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Roman von betch Ney , Earlotta Dunker, Oop/rlgdt d> dlartia l^oucktvanger, NaUe ^Sasle) «^Fortsetzung.- s-MMRta« .Hannes Fürst ins HauS geführt hatte. gestümes Wetter durch ihr Leben gegangen war. «Me ins Haus zurück. ver- Wie un- Da ging Hannes Fürst, hoch erhobenen Hauptes, mit So Len körnigen Sand. Es war der NameEÄrlottas, den er unbewußt immer aufs neue in den Boden kratzte. Wie lange er so, seinen Gedanken nachhangend, saß, hätte er Wohl kaum zu sagen vermocht. Erst näherkommende Schritte schreckten ihn aus seiner Versunkenheit auf. Hastig fuhr er mit dem Stock über den Namen im Sand. ! Zu spät! Der Nahende war kein anderer als Hannes Fürst ge wesen und er hatte gelesen. Ravenow sah deutlich, daß über seines Nebenbuhlers Gesicht ein kleiner, höhnischer Schatten glitt. Sie grüßten sich eisig. „Zurück von der Weltreise, bester Ravenow?* rief Fürst ihm im Vorübergehen zu. Ravenow hielt eine Antwort für überflüssig, und der andere hatte Wohl auch keine erwartet. Siegesgewiß, den blonden Lockenkopf weit zurück gebogen, schritt Hannes Fürst seinen Weg Wetter und pfiff ein Lied. Ravenow starrte ihm nach, bis er um die Wegbiegung verschwunden war. Dann sprang er auf und eilte über die entgegengesetzte Sette der Anhöhe davon. Kein Zweifel, Earlotta Dunker hatte Hannes Fürst verziehen. Er war als Sieger aus der kleinen Villa da unten hervorgegangen. Weshalb war er, Erik Ravenow, so töricht gewesen und hatte in heiliger Scheu der schönen Morgenstunde ge zögert und nicht gleich Hannes Fürst Earlotta im Garten überrumpelt? Dann, ja dann wäre er wahrscheinlich der Glückliche gewesen. Für kurze Zeit wurde Erik Ravenow ruhiger, ja er spielte bereits mit dem Gedanken, doch noch einmal um zukehren, um Earlotta sogleich aufzusuchen. Daß er dieser inneren Stimme nicht Folge leistete, sollie er bald bitter zu bereuen haben; aber die neuen Zweifel, die wieder in ihm aufkeimten, reizten auch aufs neue den Trotz in ihm. Und so unterließ er es, winkte sich unten am See eine Autodroschke herbei und fuhr nach seiner Wah- nung zurück. * , ungestümen Art in ihrem Herzen Einlaß. Me horchte lange in sich hinein. Nein, sie liebte Hannes Fürst nicht mehr so wie damals: Sie empfand vielmehr das Gefühl der Liebe einer Schwesters zum Bruder. Etwas Mütterliches, Erbarmendes lag in' diesem Empfinden und ein großes Verstehen für seine Rot.. Hannes Fürst, der meistgelesene Romanschriftsteller! Ms-sie in das kleine Wohnzimmer-trat, trug dasMüd- -chen bereits das Frühstück auf, wahrend ihr Vater, die »rechte Hand fest auf den silbernen Krückstock gestützt, am Fenster lehnte. Er begrüßte sie heute nicht fo-liebevoll wie sonst. Seine Stirn war gefurcht, und in seinen Augen wetter- -leuchtete es seltsam, als er sich jetzt auf Carlottas leisen 'Mvrgengruß umwandte. „Was wollte er von dir?* fragte er rauh. „So hast du ihn gesehen, Papa?* entgegnete sie aus weichend. „Wie konntest du diesen Mann noch in mein Haus bringen?* klang es barsch zurück. „Er war unglücklich; er braucht mich. Er will mich heiraten*, lautete die schlichte Antwort. „Unglücklich! Hahaha!* Der alte Hert lachte laut auf. „Hat der Elende vielleicht einst danach gefragt, ob du unglücklich warst, als er die Verlobung plötzlich löste, um die Theaterprinzessin zu sich zu nehmen? Earlotta, ich werde ganz irre an dir! Ist ihm vielleicht seine Geliebte davongelaufen, daß du ihm nun wieder gut genug bist?* „Er hat sich von ihr völlig getrennt.. .* „Und du willst ihn mir wohl gar als Schwiegersohn, einen sogenannten verlorenen Sohn, servieren, Earlotta?* „Warum nicht, Papa? Ist er nicht ein großer Künstler?