliche Unter stützungen zu bewerben, aber er nahm Lie Hilfe reicher Freunde, die ihm gern halfen, dankbar an. Trotz ber be drückenden Lage war Kant ein heiterer Jüngling, der von seinen Freunden geliebt und hochgeschätzt wurde. In seinem Studium verfolgte Kant seine ganz eigenen Wege. Er hörte theologische Vorlesungen, aber auch medizinische und philologische, vor allem aber philosophische, mathematische und naturwissenschaftliche. Seine Universltätsstudien schloß Kant mit einer deutsch geschriebenen Dissertation ab, die er 1746 einreichte, betitelt „Gedanken von ber wahren Schätzung der lebendigen Kräfte". In ber Vorrede sagt der erst 22jäh« rige Gelehrte: „Ich habe mir die Bahn schon vorgezeichnet, bie ich halten will. Ich werbe meinen Lauf antreten, unb nichts soll mich hindern, ihn fortzusetzen." Seine Armut zwang ihn jedoch, sieben Jahre al« Hauslehrer in ben Kressen des ostpreußischen Abels zu verbringen. Die länd liche Stille kam der Ausreifung seiner Gedanken sehr zu- gvl-. Er sammelte Material für mehrere Werke, bie nach Kant will nicht begeistern, aber er vermag er, die Kraft ber Ueberzeugung zu heben. Ein Urteil über bie mensch liche Gesellschaft lautet: „Wir stnb im hohen Grabe burch Kunst unb Wissenschaft kultiviert. Wir sinb zivilisiert, bis zum überlästigen, zu allerlei gesellschaftlicher Artigkeit und Anständigkeit. Aber, uns für schon moralisiert zu halten, daran fehlt noch sehr viel." — Ein charakteristischer Iug von Kant ist aus folgenber Episode ersichtlich. Kants Diener Lampe. Ler ihn lange Jahre versorgt hatte, so baß er ausschließlich an ihn gewöhnt war, mußte wegen Unzuverlässigkeit entlassen werben. Das Zwingende dec Entlassung stand für Kant fest. Da er sich jeboch nur schwer in bas Nichtvorhandensein be« gewohnten Dieners fügen konnte, hatte er eine Tafel mit ber Aufschrift „Lampe muß vergessen werden" auf das Brett des Fensters gestellt, an dem er täglich saß. Im Nachlaß wurde Liese Tafel ge funden. — Der Schöpfer ves „kategorlscyen Imperativ»" Wik» au» Anlaß seines 125. Todestages ber deutschen Geistes welt erneut vor Augen führen, was er ihr war und noch! lange sein wird — unb muß. *Ltppen^ A^Witz^^LäüMstMLMAWzu^G» bot, und sein Vortrag war der unterhaltendste Umgang.' In seinem neugegründeten IunggesellenhauSstanb herrscht» allerprengste Einfachheit, die auch seine Lebensführung aus-, zeichnete. Er ging öfter zu Einladungen zu Tisch unb hatte« selbst oft unb gern Tischgäste. H Um 10 Uhr» in ben letzten Lebensjahren um 9 Uhr, ging er zu Bett. In Lieser Um welt entstanden seine späteren weltbewegenden Werke. An allen Universitäten hatte er eine stet» anwachsenbe An- hängerschar, darunter vor allem Goethe, Schille^ Wilhelm von Humboldt, unb sogar Jean Paull s Von Anfang ber 90er Jahre an schwächlich, schwand gegen Ende langsam! sein Gedächtnis. Ohne Krankheit nahm ber Verfall der geistigen unb körperlichen Kräfte seit 1802 sehr zu und am 12. Februar 1804 erlosch bas Leben Immanuel Kant«, still unb ruhig wie eine Kerze, bie niebergebrannt ist. Eines seiner letzten Worte, bie überliefert sinb, war: „Das Ge fühl für Humanität hat mich noch nicht verlassen." . lDr. Ebrilt. Hermann „Kant"^ Die Kindheit und Jugendzeit Kants stanken unter Lem ^Einfluß beS seine Jett weithin beherrschenden „Pietismus". Geboren würbe Immanuel Kant am 22. April 1729 in Königsberg. Der Großvater war Riemer in Memel, ein Handwerk, da» auch der Vater erlernte unb worin er es zum angesehenen Meister brachte. Als Dreiundbreißig« jähriger hatte ber nach Königsberg ausgewanderte Vater unsere« Philosophen bie 18 jährige Anna Regina Reuter geheiratet, die zur Mutter von neun Kinbern würbe, wo von aber nur fünf die Eltern überlebten. Immanuel war La» vierte, von zarter, schwächlicher Konstitution, mit ein gefallener Brust und einer etwas schiefen Schulter. Beide Estern waren rechtschaffene Leute, die von einer starken und tauigen Religiosität getragen waren unb damit ihr Leb« erfüllte». Ein Piller, Welt- unb leben-