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Bor einer -roßen Bowle, umgeben von seinen Ge treuen, unter Ihnen sein Schwiegersohn, einer der tüch tigsten Führer, und dem Major, saß der Sanitätsrat. Das war hier für ihn so das Richtige; eine gute Bowle, Mufil, schöne Frauen und sröhliche Jugend. So liebte der ewig junge Korpsstudent das Drum und Dran des Bob sportes, die Tage einer Deutschen Meisterschaft. Die mächtige Hand umspannte den Stiel des Bowlen- glaseS, einen Moment sah er in das klare Getränk, nahm die köstliche Blume des vom Sekt umperlten Pfirsichs in sich aus. ' Dann erhob er seine dröhnende Stimme: »Ein Ideal sich stets bewahren, Jung bleiben, auch mit grauen Haaren, Und nie verzagen in der Not. Zugreisen da, wo Küsse Winken, Nur ausnahmsweise Wasser trinken Stets bei Humor, das walte Gott!" Die anderen taten ihm Bescheid. Sie hingen alle in aufrichtiger Verehrung an ihrem .Bobvater-, ohne den ein Winter in Schierstädt nicht zu denken war. Denn sie wußten, der verstand sie, er nahm sie mit ihren kleinen Schwächen, wie sie sich gaben. Von der hohen Warte des gereisten Alters sah er aus sie herab, nicht hochmütig, nicht besserwissend, sondern wohlwollend und mit väterlichem Sicheinfühlen in die Sorgen seiner großen Kinder. Und als hätten sie alle nur auf den Trinkspruch des Mten gewartet, machte jetzt die mehr sachliche, von der bevorstehenden Meisterschaft beeinflußte Stimmung, einer ausgelassenen Fröhlichkeit Platz. Spät erst trennte man sich. Zu spät eigentlich für daS am frühen Morgen des kommenden Tages beginnende Training. Aber man entschuldigte die etwas vorgerückte Stunde mit dem .ersten Abend*, an dem man nach einem langen Sommer der Trennung nun endlich wieder im alten Kreise vereinigt war. Der Lange hatte die Baronin bis zu ihrem Zimmer be gleitet. Der junge Führer, der ein wenig zu viel gewunken hatte, war erschüttert ob solcher Ehrung. Immer wieder bedankte er sich für die Begleitung und ließ es sich schließ lich nicht nehmen, auch den Langen seinerseits bis vor dessen Zimmertür zu bringen, nachdem der sich mit einem verheißenden Handkuß und einen die Gestatt der schlanken Baronin werbend umfassenden Blick von der schönen Frau verabschiedet hatte. Auf dem Wege über den langen Flur faselte der junge Führer weiter von liebenswürdiger Begleitung, wirklich famos, zu nett, und anderm Redensarten, auf die der Lange neben ihm so gar nicht reagierte. Kenn der dumme Kerl gewußt hätte...! Achtzehntes Kapitel. In fleißigem Training vergingen die beiden nächsten Tage. Früh schon war man aus der Bahn, um die kurzen Stunden des WintertageS auszunutzen. Vorsichtig tasteten die fremden Führer die Bahn ab, Kurve auf Kurve probierend, um durch richtiges „An fähren* der Kurvenwand, durch rechtzeitiges Verlassen der Kurve wertvolle Sekundenersparniffe zu erzielen. Alles kommt ja in einem Bobrennen auf die Zeit an; diese so gering wie möglich zu halten, ist das Bestreben des Führer-, die Hoffnung der Mannschaft. Die Kurventechnik spielt dabei die Hauptrolle. Frühes Hineingehen in die eisfiarrenden Bogen bürgt für den kürzeren, zeitsparenden Weg am unteren Kurvenrand. Spätes Anfahren reißt den Schlitten durch den Druck der hohen Geschwindigkeit in der Kurve hoch, läßt ihn einen Haken beschreiben, der Zeit kostet und Tempo frißt. Mit der Kurve, nicht durch die Kurve, wie der Auto- MobUist, führt der Bobsahrer die steuernden Vorderkufen, und wehe dem Anfänger, der durch „Schneiden* des Kur- yendogenS Zeit zu gewinnen sucht. Er ist verloren, und mit ihm stürzen Bob und Mannschaft unweigerlich in den Schnee. Die Tonnenberger hatten einen schweren Trainings unfall zu verzeichnen. Einer ihrer besten Führer, ein präch tiger Sportsmann, war in einer Kurve im rasenden Tempo der Fahrt über die Kurvenwand in den Wald gerissen worden; Arm- und Beinbrüche der Mannschaft waren die schmerzliche Folge. Der Bremser, am Hinteren Ende des Schlittens am wenigsten geschützt und ohne die Möglichkeit, sich fest zuhalten, war bei dem Sturz gegen einen Stein geschlagen. Nun lag er ohne Besinnung seit Stunden schon im Sana torium, und aus den ernsten Gesichtern der Aerzte war zu entnehmen, daß schwere Gefahr für das Leben dieses präch tigen Menschen bestand. Der Ausfall der Mannschaft war für die Sonnenber ger ein schwerer Verlust. Nicht allein, daß eine ihrer besten Mannschaften damit aus dem Rennen schied, auch rein menschlich traf sie und alle anderen dieser Schlag hart genug. So betrachtete man den Beschluß der Sonnen berger als selbstverständlich, die Nennungen für ihre sämt lichen Schlitten zur Deutschen Meisterschaft zurückzuziehen, wenn auch im Interesse einer scharfen Konkurrenz die Ab sage der Sonnenberger Besatzungen tief zu bedauern war. Der Unfall drückte natürlich auf die Stimmung, und so verlief der Ruhetag vor der Meisterschaft in ernster Arbeit an den Schlitten, in der Sorge um das Wohlergehen der Verletzten und in einer bis zur Nervosität gesteigerten Spannung der Führer und Mannschaften, die nach dem Ausscheiden der Sonnenberger auf 30 Schlitten zusammen geschrumpft waren. Vor den Hotels, vor den Pensionen und an der Schmiede standen die Bobs, Kufen noch oben. Mit Schmir gelpapier und Polierkette „wienerten* die Fahrer den Stahl der Kufen spiegelblank; keine Schramme, kein noch- so kleiner Kratzer, blieb dem geübten Auge des Führers verborgen, und immer wieder fuhr der prüfende Finger über das kalte Eisen, ehe sich endlich der „Kapitän* zu frieden gab. Schraube auf Schraube wurde nachgezogen, aufmerk sam forschend ging der Bremser mit der Fettbüchse um den Bob herum, schmierte Rollenlager und Scharniere der Steuerung. Und als endlich nach Stunden alles fertig war, als, sorgsam auf Holzklötze gestellt, die Bobs im Schuppen ver staut waren, leuchteten längst die Hellen Lampen vor den großen Luxushotels, rief schon der Gong zum Abendessen. Die „Bobsine* des Langen hatte fleißig mitgeholfcn. Sie kannte es nicht anders, als daß auch sie ihr Teil mit dazu beitrug, den Schlitten fertigzumachen, lind doch wollte ihr in diesem Jahr die Arbeit nicht so recht von der Hand gehen. War es der Mglückssall, der ihr gutes Herz »tt dauer» erfüllte, war es der Ernst, mit de» ßa «T«