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Beilage zur Weitzeritz-Jei mg Sonnabend, am 5. Oktober 1929 95. Jahre ang Nr. 233 Dr« Stresemann an seinem AxheitSMM - r chmidt lork all Ter -stein L et ans egk eI.27Z Stresemanns Geburtshaus in «E», § ckneN- ireizer mcken dünkte lenlor. Stel- i.Kloh bitten ran er aU 'schäft ast, M- -ierza „Eine der größten Persönlichkeiten". In dem Beileidsschreiben »er Reichsregierung an die Gemahlin Tr. Stresemanns wies Reichskanzler Müller auf die Tragik im Leben Stresemanns hi«, in dem Beileidsschreiben an die Fraktion der Deutsche« Bolkspartei betonte der Reichskanzler, mit Lr. Strese mann habe Teutschland eine der größten Persönlich keiten der Gegenwart verloren. Ein ehrendes An denken sei 2r. Stresemann gewiß. --' . — —— Huldigungen am Sarge. Kanzler nimmt Abschied von dem toten Außen minister. L//» Ao/«/n/7A von /koc/ibooz/ton. 5/SLPS/V/k . «/«/o/rb t/ss tsor» 5ooosn//s/Len. ä der ktrag — Reichspräsident v. Hindenburg wird an» Sonntag dem Sarge des ReichsaußenmintsterS Dr. Stresemann bis zum Prästdentenpalais zu Fuß folgen. — Mit der einstweiligen Wahrnehmung der Geschäfte des Außenministers wurde Reichswirtschaftsminister Dr. Curtius beauftragt. — An der Ostküste Schottlands wütet seit 72 Stun den ein schwerer Südweststurm, durch den bereits bedeuten der Schaden angerichtet wurde. — Ein Teil des Staatsgefängnisses in Colorado City im Staate Colorado wurde während einer Meuterei von Miliztruppen in die Lust gesprengt. Ibends f itschen D. T. es Am Freitag und Sonnabend erschienen fortwäh rend Tomen und Herren in dem Vorraum der Villa des Außenministers, um sich in die ausliegenden Re gister einzuzeichnen. Ter Sarg, in dem der Ver storbene ruhte, stand offen im Wintergarten der Villa, umringt von Kränzen und Blumen. Die Wand hinter dem Sarge war schwarz bespannt. Von dem dunklen Tuch hob sich ein silbernes Kreuz ab, das von zwei silbernen Leuchtern mit brennenden Lich tern flankiert wurde. Der Tote lag mit übereinander gelegten Händen, des Gesicht friedlich, ohne jede Furche eines zerquälenden Kampfes. Freitag mittag erschien Reichskanzler Müller im Trauerhause, beglei tet von dem Staatssekretär Dr. Pünder. Kanzler und Staatssekretär begaben sich mit den beiden Söhnen Stresemanns an den Sarg und nahmen Abschied von dem toten Außenminister. Nisters sr. Stresemann getroffen. An den späten Abendstunden des heutigen Tages wird der Sarg von »er Billa des Außenministers in den Reichstag über, geführt, wo Sonntag vormittag 11 Uhr im Plenar sitzungssaal die offizielle Trauerfeier stattfindet. Ser Sarg wird auf »er Rednerestrave vor dem Sitz »es Präsidenten aufgebahrt. Sie Feier wird etwa 40 bis SO Minuten in Anspruch nehmen. Eingeleitet wird die Trauerfeier durch musika lische Vorträge. Danach wird Reichskanzler Mülletz dem Toten den Nachruf der Reichsregierung widmen. Reichspräsident von Hindenburg wird mit den nächsten Familienangehörigen Dr. Stresemanns der Trauerfeier in der Präsidentenloge des Reichstags beiwohnen. Rach der Feier im Plenarsaal wird der Sarg vor dem Reichstagsgebäude auf den Wagen gehoben werden, während Vizepräsident von Kardorff dem To ten die letzten Grütze des Parlaments und der Bolks partei Nachrufen wird. Ler Trauerzug fetzt sich da«« durch die Wilhelmstratze bis zum Belle-Allianee-Platz und von da aus zum Friedhof i« der Hasenheide in Bewegung. Reichspräsident v. Hindenburg wird den Trauerzug bis zu seinem Palais zu Fuß begleite«« Bor dem Auswärtige« Amt wird der Wage« mit de« sterbliche« Ueberresten Sr. Stresemanns für eine Mi nute der Erinnerung anhalten. Eins militärische Begleitung des Trauerzuges ist nicht in Aussicht genommen. — Sonntag abend