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Tetzner hat nach fetnen Angaben als Teilhaber eines Münchener Verlages (Pestalozzi-Verlag) große Verluste erlitten, 3000 Mark Wechselschulden waren in Kürz« fällig, und es wurde ihm ein Darlehen ange boten, aber nur gegen die Sicherheit einer Lebens versicherung. Diese Lebensversicherung ist er zunächst etngMangen. Dann hat er sich mit seiner Frau be krochen und ist nach seinen Angaben zu dem Ent schluß gekommen, einen hohen Versicherungsbetrag sei ner Frau dadurch zu verschaffen, daß er sich selbst mit dem Automobil absichtlich verunglücken lasse. Er - sei aber dann i M feige j gewesen, um diese Tat durchzufahren und habe schließ- lich nach 'erneuter Rücksprache mit seiner Frau und i von ihr beeinflußt, den Plan gefasst, «inen fremden > Menschen, nach oem voraussichtlich niemand fragen' werde, ums Leben zu bringen und die Sache so barzu stellen, als ob der Getötete er selbst, Tetzner, sei Neber die Ausführung der Tat sagte Tetzner, er sei am Abend des 27. November auf der Chaussee Regensburg—München von einem Wan derer angesprochen worden, der ihn gebeten habe, ihn nach München mitsahren zu lassen. Letzner habe ihm di« Erlaubnis gegeben, zunächst ohne an die Tat zu denken. Während der Fahrt habe er seinen geplanten Versiche rungsbetrug neuerlich durchdacht. Er sei zu der Er kenntnis gekommen, daß nun der richtige und nicht wiederkehrende Augenblick gekommen sei und habe auf der Straße zwischen Etterz- hausen und Mariaort, etwa 13 Kilometer von der näch sten Siedlung entfernt, den Wagen zum Stehen ge bracht und vorgegeben, es sei ein Schaden am Motor eingetreten. Er habe den Wanderburschen veranlaßt, ruhig im Wagen sitzen zu bleiben. Lange habe er an dem Fahrzeug herumgearbeitet. Dann habe er aus einer Neserve-Benzinkanne Benzin in und auf de« Wagen, insbesondere ans die Trittbretter geschüttet, um dem Insassen nach erfolgter Fubrandsetzung jede Möglichkeit zur Flucht zu nehme«. Er habe dann das Benzin in Brand gesteckt. Eine Explosion sei erfolgt, und er habe gesehen, wie die Flammen von der Kleidung seine« Begleiters Besitz er» griffen hätte«. Dan« sei er davongerannt. Er sei nach Regensburg gegangen und von dort nach München gefahren. Im Besitz eines Auslands passes sei er schon gewesen. Grenzschwierigkeiten habe er nicht gehabt. Schon am 2. Dezember sei er in Paris gewesen, doch habe er sich dort nicht sicher gefühlt. Außerdem hab« er nirgends etwas erfahren können, was über den „»«glückSfa»' in der deutschen Press« geschrieben worden fei. Er sei dann nach Straßburg gefahren, da er glaubte, von dort mit seiner Frau unauffällig telephonieren zu können. Er habe sich als „Franelli" ausgegeben. Wenn sein« Frau diesen Namen hörte, habe sie gewußt, daß er selbst am Apparat sei. Die Sechziger KrlminaHolizÄ ist dann, wie bekannt, Vorgoaangen und bat die Stras burger Polizei von der Anwesenheit des Tetzner in Kenntnis gesetzt. Als Tetzner das zweite Gespräch mit Leipzig anmeldete, konnte er festgenommen werden. Wer ist das Opfer Tetzners? Mau Vermutei ein 22jährige» Mädchen- Bisher hatte mau vermut^, und diese Vermutung wurde durch Tetzners Geständnis bestätigt, der Ver brecher habe einen Handwerksburschen mit seinem Auto verbrannt. Jetzt taucht eine sensationelle Vermutung auf. Wie durch einen Zufall bekannt wird, hatte Tetz? «er eine etwa 22jährige Kinokafsiererin, dir in Regens burg angestellt war, dazu überredet, ihre dortige Stek» lnng anfz,«geben