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Kahm die Erklärungen Briands über die bevorstehende Flottenkonferenz entgegen. Der Ministerrat beschloß, die englische Einladung anzunehmen. Er beschloß fer ner, di« Kammer zu bitten, zunächst die Beratungen über den Haushalt zu beginnen und die Anfrage über die allgemeine Politik sowie über den Uoungplan und das Haager Abkommen bis zur Aussprache zurückzu stellen, die Anfang November über die Ratifikation der Haager Abkommen stattfinden wird. Delacroix plötzlich gestorben. Belgiens Delegationsführer in Baden- Baden. Infolge Herzschlags starb am Dienstag in Baden- Baden der Führer der belgischen Delegation für die Verhandlungen über die Organisation der Bank für internationalen Zahlungsausgleich, Delacroix. Der so- fort herbeigerufene katholisch« Geistliche konnte ihm di« Gnadenmittcl der Kirche nicht mehr spenden. Sofort nach Bekanntwerden der Todesnachricht sprachen der Vorsitzende des Komitees und Neichsbank- präsident Dr. Schacht, Deutschlands Vertreter in Baden-Baden, der belgischen Regierung ihr Beileid aus. Das Organisationskomitee hielt eine kurze Trauersitzung ab und vertagte sich danach. Den Aus schußverhandlungen am Vortage hatte der belgische Delegationsführer noch bis zum Schluß beigewohnt. Delacroix stand im 71. Lebensjahre. Nach dem Kriege war er Ministerpräsident im belgischen Ka binett der „nationalen Einheit". Nach seinem Rück tritt gehörte er lange Jahre der Neparationskommis sion an, bis er dann nach d^r Inkraftsetzung des Dawesplanes zum Treuhänder für die Eisenbahnobli gationen bestellt wurde. Während seiner Tätigkeit in der berüchtigten Tributkommission hat Delacroix im Vergleich mit der Haltung eines anderen Teils der Kommissionsmitglieder gemäßigte Ansichten vertreten, auch hat er als Treuhänder der Eisenbahnobliga tionen von dem ihm zustehenden Recht Gebrauch ge macht, an Stelle von Ausländern fünf deutsche Ver treter im Verwaltungsrat der Reichsbahn-Gesellschaft zu bestätigen. Bekanntlich war auch während der Sachverstän- digenberatungen in Paris ein Todesfall zu verzeichnen. Damals erlag der englische Delegationsführer Lord Revelstoke einem Schlaganfall, und zwar gerade in dem Augenblick, als die Krise der Konferenz ihren Höhepunkt erreicht hatte. Fwauztonfererrz in London. Ein« englische Zeitung meldet, daß London in dieser Woche der Mittelpunkt wichtiger Zusammen künfte der internationalen Finanz sein werde. Drei der größten Finanzmänner der Welt würden erwartet, nämlich der Leiter des schwedischen Streichholztrustes, Ivar Kreuger, der deutsche Reichsbankpräsident Dr. Schacht und der Präsident der National City Bank of New York, Charles Mitchell. Schwere Kämpfe am Amur. Die Stadt Lahosusu von den Russen besetzt. — Drei Kanonenboote gesnnken. — Tschanghsueliang wünscht Frieden. Die englische Nachrichtenagentur Reuter berichtet von schweren Kämpfen zwischen Russen und Chinesen am Flusse Amur. Russische Truppen sind in die Stadt Lahosusu einmarschiert und haben alle öffentlichen Gebäude besetzt. Ber den Kämpfen wurden drei chinesische Ka nonenboote versenkt; die Besatzunge« ertranken. Die Gesamtzahl der Toten au) russischer und chinesischer Seite wird ans 1000 geschätzt. Der Befehlshaber in der Mandschurei, Marschall Tschanghsueliang, hat an die Zeutralrcgicrung in Nanking ein Telegramm ge richtet, in dem er sich außerstande erklärt, beim Fort gang des Bürgerkriegs in China die Mandschurei gegen dir Nüssen zu schützen. Das Telegramm Tschanghsueliangs hat in Nan king großes Aufsehen erregt. Da der Marschall sich bereit erklärte, zwischen den Anhängern des Staats präsidenten Lschangkaischek und dem General Feng zu