* „Nun, mit seinem Genius scheint es ein sür allemal vorbei zu sein. Es gab eine Zeit, da ich ihn auch für einen gewaltigen Kopf hielt; aber er war eben auch nur ein Könner mit etwas genialem Einschlag, der sich sehr bald erschöpfte. Da, lies den Artikel in der Morgenausgabe; man sag« Fürst darin ganz unverblümt die Meinung. — Hoffentlich hast du ihm das Wiederkommen verleidet.* Earlotta hatte während der Rede des Vaters mit zitternden Händen die Blumen in einer Vase geordnet. Nun schenkte sie wortlos den Tee in die Tassen. Mit hartem Aufsetzen des Krückstocks näherte sich Ge heimrat Dunker dem Frühstückstisch. Earlotta dachte daran, wie sie dem alten Manne wohl ihren Entschluß mitteilen sollte. Aber wenn sie ihm ihren festen Entschluß, Hannes Fürsts Frau zu werden, mitteilte, dann würde er außer sich geraten. Außerdem fürchtete sie für die Gesundheit des alten Mannes, den erst kürzlich ein leichter Schlaganfall betroffen hatte. So wurde der Pfingstfeiertag, auf den sie sich gefreut hatte, zu einem der wenigst schönen Tage der ganzen letzten Zeit. Unlustig schob der Geheimrat zuerst die Taffe fort, und nahm das Wort: „Du bist majorenn und kannst schließlich über dein Leben verfügen, zumal du pekuniär sicher stehst, Earlotta; aber wenn dein alter Vater dennoch in der Sorge und Liebe für dich ein Wort sprechen darf, so ist es dieses: Sei stolz genug, diesen Menschen nicht zu erhören!* Earlotta schwieg vorerst; dann aber entgegnete sie mit unfreier, belegter Stimme: „Ich werde am besten einige Wochen verreisen, gleich viel wohin, Papa. Hättest du etwas dagegen? Tantz Klothilde würde sicher gern kommen, solange ich abwesend bin.* Geheimrat Dunker hörte nicht die Unsicherheit ihrer Stimme. Er griff allein den Gedanken heraus, daß seine Tochter der unheilvollen Nähe des ihm so verhaßten Mannes entfliehen wolle, und somit war seine gute Stim mung mit einem Schlag wiederhergestellt. „Du willst reisen, mein Kind? Aber so tue es doch!* rief er erfreut aus. „Telegraphiere sofort an Tante Klothilde, daß sie unverzüglich kommen soll. Wohin willst du denn ähren? Hast du schon einen Reiseplan?" Earlotta saß bleich, mit leicht-fttegendem Atem, untn MH auf den Mann, der schon einmal wie ein wildes, un-» „Ich weiß noch nicht", antwortete Earlotta einsilbig, und ihr Gesicht wurde dabei schneeweiß, denn sie fühlte das Peinliche, Beschämende ihrer Lüge. Aber war es denn überhaupt eine Unwahrheit? Noch wußte sie ja wirklich nicht, wohin sie mit Hannes Fürst reisen sollte. Fast brüsk erhob sie sich jetzt vom Frühstückstisch und verließ das Zimmer. Um sich etwas zu zerstreuen, machte ie sich im Hause zu schaffen. Ihr Vater war ihr gefolgt und traf mit ihr in der Vordiele zusammen. Noch bevor sie ihm zu entschlüpfen vermochte, rief er sie an und sagte: „Earlotta, ich wollte dich zu meiner Beruhigung bitten, die alte Anne mitzunehmen, wenn du reist." Die alte Anne Meyer war das langjährige Haus- äktotum in der Villa des Geheimrats. „Die alte Anne?* wiederholte Earlotta Dunker lang- äm, und schüttelte dann hastig den Kopf. „Nicht die Anne, Papa", bat sie dann leise. „Ich muß diesmal ganz allein reisen.' Der alte Herr schüttelte etwas unwillig das weiße Haupt und stapfte worttos davon. Earlotta stand ihm mit dem Rücken zugekehrt. Auf ihrem Gesicht spiegelte sich deutlich ein wilder innerer Kamps; dann aber senkte sie saft demütig wie unter irgendeinem Zwang den schönen Kopf und ihre Lippen flüsterten den Namen: „Hannes Fürst!* Hinter ihr verhallten die lauten Klänge des Krückstocks ihres Vaters auf den Steinfliesen. fangen. „Earlotta*, flüsterte er dabei weich, schnell ihre Hand erfassend, „willst du jetzt, nachdem ich mich durch dich schon sicher, „Sei gut zu mir! Komm mit mir! Werde meine Frau!* „Deine Frau, Hannes?