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S4 Run geriet Lienhart in einige Verlegenheit; denn er wollte sich keine Blöße geben, und doch bewegte er sich aus völlig unbekanntem Gebiet. Eine große marmorierte, perlmutterglänzende Karte besah er sich wiederholt. Er äußerte sein Wohlgefallen auch sogleich. „Aber es soll mein eigener Name darauf stehen, nicht dieser hier*, bemerkte er schüchtern. Der. junge Mann lächelte. »Selbstverständlich! Und wie lautet Ihr werter Name?* »Christian Lienhart.* »Und Ihr Stand, wenn ich bitten darf?- Lienhart geriet wieder in Verlegenheit. „Christian Lienhärt, Schneidermeister*, machte sich doch nicht so gut. ES war schon so weit gekommen, daß er sich seines Be- rusS.schämte, zu dem er sich sechsunddreißig Stunden zuvor 'mit Stolz bekannt hatte. Er glaubte, in den Augen des jungen Mannes einen leichten Hohn zu entdecken. »Sagen wir — Privatiö', er widerte er großartig. »Over Rentier?* Diesen Vorschlag griff Lienhart auf. „Sie meinen: Rennlier?* — Unbewußterweise vertrat er den schon d«S öfteren geforderten Standpunkt, fremdländische Worte gut deutsch auszusprechen. — „Ganz recht! Drucken Sie: Christian Lienhart, Renntier.* - Der junge Mann machte sich freundlich lächelnd seine Notizen. »Und wieviel Stück befehlen der Herr?* Run stand er schon wieder auf schlüpfrigem Boden. »Meinen Sie drei oder vier?* »Ganz wie Sie wünschen: Drei- oder vierhundert.* Lienhart wurde rot, weil er merkte, daß er eine Dumm- Zeit gemacht hatte; aber sogleich richtete er sich stolz auf: »Der Preis spielt keine Rolle.' Leichthin schlug er die Seiten des Musterbuchs um. »Sagen wir: vierhundert! Aber eine Karte muß sein wie die andere! — Halt!* sügte er hinzu, indem er wohlgefällig eine einfache weiße Karte betrachtete, »können Sie mir das hier auch daraufdrucken?* Der Angeredete sah nun seinerseits den Frager mit verlegenem Lächeln an. Er wußte nicht recht, ob der Mann einen Witz machen wollte. Aber sogleich sah er dem Gesicht seines Kunden an, daß es ihm völliger Ernst war. »Eino Krone? Im allgemeinen ist's ja nicht üblich, aber verbieten kann es Ihnen Wohl niemand. — Dies hier ist die Krone eines Freiherrn.* »Ich möchte darum bitten*, erklärte Lienhart bestimmt. »Ich kann's bezahlen, so gut wie ein Freiherr. Es gefällt mir einmal.* Nun entstand nur noch eine kleine Diskussion über die Zeit der Lieferung. Lienhart hätte die Karten gern mit genommen, um sie zu Hause zu zeigen, und er entrüstete sich etwas, als er aus den anderen Tag vertröstet wurde. »Draußen steht doch, man könne darauf warten.* »Natürlich. Dem steht durchaus von unserer Seite nichts im Wege*, meinte der junge Mann höflich. „Aber es dürfte Ihnen Wohl zu lange dauern. Vor heute abend sind die Karten nicht fertig. Es kommt natürlich auf die Größe des Auftrags an.* Das sah denn auch Lienhart ein und er beruhigte sich bei dem Versprechen, daß er das Gewünschte sicher andern tags in Händen habe. MS er dergestalt seine Zeit aufs beste angewendet hatte, beschloß er, nach Hause zu gehen und zu sehen, ob daheim auch alles beim Rechten sei. Er sand zu Hause alles mit den Vorbereitungen zum Festmahl beschäftigt. Grete hatte ihren passiven Widerstand aufgegeben und hals wacker mit. Aber sie sah etwas bleicher aus als sonst und hatte trübe Augen; auch war sie, entgegen ihrer son stigen Gewohnheit, sehr einsilbig. Die Frauen hatten die doppelte Tischplatte ausgezogen, damit man beauemer saß, und die Stube sah respektabel aus. Da die Stühle der Wohnstube nicht ausreichten, hatte man aus vei