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Schnecfio«eu. Leise schwebt vom Himmel meder Blütenzart ein weißer Traum. Windbewegt, nur hin und wieder, Regt im Park sich Busch und Baum. Windbewegt, nur hin und wieder Raschelt dürres Laub am Steg. Sommer ging, verweht die Lieder Reines find't zurück Den Weg. Sommer ging, verweht die Klänge. Spurverloren geht die Zeit. Traumstill dehnen sich die Hänge, Erde wird nun weiß und weit. Th. Heisterborg - Erfurt. tk. Funde aus ver Römcrzeit. Bei Ausschach tungsarbeiten auf dem Neumarkt in Köln stieß man auf mehrere Reste, die nach Ansicht von Sachver ständigen zu einem römischen Stadthaus gehört haben, das an dieser Stelle um das Jahr 100 nach Christi erbaut worden ist. Die Ausgrabungsarbeiten werden mit aller Vorsicht vorgenommen. Der Fund hat in sofern eine besondere Bedeutung, als man in der nächsten Umgebung schon mehrfach Ueberreste von Vil len und Landhäusern aus der Römerzeit freigelegt hat, aber zur Rekonstruktion der Gesamtlage immer noch die wesentlichen Anhaltspunkte für Anlage und Einrichtung von Stadthäusern fehlten. tk. Eine Hinrichtung mit Jazzmusik. Der ame rikanische Raubmörder Moran, der wegen der Ermor dung zweier Polizisten zum Tode verurteilt worden war, bestieg kürzlich im Staatsgefängnis Sing-Sing den elektrischen Stuhl, während in einem Raum neben der Totenkammer eine Jazzkapelle den bekannten Schla ger „Ich möchte glücklich sein" spielte. Ehe er den verhängnisvollen Gang antrat, hatte der Delinquent ein ausgiebiges Frühstück eingenommen und zehn Zi garren geraucht. Er hatte gebeten, die Hinrichtung bis nach dem alljährlich stattfindenden Fest der Ge fangenen von Sing-Sing aufzuschieben, an dem 1200 Angehörige und Bekannte der Strafgefangenen teil- - nehmen sollten, und das dem Zweck dient, einen Fonds - zum Einkauf von Weihnachtsgeschenken für die Ge fangenen aufzubringen. Dieser Wunsch des unter haltungsbedürftigen Raubmörders wurde jedoch ab schlägig beschieden. Im Coupe. Sachse zum Neger: „Verzeihn Se gietigst, Sie find nich aus Leipzig?!" — „No!!" - (Nach zehn Minuten Nachdenkens.) „Drum!" — Durch die Blume. Nach einem mehr als bescheidenen Mahl bietet der Wirt seinem Gast Zigarren an. „Nein, danke," lehnt dieser kühl ab, „ich rauche nur sehr selten und nur dann, wenn ich gut gegessen habe." Die „selbstlosen" Kannibalen „Nun habe ich zehn Jahve unter den Kanni balen gewirkt, Herr Bischof," sagte der Missionar. „Aber niemals habe ich unter ihnen so große Egoisten gesunden wie in den Kulturländern." „Nun, das ist ja begreiflich. Die Menschenfresser sind eben die einzigen, die ihre Mitmenschen um ihrer selbst willen lieben." Das Schwein unter den Fischen. Die umstritten« Heimat des Karpfens. — Karpfen. tSnige und bemoofte HSnpter. — Karpfenzucht, ein schwieriges Geschäft. Ein fetter Karpfen, am Silvesterabend verzehrt, soll Glück fürs neue Jahr bedeuten; es genügt al lerdings auch, nur den Rogen zu essen. Der Glaube hat seinen guten Grund; sind doch die Eiermassen dieses fruchtbaren Fisches ein treffendes Symbol glück bringender Fruchtbarkeit. Ein Karpfenweibchen kann nämlich 700 000 Eier produzieren. Diese gesunde Zeugungskraft war denn auch der Anlaß, daß die alten Römer neben ihren Venustempeln gern kleine Karp fenteiche anlegten. Der Karpfen, der seit Jahrhunderten bei uns ge züchtet wird, und von dem es viele Rassen und Spiel arten gibt, hat der Wissenschaft schon manche Frage aurgegeoen. so tst cs noch nicht aufgeklärt, wo der Fisch seine ursprüngliche Heimat hatte. Man tveiß nicht einmal genau, wann er nach Deutschland ge langte; nach neueren Forschungen kann man aber im merhin annehmen, daß der Karpfen aus den südlichen Donauländern stammt