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ZUR E I NFÜHRUNG Joh. Sebastian Bach hat insgesamt 4 Orchester suiten geschrieben, die geistig zu seiner Köthener Zeit gehören. Die Suiten stellen eine Folge von Tanz stücken dar, mit einigen Blasern und-kleinem Streich körper. Die Art, in der diese beiden Klanggruppen miteinander und gegeneinander musizieren, kenn zeichnet die Suiten und die Brandenburgischen Kon zerte als Spielmusik. Natürlich Spielmusik im höch sten Sinne. Denn so schlicht und volksnahe diese Stücke auch sind in ihrer Verwendung zeitbedingter Tanzformen und in ihrer freudigen Bewegtheit — dieses Spiel ist jederzeit gebunden an eine tiefe geistige Verantwortung vor der Kunst und an einen echten Gottesglauben. Oder von einer anderen Seite betrachtet, die Verwendung des Tanzes als Form ist an sich weder gut noch schlecht; eine Scheidung nach künstlerischen Gesichtspunkten läßt sich nur auf Grund der inneren Haltung vornehmen. Die innere Haltung wiederum offenbart sich in der Besonderheit der „Melodie“ der Themen. Die Suite Nr. 3 in D-dur als die am meisten auf geführte ist komponiert für 2 Violinen, Viola, Con- tinuo (mit Cembalo), 2 Oboen, 3 Trompeten und Pauken. Das Werk besteht aus 5 Sätzen: der eigent lichen Ouvertüre, einem Air (Arie für Instrumente von unbeschreiblicher Schönheit), einer Gavotte, einer Bourröe (Geschwind-Gayotte), während die Gigue (gleitender */ 8 -Tanz) das Werk glanzvoll ab schließt. Das Violinkonzert in D-dur op. 61 hat Ludwig van Beethoven 1806 komponiert. Mit vier leisen Paukenschlägen, die im Verlaufe zu motivischer Bedeutung heranwachsen, beginnt der erste Satz. Wie in einer Sinfonie stellt das Orchester den ge samten Themenstoff auf. Die glanzvollen Haupt themen sind zunächst der Oboe anvertraut. Erst nach beendeter Themenaufstellung beginnt die Solo geige: wie präludierend erklingen Oktavengänge, Triolen und Sechzehntelfiguren, dann singt die Geige in hoher Lage die leicht verzierte Hauptmelodie. Die motivische Durchführung der Themen und des vier- tonigen Paukenmotivs liegt durchweg im Orchester. Über diesem klaren Stimmgewebe zieht die Geige in gebundenen. Phantasien ihre beseelten gesang vollen Bogen. Von besonders ergreifender Wirkung ist^ier Einsatz des zweiten Themas in der Geige nach der Kadenz. In dem kurzen Larghetto des zweiten Satzes beteiligt sich die Sologeige überhaupt nicht mehr an der Thematik des Orchesters. Innig ist die vom Streichquartett gesungene Weise und be harrlich hält das Orchester diese friedvolle Stim mung bei. Doch wie verklärt und innerlich bewegt schwingt sich die Geige empor, trillert, gleitet leise dahin und stimmt nur einmal eine langsame, in ihrer edlen Schlichtheit ergreifende Weise an. Wie zum Ausgleich für ihre „thematische Untätigkeit“ im Larghetto übernimmt die Sologeige im dritten Satz ganz allein die Festlegung des Themas. Ja, sie wieder holt es noch einmal sehr zart in hoher Lage, be’vör sich das Orchester des Themas bemächtigen darf. Der Beginn des Zwischenthemas liegt zwar in) Tutti, doch den zweiten Teil führt eifrig die Sologeige aus. In der Weiterführung des heitertreibenden Rondos werden der Violine spieltechnisch nicht immer ein jache, aber dankbare Aufgaben zugewiesen. Etwas überraschend der Schluß mit den verschwebenden Bläserakkorden und der wie hingewischten Endfigur. Die 5. Sinfonie in e-moll op. 64' ist wohl Tschai- kowskijs bedeutendstes Orchesterwerk. Die dem sinfonischen Schaffen allgemein eigentümliche Art, den geistigen Grundgedanken auch musikalisch sinn fällig zu machen, ist hier besonders deutlich aus geprägt: die wesentlichen Themen der Sinfonie sind innerlich verwandt mit einem Kopfthema, und dieses selbst wird in den einzelnen Sätzen wörtlich wieder holt. Im übrigen beruht die Wirkung des Werkes vorwiegend auf leidenschaftlicher Melodik in einem farbigen Klanggewand; der Rhythmus ist nicht Selbstzweck wie sonst wohl bei Tschaikowskij, son dern dient dazu, die Melodien zu härten, zu schärfen oder zu runden. Der erste Satz bringt insgesamt 5 Hauptthemen, die der Komponist sehr farbig und in wechselvoller Be wegung von den einzelnen Instrumentengruppen er klingen läßt. Seitengedanken haben oft nur eine Nebenbedeutung. Im düsteren Pianissimo der tiefen Streicher und des Fagotts und mit fernem Grollen der Pauke schließt der Satz. Im Anfang des zweiten Satzes läßt Tschaikowskij den auf- und absteigenden Achtelgang des 5. Themas in den Bratschen erklingen. Weich und werbend singt das Horn eine unvergleichlich schöne Melodie, wird zu Rede und Gegenrede von Horn und Klari nette, steigert sich, Oboe und Fagott beteiligen sich daran, wachsen und verschlingen sich in selbst vergessener Leidenschaft. Selig verklingen die Weisen in einer zarten Wendung der Klarinette. Eine an mutig beschwingte Walzerszene, wiegend, ver spönnen in Erinnerung, enthält der dritte Satz. Da zwischen ein bewegter Mittelteil. Mahnend und dro hend erscheint das vierte Thema wieder. Schüchtern verklingt der Walzer. Der vierte Satz faßt noch einmal alle Themen der Sinfonie zusammen." Die Hörer werden aber nicht mehr Zeuge des letzten Ringens und endlichen Sie ges, sondern erleben nur noch die Feier des Sieges. Das russische Tanzlied tritt hervor, während zwei Seitenthemen als Stimmungsmalerei dienen: heftig geht es weiter. Der Festesjubel rauscht laut empor. Volksfest in Rußland. Dazwischen schmettern die Rhythmen des sinfonischcnHauptthemaS; nicht mehr lastend und drohend, sondern Ausdruck überschäu menden Jubels. Im vierfachen Forte stürmt noch einmal Thema 5 heran, und mit rasenden Schlägen donnert das Tongedicht dem Ende zu. Aus „Meyers Konzertführer".