übrigen Wohnung die besseren Stühle hereingenommen und ihre abwechslungsreichen Formen stönen das harmonische Gesamtbild keineswegs. Auch das, Porzellan und die Trinkgläser waren von einer entzücken den Mannigfaltigkeit und die neben die Teller der Gäste gelegten Servietten erweckten den Eindruck der Wohl, habenheil. In der Küche war schon eine ganze Batterie von Wein flaschen eingetroffen, desgleichen verbreitete ein mächtiger Tops Suppe, Braten und andere Speisen aus dem nahen Restaurant, die bis zum Eintreffen der Gäste unter Gretes Obhut auf dem Herde warm standen, Gerüche mancherlei Art. Zufrieden überblickte das Lienhartsche Ehepaar sein Reich. Es war eine Ruhepause eingetreten und die beiden ließen müßig die Arme hängen. Zuerst nahm Mutter Lienhart das Wort. „Hast du dich besonnen, was du sagen willst, wenn die Verlobung ver kündet wird?* „Alle guten Geister und der Teufel obendrein! Was für eine Verlobung? Ich weiß noch nichts von einer Ver lobung.* „Lienhart, du tust mir aufrichtig leid. Hast du immer noch nicht bemerkt, daß der ganze Kram auf eine Ver lobung hinausgeht? Meinst du, der Baron sei umsonst im Rock und mit Weitzer Krawatte gekommen?* „Aber gesagt hat er nichts*, warf Lienhart trocken ein. „Datz ich taub sei, wirst du nicht behaupten wollen, wenn du auch viel behauptet hast, was nicht wahr ist?* „Wbe soll er denn sprechen, wenn der andere dazwischen gekommen ist?* „Der Doktor?* »Ja, der!* „Und der Doktor wollte auch um Grete anhalten?* „Nichts anderes*, erwiderte Mutter Lienhart. „Der kommt natürlich nicht in Betracht*, setzte sie mit einer weg- werfenden Handbewegung hinzu, „der Hauptgrobian.* Der Schneidermeister begehrte auf. „Der Doktor ist mir weit lieber als der Fanutti. Bei dem einen weiß man, was hinter ihm ist, aber bei dem anderen nicht. Wenn er ein richtiger Baron wäre, würde er gar nicht bei der Hellborn drunten sich einmieten.* Mutter Lienhart sah ihn groß an. „So? Meinst du? Du hast auch eine Ahnung! Als ob's nicht schon oft vor gekommen wäre, daß die reichsten Leute sich wo ein mieteten l Wenn er doch Studien machen will! Lienhart, du hast keine Ahnung von der vornehmen Welt!* In diesem Augenblick trat Grete ein und unterbrach den beginnenden Streit. Sie trug ein Körbchen mit Sem meln und begann die Brote auf dem Tisch zu verteilen. Mutter Lienhart hielt den Augenblick für gekommen, um einen Hauptschlag zu führen. „Grete*, sagte sie, „bist du jetzt vernünftig geworden?* Das Mädchen sah mißtrauisch zu ihr hinüber und zog es vor, die Frage nicht zu beantworten. Daraus entnahm Mutter Lienhart, daß sie die Frage bejahen wollte. „Nachher wird wer kommen und um deine Hand anhalten, Grete.* „Ist nicht wahr*, sagte hitzig der Meister, „ein anderer ist's!* „Schweig', Lienhart! Es ist so, wie ich sage. Der Herr Baron von Fanutti will dich haben, und ich werde ihm meinen Segen geben * „Und ich gebe dem Uiszigeth meinen Segen*, ent gegnete der Schneidermeister in aufbrausendem Zorn. Mutter Lienhart wollte ihm scharf erwidern, aber das Wort blieb ihr in der Kehle stecken. Grete brach in ein Helles Gelächter aus. Aber es war nicht fröhliches, munteres Lachen, es klang böse, fast ver ächtlich. Sie stellte das Körbchen mit den Semmeln heftig auf den Tisch. Ein fliegendes Rot zeigte sich plötzlich aus ihrer Stirn. »M< kein hart muf z »Wl «ich bist eige Sie! Ren gese wie! ihre geri Hinz c dru< ich i dige Dra wie! Dar 1 Far auch Sch! um wir' die mäf duv »Mi Ged feiei und flas. Weh « war und k una gen er s Lier wer von schü Tisc grir mm wer Fen