und sich vielleicht schon vor dem Eintritt der Eiszeit nach Norden verbreitete, dann aber mit der etnbrechenden Kälte verschwand und ver mutlich wieder nach dem Stromgebiet der Donau zurück wanderte. Nach Deutschland mag er durch pilgernde Glau bensboten und Mönche gebracht worden sein, die den schmackhaften Fisch in Rom kennengelernt hatten. Je denfalls wurde in Klöstern schon sehr früh Karpfen zucht betrieben. Außer der Zuchtform des Karpfens, dem Edelkarpfcn, liefern auch der Spiegelkarpfen oder Karpfenkönig, jene Abart, deren Körper nur mit we nigen Reihen von Schuppen bedeckt ist, sowie der völ lig schuppenlose Lederkarpfen schmackhaftes Fleisch. Noch eine andere Eigenart, die zwar nicht für den Züchter, wohl aber für den Naturforscher wichtig ist, zekchnet den Karpfen aus: Er kann nämlich sehr alt, angeblich bis 200 Jahre alt werden. Er wird dann zum richtigen „bemoosten Haupt", da sich auf dem Körper alter Karpfen mit Vorliebe allerhand Algen und dergleichen festsetzen, so daß eS wirklich aussieht, als sei der Fisch mit Moos überzogen. Einen fetten und doch aut fleischigen Karpfen zu züchten, ist nicht einfach. Man muß darauf achten, daß das Wasser nicht zu sehr verschlammt, weil das Fleisch leicht den Schlammgeschmack annimmt, und gleichzeitig braucht der Karpfen als Allesfresser — man nennt ihn deshalb auch oft das „Schwein unter den Fischen" — ständig viel pflanzliche und tierische Nah rung. Sobald der Laich abgelegt ist, mutz man die Eltern von den Eiern entfernen, da die Elternttere ihren reichen Laich am liebsten selbst fressen. Die Zucht der Jungfische erfordert dann wieder viel nahr haftes Futter und sorgfältige Ueberwachung des Was sers, das nicht verschlammen darf, obgleich der Karp fen gern im Schlamm wühlt. Andererseits dürfen die Fische aber auch nicht übermästet werden, weil sie sonst verfetten und das Fleisch dann an Wohlgeschmack einbüßt. Was die Schmackhaftigkeit des Fleisches anbelangt, so gibt der Feinschmecker dem Fleisch der männlichen Tiere den Vorzug, wie denn auch die Milch des Karpfens von manchen Essern dem Rogen vorgezogen wird. Mit seinem fünften Jahr erreicht der Karpfen in der Re gel seinen höchsten Fleischwert. Die Cervelatwurst. Eine Humoreske von Jörg Betzler-Gera. Walter Sartorius, der Prokurist der Firma Alex- j ander Schroeder, Mäntel en gros, ging eines Sonntags ! nach dem Frühstück zur Flurgarderobe, um sein Zr- ! garrenetut aus seinem Mantel zu holen. In Ge- , danken versunken, griff er aber den Mantel seines i Sohnes, des stud. jur. et rer. Pol. Erich Sartorius und stieß dabei auf einen harten, dicken und langen Gegen stand, der sich bei näherer Betrachtung als eine rtesrge Cervelatwurst entpuppte. Der erstaunte Prokurist rief seine Frau, die jedoch keine Erklärung für diesen' Fund wußte. Da fragte der gestrenge Hausherr: „Wo . ist denn überhaupt Erich?" Die gute Mutter kam in Verlegenheit. Ihr ein ziger Sohn steckte noch in den Federn und schnarchte mit jener unheimlichen Virtuosität, die durch gesteigerten Alkoholgenuß hervorgebracht wird. Sie antwortete des halb ihrem Gatten nur zögernd: „Erich schläft noch." „Was, er schläft noch?? Um diese Zett schläft kein ordentlicher Mensch mehr. Er soll sofort aufstehen . Ich will wissen, woher er die Cervelatwurst hat!" ' Etwa eine Viertelstunde später standen sich Vater und Soyn gegenüber. Brummend erwiderte der altZ Sartorius den Gutenmorgengruß seines Sohnes und fragte unvermittelt: „Wo hast du denn die Cervelat wurst her?" „Was denn für eine Cervelatwurst?? „Also, Junge, in deinem Mantel steckt eine Cerva, latwurst. Wo hast du die her???" „Zum Donnerwetter noch einmal, antworte end« ttch," donnerte der alte Herr los, „woher hast