* fragte sie langsam. „Ja, Earlotta! Ich weiß, es ist ein ungeheures An- sinnen, das ich stelle; aber du kannst nichts Beleidigendes darin sehen. Wir lassen uns trauen und reisen dann zu sammen fort. Komm mit mir, Earlotta! Du tust etwas Großes damit; du hilfst mir mit deiner lieben Nähe ein Werk gebären, das mich und auch dich unsterblich machen wird. In deiner Nähe fühle ich wieder die längst ent schwundene Schaffenskraft! Stark, wie ein Quell sprudelt sie in mir und wartet nur auf den Moment des Durch bruchs. Earlotta, was zögerst du noch?* Sanft, aber zwingend suchten dabei seine Augen die ihren, und sie, die sonst starke, stolze Earlotta Dunker, ver fiel seiner faszinierenden Persönlichkeit zum zweiten Male. Sie antwortete nicht direkt, sondern neigte nur stumm den dunklen Lockenkopf. Da riß er sie wieder ungestüm an sich, und nun er widerte sie, völlig willenlos, seine Küsse. „Wann, wann lassen wir uns trauen? Wann reisen wir, Earlotta?* preßte er endlich erregt hervor. „Wann du es willst, Hannes', hauchte sie leise. „So schnell wie möglich, Earlotta!* Bei diesen Worten kam sie zu sich, und löste sich schnell aus seiner Umarmung. „Denkst du auch an meinen Nater, Hannes?* sagte sie endlich müde. „Nein, Hannes, du hast den alten Mann, meinen Nater, vergessen, den ich nicht so brüsk allein lassen darf. Ich werde an Tante Klothilde schreiben. Sie wird kommen und ihn pslegen." Earlotta Dunker sah ernst in seine vor Begeisterung sprühenden Augen; sie glaubte seinen Worten nicht mehr so wie damals. Sie ahnte im tiefsten Innern, daß diese Liebe zu ihr wieder verlöschen würde, genau so schnell, wie sie aufgeflammt war; sie wußte aber auch, daß dieser Hitzkopf, dem sie im Grunde ihres Herzens gut war, bei einer Zurückweisung spornstreichs dahinunter mitten in den See laufen würde. So charakterschwach Hannes Fürst auch einesteils war, soviel Großes steckte in ihm. Hannes Fürst hatte sie jetzt wieder an sich gezogen, und murmelte erregt: „Du mußt von nun an immer bei mir bleiben, Earlotta. Immer, hörst du?* Seine Augen glitten jedoch nach einer Weile wie suchend umher. Sie kannte das an ihm, und erschrak bis ins Innerste ihres Herzens darüber; denn sie fühlte, daß <r sie bereits als eine Sache, aus der er schöpfen wollte,» betrachtete, daß seine Gedanken bereits mitten drin in der neuen Arbeit steckten. Sie war ihm die Verkörperung einer Romangestalt ge worden, sonst nichts. Er ließ sie los, ohne es wohl selbst zu fühlen, und er- Driff seinen am Boden liegenden Hut. Gleich darauf schnappte leise die Tür inS Schloß. Earlotta stand allein, und sah ihm mit wehem Lächeln seiner Zeit, war am Ende seiner Schaffenskraft und kam- Zu ihr, um Hilfe zu erbitten. Durfte sie ihn da von sich stoßen? Nein! Was tat es auch, wenn sie versuchte, ihn auf dem Wege,, «mf dem er strauchelte, aufzurichten I Schon wollte sie ihm alles dies sagen, als ihr der Ge danke an einen Menschen, der ihr noch näher stand als Hannes Fürst, durch den Kops fuhr. Es war ihr alter Vater. Oben in dem kleinen gemütlichen Wohnzimmer saß er jetzt wohl, bereits ungeduldig ihrer harrend, und draußen tin Garten lag der schöne Pfingststrautz achtlos verstreut, den sie zu des alten Mannes Freude gepflückt hatte. Geheimrat Dunker hatte Hannes Fürst einst sehr ge schätzt; aber die Schmach, die dieser seinem Kinde angetan hatte, würde er diesem nie verzeihen können. Und sie selbst? Bäumte sich denn nicht ihr eigenes Ich da gegen auf? Wohin war mit einem Male ihr sonst so stark betonter Stolz? Hannes Fürst kam und forderte sie zum zweiten Male, nachdem er sie schon einmal ohne Erklärung verlassen hatte! Earlotta Dunker sprang unwillkürlich auf, und schien sich zur Flucht wenden zu wollen. Dies riß auch Hannes Fürst aus seiner Versunkenheil. Er sah die Veränderung in ihrem Wesen und glaubte, verspielt zu haben. Sofort war er an ihrer Seite, und hielt sie sanft um- als Geretteter betrachtete, mich wieder im Strudel sinken lasse«?* „Sprich Nar, Hannes! Was willst du von mir? kann ich dir helfen?