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Merkäse aus einen Ätz essen konnte und jeden Tag Men „Assen" hatte. Dieses war noch in der Vorkriegszeit, wo die Ju« »end noch nicht so verroht war wt« fetzt, mW die Stammtische noch nicht verwarft, wett di« Privatiers noch ihr gutes Geld hatten. Ich bekomm« noch eine zweite Watsche, nämlich von unserer Anna, denn der Affe wird ihr vom Lohn abgezogen, und sie kündigt aus Neujahr. Ich höre aber, wie sie zu Hofrats Lina im zweiten Stock unter uns sagt: „Am liebsten wär ich gleich gegangen... So eine schofle Bagasch'i Aber nicht wahr, das Christkindl kann ich doch nicht hint lassen? Zwan zig Markl werden's alleweil..." Dieses nennt man Selbstbeherrschung oder Diplo matie. Und jetzt ist der Heilige Abend. Ich merke es daran, daß der Provisor von der Engelapotheke, mein zukünftiger Schwager, tm „Kött" daherkommt- „Kött", das ist ein Nock, den man zu Verlobigungen trägt, wenn man Akademiker ist. Meine Eltern führen ihn vorläufig ins Wohnzimmer und erkundigen sich nach seinem Befinden. Und sie tun, als ob sie von der bevorstehenden Verlobigung gar nichts wüßten. Dieses nennt man Bildung. ES geht noch eine Weile sehr geheimnisvoll zu, dann klingt ein Glöckletn, und jetzt darf ich ins Bal konzimmer. Ich reiße Maul und Augen sperrangel weit aus, denn ich muß sehr überrascht tun, damit sie nicht merken, daß ich die Sachen schon früher ge sehen habe. Besonderer Jubel erfüllt mich über bas Luftgewehr, und ich frage, wie man es macht, damit man schießen kann. Da sagt die Mutter zum Vater heimlich: „Siehst du, du hast ihm unrecht getan mit der Watsche..." Das nennt man Psychologie. Meine Schwester Josefa setzt sich ans Klavier und spielt „Stille Nacht, heilige Rache', und der Provisor singt dazu mit seinem wunderschönen Bariton, daß uns allen die Tränen aus den Augen purzeln. Mei nen Vater schüttelt «S nur so, denn er hat etn sehr weiches Herz. Rach dem Liede steckt der Provisor meiner Schwe ster einen Ring an den Finger, und diese ihm — ein Schauspiel, daS mir nichts Neues mehr bietet, weil ich es schon zu oft gesehen habe. Dann sinken sie sich in di« Arme und schämen sich nicht einmal vor mir, wie sie sich küssen. Dann stehen wir alle selig unterm Christdaum. Der Vater bekommt eine Zigarrentasche aus echtem Schildkrötenleder mit goldenem Bügel, aber er raucht nur Virginier und ist mißgestimmt. Die Mutter bekommt einen Kleiderstoff von grüner Seide, aber sie sagt, grün ist nicht mehr modern, und sie wird ihn der Tietz umtauschen. Die Anna bekommt zwanzig Mark in dar und ein« Hausschürze, aber man steht es nicht, daß sie ganz verschossen ist, weil sie ber iSrünthal zu lange in der Auslage hing und beim Ausverkauf mit dreißrg Pro zent unterm Selbstkostenpreis abgegeben wurde. Der Provisor bekommt von meiner Schwester etn Sosaktssen, fünf Paar Pulswärmer und ein silber nes Zigarettenetui mit Monogramm. Meine Schwester bekommt von ihrem Bräutigam die Prachtausgabe des „Allgemeinen Kochbuchs", worüber die ganze Familie sehr glücklich ist, denn man merkt, daß es der Provisor wirklich ernst und ehrlich meint. Dieses war die Bescherung, die wir mit süßen Gesichtern entgegennahmen. Denn das gehört sich. Ich muß noch erwähnen, daß mir der Provisor gleich erlaubte, du zu ihm zu sagen, was ich sehr gern tat. Ich verstehe überhaupt nicht, warum wir nicht alle du zueinander sagen, wo wir doch alle Nach der Bescherung kam der Sekt, dem ich sehr zusprach, weil er so süß war. Der Bräutigam brachte da« Gespräch gleich auf das Haus