vermitteln, beschuldigt man ihn in Nanking, mit Feng in geheimer Verbindung zu stehen und zum Sturz Tschangiaischeks beitragen zu wollen. Gleichzeitig wollen die Gerüchte nicht verstummen, daß Marschall Tschanghsueliang mit den Russen Aus gleichsverhandlungen angeknüpft hat. Die innerpolitische Lage Chinas ist noch völlig undurchsichtig. Gegenwärtig ist die Regierung be müht, den General Jen von Feng zu trennen. Gene ral Tfchangtschungtfchang, der im Sommer von den Regierungstruppen in Schantung vernichtend ge schlagen wurde und seitdem als Flüchtling in Japan weilte, hat sich nach China zurückbegeben. Er will sich in Fengs Dienste stellen und in Schantung einen neuen Aufstand gegen die Zentralregierung anzetteln Probeflug des „R. 1V1". „In alle» Teilen znfrkvenstelknd verlaufen". Das englische Luftschiff „R. 101" hat seinen ersten Probbflug beendet und ist wieder am Ankermast in Cardinqton festgemacht worden. Lwr Führer des Schiffes, Major Scott, erklärt«, die Fahrt sei in allen Teilen zufriedenM^nd ver laufen, sämtlich« Kontrolleinrichtungen hätten ein wandfrei gearbeitet. Scott sagte u. a. weiter: ,Mr hüben Nicht die Höchstgeschwindigkeit ove, auch Mr nnuähern» etwas «ehnliche» zu erreichen ver. sucht. Di« GeschwindigkeitSproben werden später fol, gen. In de« Paffagierränmen war »er Lärm »er Mo toren nur schwach hörbar. Di« Probefahrt hat für di« »crwenvung großer Luftschiffe gute Aussichten er öffnet. Die Ha-vha' «-,« virsos Luftriefen hat sich leichter erwiese», als ich eS erwartete." Technische Einzelheiten über den Verlaus des Flu ges sind noch nicht bekannt gegeben worden, doch wurde von BeaMtflugzeugen festgestellt, daß das Luftschiff i über London ziemlich gleichmäßig mit etwa 95 Kilü- I Meter in der Stunde flog. Di« Flughöhe betrug nt« j mehr als 400 Meter. Eine halbe Stund« kreuzte das ! Luftschiff über der inneren Stadt und dem Westen > London. Alle Dächer waren von Vicht«» Menschenmengen besetzt, die das Luftschiff begrüßten. Für 20 Minuten trat eine teilweise Stockung des Straßenverkehrs ein. Nach ! dem glücklichen Verlauf des Probesluges sind die Hoff- i nungen aus künftige große Leistungen des Luftschiffes s allgemein wieder gestiegen. Den Ehrengästen bei der > Probefahrt waren alle Einrichtungen des Luftschiffes j zugänglich gemacht worden. i * „Graf Zeppelins" neue Reise. Aus seiner Balkan- und Schlesienreis« wird „Gras > Zeppelin" folgende Städte berühren: München, Trost- - borg, Wien, Pretzburg, Budapest, Szegedin, Belgrad, - Nisch, Plevna, Alexandria, Bukarest, Kronstadt, Her- i mannstadt, Temcsvar, Szegedin, auf der Rückreise Budapest, Brünn, Ratibor, Breslau. In Breslau ! will „Graf Zeppelin" eine Landung vornehmen und ' die Fahrgäste aussetzen. Unfälle beim Zeppeliu-Besuch in Holland. Die Begeisterung beim Zeppelin-Besuch in Hol- - land hat einige Unfälle zur Folge gehabt. In Amster- - dam stürzte eine Frau vom Dach des Hauses aUf di« j Straße und wurde schwer verletzt. In Aalsmeer bra- ; cheu zwei Brüder durch das Dach ihres Hauses, von > dem sie den Zeppelin bewunderten. Einem der beiden ! drang eine Asbestplatte in den Leib und verwundete ' ihn schwer. I ——- So leben wir. . .! Kognak, W«in und Zigarren in den Zellen der Sklareks. In den letzten Tagen kursierten in Berlin Ge rüchte, nach denen es den Brüdern Sklarek durch Durchstechereien möglich geworden sei, im bescheidenen Abglanz ihres früheren Lebens sich auch in der Ge fängniszelle zu amüsieren. Max und Willi hatten nach diesen Gerüchten sich auf noch nicht aufgeklärte Weis« Zigarren beschafft und erklärten, daß sie ohne das gewohnte Nikotin nicht leben könnten. Leo Sklarek besaß dagegen eine Bor- j liebe für Alkohol. Er ließ sich