* stieß sie rauh hervor. „Helfen, Earlotta, helfen?" entgegnete er etwas Nun stand er abermals vor ihr und forderte in sein«, -otta bald darauf das Zimmer und betrat den Garten, In Gedanken verloren lieber stch§amWege»auf einem Eilig raffte sie einige Fliederzweige stammen und' »kleinen Wiesenstreifen nieder und zeichnete Buchstaben in Tante Klothilde hatte ihr Kommen schon für den näch sten Tag in Aussicht gestellt. Sie war eine praktische Frau. Reisen machte ihr keine großen Umstände, zumal das kleine Städtchen, in dem sie schon seil nunmehr zwanzig Jahren wohnte, keine dreiSchnellzugssiundcn von München entfernt lag. Earlotta Dunker verlebte indessen eine schlimme Nacht des Zweifels und inneren Widerstreites mit sich selbst. Appellierte sie an ihren Stolz, nahm sie sich noch so fest vor, Hannes Fürst nicht zu folgen, so sah sie ihn bann plötzlich vor sich, so, wie er heute in flehender Verzweif- lung vor ihr gestanden hatte. Und dann war sie fest ent schlossen, ihr Wort zu halten und seine Frau zu werden. Und dennoch kroch es ihr wie leises Grauen bei diesem Gedanken durch die Glieder. Endlich war sie eingeschlafen, doch der Schlaf brachte ihr keine Erquickung. Sie erwachte schweißgebadet und versuchte sich vorerst vergeblich auf ihren Traum zu besinnen, der sie so in Angst gejagt hatte, daß sie auch jetzt noch deutlich den schnellen Schlag ihres Herzens fühlte. Wie war das doch gewesen? Ja richtig: Sie war über eine schmale Brücke Hand in Hand mit Hannes Fürst gewandert. Erst hatte er sie zärtlich geküßt und ihren Arm gedrückt, dann aber hatte er sich fast widerwillig von ihr losgelöst und war ihr immer schneller vorausgeschritten. In ihr war da plötzlich eine furchtbare, unerklärliche Angst hochgeflammt und sie war ihm nachgeeilt. Plötzlich jedoch hatte der schmale Weg unter ihr nachgegeben und langsam, aber stetig war sie in die dunkle, schwarze Tiefe geglitten. Sie schrie Wohl um Hilfe, aber Hannes Fürst hörte sie nicht. Wie am ver gangenen Morgen war er hocherhobenen Hauptes mit ver klärtem Leuchten, achtlos ihrer Not, weitergegangen, ohne sich auch nur einmal umzuwenden. Unter ihr raste indessen tosendes Wasser. Sie verlor mit einem Schlag jeden Halt und stürzte ins Unendliche. Aber mitten in diesem Grauen fühlte sie sich plötzlich weich und warm umfangen, und als sie vor Entsetzen die Augen aufschlug, begegnete sie den ernsten, gütige» Blicken Erik Ravenows. Da war sie erwacht. Erik Ravenow! Earlotta Dunker richtete sich halb in ihrem Bett auf^ An Erik Ravenow hatte sie oft und gern, beinahe sehn-' süchtig gedacht, nur in den letzten Tagen war kein RanM mehr in ihren Gedanken für ihn gewesen. » Wie kam er nur so plötzlich in ihren Traum? Ein Jahnel war es her, da er um sie geworben hatte. Großer Gi^ wenn er nun wiederkäme, jetzt, wo es zu spät war, wo«! Hannes Fürst wieder in ihr Leben getreten war! Ihr Herz hämmerte aufs neue in wilden Schtägen. M« einem Aufstöhnen warf sie sich dann in die Kiffen zuriW und schloß die heiß brennenden Augen. Und wieder gaukelte ihr das Bild Er« Raveno vor. Sie sühlte plötzlich, daß sie in dioseS McmneS geborgen sein würde und sehnte sich nach »M. war er nicht gekommen? Run war eS zu WM Erik -Mavekotv Mar^HjWanzi-AUMMMSNM— zurückgekehrt. Sein StolzHatte ihn aüsthalvtzm Äege zur Umkehr gezwungen. Liebe-und Zweifel führten einen havtenMHÄtOp »ihm. — ... Meder, -ah, wie Earlotta Dunker erst abwehrend,chanMber doch Isortsetzung. «aqdruck Verbotem-Lem Ihr gutbekannten fiegeSgewMeneLeuchten in dem Ge- DasrGestchütnEiwjMüde vergraven, warf er flch^M durch den blühenden Garten und pfiff wahrhaftig! .ebenfalls in einen Sessel und blieb darin regungslos« -eine Melodie. So-tvar Hannes Fürst l . Ein kleines, armseliges Menschlein, mit allen niederem rLr vergegenwärtigte sich die Szene wM Oehlern behaftet, und dennoch-ein ganz Großer! ------- Etwa? blAch, aber sonst gänzlich gefaßt, verließ ^ar-