und mit ihm «ach Leipzig zu gehen, wo er selbst für fei« eigenes Kino eine Kassiererin suche. Das Mädchen war Vollwaise und hatte auch keine Verwandten, so daß ihr Verschwinden nicht besonders auffiel. Tetzner versprach ihr, sie selbst mit seinem Auto nach Leipzig zu bringen und hat sie wahrschein lich aus die bekannte schreckliche Weise umgebracht. Die Leiche war so stark verkohlt, daß es unmöglich war, das Geschlecht noch zu erkennen. Die Tragödie im Grafenschlotz. T«r Lokaltermiu in Jannowitz. — Der zweite »er, haudlungstag. Am Spätabend des ersten Verhandlungstages be gaben sich Gericht und Presse zum Lokaltermin nach Jannowitz. Im Erdgeschoß des kleinen Rentmeister» ! Hauses, in dem die gräflich Stolbergsche Familie wohnte, > in dem ArbettSraum des Grafen Eberhard, wurde von : den Prozeßbeteiligten di« ganze Unglücksszene noch ein mal dargestellt. Dabei kamen die Sachverständigen zu dem Er, gebniS, daß die Darstellung de» Angeklagten doch richtig sein könnte, daß also tatsächlich beim Repetieren mit einer klemmenden Patrone der Ungliicksschuß au» »er, sehe« losgegange« sei« könnte- ' In der Nacht traf das Gericht wieder in Hirsch- < berg ein. Am Sonnabend wurde zunächst Sanitätsrat Dr. Planitz als Zeuge vernommen, der die Familie seit 37 Jahren kennt und auch sofort zu dem toten Grafen gerufen wurde. In Uebereinstimmung mit dem Guts verwaltungsdirektor hat der Zeuge sofort den jungen Grafen für den Täter gehalten, obwohl dieser auch am nächsten Tage feine Erzählung von den Ein brechern noch aufrechterhielt. Dio Mutter habe einen ungeheuren Einfluß auf die Kinder gehabt, sich je doch von einem Versuch, den Sohn zu einem Ge ständnis zu bringen, nichts versprochen. Der Zeug« hielt es für unmöglich, Latz die Mutter ihren Sohn Christian Friedrich zum Morde anaeMftet baben könnt«. Zwei Kreisärzte, di« dann gutachtlich verhört wurden, erklärten, daß sie im Gefängnis von einer geistigen Erkrankung des Grafen nichts haben sefp- stellen können. Das Stubenmädchen der Stolbergs, das dann ver nommen wurde, erklärte, daß es dem Angeklagten einen Mord nicht zutrau«. Zwei Tage nach dem Tod« -es Gräfin Eberhard hat die Zengin im Auftrage der Gräfin einen Stoß Briefe verbrannt und zwar schon zu ungewöhnlich früher Morgenstunde. Die Gräfin forderte sie auf, nichts davon zu sage«, wenn die Herre« zur Durch» suchuug kämen. Aehulich« Angabe« machte die Köchin. Tie Gräfin habe die Briese unter dem Schlafrock ver steckt nnd sie zum Teil selbst verbrannt- Der Zeugin wurde von der Gräfin gesagt: „Marie, Sie wissen nicht» davon, wenn man Sie fragt." Auf Wunsch des Angeklagten, der sich verhaird» lungsunsähig fühlt, trat dann eine kleine Pause ein. Die Gräfin-Mutter als Zeugin. Vernehmung am heutigen Montag. — NrteitbfSNuns für Lienstag erwartet. — Hirschberg, 9. Dezember Fn dem Prozeß gegen den Grafen Christian zn Stolberg-Wernigerode wegen fahrlässiger Tötung fei nes BaterS Graf Eberhard «oird da» Erweiterte Schätz, finge richt Hirschberg am heutigen Montag dre ttei de» ««geklagten, di« Gräfin Erika z« Stoll. r» nigerode vernehme»«. Das Gericht hofft, »ach d rr, nehmnng der Gräfin-Mutter di« Beweisaufnahme zu« Abschluß bringe« zu könne«. Lie Nrteilssälluxg iß frühestens für LienStag zu erwarte«. Das Dunkel, das bisher über den Vorgängen im Rentamtsgebäude zu Jannowitz schwebte, ist durch Lie Hauptverhandlung nur wenig gelichtet worden. Der Vorsitzende des Erweiterten Schöffengerichts be mühte sich, gründliche