du dis ! Cervelatwurst?????" ! „Ich weiß es nicht, Vater!" Was Vätern öfter passiert, Walter Sartorius ge riet über diese negative Antwort in maßlose Muß: „Ich werde deinem Gedächtnis schon nachhelsen. Ihr habt euch wahrscheinlich wieder einmal sinnlos trunken, groben Unfug getrieben und diese Wurst ge stohlen . . . „Widersprich nicht," unterbrach er eine abwehrende Geste seines Sohnes, — „jawohl, gestohlen! Du willst ein Student der „Rechte" und der „Volks wirtschaft" sein? Diese Cervelatwurst entstammt einem groben „Unrecht" und einer „Schweinewtrtschast", das sage ich dir. Wo warst du überhaupt gestern?" „Wir waren bei Kurt Schröder zu einem Kneip abend, Vater." - «So, und wo hast du die Cervelatwurst her?' „Ich weiß es wirklich nicht, Vater!" Wieder schwoll donnernd die Stimme des alten Herrn an: „Binnen 24 Stunden wirst du es wissen, Bürschchen, oder du betrittst nicht wieder die Schwelle deines väterlichen Hauses . . . Steh' nicht so dumm herum! Raus!! Wit dir bin ich vorläufig fertig!!" ' Evtch, Sartorius verließ sch.uc. ;md das Zimmer. i Die etwas gehobene Au-sprach« seines Vaters war für feinen ausgewachsenen Kater zu anstrengend gewesen. Er besah sich seinen Mantel- Tatsächlich, ?r barg eine Riesencervelatwurst, ein Rätsel, das Erich trotz aller Gedächtnisakrobatik nickt »u lösen vprmn^t? Per erzürnte Vater grübelte ebenfalls über den geheimnisvollen Ursprung der Wurst nach ,Mar dir , Wurst von seinem Jungen gestohlen, wer weiß, welche Folgen dies noch haben konnte. In puncto Ehrlichkeit war Alexander Schröder unnachsichtlich streng. Erich Sartorius war zu einem Kneipabend beim Sohn des Chefs gewesen, womöglich war die Wurst sogar aus dem Hause Schröder gestohlen. Dem Prokuristen Walter Sartorius wurde es abwechselnd heiß und kalt bei diesem Gedanken. Dazu verfocht sein Ches noch zwei Theorien besonders scharf, auf denen er seine Men schenkenntnis ausbaute: erstens die Lehre von der Ver erbung und zweltens jenen fundamentalen und ost erprobten Erfahrungssatz: In der Trunkenheit ver rät der Mensch seinen wahren Charakter." „Mein Sohn, mein eigen Fletsch und Blut, hat sich in der Trunkenheit als Dieb erwiesen," so folgerte Walter Sartorius, „wehe, wenn mein Ches aus diesem Vorfall die Schlüsse der Vererbungslehre zieht, dann ist meine Existenz und die meiner Familie vernichtet." In diesem Augenblick klingelte das Telephon, und es meldete sich ber Ches Alexander Schröder: „Mein lieber Herr Sartorius, besuchen Sie uns doch heute mit Ihrer Frau zu einer Tasse Kaffee. Bringen Sie aber ihren Sohn Erich mit, ich habe mit Ihnen über ihn zu sprechen!" Der arme Prokurist hatte vor Ueberraschung und Schreck nur immerfort „Jawohl" und „Sehr angenehm" geantwortet, aber in Wirklichkeit sah er ein furchtbares Geschick über sich Hereinbrechen. Er rief sofort seinen Sohn und erklärte ihm: „Herr Schröder hat uns heute zu sich bestellt. Er will mit mir über dich sprechen. Du nimmst die Cervelatwurst mit und wirst dich, so bald ich dich dazu auffordere, wegen deines dreisten Diebstahls gebührend entschuldigen." „Aber Vater, . . . ." „Schweig, und leugne nicht noch!" Alexander Schröder schien recht woklgelaunt, als er die Familie seines Prokuristen empfing. Schmun zelnd drückte er dem jungen Erich die Hand und bemerkte dazu: „Ganz und gar der Vater." Walter Sartorius glaubte gallebitteren Hohn aus diesen Wor ten zu hören, und mit bangen Gefühlen setzte er sich an den reichgedeckten Kaffeetisch. Weder das auserlesene Gebäck, noch der vorzügliche Mokka vermochten seine Gedanken nur einen Augenblick von dem drohenden Gespenst der Cervelatwurst abzulenken, und die Ge spräche blieben im rein geschäftsmäßigen Ton stecken. Als man sich von