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zweite Grund liegt vielleicht darin, daß er von dem ein jährigen Aufenthalt in der Ferne eine Festigung und Er weiterung meiner Stellung erwartet, die mich auch in finanzieller Beziehung zu einem annehmbaren Bewerber macht/ „Nun, mein Junge, dann reise mit Gott. Dann ist ja alles in schönster Ordnung. Und damit dir die Segel noch ein bißchen voller schwellen — weißt du, es ist sehr wahr scheinlich, daß, wenn du zurückkommst, du auch schon meine Frau begrüßen wirst/ „Wie gern! Wie gern!* „Meine Frau, die dich ja um dein Erbe bringt/ „Ich verbiete dir, noch einmal ein Wort darüber zu sprechen/ „Lieber Gilbert, du bist so jung und verliebt, daß du noch nicht weißt, was Geld ist. Ich aber — das Geld ist mein Beruf — will jetzt ein wenig für dich denken. Ich will dir schon jetzt mein Hochzeitsgeschenk machen. Glaub' mir, du wirst damit leichter die Reise antreten, und da du doch ein tüchtiger und fleißiger Junge bist, so kannst du damit auch selbständig etwas anfangen/ Archibald erhob sich und trat an seinen Schreibtisch, dessen oberster Lade er ein Scheckbuch entnahm. Er füllte mit ein paar Worten den Scheck aus, unterschrieb ihn und reichte ihn Gilbert. Dieser nahm mechanisch das Papier, wie unbewußt richteten sich seine Augen darauf. Dann schrie er: „Zehntausend Pfund! Archibald, du scherzt wohl!' „Durchaus nicht. Mein Vermögen gestattet mir nicht nur dieses Geschenk, es verpflichtet mich sogar dazu; und ich hoffe, es wird in deiner Ehe Ereignisse geben, die mir Gelegenheit zu ähnlichen Geschenken bieten werden.' „Zehntausend Pfund! Ich glaube, ich träume. O Elinor, liebste Elinor!' Der Name durchzuckte Archibald wie ein Schreck. Es gab doch Hunderte von Elinors — konnte Gilberts Elinor dasselbe Mädchen sein, nach dem er, Archibald Mantle, mit geradezu rasender Leidenschaft begehrte!? Fragend würgte er den Namen hervor: „Elinor?' „Ja, Elinor. Sie ist die Tochter des Oberst Graham.' Archibald sank in den Stuhl vor dem Schreibtisch; er vermochte sich nicht aufrechtzuerhalten. Er sah den jungen blühenden Menschen vor sich und sah sich selbst, und die Zähne schlugen ihm aneinander. Kein tiefster Kurssturz hätte ihn derart niedergeschmettert. Gilbert in seiner freudigen Dankbarkeit merkte nichts davon. Und Archi bald faßte sich rasch. „Nun, hoffen wir, daß der Oberst dich bei deiner Rück kehr ebenso mit offenen Armen empfangen wird wie seine Tochter. Machen wir's kurz. Du hast ja gewiß noch zu tun. Glück auf die Reise, glückliche Rückkehr!' „Oh, ich habe meinen großen Koffer schon gepackt. Ich nehme alles mit, was ich brauche, und auch, was ich nicht brauche. Man gewöhnt sich so an alle seine Sachen, daß man in der Fremde von ihnen wie von lauter Freunden umgeben ist. Also Dank! Tausend Dank! Und einen Gruß für Frau Mantle!' Heiter ging er davon. Archibald trat ans Fenster und sah ihm grübelnd nach. Langsam wich seine Angst, und stärker als je erwuchs in ihm der Entschluß, Elinor für sich zu gewinnen. * * „ Oberst Graham ging noch lange, nachdem Mantle sich verabschiedet hatte, im Zimmer auf und ab. Da saß Elinor wieder in oen Lehnstuhl geschmiegt, hatte ihr Moden journal ausgenommen und sah vor sich hin. Aber der Oberst bemerkte, daß ihr Blick sich nicht aus die Bilder der neuesten Pariser Toiletten richtete. „Armes Mädchen', dachte er, „sie hat wohl den anderen im Kopfe, und jetzt soll ich ihr diesen Traum zerstören!' Aber er tröstete sich bald. „Nun, es ist