Arbeit zu leisten und hat, über dem Eröffnungsbeschluß hinausgchend, auch die Mög lichkeit der Ermordung des Grafen Eberhard durch- sprechen lassen. Das führte dazu, daß in diesem Pro getz die intimem Verhältnisse der Grasenfamilie crör- tert wurden. Den dramatischen Höhepunkt der letzten Sitzung doS Gerichts bildet« die Vernehmung des Försters Wabnitz, der seit 25 Jahren in den Diensten der Grafen zu Stolberg-Wernigerode stebt und den der Angeklagte kurz nach der Tat als Mörder seines Va ters verdächtigt haben soll. Förster Wabnitz er klärt«, wenn der junge Graf ihn verdächtigt habe, könne das nur in der Aufregung geschehen sein. Daß Graf Christian den Vater vorsätzlich erschossen habe, glaube er nicht. Al» vau« Vie BermögeusverhSitnisie »er Fami lie Stotberg-Wernigerovc ausführlich erörtert wurden, fiel Gras Christian in eine liefe Ohnmacht. Er wurbe blaß, rang nach Luft und sauk dann rücklings von »er Anklagebank. Rach einer knappen Halbs« Stunde kam er wieder zu sich. Das Gericht nahm dann noch einen Bericht deS Rschtsanwalts Reier entgegen, nach dem, wenn Graf Eberhard weiter gewirtschaftet hätte, das überschuldete Besitztum spätestens in zwei Jahren, tn den Händen des Gräfin Christian aber bereits tn sechs Monaten vom Zusammenbruch bedroht gewesen sei Ei«« «euc Berliner Kirche. Einen eigenartigen Anblick bietet das in moder» sachlichem Stil erbaut« Gotteshaus, das die eva» geltsche Kirchengemeinde Wilmersdorf in der Reichs? Hauptstadt errichten ließ. Aus Stadt und Land. > Wiedereröffnung der österrcichis^en Zugspitz» bahn. Nachdem die Anlagen der Zugspi^bahn in der letzten Zeit gründlich überprüft worden sind, wurde Sonntag der Betrieb wieder ausgenommen. Wie tn den Innsbrucker Blättern hierzu mitgeteilt wird, wird von diesem Tage an auch der nuumehr fertiggebaute und gutgesicherte Stollen zum Plattferner benutzt wer den können. Ein »entsther Betrüger tu Southampton ver haftet. Der Deutsche Christian Rudolf, der nach Unterschlagung von 43 000 Mark mit seiner Frau und fetnen zwei Kindern geflüchtet war, ist in Sout. Hampton mit seiner Familie von der englischen Po» lizer verhaftet worden. Rudolf war mit seiner Fannli« an^V^rd Dampfers „Batavia" von Rotterdam nach London gekommen und führte nur Handgepäck mit sich. Er hatte bereits 3.-Klasse-Fahrkarten für die Ueberfahrt nach Kanada an Bord des Dampfers „Laucastria" in sein-m B Amerika im vzeaudampfirw«ttb<werb. Ein vom Präsidenten Amerikas, Hoover, eingesetzter Ausschuß, in dem verschiedene Ministerien vertreten sind, hat dem Plan des amerikanischer« SchtffahrtSamtes zur Un terhaltung von insgesamt 27 Ozeandampfern zuge- stimmt. Da das Schtffahrtsamt gegenwärtig noch nicht über so viele Schiffe verfügt, erfordert der Beschluß den Bau von wenigstens zwei neuen Ozeandarnpfern, die, wie versichert wird, an Grüße und Schnelligkeit hinter keinem gegenwärtig auf dem Atlantik verkeh reirden Schiff der übrigen Mächte zurückstehen werden. Rettung Schiffbrüchiger. Einer New Uorker Mel dung zufolge hat der White Star-Dampfer „Baltic" fünf Mann der fichsköpfigen Besatzung eines bisher vermißten neufundländisclxn Fischerbootes gerettet, während der amerikanisch« Dampfer „Republic" ge stern elf Mann eines anderen Fischerbootes an Bord nahm. Durchleuchtete AdventSzeit. Seit Anfang des 6. Jahrhunderts kennt man die Adventssonntage, die ursprünglich wie die österliche Fastenzeit die Menschen würdig vorbereiten sollten auf das strahlende Fest der Weihnachten. Doch