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ES ist die Schicksalsstunde des deutschen Ostens. Wir rufen den ganzen deutschen Osten zur Volksbewe gung gegen diesen Vertrag auf. Ihr, Brüder im Reiche, laßt uns in dieser Stunde höchster Gefahr nicht im Stich! Es kann nur eine Forderung geben: unbedingte Ablehnung dieses polnischen Ver trages." Die Politik der Bayerischen Volkspartei. Prälat Leicht über Ehescheidungsreform und Koalition. In der Schlußsitzung der Landcsversammlung der Bayerischen Volkspartei wurden einige Entschließungen zur Finanz- und Steuerreform angenommen. Zuvor hatten Prälat Leicht und Reichsminister a. D. Dr. Bell über die politische Lage im Reich berichtet. Prälat Leicht betonte dabei, in der Frage der Eheschei- dungSreform seien Zentrum und bayerische Volkspartet völlig darin einig, daß die jetzige Reichskoalition für sie nicht mehr bestehe, wenn gegen ihren Willen und gegen ihre Weltanschauung die Dinge im Reichstag weitergehen sollten. Dr. Bells Erklärung gipfelte in den Satz: über alle Koalition hinaus geht die christliche Kultur. Appell an die Saarkonferenz. Entschließung der saarländischen Lehrerschaft. — Keine Beeinträchtigung der nationalen Kultur durch fremde Einflüsse. - Saarbrücken, 26. November. Die Vorsitzenden sämtlicher Lehrerverbände des Saargebietes und sämtliche Mitglieder der Lehrerkam mer beschlossen einstimmig die Veröffentlichung nach stehender Kundgebung: „In dem Augenblick, da sich die Vertreter Deutsch lands und Frankreichs anschicken, die Saarfrage end gültig zu regeln, erklären die Lehrer und Lehrerinnen der deutschen Volksschulen des Saargebietes: Die Leh rerschaft, die sich durch ihr« Erziehungs- und Bil dungsarbeit in besonders inniger Verbundenheit mit dem Denken der Bevölkerung weiß, begrüßt di« be vorstehenden Verhandlungen und hegt die bestimmte Grw«tung, daß ihr Ergebnis dem einheitlichen Willen der SnarbcdölKrung auf baldige Wiedervereinigung Mit dem Mutterland« entspricht, mit dem sie durch die Bande de» BlnteS, der Sprache und »er Kultur unlös lich verbunden ist. Sie hofft, daß die Berhavdlungen vom Beist« wahrer «ölkerverföhnung getragen werden, jener Versöhnung, di« «in« Beeinträchtigung der na tional«« Kultur durch nn«rwiinscht« fremde Einflüsse ««»schließt und jede Aeinschast zwisch«» den Rationen in» Keim« erstickt.« Politische Rundschau. — Berlin, den 26. November 1929. — Die Reichsregierung läßt dem Papst am Mitt woch ein Porzellanservice als Geschenk überreichen. — Der Berliner Stadtrat Neuendorff hat im Zu sammenhang mit der Sache Sklarek ein Disziplinarver fahren gegen sich selbst beantragt. mcimspraftvent von Hindenburg empfing den ' Weltsi/ger Freiherrn v. König Warthausen, den Gc- ' Winner des Hindenburg-Pokals 1928 für die beste Lei stung mit einem Leichtflugzeug und überreichte ihm unter Glückwünschen den Ehrenpokal. Bei der Ueber- reichung waren die Eltern des Fliegers anwesend. :: Tr. Hugo Eckener ist in Anerkennung seiner technischen und organisatorischen Verdienste zum ersten Ehrenmitglied des deutschen Erfinderhauses in Ham burg ernannt worden. :: Frau Bachem gestorben. Nach langem schiveren Leiden starb im Alter von 60 Jahren das Mitglied der Zentrumsfraktion des preußischen Landtags, Frau Emma Bachem. — Frau Bachem hat sich um den Siegkreis große Verdienste erworben; sie war eine unermüdliche Vorkämpferin der Frauenbewegung. Rundschau im Auslande. r Der frühere Polnische Postminister Miedzinski hat wegen der Angriffe der Oppositionspresse auf seine mini- strielle Tätigkeit um eine ehrengerichtliche Untersuchung gebeten. ; Die englisch-französische Vereinigung will dem ver, storbenen französischen Marschall Foch in London ein Deuß' mal errichten. * Hinrichtung eines früheren ReichStagSabgeordneten i» ' Südamerika. * Nach einer Mitteilung, die in Kreisen der