folg- der amtlichen Trauerfeier im PlenarsitzungSfaale des Reichstags eine Trauerkundgebung der Deutschen Volks- Partei, m der Geheimrat Dr. Kahl die Gedächtnis rede hallen wird. Zu der Trauerfeier im Reichstag sind 1000 Ein ladungen ergangen. Tas gesamte diplomatische Korps, die Ländervertretungen, die Mitglieder des Reichstags werden an dem Trauerakt teilnehmen. Den Trauerzug werden etwa 3000 Menschen begleiten. Eine Reihe von Verbänden haben sich zur Spalierbildung gemeldet. Tiefem Wunsche soll weitgehend entsprochen werden. An der Feierlichkeit nehmen auch sechs Couleurstudenten der Burschenschaft teil, der Stresemann angehört. Demokratischer Parteitag. Ehrung des verstorbenen Reichsantzenministers. — Ser Bericht »es Parteiführers Koch-Weser. In Anwesenheit zahlreicher Delegierter aus allen Reichsteilen wurde am Freitag in Mannheim der dies jährige Parteitag der Deutschen Demokratischen Partei eröffnet. Tie Eröffnungsansprache hielt die Reicks tagsabgeordnete Frau Dr. Bäumer. Namens der Stadt verwaltung Mannheim hieß Oberbürgermeister Dr. Heinrich den Parteitag willkommen. Nach weiteren Begrüßungsansprachen ergriff Reichsminister a. D. Koch-Weser das Wort zu einem Bortrag über die politische Lage. Koch-Weser widmete zunächst dem verstorbenen Reichsaußenminister einen Nachruf und betonte, die größte Bedeutung Dr. Strese manns liege darin, daß er den Ruhrkamps nicht habe versickern lassen. Stresemann habe den Ruhrkampf so beendet, daß Deutschland nicht der einzige Besiegte gewesen sei. Ter Redner gab seiner Freude darüber Ausdruck, daß durch Stresemanns Politik der Rhein nunmehr frei werde. Es bleibe das historische Ver dienst Dr. Stresemanns, seine eigene Partei auf den wenig volkstümlichen Boden der Verständigungspolitik gebracht zu haben.' Seit dieser Zeit gelte Dr. Strese mann im Auslande als das Symbol deutscher Verständigungspolitik. Er habe sich zu der Ueberzeugung durchgerungen, daß nur aus dem Boden der Republik ein neuer Emporstieg Deutschlands mög lich sei. Tas deutsche Volk schulde Stresemann Dank dafür, daß er Gesundheit, Leben und auch Vermögen im Dienste des Vaterlandes geopfert habe. Es sei Ma gisch, daß er das nahe Ziel seines Lebens, den freien Rhein, zu sehen, nicht mehr erlebt habe. Im weiteren Verlauf seiner Rede betonte der Parteivorsitzende, die Deutsche Demokratische Partei habe den Rhein niemals im Stich gelassen. TaS deutsche Volk dürfe sich die Freude an dem großen vaterlän dischen Ereignis der Befreiung des Rheinlandes nicht trüben lassen. Von Woche z« Woche. Der Mensch Gustav Stresemann. Tas moderne Leben mit seinen gesteigerten An forderungen und seiner Hast birgt für die handelnden Menschen die Gefahr des Spezialistentums in sich. Der Mann widmet alle Kraft der Vollendung seines Werkes und er übersieht dabei vielfach die an- ' deren Seiten des Daseins, so daß ihm darüber die Uni- ! versalität verlorengeht. Stresemann hat noch Zeit ge funden, außer seiner Politik auch den schönen Künsten zu leben. In Berlin tonnte maß im Parkett der Staats bühnen sehr häufig auch den Reichsautzenminister Dr. Stresemann sehen, der sich hier der Werke der Geistes größen erfreute. Ein gerngesehener Gast war Dr. Stresemann ferner im Deutschen Bühnenklub, wo er wiederholt viele Stunden in anregender Unterhaltung mit den Menschen des Theaters verbrachte. Und auch in diesem Kreise war Stresemann derjenige, der am besten über Goethe zu plaudern wußte und durch Zi tate aus dem Gedächtnis bewies, wie gut er Goethe verstanden hatte. Aus den Werken Goethes schöpfte Stresemann neue Kraft. Ganze Schränke waren mit Goethe-Aus gaben gefüllt, von den Wänden seines Arbeitszimmer blickten Bildnisse der deutschen