ebenfalls aus rätselhafte i Art und Weife Kognak und Wein besorgen, den er in der Zelle verbarg. Durch einen Zufall wurden die > Flaschen gefunden. ! Eine Erklärung der Justizpressestelle bestätigt in > der Hauptsache diese Gerüchte. Es wird nämlich mit- ! geteilt, daß die Brüder Max und Leo Sklarek an i einige Kalfaktoren ein paar Zigarren verteilt haben - und daß bei Leo Sklarek ein kleiner Rest Kognak und ! ein Rest Wein vorgefunden wurde. Diese Reste sind ihm sortgenommen worden. ! . Jetzt sind die Brüder Sklarek in der Art in ! andere Zellen verlegt worden, daß man sie in den ! sogenannten j Bombenlcgrrflügel ' brachte und in die benachbarten Zellen abwechselnd ! einen der Brüder Sklarek und einen der Bombenleger i unterbrachte. Aus diese Weise dürfte wohl am besten, ! so meint die Justizpressestelle, Durchstechereien und dergleichen vorgebeugt werden. ! NebrigenS d ürfte die Untersuchung gegen die Skla- ! rekS und den Buchhalter Lehman» jetzt «in« empfind lich« Stockung erleiden, da Lehmann zunächst kein« ! Aussagen mehr machen will. Er ist ziemlich «ruft- I lich erkrankt «ud verweigert seine tveiteren Aussagen ! damit, daß er infolge der Morphiumbehandlung durch i den Gcfängnisarzt nicht mehr klar denken könne. i Reue Schwindeleien der Sklareks. Cino württc-nbcrgisch« Firma, di« 1,8 Millionen Mark erhalten haben soll, hat keinen Pfennig bekomme». In Württemberg ist man neuen Schwindeleien der Brüder Sklarek auf die Spur gekommen. Nach den Kassenbüchern der Firma Sklarek sind in der Zeit vom 2. bis 19. September der Schuhfabrik Reichle in Tutt lingen für gelieferte Waren 1,5 Millionen Mark ge zahlt worben. Kriminalbeamte, die sich darauf nach Tuttlingen begaben, stellten fest, daß dieser Firma in der fraglichen Zeit nicht ein Pfennig gezahlt worden ist. Aehnliche Betrügereien haben die Sklareks auch im Verkehr mit anderen Firmen begangen. Man will jetzt feststellen, wo die Gelder geblieben sind. Wahr scheinlich sind sie von den Sklareks in Sicherheit ge bracht worden. Gießerei eingestürzt. Furchtbares «»glück in einer französischen Kraftwagen fabrik. In einem Pariser Vorort stürzte in der Kraft wagenfabrik von Talbot unter furchtbarem Getöse das Gießereigebäude zusammen. Bisher wurde« vier Tote und sieben Verletzte geborgen. An ver Unglücksstelle habe» sich große Menschenmenge« etitgefunden. Die Polizei hat um fangreiche AbsperrungSmaKuahmen vorgenommen. Frauen und Kinder der in der Fabrik beschäftig ten Arbeiter umlagern den Unglücksort und warten aus Nachrichten über ihre Angehörigen. Ueber di« Ursache des Unglücks ist noch nichts Genaues bekannt. Niebour als Leiche gefunden. Wahrscheinlich da» Opfer eines Unglücksfalle-. Die Leiche des seit neun Tagen vermißten Lü becker Senators Niebour ist gefunden worden. Als : der Fährmann der Struckfähre am Hafenausgang zur offenen Trave die Schraube der Fähre anließ, er schien im Kielwasser der Schraube eine Leiche, etwa drei Meter vom Ufer entfernt. Sie wurde sofort als diejenige des Senators Niebour festgestellt. Wie Leiche lag, «ach dem Befund zu urteilen, vvlm längere Zett «uff dM Grund, und hat sich jetzt, mk newMn Wge «ach dem Tode, gelöst. Etz, Verbrühe« ist <mSg<schlosse«, va bet »<« Lft«« sämtliche Wertsachen «och vorgefunven wurde». Ws Wahrscheinlichkeit spricht dafür, »atz Riebonr, nachdem «k sich am Sonntag früh vo» einer Gesell- AM So« Krennven getrennt hatte, i« der Dmrkelheit de» «eg verfehlt hat «nd bet ver Drehbrücke in di« Trave gertet. Alle BevölkerungSschicht«» Lübecks nehmen teil an dem harten Schicksal, das Niebour und seine alte Mut ter betroffen hat. Die öffentlichen Gebäude flagge« halbmast. Grotzfeuer in Landshut. Sechs Gebäude