Bayeri schen Volkspartei verbreitet ist, soll ein früheres Mt- glied des Reichstages, Thomas Kaltenecker, der vor Jahren einmal im Reichstag saß, aber keine besondere Rolle ge spielt hat, in Südamerika hingerichtet worden sein. Kalten ecker soll sich an einen Raubüberfall auf eine Viehfarm beteiligt haben und zur Strafe dafür gehenkt worden sein. Ruffenangrtff auf Charbin? Englische Alarmmeldungen. — Ein Drlte tel der chinesischen Truppen entwaffnet? Abbruch des Bürgerkriegs. London, 26. November. Rach englischen Meldungen an» Mulden habe« 2»v00 Mann der russischen vstasienarmee an do» mandschurisch-sibirischen Grenz« eine« allgemeinen An griff begonnen. Ein Drittel der chinesischen Truppe« soll eutwaffuet, gefangen genommen und getötet fein. Die Vertreter der Mächte in Lharbi« beraten über die Zweckmäßigkeit, alle Ausländer an» dem gefährdete» Gebiet znrückznziehen. Das Ziel der russischen Offensiv« soll di« Stadt Charbin sein. Nachdem sie Manschuli an der Nord westgrenze eingenommen hatten, find sie an der Eisen bahnlinie mit Tanks und Kavallerie weiter vorgerückt und haben Hail ar, ungefähr 75 Meilen südöstlich, nach schweren Flugzeugangrtffen eingenommen. Di« chinesisch« Nationalregierung ist über de« Angriff der Russen äußerst beunruhigt. Marschall Tschangkaischek hat sich von Hankau, wo er bisher di« Operationen gegen die Rebellen leitete, nach Nanking begeben und soll erklärt haben, der Bürgerkrieg werde sofort abgebrochen werden. Alle Parteien China» wer den anfgefordert werden, sich gegen Rußland zu einet Einheitsfront zufamMenzuschlteWt. Die Rebellen söv len dazu bereit sein, weil sie bisher im Kampf geaA Tschangkaischek nur Niederlagen erlitten haben. Folgen des Winters. Di« vderfischerei in großer Gefahr. Auf der in Glogau abgehaltenen Tagung des Be rufsfischereiverbandes für die Oder und deren Neben gewässer wurde die schwierige Lage der Oderfischerei eingehend erörtert. Durch den letzten strengen Winter ist der Fischbestand der Oder außerordentlich gesunken und stellenweise vernichtet worden. Die im Rahmen des Ostprogramm» gewährten Unterstützungen geuügen nicht im entferntesten, di« Röte der Oderfischerei, die für Jahre darnicderliegt, zu beheben. Bo« der Organisation des verufSfischer- verbände» für di« Oder nnd ihre Nebeugewäffer wird von den zuständige» Stetten dringend gefordert, daß bei den Oderausbauten dem Bernfsfischertum in ge eigneter Weise Rechnung getragen wird. Weiter werden günstige Zollbedingungen gefor dert, um die verlorengegangenen Absatzgebiete, speziell in Polen, wieder zu erobern und durch die Fischausfuhr die deutsche Handelsbilanz günstig beeinflussen zu kön nen. Es werden von der Regierung geeignete Maß nahmen (Bewilligung von Mtteln) verlangt, di« zum Ziele haben, die Flußfischevei der Oder zu heben. Wo sind die Zahnärzte? Bisher hat man noch keine Spur von de» vermißten Koblenzer Zahnärzten. Die Ermittlungen nach den beiden vermißten Kob lenzer Zahnärzten und der Zahnärztin, die seit Don nerstag ohne Unterbrechung Tag und Nacht durchae- führt werden, sind bisher ergebnislos verlaufen. Nir gendwo im gesamten Gebiet zwischen Koblenz und Mainz hat sich bisher auch nur der geringste Anhalts punkt ergeben, der zu einer Aufklärung der Angelegen heit hätte führen können. Am Sonnabendabend glaubt« man, im Rheingau eine Spur gesunden z« haben. Tret Arbeiter hatten im frei«« Feld« ei« leeres Anto gesehen. Die Koblenzer Kriminalpolizei begab sich sofort an Ort «nd Stelle, mußte aber festste»««, daß di«se Wahrnehmung in keinem Zusammenhang mit der Angelegenheit stand. Auch di« Suche der Rhetnpolizei ist bisher ergeb nislos verlaufen. Di« Angehörigen der drei Vermißten und der Verein der Zahnärzte im Bezirk Koblenz habe« Belohnungen für die Auffindung der Vermißten aus gesetzt. Der Korruptionssumpf. Millronenbetrügereien