Dichterfürsten auf den Schreibtisch des Außenministers der deutschen Nach kriegszeit herab. Allezeit seines Lebens hat Stresemann viele Stun den ernstem geistigen Studium gewidmet. Aus seiner Jugend, in der er auch Gedichte versaßt hatte, hat Stre semann sich die Vorliebe für Geschichte bewahrt. Insbesondere beschäftigte er sich mit der Zeit um die Wende des 19. Jahrhunderts, als Preußen-Deutschland innerhalb kürzester Zeit Zusammenbruch und Wieder aufstieg erlebte. Er fand Zusammenhänge zwischen dieser Zeit der Not und des späteren Steges und der Gegenwart mit ihren Sorgen und Bedrückungen. Wenn Stresemann reiste, nach Gens oder an die Riviera, wo er Erholung suchte von seinem Leiden, dann führte er oft in seiner Handtasche als Reiselek türe eine kleine Bibliothek geschichtlicher Werke mit. Tie Frucht dieser Studien waren Aussätze über Gnei- senau und Blücher, über Bismarck, Goethe und Na poleon. Ter Bücherleser war aber auch ein begeisterter Bücherliebhaber. Wenn in Berlin irgendwo wert volle Büchersammlungen oder Handschriften versteigert wurden, dann tauchte plötzlich unter den Kauflustigen auch der Reichsautzenminister auf, der hastig den Ka talog durchblätterte und sichtlich erfreut war, wenn er einige Erstausgaben der von ihm geliebten Dichter er werben konnte. Freilich galt Stresemanns Interesse zunächst dem Inhalt der Werke, nicht aber den Ein bänden, nach der Art jener Neureichen, die in der Inflation meterweise Klassiker kauften. Wenn man den Menschen Stresemann würdigt, muß man auch die Leidenschaft erwähnen, die in diesem Manne lebte und dazu führte, daß er sich immer mit ganzer Kraft für seine Sache einsetzte. Man mag die Politik Stresemanns für richtig halten oder für verfehlt, der Art, wie Stresemann kämpfte, wird niemand seine Anerkennung versagen. Stresemann suchte seinen Platz stets in den vordersten Reihen; wenn er scharf angegriffen wurde, erwiderte er scharf und ver stand es, durch seine große Rednergabe die Zuhörer für sich zu gewinnen. Stresemanns polifische Handlungen in den 22 Jahren seiner parlamentarischen Tätigkeit sind keines wegs frei von Widersprüchen. Im Kriege kämpfte er für ein Programm, das seine Gegner von der Linken als annexionistisch bezeichneten, im Januar 1919 sandte er ein Telegramm an den früheren deutschen Kaiser nach Doorn, von 1923 bis zu seinem Tode führte er eine Außenpolitik, die sich aus die Volks- parrer, oas Zentrum, die Demokraten, die Sozialdemo kraten und einige kleinere Gruppen stützte, ihn aber in immer schärferen Gegensatz zur Deutschnattonalen Volkspartei brachte. Aber wo ist der Mensch, dessen Lebenskurve gradlinig verläuft, ohne geringste Ab weichungen? müssen es uns langsam angewöhnen, im po litischen Kampf den Mann von dem Werk zu trennen. Das Werk kann man aufs schärfste bekämpfen, den Mann wird man achten, sofern er nur aufrecht und tapfer gekämpft hat. Und hinsichtlich der Folgen des Ausscheidens Dr. Stresemanns aus der deutschen Po- litik gelten die Worte Goethes: „Fallen ist der Sterblichen Los. So.fällt hier der Schüler wie der Meister; doch stürzt dieser gefährlicher hin." Die Beisetzung Stresemanns. Hanptfeier Sonntag im Reichstag. — Hindenburg be gleitet »e« Tra«erz«g z« Faß. — Berlin, 6. Oktober. Taf Rcichskabinett hat «««mehr die endgültige« ^Positionen f«r die Beisetzung des Reichsaukenmi. Die Beileidskundgebungen. Tie Zahl der in Berlin einlaufenden Beileids telegramme zum Tode des Reichsaußenministers Dr. Stresemann wird stündlich größer. Bisher liegen Bei- leidstelegramme vor von den Staatsoberhäuptern Wa-,ad«-- V Sie Forinten öoch soviel sp«,wenn Sie immer« ^öie gMÜegerlMWischurlg irEni MrLen- 4 rdohnmWe unöHXsiLreiLer sM mischen« ' O« «uv