am Peter-Platz und entwickelte seine Zukanstspläne, wett er eine Apo- cheke hineinbauen wollte, um sich selbständig zu machen. Denn da ist ganz anders verdient wie als Provisor. In diese 'Gespräche vertieft, merkten meine An gehörigen nicht, daß der Christdaum plötzlich um den Tisch zu tanzen begann. Erst als ich ihnen diese meine Wahrnehmung mitteilte, wurden sie aufmerksam, und der Vater sagte zur Mutter: „Bring ihn ins Bett! Der Saubub — entschuldige, lieber Schwiegersohn — HLt einen Sekt- rausch. Warum hat man nicht Obacht gegeben?" Der Provisor, was mein zukünftiger Schivager ist, gab mir schnell ein Pulver, das mein« Zustände lin derte, aber ich mußte immer wieder lachen, wie sich alles um mich drehte. Ich mußte gleich ins Bett, aber auch dieses flog z tm Kreise um mich herum, und ich dachte mir, wenn es wieder in meine Nähe kommt, springe ich geschwind j hinein. Aber wie ich den Sprung machte, kam ich nicht ins Bett, sondern auf die Weckgläser in der Zimmerecke zu fallen, daß die Scherben nur so flogen. Und auf einmal stand das Bett ruhig an seinem : Platz, ich hüpfte schnell hinein, denn die Familie lief zusammen und jammerte über das schöne Eingemachte, das nun als Fladen aus dem Boden floß. Am anderen Morgen bekam ich vom Vater noch eine fürchterliche Watsche, weil meine Schwester sagt«, wenn di« Verlobigung wieder auseinandergeht, dann wäre nur ich schuld, weil niemand einen solchen Bengel als Schwager wolle, am wenigsten ein Akademiker mit oder ohne Vorleben und „Kött". Ader «S kam nicht soweit, denn gleich nach de« Feiertagen wurde im Haus« am Petersplatz mit dem Einbau der Apotheke begonnen, und so hoffe ich denn, das nächste Christfest bei meiner Schwester verleben I zu können. Und hoffentlich gibt es «inen Sekt. Dieses war mein Weihnachtsfest, und ich mutz sagen, «S war sehr schön. Weihnachts-NStsel. Kreuz irt-RStsel. Di« Wörter bedeuten: a)r Bon links nach recht»; 2. Hilferuf in Seenot^ 4. Insel im Mittelmeer. S. und 6q. Hohes chrtst- KSsselspruug Anagramm. Herder Tal«r ' HA <1 Auflösungen der Weihnachts-Rätsel r Kreuzmort-Rätsel: nw«s y«n. 7. yeierltch« Versicherung. 8. Leichter Wagen, 10. Gewässer. 12. Biblische Person. 14. Beruf «ine» Ab gesandten. 18. Russisches Gewicht. 1k. Nebenfluß der Donau. b): Bon oben nach unten: 1. Behördliche Ab gabe. 2. Küstenstadt in Syrien. 8. Verletzung durch ein spitzes Werkzeug. 4. Falscher Schwur. 5. Männlicher Ber- sonenname. S. Lonstufe. 11. Straubenart. 13. Münze, Magisch« Gleichung. (a-b) plus (c—d) plus (e-f) plus (g-h) plu» (t-ks gleich x. Es bedeutet: a): Transportkosten, b): Zahl. e)r Rtesen- bildsäule. d): Erzeugnis der Kochkunst, e): Pflanzenzaun, s): Mathematische Figur, g): Waschmittel, h): Fruchtkocper. t)r Sina- und Sprachlaut, k): Insekt, x): Einen Wunsch für unsere Leser. Telegramm. — . . — Kartenspiel. — . — . , — — Backwerk. Stearin Lende Alwin Klee Linse Mahl Einer chlen« Eh« Kioto Achs« Eiger Rank« Amen Das«. Durch Umstellen der Buchstaben in obigen Wörtern sind neu« Wörter zu bilden. Richtig gebildet müssen di« An fangsbuchstaben dieser Wörter einen Chrtstfestbraten ergeben« Magische Gleichung: a): Fracht, bj: Acht, es: Kslptz. hfl Kloß. «): Heck«, f): Eck. g): Seife, h): Si. i): Stimn. H: Imme. x)r KrHes Fest. Telegramm: Skat Krapfen Pension Chemie Darius. — Karpsenschmauö. Ms-lwrnng: ES weht der Wind und ist so kalt, — ES knarrt der Schnee im dürren Wald, — Die Sterna glänzen hell darein, — Da nahet sich ein Kindelein, — Ein Knabe, lieb und wunderhold, — Mit seinem Himmels