eines Generaldirektors. — Wo her kommen die billigen Oelsardinen? Im Verlauf umfangreicher Ermittlungen, die die Staatsanwaltschaft während der letzten Monate nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz durch geführt hat, ist man einem außergewöhnlich verzweig ten Betrugsmanöver auf die Spur gekommen, als dessen (11. Fortsetzung). Die Mutter betrachtete ihn. schwieg ein Weilchen, und do sie seine Betretenheit mißdeutete, sagte sie: »Kannst dich ruhig zu mir setzen. Jochen Kannst mich auch ansehen, auch wenn du mich gesehen hast, da draußen in der Christnacht/ Und nun log Mutter Krüger au» Angst und stiller Ben zweiflung »Ich fürchte mich nicht/ behauptete sie »Ich bin eine alt« Frau und immer rechtschaffen durchs Leben gegangen — Warum sollte mir vor dem Tode bangen?" Also wußte auch sie schon um diese Sachei Gequält antwortet« er: »Willst du mich wieder in Schn« und Nacht hinausjagen. Mutter? Ich komme ja eben erst/ «Wie kannst du denken, Jochen I" »Dann sprich bitte nicht von diesen Dingen. Es ist zum Lerrücktwerden I" »Das glaub ich dir, mein Junge. Das glaub ich dir gern. — Aber immerhin, man kommt über alles Pnweg Auch über das Und mir wär' es doch gut, wenn ich wüßte, ob meine Zeit um ist/ »Muttert — Ich bitte dich, hör auf/ »Ich meine nur, Jochen/ beschwichtige sie, aber ihr Bück hing immer noch fragend an seinen Zügen. Lebenshunger und Angst preßten ihr die Worte ab: »Ich habe zwar nicht viel zu bestellen, aber doch noch einiges! Und da hätte ich gern gewußt — — — Das verstehst du doch?" — Fast bittend klang es: »Jochen — — wenn du mir sagen wolltest — —" »Nein, Mutter, neinl Ich habe dich nicht gesehen. Ich schwör is dir bei allem, was mir heilig ist." — Er deutet« nach dem Torhof. »Den drüben hab' ich gesehen, den Alten! Niemand sonst/ »Den drüben — das weiß ich. Das weiß das ganze Dort. Aber wen noch?" »Niemanden! Kein« Menschen seele!" Mutter Krüger gab sich nicht zufrieden Es ging ihr zu hart an und das Leben war trotz allem schön. »Ich begreife wohl/ begann sie wieder, »daß du nicht darüber reden magst. Du hättest bestimmt auch den An schütz nicht zugegeben, wenn er dir nicht begegnet war. Aber wenn du nur ihn gesehen hättest, weshalb dann dies« Un ruhe? Weshalb dann läufst du in Kälte und Schnee draußen herum, kommst Tag und Nacht nicht heim? Weshalb. Jochen, weshalb?" »Weil sie mich ansehen im Dorf, als iei ich em Mörder. Weil sie vor mir davonrennen, wie vor einem tollwütigen stunde Deshalb!" »Das tun sie vor mir auch, Jochen sie glauben, ich wüßte Vie Aermsten am Finger herzuzählen. Bielleicht glauben sie gar, ich habe dich geschickt Und da sollst du doch — !" »Nichts soll ich, Mutterl — Es muß dir genügen, daß ich dich nicht geiehen habe, dich dich Liebe, Gute!" — Er hielt sie im Arm. drückte sie, streichelte ihr Haar - »Laß' mir die paar Tage Ruhe. Bis Silvester nurl Am Ersten gehe ich Dann bist du erlöst und die anderen find es auch. Wiedersehen wird mich niemand." »Du willst mich allein lassen, Jochen? Für immer? Deine alte Mutter?" »Muß ich nicht!" »Nein, das mußt du nicht Uebers Jahr ist alles vergessen. Da solltest du wieder hier sei« Aber bis dahin wird es gut sein, wenn du gehst. — Und wohin du gehen solltest, das weißt du wohl auch." »In die Welt! Irgendwohin! Nur recht wett fort ! »Auch das ist nicht nötig. Ueber die Berge nur. Jochen! ' Dort wartet eine auf dich Wartet schon lange Warte: immer noch." > Müde schüttelt Jochen den Kopf »Sie wird auch weiter ' vergeblich warten müssen Nie geh' ich nach Wöl " - Mitten im Worte brach er ab. i <es nopsle :«ye an oer Lur. ! »Martha Anschütz," sagte Mutter Krüger und öffnete. Draußen stand sie, die Bleiche, schüchtern und angstvoll. ! »Schon da, Marthel? Das ist hübsch. Komm nur herein. , Komm doch! Kannst gleich mit Jochen reden Eben erst ist er