einer Schokoladenfabrik eing«äsch«rt. — Eine halbe Million Schaden. Zwischen 12 und 12.45 Uhr nachts brach in dem Schreinereigebäude der Landshuter Keks- und Schoko ladenfabrik A. G. ein Brand aus, der sich rasch aus die umliegenden Häuser und die dahinter liegenden Stallungen und Schuppen erstreckte. Lingeäs,hcrt wurden insgesamt sechs Gebäude. Tas Ha,chtgcbä«ve mit Büro- und Maschinenräume» ist verschont gcbUrbru. Ter Schaden beläuft sich nach vorläufigen SiNtzuugrn auf etwa eine halbe Million Dtart, ist aber durch Versicherung gedeckt. Tie Lands» hnter Feuerwehr, die Fabrikfeuerwchr und die Wehren der Umgebung, die am Brandplatz erschienen waren, sahen sich in ihrer Arbeit dnrch das riesige Flammen meer stark gehemmt. Auch rin ReichSwehrbataillon war im Laufschritt »»gerückt und beteiligte sich an den Löscharbritcn. Ter Betrieb der Fabrik wird wcitergeführt, doch werden einige hundert Arbeiter, die in den abge brannten Gebäuden beschäftigt waren, feiern müssen. Ter Brand konnte in den Morgenstunden als ge löscht gelten. Brandstiftung ist nicht ausgeschlossen, doch muß auch mit der Möglichkeit gerechnet werden, dak das Feuer durch Kurzschluß entstanden ist. Kleine Rachrichte». Der Bund deutscher Uebersetzer hat sich als Fach gruppe des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller kon stituiert. * Ein Großfeuer hat im Osthafen in Frankfurt a. M. die Lagerschuppen der Pomosinwerke und die der Mehl- handlung Rosenthal u. Fürst eingcäschert. » Die Entschädigungssumme für die Hilfe, die der russische Eisbrecher „Krassin" dem Hainburg-Süddampfer „Monte Cervantes" auf dessen Nordlandfahrt im vorigen Sommer geleistet hat, wurde von einem privaten Schieds gericht auf 600 000 Mark festgesetzt. Die Russen hatt-- andcrthalb Million verlangt. Tas englische Luftschiff „R 101" »mch seinem Probcflug am Ankermast in Cardington. Sport. rr Die Antosporttagnng in Paris bestätigte inler- nattonal folgende deutsche Termins: Wiesbadener Turnier 25.—29. Mai; Kcsselbcrgrennen 15. Juni; Baden-Badener Turnier 25.-29. Juni; Großer Preis von Teutschland auf dem Nürburgring 13. Juli; Bsrgrekordrennen des A.D.A.C. bei Freiburg 17. August. An der Mpeufahrt wird sich diesmal auch Frankreich beteiligen. :r Tie Rückreise der deutschen Leichtathleten ans Japan erfolgt nun doch über China. Unsere Vertreter werden dort nm 20. Oktober in Mulden an den Start gehen. er Segelfliegen in der Krim. Wie aus Moskau ge meldet wird, hat der russische Flieger Jumaschew bei dem zur Zeit in der Krim stattfindenden Wettbewerb der Segelflugzeuge mit seinem Apparat 13 Kilometer und eine Höhe von 800 Meter erzielt. rr Weltrekord über 20» Meter Brust schwamm Tsu. ruta mit 2:45. Damit wurde Rademachers Rekord um nicht weniger als 3 Sekunden geschlagen. rr Eine Turn» und Sportpartri wird es nun auch in Nürnberg geben, nachdem Frankfurt und München in dieser Beziehung vorangegangen sind. Auch die Nürn berger hoffen, dadurch tm Stadtparlament mehr als bis her zu Worte kommen zu können. Handelst«!!. — Berlin, den 15. Oktober 1929. Am Devisenmarkt lagen die Werte im allge meinen fest. Am Effektenmarkt war die Tendenz behauptet, die Umsätze hielten sich in engen Grenzen. Im Laufe des Geschäfts zeigten sich mehrfach Schwankungen, die zu einer unbedeutenden Abschwächung führten, dann aber setzte sich eine Erholung durch. Am Anleihemarkt war die Haltung nicht einheitlich, Neubesitz lag etwas niedriger. Tagesgeld war gefragt und teurer. Die Sätze für Privatdiskont blieben 7V« Prozent, der ReichSbankviSkont 7V- Prozent. Am Produktenmarkt hatte Brotgetreide eine schwache Haltung bei mäßigem Angebot. Gute Braugerste ivar gefragt. Hafer lag stetig, Mais ruhig.