schein von Gold - Erhellt er mild die Dunkelheit — Und streuet Segen weit und breit. lGraf von Pocci.) Anagramm: Dreher Inserat Elend Wilna Ekel Insel Halm Nier« Aller Chinese Heer Tokio Sach, Geter Anker Name Sode. — Di« WerhnachtSganS. — — Ruhegehalt. . . - . - - Wissenschaft. — . . . Persischer Koenig. Ein junges Ehepaar erhält von befreundeter Sell- vorstehendes Telegramm, mit dem ihm «ine Einladung zum Weihnachtsabend zugeht. Was «S bei dem Festmahl gibt, erfahren di« Leser, wenn sie an Stelle der Punkt« m vorstehenden Wörtern, die zu suchen sind, Buchstaben zyM er lieb et milä äer kns Kel unck von WM de äun ren ich»« ; »ult er Kw: äie ilhvi er keit ein i gen VliN mek teilt unä glsn im Ke» Kim ro »eit äie »el äs lein n« äer «imj nem rein unä Ker ein äür itt äz vekt mit det breit äe cler KM unä ns er Xin ren »ich denn die Mühle hatte verkauft sich ihr Ertrag nicht mehr lohnt«. Ein Ster« auf dunklem Wege. Von Slsrieve Reuhautz. „Ade, Guido! Ihr seid jung, ihr werdet es noch schaffen, geht mit Gott!" Etn kräftiger Händedruck be siegelte den Abschiedsgruß. Der Gesell folgte dem Laus des niederstürzenden Baches, ließ im Tal die Hellen Häuser mit dsn in der Sonne blinzelnden Fenstern und den tiefhängen den Schindeldächern zurück und dacht« mit einem weh mütigen Gefühl an sein flinkes, fleißiges Liebchen, das auf dem Hange wohnte. Wenn ihm nur in der Fremde das Glück etn wenig hold sein wollte! Rüstig voranschreitend bedrückte ihn im flottsn Wandern die aufsteigende Wärme seines Körpers; er lockert« das buntseidene Halstuch, ein Abschiedsgescho«? eben d«s flinkfützigen geliebten Mädchens, und unver wandt weilten seine Gedanken bei ihm. In kleinen Ortschaften übernachtete Guido, aber dstm frühen Morgengrauen sah man ihn bereits wie der «ms der Landstraße. So kam er der Großstadt immer näher, ohne GP ihn die Reife viel gekostet hatte. Nun änderte Ach das mit einem Male, die Nähe der Stadt zeigte ihre Wirkung: jod« Bissen und jeder Trank war nach feinen Begriffen sehr teuer, und sein Geldbeutel schrumpfte zusehends zusammen. Al» Guido- Fuß das Pflaster einer breiten Vor- stadtstratz« betrat, hatte gerade der Dezembermonat begonnen. Er war am Ziel. Staunend blickte er zu den vtclftöckigeu Häuserreihen hoch, die Wucht der GesteinSmasssn behagte ihm wenig und er glaubte sich lebendig begraben — ohne die gewohnte frische Wawluft, ohne den herrlichen Ausblick von der Heimat- Uchen Höhe. Da» schrille Kreischen der Elektrischen. Die Herbstlust tm Walde mit dem blauen Däm merdunst zwischen den hochragenden Stämmen war sttfl und mild. Von fernher klang das gleichmäßige Rauschen des Sturzbaches, der Rhythmus des laufenden Mühlrades. Plötzlich, wie abgehackt, verstummte das Geklapper. Die Lür der alten Mühle wurde geöffnet, und Guido, der sonst so übermütige Geselle, trat reisefertig mit ge schultertem Rucksack hervor, ihm folgte der alte Müller im weißen Kittel. Beide Männer waren sehr ernst, denn die Mühle hatte verkauft werden müssen, well keiner an- 'S Gerate- ligabend. Guido fühlte sich von der erbarmungslosen Wirk lichkeit ins tiefste Innerste getroffen. Weihnachten, und verlassen, in der großen Stadt, Weihnachten und kein Geld mehr, keine mitleidige Seele, die sich st nahm. Er trat hinaus in die Kälte, ging auf, wohl Wetter, immer weiter. Das dunkle Gerüst einer eisernen Brücke, in hohem Bogen über den Fluß gespannt, stellte sich dem Ver zweifelten in den Weg; hier in tiefster Einsamkeit, lm Dunkel des frühen Abends, allein an der äußer sten Grenze der