gekommen. Der kann dir am besten Bescheid geben " Martha stand an der Tür Ihre großen, glänzenden Augen ruhten voll Liebe auf Jochens bleichen Zügen. Eie hielt di« Hände wie betend vor der Brust gefaltet. Jochen wich ihrem Blick aus, war verlegen. Die Christ, nacht stand vor ihm aus. Er seufzte. Mutter Krüger sah von einem zum anderen Auch sie schien eine Ahnung zu bedrücken. »Sprecht euch aus. Kinder," sagte sie. »Ich will euch allein lasten." Sie ging, lieh banges Schweigen zurüa. ' Marthas Augen umflorten sich Das Herz hämmerte gegen die Rippen, wild und hart Sie hörte es schlagen. Kaum konnte sie Jochens Namen nennen. i Der zuckte zusammen. j »Erschrickst du vor mir, Jochen?" fragte sie. Und als er nicht antwortet«, sagte sie: »Ich hätte dich wohl nicht wieder« sehen solle« Ich ertrug e» aber nicht, fand keine Ruh«. — verstehst du das, Jochen?" Er nickte. »Mir geht es nicht anders," gab er zur Antwort. »Es wäre wohl besser gewesen, du hättest dich nicht bemüht Ich weih nicht» was ich dir sagen soll, weiß nur, daß ich Gott versuchte und dich um Verzeihung zu bitten habe " »Ich bin dir nicht böse, Jochen Mich hast du nicht zu bitten, bitte den, den du versuchtest Und — wenn du kannst i — bitte im stillen auch meinem Vater ab Ihm geht es schlimmer als je Mit den schwindenden Kräften wächst sein t Zorn gegen uns. Er nennt uns feine Mörder Er stuckt unsl O Gott! Und ich kann nicht denken wie einst, daß wir un schuldig sind." »Du bist es doch, Marthai Du doch bestimmt. Ich sehe keine Schuld auf deiner Seite." »Die deine aber gibst du zu?" »Wenn es Schuld ist ja!* »Ist es keine?" »Ich weiß nicht." »Dann laß mich fragen und antworte ehrlich Willst du das?" : »Ich will Frage I" ' Und Martha fragte: »Bist du in der Hoffnung auf den Kirchhof gegangen, meinen Bater zu sehen? --- Jochen, bist , du das? Anna Zeuner sagte, du hättest an jenem Abend j reichlich getrunken und wärst wohl in der Trunkenheit i »Nein, nein, so war das nicht — Du willst ehrliche Ant wort Du sollst sie haben. Ich bin in der Christnacht im Walde umhergeirrt. Ziellos, planlos Weiß heute noch nicht. i wo ich gewesen bin Lief herum, immer nur mit dem eineu Gedanken: Du mußt fort. In diesen Tagen schonl Fort vor» ! der Mutter, von deinem Hause, aus der Heimat fort - — und fort von ihr! Mußt! Willst nichtl Mußt — einfach weil ! es ein anderer befiehlt! Weil es der befiehlt, dem du Jahre « hindurch treu gedient hast, dem du nie etwas zuleide tatest Das dachte ich. Martha Mit diesen Gedanken im Hirn, die dastanden wie eine Wand, über die kein Wegkommen war. kam ich ins Dorf Heim wollte ich nicht Ich wollte diele > Gedanken loswerden Deshalb ging ich zu Zeuners — — Herr Gott, wär ich doch nicht gegangen!" »Was war. Jochen? Was war bei Zeuners?" ; »Frieden war da! Glück. Eintracht. Liebe - — alles, i was bei mir nicht ist, das mckr dort Und das ließ meine Sehnsucht nach dir auflodern wie eine Flamme. Verzehrend j lind rieiennrnh! - - lind dann kam '8-ck und redete von ' einem Kranken, dem er helfen wollte und tat geheimnisvoll i und sprach von denen, di« um Mitternacht in di« Kirch« gingen und na ja so ist das eben gekommen." »Und du sahst meinen Vater?" ^Ia!" »Sm Zuge derjenigen, di« abgerufen werden?" Jochen blickt« ins Le«re und schwieg. »Warum sprichst du nicht, Jochen?" »Weil ich im Unklaren bin. Ich träumte wohl. Mit ist wenigstens so. Bestimmt weiß ich nur, daß ich ein- j geschlafen war. Aber ich sah auch deinen Vater leibhaftig vor mir und hörte ihn sprechen. Nun quälen mich Zweifel Ich weiß nicht was Traum, was Wirklichkeit ist. Ich bin kaum mehr bei Sinnen/ Er wehrt« ab. »Laß, Martba laß und frage nicht weiter. »Und doch wolltest du mir ehrlich antworten." »Ich tat es doch!" »Ja — aber jetzt tust du es nicht mehr." »Wieso nicht mehr?" »Warum sieht du mich nicht an?" Verletzung folgt.)