der Tafel erhob, wandte sich der Herr des Hauses an seinen Prokuristen: „Mein lieber Herr Sartorius, kommen Sie doch einmal mit in mein Pxivatbüro, ich möchte wegen Ihres Sohnes Erich einige Worte mit Ihnen sprechen." Jetzt mußte das Unvermeidliche kommen, und Walter Sartorius glaubte, daß der Boden unter ihm wegsacke, er folgte seinem . Chef wie ein Schlafwandelnder. j Das Privatbüro war höchst angenehm au; euu : Plauderstunde vorbereitet. Aus elnun Rauchtisch staw ' den auserlesene Zigarren, daneben c.n Eiskügler mii einer Flasche alten Henne, >y, und im Kamin knistern das Feuer die ersten Melodien des Vorwinters. „Also, um gleich zur Sache zu kommen." beganr Herr Schröder, „ich möchte Ihren Jungen ms Ge schäft haben." Der überraschte Prokurist konnte diese Worte nich: recyr oegretfen unv erwlvert«: „Ja, das geht aber doch gar nicht." „Unsinn, lieber Sartorius, natürlich geht das. Jhi Sohn studiert getrost weiter, spezialisiert sich nur nach unserer Branche hin und in den Ferien arbeitet ei hier praktisch, genau so, wie ich es mit meinem Jun gen mache." Der alte Sartorius fühlte, wie ihm das Herz zu zerspringen drohte, dann ritz er sich zusammen: „Herr Schröder, Ihr Angebot ehrt mich sehr, aber ich will ganz ehrlich zu Ihnen sein. Ich kann Ihnen meinen Sohn nicht empfehlen." „Was soll denn das heißen?!" „Mein Sohn war in der vergangenen Nacht sinn los betrunken und hat höchstwahrscheinlich in diesem Zustand eine Cervelatwurst gestohlen, und in der Trunkenheit, das wissen Sie ja, verrät der Mensch seinen wahren Charakter." Während dem gepeinigten Vater bet diesen Worten Tränen über die Wangen rollten, brach Alexander Schröder in ein schallendes Gelächter aus: „Das Hai ja großartig geklappt. Also weder Sie, noch Ihr Sohn Erich wissen, woher die Cervelatwurst stammt?!Groß artig . . . großartig!" Walter Sartorius wußte nicht, was er von dem Benehmen seines Chefs halten sollte, aber dieser sprach weiter: „Jetzt habe ich den Beweis, das; Ihr Sohn gestern in sinnloser Betrunkenheit seinen magren Cha rakter verraten hat. Sie wissen ja, mein Kurt hat gestern einen Kneipabend gegeben. Nun, Ihr Erich war der Letzte, der noch mit ihm aushielt, aber fragen Sie mich nicht wie. Die beiden Jungen bemerken gar nicht, daß ich so gegen 3 Uhr morgens ihrKnetp- zimmer betrat. Ihr Sohn Erich hielt mit wilden Gesten eine Cervelatwurst in der Hand und sprach aus meinen Kurt ein: „„Also Kurt, wenn wir erst in der Firma Schröder als Schröder L Co. herrschen, dann wollen wir unsern Alten beweisen, daß wir nicht von Pappe sind. So groß muß die Firma werden!"" Dabei reichte er mit der Wurst fast bis zur Decke. Da mir aber unsere beiden Jungen zu sehr schwankten, habe ich Ihren Sohn mit der Cervelatwurst, dem Maßstab für die Größe der neuen Firma, nach Hause geschickt. Aber er soll in die Firma, denn in der Trunkenheit hat er seinen wahren geschäftstüchtigen Charakter ver raten." Der besorgte Vater Sartorius atmete befreit auf: „Ist das denn wirklich wahr?" „Natürlich, lieber Sartorius, und den Charakter, da sehen Sie, wie meine Theorien auch in der Praxis stimmen, hat er von Ihnen geerbt. Wie wäre es, wenn wir auch den Jungen zeigten, daß wir nicht von Pappe sind und bereits ab heute die Firma Alexander Schröder L Co. nennen würden?!" Der Prokurist traute seinen Ohren kaum, aber dann schlug er mit Freuden ein. Roch am selben Abend feierten die Familien Schröder und Sartorius den neuen Bund. Die beiden Junioren aber hatten die Cervelatwurst mit Bändern geschmückt und aus die Festtafel gelegt. Der alte Sartorius stieß vergnügt mit seinem Sohn an: „Junge, Junge, wären wir nicht Mäntel en gros, dann müßte unsere Schutzmarke eine Cervelatwurst werden!"