ja keine schlechte Partie, die ich ihr bringe. Sie ist iunar als die Gattin Archibald Mantles wird sie sich bald an SaS glSnzvrSe Leben gewöhnt haben und über den Jugendflirt lachen.' Mit diesen Gedanken stärkte er seinen Mut, UNv ül- Elinor sich jetzt erhob und aus dem Zimmer gehen wollte rief er: „Ach, Elinor! Ich möchte noch über eine Angelegenhett mit dir sprechen.' Elinor blieb erstaunt stehen. ' „Was ist denn, Vater?' „Setz' dich doch noch einmal in diesen Lehnstuhl und höre mir aufmerksam zu', sagte der Oberst. Und mit einem Versuch, zu scherzen, fügte er hinzu: „Aufmerksamer, alS du deine Modenzeitung gelesen hast, bitte!' Elinor wurde ein wenig rot. Langsam ging sie wieder zu dem Sessel und setzte sich. „Was sind das für Vorbereitungen, Vater?' fragte sie; ein unbestimmtes Gefühl sagte ihr, daß eS sich um keine freudige Ueberraschung handeln würde. „Ich habe vorhin mit dir über die Möglichkeit ge sprochen', begann der Oberst, und versuchte seine Unruhe hinter einer strengen Feierlichkeit zu verbergen, „daß je mand sich um dich bewerben könnte.' Elinor sah ihn erschreckt an. „Nun, dieser Augenblick ist tatsächlich gekommen', fuhr der Oberst in seinem rauhen und dabei gemessenen Ton fort, während er angestrengt an Elinor vorbei einer Shake- spearebüste in die Gipsaugen blickte. „Herr Archibald Mantle hat uns die Ehre gegeben, mich eben um deine Hand zu bitten.' Der Oberst war ungeheuer froh, diese wohlgesetzten Worte herausgebracht zu haben. Er stand — mit einer Hand auf den Schreibtisch gestützt, die andere im Ausschnitt seiner Weste — ein wenig pathetisch vor seiner Tochter, und bemühte sich noch immer, in den Augen der Shake- spearebüste zu lesen, was in Elinors Herz vorgehen mochte. Das Mädchen blieb eine ganze Weile stumm. Dann sagte sie leise: „Und was hast du ihm geantwortet, Vater?' Der Oberst räusperte sich. „Ich bin kein Tyrann, und es ist nicht mehr die Mode, daß die Väter ihre Töchter ungefragt verloben. Selbst verständlich habe ich meine Antwort davon abhängig ge macht, wie du diese Werbung aufnehmen würdest.' „Ich bin also ganz frei in meinen Entschlüssen?' Der Stimme des Mädchens war eine gewisse Erleichte rung anzuhören. „Ganz frei, mein Kind', sagte der Oberst; aber schnell setzte er hinzu: „Das heißt, ich möchte dir zu bedenken geben, daß es einer der bedeutendsten und klügsten Männer ist, der sich um dich bewirbt, ein Mann von großem An sehen und schließlich auch eine der glänzendsten Partien von London; du wirst es dir jedenfalls überlegen wollen.. / „Ich brauche ganz und gar nichts zu überlegen', er klärte Elinor halblaut, aber doch ganz entschieden. „Nun, desto besser', rief der Oberst, „dann kann ich also Herrn Mantle sagen ../ „Ich bitte dich, Herrn Mantle zu sagen, daß sein An trag mich ungemein ehrt, daß ich aber leider nicht in der Lage bin, seine Frau zu werden.' Der Oberst wandte seinen Blick von der Büste ab und sah Elinor an, die aufgestanden war. „Das kann nicht dein Ernst sein, Elinor', sagte er, „du bist viel zu jung, um so schnell einen so schwerwiegenden Entschluß gegen einen solchen Bewerber zu fassen.' „Dann wäre ich ja auch zu jung, um mich so schnell für Herrn Mantles Antrag zu entscheiden', war die nicht ganz unlogische Antwort. „Es ist vielleicht am besten und am wenigsten verletzend, wenn du Herrn Mantle mein« Weigerung in dieser Form beibrächtest.' „Ich verstehe dich nicht, Elinor'; der Oberst wurde erregter und konnte leine schöne Pose nicht länaer -ek