seit dem 14. Jahrhundert trat der Gedanke des Fastens und Büßens zurück gegen die innere frohe Vorbereitung, die tn jener Zeit allerdings oft die Form lärmender Ver gnügungen annahm, so daß schließlich die Hoh« Obrig- fiit manchmal einschreit«n mußte, wenn Schabernack und Vermummung die Grenz« der guten Sitte überspran gen. Man suchte sich in jenen unsicheren und traurigen Zeitläuften schadlos zu halten durch haltloses Ueber- schäumen der unterdrückten Lebenslust. Die Verinner lichung der Adventszeit ist noch nicht Allgemeingut geworden. Doch noch hat sich aus unserem Tag nicht alle Poesie geflüchtet. Noch gibt es Häuser, in denen das Adventslicht aus dem dunkelgrünen Kranzgewinde von Tannen aufleuchtet und silbernes (Ingelshaar, wie man Lametta einst nannte, zwischen Ä pfeln in Gold papier in die Dämmerung herniederrteselt. Es lohnte sich, diese Adventskränze und Tannenleuchter selber zu basteln. Sie sind auch in jeder Gärtnerei für we nige Pfennige zu erhalten. > Die Adventszeit läßt das Grün der Tannen all mählich in den Vordergrund treten. Leer und traurig stehen die Balkonkästen da. Warum sollte man sie nicht mit billigen Topftannen beleben? Das gibt dem Wintergran so manches Anheimelnde. Wenn dann am stillen Nachmittag vielleicht je mand mit leiser Stimme beim Schein der Kerzen im grünen Tannenkranz eines jener alten Marienlieder singt: „Uf'm Berge, da wehet der Wind, da wiegt die Maria ihr Kind", dann fängt uns die alte, immer wieder neue Geschichte in ihren Zauber ein. Zwischen den hastig-frohen Stunden der Geschäftigkeit und zwi schen Dämmerungsstunden voll Andacht und Musik bereitet man sich vor auf die klingende, jubelnde Freude des Weihnachtsfestes. Deutschlands längste Straßenbrücke Unser Bild zeigt den Mittelbogen der 684 Meter langen, über die Warthe führenden Brücke bei Fich t- werder (Kr. Landsberg). Kleine Nachrichten. ' Durch den Einsturz om« GesteinSmassen wurden tn «rnem Bergwerk bei Huelva tn Spanien fünf Arbeiter ge tütet und zwei schwer verletzt. * In Reggio Emilia (Italien) stürzte ein im Bau be findliches Haus ein, wobei sieben Arbeiter begraben wurden. Die Rettungsmannschaften konnten die Verschütteten bis auf einen Arbeiter, der tot war, retten, di« anderen find schwer verletzt. * Edsel Fords Privatjacht lief im Sturm bei New- Bedford (Massachusetts) auf Grund. Die Mannschaft konnte gerettet werden. Das Schiff ist vorläufig verloren gegeben worden. * Durch eine explodierende Bombe in der Geschäfts gegend von Chicago wurden 20 Personen verletzt und ein Gwäud« zerstört. Man Mwmt an, daß das Atten tat gegen Streikbrecher gerichtet war Der Lyrtstbaum und sein Schmuck. Biele Wochen vor dem Fest beginnt bereits daS Lhristbaumgeschäst. Seinen Anfang nimmt es in den Bureaus der Oberförster und Waldbesitzer, wo die Be stellungen einlaufin, und daraufhin die Auswahl der sthlagreifen Bäume getroffen werden mutz. Eine« Ta ges saust dann die Art in den grünenden Baum, und der prächtig« Riese mit dem weitausladenden Gezweig muß ebenso fallen wie der kümmerlich« Zwerg, der nur ein paar windschiefe, dünnbenadelt« Nestchen trägt. Schlag auf Schlag dröhnt durch den wintersttllen Wald, und Baum aus Baum wird auf den Wagen, dann auf den Güterzug geladen, der die grünen duf tenden Baummassen den Städten zuführt. Mitten im Großstadtlärm, mitten im grauen Häu» fermeer stehen dann wie kleine grüne Inseln die Weih-, aachtöbäume, von Käufern umdrängt und vom Ver käufer wortreich angepriesen.