Vorstadt, Peinigte ihn stärker als j« das anhaltende Hupen der AütöS und das Rässtln der schweren Lastwagen dröhnte ihm wie ein grell« Mißklang in den Ohren. Aber Guido gewöhnte sich an den Lärm h« Stadt. Er hatte in einer schlichten sauberen Familie Aufnahme gefunden und war einstweilen der größten Sorge ledig. Nun aber hieß es, sich nach Arbeit um sehen. Auch das wurde für ihn ein« große Ent täuschung. Täglich aufs neue mußte er stundenlang im Vermittlungsamt warten, ein trüber Morgen reihte sich an den andern, und warten, ja, warten! war alles, was er tun konnte. Immer noch hatte Guidos Geduld und Aus dauer zu keinem Resultat geführt. Kalte Regentage mit Dunst und Schmutz hatten sich eingestellt, und verschwiegenes Heimweh im Herzen, ging der arme junge Mann frierend und verhärmt durch Vie Straßen. Längst waren schon die Vorbereitungen für das Weih nachtsfest tm Gange: Frauen, den Arm voller Pakete, huschten an ihm vorbei, und Kinder standen mit gro ßen strahlenden Sehnsuchtsaugen vor den herrlichen Auslagen der großen Schaufenster. Guido hatte nur einen einzigen Wunsch: Arbeit! Der eisige Ostwind brachte über Nacht Eis und Schnee. An diesem Morgen wurde das Dermittlungs- lokal Arbeitsuchender früh geschlossen — «S war Hei zuvor die Sehnsucht nach der Nähe liebender Men schen ... er schloß die Augen, hielt sich an dem kalten Eisengeländer und fühlte plötzlich den ganzen Jammer der letzten Wochen in einem solch hohen Maße, daß er zu sterben wünschte. So stand er eine Weile in der Dunkelheit, er wußte selbst nicht, wie lange es sein konnte. Da war es ihm, als würde es hell und Heller um ihn, und als er die Augen öffn, re und empvr- schaute, sah er, wie der nächtliche Himmel sich teilte und ein großer leuchtender Stern hervorbrach. Sein Glanz belebte ihn, ermutigte ihn, und etn heftiges Drängen und Verlangen füllte sein Herz. Wie von einer fremden Gewalt gezogen, folgte er nun mechanisch dem Strahlenschein, schritt über die Brücke und ging weiter dem Laufe des Flusses nach. Eine Steinmauer gebot ihm Halt. Durch etn halb offenes Tor gelangte er aus einen großen Hof; ein Hund schlug an und war wieder still. Hinter den Fensterscheiben zur ebenen Erde flackerten viele Flämm- chen; — Gutdo wußte nicht, wie es geschehen, er stand ganz überrascht mitten im Lichtschein eines Tannen- baumeS, Kinder und Erwachsene sangen mit Heller, glücklicher Stimm«: O, du fröhliche, o, du selige, gna denbringende Weihnachtszeit. Tränen der Rührung in den Augen, stimmte er feierlich mit etn, niemand schien es zu verwundern. Als das Lied verklungen >var, erhob sich «in älterer Mann aus dem Lchnstuhl am Ofen. „Die Feiertage haben begonnen," sagte er freundlich, „Mühle und Sägewerk stehen still, aber nach dem Fest könnt ihr mit der Arbeit beginnen — ich sehe es euch an, ihr seid sicher der Geselle, den mein Gesuch hergeführt hat!" Guido klärte den wahren Sachverhalt auf. „Potztausend!" ries da voller Staunen der Mann, kommt mir so am Heiligabend eine Extrabescherung sns Haus geschneit. Er nahm Guido an die Hand und alle umringten ihn verwundert. Natürlich wurde er nun zum Bleib« aufgefpr- fordert; das kleinste Mädchen trug ihm ihren Teller mit leckeren Sachen zu, weil er so blaß war und keinen Mantel hatte. In der wohltuenden Wärme de« Gebyrgenseins dachte Guido an den funkelnden Stern, der ihn vom dunklen Weg in« Licht geleitet hatte. Wie würde sich nun auch sein Liebchen in der Heimat freuen, wenn es die frohe Botschaft erhielt, auf die e» schon ja sehnsüchtig und mit Bangen wartet«.